Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Ob eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist, ist regelmäßig eine Frage des Einzelfalls, der eine Qualifikation als erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zukommt (RIS-Justiz RS0042828). Eine erhebliche Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof zu korrigieren wäre, ist dem Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Frage, zu welchem Zeitpunkt der Kläger sein Schadenersatzbegehren auch gegenüber der verbliebenen Beklagten (der früheren Zweitbeklagten) auf die Wegehalterhaftung gestützt hat, nicht unterlaufen. In diesem Zusammenhang ist nur auf den Aufhebungsbeschluss des erkennenden Senats im ersten Rechtsgang zu verweisen (1 Ob 179/08t), in dem unter anderem ausgeführt wurde, dass der Kläger sein Begehren gegen die (seinerzeitige) Zweitbeklagte erst „zuletzt“ auch auf § 1319a ABGB gestützt hat.
2. Zu Unrecht vermeint der Revisionswerber auch, das Berufungsgericht sei von der höchstgerichtlichen Judikatur abgewichen, nach der aus der Sicht des Verjährungsrechts (§ 1497 ABGB) der Zeitpunkt der ursprünglichen Klageerhebung auch dann entscheidend ist, wenn ein ursprünglich unschlüssiges Klagebegehren erst später (nach Ablauf der Verjährungsfrist) schlüssig gestellt wird. Ein derartiger Fall liegt hier - wie schon das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat - nicht vor. Geht man von der (unbedenklichen) Interpretation des Prozessvorbringens des Klägers durch das Berufungsgericht aus, hat er gegenüber der Beklagten ursprünglich keineswegs eine unschlüssige Klage erhoben, sondern sein Klagebegehren vielmehr in durchaus schlüssiger Weise mit der Behauptung mehrfachen Fehlverhaltens der Baubehörde allein auf den Rechtstitel der Amtshaftung gestützt. Ein unschlüssiges Vorbringen im Zusammenhang mit einer allfälligen Wegehalterhaftung war nicht einmal im Ansatz vorhanden, behauptete der Kläger doch ursprünglich nicht einmal die Wegehaltereigenschaft der Beklagten.
Lag nun aber eine schlüssige Amtshaftungsklage vor, ist nicht zu erkennen, warum die spätere Berufung auf eine ganz andere Haftungsgrundlage, die auch ein anderes Tatsachensubstrat voraussetzt, dazu führen sollte, dass auch für den erst später erhobenen Anspruch die ursprüngliche Klageerhebung zur Verjährungsunterbrechung gemäß § 1497 ABGB führen könnte. Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers liegt aus der Sicht der Beklagten auch keineswegs ein „einheitlicher Lebenssachverhalt“ vor, geht es doch einmal darum, ob die Organe der Baubehörde (im Zuge der Erteilung von drei Baubewilligungen zwischen 1901 und 2001) Fehler gemacht haben, andererseits hingegen um die in den Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung fallende Überprüfung, Betreuung und Absicherung einer öffentlichen Gehsteigfläche im Jahr 2002. Die Auffassung des Revisionswerbers liefe letztlich darauf hinaus, dass die gesetzlichen Verjährungsfristen dadurch verlängert werden könnten, dass rechtzeitig eine auf bestimmte Tatsachenbehauptungen gestützte Klage erhoben wird, die erheblich später im Wege einer Klageänderung durch das Vortragen weiterer Tatsachen, die zu Ansprüchen auf anderer Rechtsgrundlage führen könnten, abgeändert bzw ergänzt wird. In einem derartigen Fall wird die Verjährung im Hinblick auf den später erhobenen Anspruch erst mit dem Vortrag der (weiteren) anspruchsbegründenden Tatsachen im Verfahren unterbrochen.
3. Es ist zwar grundsätzlich richtig, dass die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB regelmäßig (erst) mit Kenntnis des Schadens und des Ersatzpflichtigen beginnt (RIS-Justiz RS0034951), wobei der Beklagte für den Beginn der Verjährungsfrist beweispflichtig ist (RIS-Justiz RS0034456), doch sind nicht stets explizite Tatsachenbehauptungen erforderlich, wenn angesichts des betreffenden Prozessstoffs typischerweise von einer bestimmten Sachverhaltskonstellation ausgegangen werden kann (vgl RIS-Justiz RS0034198). In diesem Sinne wird judiziert, dass bei Schadenersatzansprüchen mangels abweichender Behauptungen die Kenntnis vom Ersatzpflichtigen mit dem Unfalldatum gleichzusetzen ist (2 Ob 190/73), sofern nicht im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände Abweichendes zu gelten hat (8 Ob 77/78; RIS-Justiz RS0034374). Im vorliegenden Fall handelte es sich bei der Unfallstelle um eine dem allgemeinen Fußgängerverkehr gewidmete Verkehrsfläche, die ersichtlich auch nicht einer bestimmten Privatliegenschaft zugeordnet war. Damit war von vornherein nicht anzunehmen, dass eine andere Person als die Beklagte als Wegehalterin in Betracht kommen könnte. Wenn der Kläger in seiner Revision die Auffassung vertritt, er habe ohnehin von vornherein auch die Beklagte als Wegehalterin in Anspruch nehmen wollen, spricht dies nur dafür, dass er keinen ernsthaften Zweifel an ihrer Eigenschaft als Wegehalterin hatte, auch wenn - wie in der Revision formuliert wird - „§ 1319a ABGB hinsichtlich der zweitbeklagten Partei von geringerer Bedeutung erschien“. Die nunmehr in der Revision aufgestellte Behauptung, er habe erst in der Tagsatzung vom 19. 4. 2006 davon Kenntnis erhalten, dass auch die in den Gehsteig eingebaute Glasplatte dem öffentlichen Gut zuzuordnen ist, stellt somit nicht nur eine unzulässige Neuerung dar, sondern steht auch in unauflösbarem Widerspruch zu den vorstehenden Ausführungen.
Im Verfahren erster Instanz hat der Kläger auf den von der Beklagten (erst) im zweiten Rechtsgang erhobenen Verjährungseinwand nicht etwa repliziert, er habe von der Wegehaltereigenschaft der Beklagten erst später Kenntnis erlangt, sondern den Standpunkt vertreten, er hätte ohnehin bereits in der Klage die Wegehalterhaftung geltend gemacht (vgl ON 82). Sein weiteres Vorbringen, selbst wenn das Klagevorbringen zur Wegehalterhaftung nicht ausreichend gewesen wäre, hätte die Klage dennoch die Verjährung unterbrochen, weil der Kläger sein Vorbringen dazu im Lauf des erstinstanzlichen Verfahrens mehrfach ergänzt habe, lässt durchaus den Schluss zu, dass er von vornherein keinen Zweifel daran gehabt hat, dass die Beklagte Wegehalterin war. Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass auch im Falle des Verbleibens von Zweifeln über die Person des allenfalls Ersatzpflichtigen im Rahmen des Zumutbaren eine gewisse Erkundigungsobliegenheit des Geschädigten angenommen wird (vgl nur Dehn in KBB² § 1489 ABGB Rz 7). Hier ist ohne weiteres zu unterstellen, dass dem Kläger eine Ausforschung der Beklagten als Wegehalterin innerhalb weniger Wochen nach dem Unfall möglich gewesen wäre, womit die Verjährungsfrist (spätestens) mit dem Zeitpunkt der Möglichkeit der Kenntniserlangung begonnen hätte. Wenn das Berufungsgericht in Anbetracht des Unfallzeitpunkts (11. 10. 2002) davon ausgegangen ist, dass mit Schriftsatz vom 6. 6. 2006 geltend gemachte Ansprüche aus dem Titel der Wegehalterhaftung zu diesem Zeitpunkt bereits verjährt waren, so erschiene dies auch unter Berücksichtigung einer Erkundigungsfrist von wenigen Wochen unbedenklich.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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