Spruch:
Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung
In zwei am 4. 6. 2007 vor dem Jugendwohlfahrtsträger abgeschlossenen Unterhaltsvereinbarungen hat sich der Vater verpflichtet, für seinen am 27. 2. 1992 geborenen Sohn Matthias einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 200 EUR ab 1. 5. 2007 und für seine am 27. 3. 1994 geborene Tochter Christina einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 250 EUR ab 1. 5. 2007 zu leisten (AS I/15-17). Den Unterhaltsvereinbarungen ist eine mit den Eltern aufgenommene Niederschrift vom 4. 6. 2007 angeschlossen, wonach sich Vater und Mutter für den Zeitraum ab 1. 5. 2007 auf diese Beträge geeinigt haben, da sich der Vater dazu verpflichtet habe, auch künftig zusätzlich die Kosten für Schulveranstaltungen der Kinder sowie den Ballettunterricht zu übernehmen.
Am 27. 5. 2008 beantragten die durch den Jugendwohlfahrtsträger vertretenen Kinder mit der wesentlichen Begründung, dass sich der Vater nicht an die Zusatzvereinbarung vom 4. 6. 2007 gehalten habe, beim Erstgericht eine Unterhaltsfestsetzung ab 1. 5. 2005; dieser Antrag wurde am 28. 10. 2008 in der Form modifiziert, dass folgende monatliche Unterhaltsbeiträge begehrt wurden:
a) für Matthias in einer monatlichen Höhe von 364 EUR vom 1. 5. 2005 bis 31. 12. 2005, von 331 EUR vom 1. 1. 2006 bis 31. 12. 2006, von 383 EUR vom 1. 1. 2007 bis 28. 2. 2007, von 424 EUR vom 1. 3. 2007 bis 31. 8. 2007, von 243 EUR vom 1. 9. 2007 bis 31. 12. 2007, von 222 EUR vom 1. 1. 2008 bis 31. 8. 2008 und von EUR 146 ab 1. 9. 2008;
b) für Christina in einer monatlichen Höhe von 364 EUR vom 1. 5. 2005 bis 31. 12. 2005, von 331 EUR vom 1. 1. 2006 bis 31. 12. 2006, von 383 EUR vom 1. 1. 2007 bis 28. 2. 2007, von 382 EUR vom 1. 3. 2007 bis 31. 8. 2007, von 391 EUR vom 1. 9. 2007 bis 31. 12. 2007, von 361 EUR vom 1. 1. 2008 bis 31. 8. 2008 und von 367 EUR ab 1. 9. 2008.
Das Erstgericht setzte die Geldunterhaltsverpflichtung des Vaters rückwirkend ab 1. 5. 2005 fest, wobei es den Vater ab 1. 10. 2009 zu einer laufenden Unterhaltsleistung von 146 EUR monatlich für Matthias und von 324 EUR monatlich für Christina verpflichtete (ON 38).
In seinem dagegen erhobenen Rekurs (ON 40) hat der Vater den erstinstanzlichen Beschluss „vollinhaltlich bekämpft“ und die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, in eventu die Abänderung im Sinne einer Abweisung des „verfahrenseinleitenden Antrags“ begehrt. Hinsichtlich des laufenden Unterhalts hat der Vater im Rekurs ausgeführt, dass selbst unter Heranziehung der unrichtigen Bemessungsgrundlage der Unterhaltsanspruch der Kinder ab 1. 10. 2009 154 EUR für Matthias und 292 EUR für Christina betrage.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge und sprach aus, dass der Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.
Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich die Zulassungsvorstellung des Vaters, verbunden mit dem ordentlichen Revisionsrekurs.
Das Erstgericht legte das Rechtsmittel unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.
Rechtliche Beurteilung
Diese Vorgangsweise widerspricht der Rechtslage.
Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts - beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen (Zulassungsvorstellung), den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Die Zulassungsvorstellung ist mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden.
Für die Berechnung des maßgebenden Entscheidungsgegenstands sind gesetzliche Unterhaltsansprüche gemäß § 58 Abs 1 JN mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten (RIS-Justiz RS0103147 [T2]); eine Hinzurechnung des begehrten rückständigen Unterhalts kommt nach der jüngeren Rechtsprechung nicht in Betracht (RIS-Justiz RS0042366 [T7]; RS0103147 [T1] und [T6]). Der Wert des Entscheidungsgegenstands ist für jedes Kind einzeln zu beurteilen; eine Zusammenrechnung findet nicht statt (RIS-Justiz RS0017257, RS0112656). Maßgeblich ist nur der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien noch strittige Betrag.
Selbst wenn man zugunsten des Vaters davon ausginge, dass betreffend beide Kinder der gesamte zugesprochene Unterhalt strittig wäre, käme man nur auf einen Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichts von 5.256 EUR (146 EUR x 36) in Bezug auf Matthias und von 11.664 EUR (324 EUR x 36) in Bezug auf Christina. Naheliegender wäre es ohnedies, in Bezug auf Christina von einem vom Vater in der Unterhaltsvereinbarung vom 4. 6. 2007 rechtswirksam zugestandenen Unterhaltsbeitrag von 250 EUR auszugehen, sodass der Erhöhungsbetrag nur 74 EUR beträgt und sich der Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts mit 2.664 EUR bemisst. Auch dann, wenn man hinsichtlich Matthias davon ausginge, dass der Vater im Rekurs die laufende Unterhaltsverpflichtung nicht bekämpft hat und damit der Gesamtbetrag der (rückwirkenden) Unterhaltsfestsetzung maßgeblich wäre (RIS-Justiz RS0046547, RS0111964 [T1], liegt kein den Betrag von 30.000 EUR übersteigender Wert des Streitgegenstands vor.
Davon ausgehend wäre das Rechtsmittel des Vaters nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen gewesen, weil im Streitwertbereich des § 63 AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch des § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen sind (§ 69 Abs 3 AußStrG). Solange das Rekursgericht nicht auf eine Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs entschieden hat, ist der Oberste Gerichtshof sowohl betreffend die Fragen der Zulässigkeit und der Rechtzeitigkeit des Revisionsrekurses als auch dessen inhaltlicher Berechtigung funktionell unzuständig (RIS-Justiz RS0109516 [T3]).
Das Erstgericht wird daher den Revisionsrekurs des Vaters dem Rekursgericht vorzulegen haben.
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