OGH 1Ob116/10f

OGH1Ob116/10f6.7.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin Dr. Fichtenau als Vorsitzende sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Gernot Strobl, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Ing. Klaus D*****, vertreten durch Dr. Philipp Lettowsky, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 227.487,56 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 138.524 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 14. April 2010, GZ 6 R 25/10d-118, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers kann keine Rede davon sein, dass eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO deshalb vorläge, weil das von ihm in der Revision angesprochene Rechtsproblem „für den gesamten Verkehrskreis der Auftraggeber von Bauwerken sowie für die ausführenden Professionisten im Rahmen der Planung von Bauwerken“ von erheblicher Bedeutung wäre. An anderer Stelle seines Rechtsmittels gesteht der Beklagte durchaus zu, dass „hier eine Sonderkonstellation vorliegt“.

2. Diese Sonderkonstellation besteht im vorliegenden Fall darin, dass sich der Beklagte, der selbst einer der beiden Geschäftsführer der Klägerin war, ihr gegenüber - vertreten durch den anderen Geschäftsführer - verpflichtet hatte, im Rahmen eines entgeltlichen Vertrags im Rahmen seines Einzelunternehmens (Planungsbüro) Planungsarbeiten für Bauvorhaben der Klägerin zu erbringen. Nach der Beurteilung der Vorinstanzen konnte „die klagende Partei“ - damit ist ersichtlich der andere Geschäftsführer gemeint - die Mangelhaftigkeit der Planung nicht erkennen, weshalb ihr kein Mitverschulden anzulasten sei.

Der Revisionswerber bestreitet sein Verschulden an der mangelhaften Planung nicht (mehr). Er vertritt allerdings die Auffassung, eine Persönlichkeit sei nicht „teilbar“, weshalb vorhandenes Wissen oder Nichtwissen in seiner Person auch der Klägerin zuzurechnen sei, weil er nicht nur Vertragspartner sondern gleichzeitig als Geschäftsführer auch deren Organ sei.

Dieser Ansicht haben sich die Vorinstanzen zu Recht nicht angeschlossen, ergibt sich doch schon aus der gewählten rechtlichen Konstruktion deutlich, dass die (durch den anderen Geschäftsführer vertretene) Klägerin sich nicht selbst um die Planung kümmern, sondern diese vielmehr im Wege eines entgeltlichen Vertrags dem Beklagten übertragen wollte. Dass Letzteren die volle Verantwortlichkeit für die Mangelfreiheit der Planungsleistungen treffen sollte, ergibt sich bei lebensnaher Betrachtung schon daraus, dass nur er die ausreichende Fachkompetenz besaß, um die Eignung der vorgeschlagenen Ausführungsart beurteilen zu können. Er war somit im Rahmen der hier zu beurteilenden Vertragsverhältnisse ausschließlich als Einzelunternehmer für die Mangelfreiheit seiner Leistungen verantwortlich, ohne dass ihm etwa zugleich in der Sphäre der Klägerin die Aufgabe zugekommen wäre, eine Überwachungs- bzw Kontrolltätigkeit auszuüben. Vielmehr musste den Beteiligten klar sein, dass ausschließlich der andere Geschäftsführer dazu berufen sein konnte, intern die Interessen der Klägerin wahrzunehmen. Es besteht daher kein Anlass, das Wissen des Beklagten über die möglicherweise nicht vorhandene Eignung der gewählten Dachkonstruktion gleichzeitig auch der Klägerin zuzurechnen.

Die Rechtsauffassung des Revisionswerbers würde letztlich auch dazu führen, dass er gegenüber jedem anderen denkbaren Vertragspartner der Klägerin insoweit privilegiert wäre, als seine Kenntnis über ein mögliches Misslingen des Werks gleichzeitig auch der Klägerin als seiner Vertragspartnerin zuzurechnen wäre und seine Haftung als Werkunternehmer vermindern würde. Warum dem für die Klägerin handelnden anderen Geschäftsführer ein derartiger Vertragswille unterstellt werden sollte, vermag der Revisionswerber aber in keiner Weise darzulegen. Mangels abweichender Anhaltspunkte spricht vielmehr alles dafür, dass die Klägerin den Beklagten als ihren Vertragspartner keineswegs von seiner vollen Haftung für derartige Fehlplanungen freistellen wollte und dass auch der Beklagte keinen Anlass zur Annahme hatte, er müsse bei einer Fehlplanung nur anteilig haften.

Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass in einem vergleichbaren Zusammenhang die Wissenszurechnung bei Schädigung einer Gesellschaft durch einen Vertreter abgelehnt wurde. So wurde ausgesprochen, dass es für den Zeitpunkt der Kenntnis der geschädigten Gesellschaft von einem Schaden unerheblich ist, dass die vertretungsbefugte Mitarbeiterin schon zum Zeitpunkt ihrer Schädigungshandlungen Kenntnis vom Schadenseintritt erlangt hat (1 Ob 64/00v = SZ 74/14).

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte