OGH 1Ob179/08t

OGH1Ob179/08t25.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Antal Z*****, vertreten durch Dr. Klaus Voithofer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) S***** GmbH,*****, vertreten durch Dr. Peter Spörk, Rechtsanwalt in Wr. Neustadt, und 2.) Stadt Wien, vertreten durch Dr. Peter Rudeck und Dr. Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, wegen 25.000 EUR sA und Feststellung (Feststellungsinteresse 10.000 EUR), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 20. Mai 2008, GZ 14 R 2/08d-62, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 18. Oktober 2007, GZ 31 Cg 15/05m-53, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1.) Die außerordentliche Revision wird - soweit sie das gegen die erstbeklagte Partei erhobene Begehren betrifft - zurückgewiesen. Der Antrag der erstbeklagten Partei, ihr eine Gleichschrift der Revision zuzustellen, wird abgewiesen.

2.) Im Übrigen wird der Revision Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden - soweit sie das gegenüber der zweitbeklagten Partei erhobene Begehren betreffen - aufgehoben. Dem Erstgericht wird insoweit eine neuerliche Urteilsfällung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die auf das Verfahren gegen die zweitbeklagte Partei entfallenden Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Zweitbeklagte bewilligte mit Bescheid vom 3. 7. 1901 den Bau eines Hauses; in den damaligen Bauplänen waren über die Baulinie, also in Richtung der Straße, ragende Schächte ins Kellergeschoß eingetragen, deren Material aber nicht näher beschrieben ist. In bewilligten Plänen zu einem Bescheid der „Gemeindeverwaltung des Reichsgaues Wien, Hauptabteilung Bauwesen" vom 16. 5. 1944 sind die Abdeckungen über den Schächten „wegen kriegsbedingter Sicherungsmaßnahmen als Glaslichten eingezeichnet". Mit Bescheid vom 9. 5. 2001 wurden von der Zweitbeklagten über Antrag der Rechtsvorgängerin der Erstbeklagten bauliche Änderungen im Bereich des von Letzterer im Haus betriebenen Ecklokals bewilligt, die aber nicht die Abdeckungen der Kellerschächte betreffen. Dabei wurde der Bauwerberin auch die Erlaubnis erteilt, den über öffentlichem Grund befindlichen Luftraum durch drei Vordächer, zwei Leuchtschilder und drei Leuchten über den Vordächern benützen zu dürfen, wobei sich sämtliche Gegenstände „am halbkreisförmigen Gebäudeeck" des Hauses befinden. Weiters wurde gemäß § 82 Abs 1 StVO die Bewilligung zur Benützung der Straße bzw des darüber befindlichen Luftraums für die oben angeführten Gegenstände erteilt.

Die Erstbeklagte ist Mieterin des Geschäftslokals, auf das sich die Umbaubewilligung aus 2001 bezieht. Vor dem Eingang dieses Ecklokals ist eine Glasplatte in den Gehsteig eingelassen, die der Abdeckung eines darunter befindliche Lichtschachts dient. Mit der Räumung und Wartung des Gehsteigs wurde von der Hausverwaltung die Hausbesorgerin betraut.

Am 11. 10. 2002 ging der Kläger in der Mittagszeit am Eingangsbereich des Geschäftslokals der Erstbeklagten vorbei, weil er in der Nähe Besorgungen erledigen wollte. Das Geschäftslokal wollte er nicht betreten. Zum Unfallszeitpunkt regnete es leicht, wodurch die Glasplatte feucht war. Der Kläger, der feste Halbschuhe mit normaler Profilsohle trug, rutschte beim Überqueren dieser Glasplatte aus und verletzte sich dabei erheblich.

Der Kläger begehrt von den beiden Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung von 25.000 EUR samt Zinsen sowie die Feststellung der Haftung für zukünftige Schäden. Es sei für jedermann offenkundig und erkennbar, dass bei glatten Oberflächen eine enorme Rutschgefahr bestehe. Die insoweit gefährliche Glasplatte sei weder gesichert noch als Gefahrenstelle gekennzeichnet worden.

Die Erstbeklagte habe ihre Verpflichtung, für den sicheren Zugang zu ihrem Geschäftslokal zu sorgen, verletzt. Sie hafte auch als Wegehalterin.

Die Haftung der Zweitbeklagten wurde vorerst auf Amtshaftung gestützt. Dazu brachte der Kläger ursprünglich vor, die Bewilligung des Einreichplans der Erstbeklagten aus dem Jahr 2000 hätte im Hinblick auf das offensichtliche Gefährdungspotenzial der Glasplatte nicht erteilt werden dürfen. Jedenfalls hätte die Auflage erteilt werden müssen, für einen rutschsicheren Eingangsbereich zu sorgen. Später wurde weiters vorgebracht, die Zweitbeklagte habe in keinem der „drei Verfahren betreffend die Erteilung von Baubewilligungen zwischen den Jahren 1901 und 2001" Sicherungsmaßnahmen vorgeschrieben. Sie hätte auch anlässlich der Bewilligung gemäß § 82 Abs 1 StVO die Auflage erteilen müssen, dass und wie der Lichtschacht verkehrssicher zu halten ist. Zuletzt erklärte der Kläger, sein Begehren gegen die Zweitbeklagte auch auf „§§ 1319a, 1319 ABGB, Gefährdungshaftung sowie auf jede erdenkliche Rechtsgrundlage" zu stützen, wobei auf die Ausführungen zur Haftung der Erstbeklagten verwiesen werde.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren gegenüber der Erstbeklagten statt und wies es gegenüber der Zweitbeklagten ab.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Da der Kläger nicht die Absicht gehabt habe, das Lokal der Erstbeklagten aufzusuchen, komme eine Haftung wegen Verletzung vorvertraglicher Schutz- und Sorgfaltspflichten nicht in Betracht. Diese könne auch nicht als (Mit-)Halterin des Weges im Sinne des § 1319a Abs 1 ABGB angesehen werden. Sie sei als Mieterin des Geschäftslokals und der darunter liegenden Kellerräumlichkeiten einschließlich des Lichtschachts nicht Halterin der zur Abdeckung des Lichtschachts dienenden Glasplatte, weil es sich bei dieser Platte um einen allgemeinen Teil des Hauses handle, für dessen Erhaltung der Vermieter (Liegenschaftseigentümer) verantwortlich sei. Auch die bloß faktische Möglichkeit zur Abhilfe verleihe der Erstbeklagten noch nicht die Eigenschaft als Wegehalterin. Scheide aber die Wegehalterhaftung schon mangels Verfügungsmacht der Erstbeklagten aus, so könne sich eine Haftung auch nicht aus einer allgemeinen Verkehrssicherungspflicht ergeben. Die Erstbeklagte habe keinen Verkehr „eröffnet", vielmehr sei die Platte völlig unabhängig von der Anmietung des Geschäftslokals und von dessen tatsächlicher Nutzung ein Bestandteil des öffentlichen Gehsteigs an dieser Stelle gewesen. Die bloß örtliche Nähe zum Geschäftseingang der Erstbeklagten reiche zur Begründung einer allgemeinen Verkehrssicherungspflicht nicht aus. Amtshaftungsansprüche gegenüber der Zweitbeklagten seien zu verneinen. Soweit diese aus dem genannten Bescheid aus 1944 abgeleitet würden, mangle es an der Rechtsnachfolge der Zweitbeklagten. Nach § 1 Abs 1 des Behörden-ÜberleitungsG seien die Organe des „Reichsgaues Wien" ebenso wie alle anderen Einrichtungen des deutschen Reichs aufgelöst worden. Auf seinen im erstinstanzlichen Verfahren zumindest implizit geäußerten Vorwurf, schon die Baubewilligung aus dem Jahr 1901 sei im Bezug auf die Glasplatte rechtswidrig und schuldhaft erteilt worden, komme der Kläger in seiner Berufung nicht mehr zurück, sodass (nur) noch zu prüfen sei, ob die Zweitbeklagte im Rahmen des Bewilligungsverfahrens im Jahr 2001 verpflichtet gewesen wäre, bestimmte Auflagen bezüglich der Oberflächenbeschaffenheit der Glasplatte zu erteilen. Mangels Bestimmungen, die die Oberflächenbeschaffenheit von Lichtschachtabdeckungen regeln, liege ein Verstoß gegen eine konkrete technische Bauvorschrift der BauO für Wien nicht vor. Ebensowenig könne vom Vorliegen eines Baugebrechens die Rede sein, dessen Behebung die Zweitbeklagte gemäß § 129 Abs 4 der BauO für Wien anzuordnen gehabt hätte, weil sich der Zustand der Baulichkeit offenbar nicht verschlechtert hatte. Ein Amtshaftungsanspruch könnte sich allenfalls aus der Verletzung einer generellen Verpflichtung der Behörde ergeben, alle Anordnungen zu treffen, um eine Gefährdung der körperlichen Sicherheit von Personen, die den Bau benützen sollen, hintanzuhalten. Ob sich diese Verpflichtung überhaupt auf Gefährdungen erstreckte, die nicht aus Verstößen gegen die Bauvorschriften resultieren, erscheine fraglich. Die Frage müsse aber nicht abschließend beantwortet werden, weil die gegenteilige - eine Pflicht zum Einschreiten verneinende - Rechtsansicht mangels eindeutiger gesetzlicher Regelung und einschlägiger Rechtsprechung jedenfalls vertretbar erscheine. Habe die Behörde aber aufgrund vertretbarer Rechtsansicht gehandelt bzw Maßnahmen unterlassen, so mangle es an dem für einen Amtshaftungsanspruch erforderlichen Verschulden der handelnden bzw „unterlassenden" Organe. Die Glasplatte sei allerdings nicht nur als Teil des Gebäudes anzusehen, sondern gleichzeitig auch als Anlage im Zuge des angrenzenden Gehsteigs im Sinne des § 1319a Abs 2 ABGB, sodass eine Wegehalterhaftung der Zweitbeklagten in Betracht kommen könnte, wobei diese nicht ernsthaft bestreiten könne, zumindest Mithalterin des Gehsteigs zu sein. Der mangelhafte Zustand der Glasplatte sei aber von den Leuten der Zweitbeklagten zumindest nicht grob fahrlässig verschuldet worden. Dass überhaupt eine Glasplatte als Abdeckung angebracht worden sei, habe gegen keine Bauvorschriften verstoßen; die Verletzung einer allfälligen allgemeinen Pflicht der Baubehörde zur Ausschaltung jeglicher Gefahren wäre höchstens leicht fahrlässig. Ein Vorwurf, keine Vorkehrungen gegen ein Ausrutschen von Passanten auf der Glasplatte bei Nässe getroffen zu haben, setzte die positive Kenntnis voraus, dass von der Glasplatte bei Nässe eine entsprechende Gefahr ausging. Die Zweitbeklagte sei als Wegehalterin keineswegs verpflichtet gewesen, sämtliche Gehsteige der Stadt von sich aus daraufhin zu kontrollieren, ob eine derartige Gefahr bestünde; damit würde die Verkehrssicherungspflicht des Wegehalters bei weitem überspannt. Dass Mitarbeitern der Zweitbeklagten aber schon vor dem Unfall des Klägers mitgeteilt worden wäre, dass sich dort eine bei Nässe rutschgefährliche Stelle befinde, sei nicht einmal behauptet worden.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision des Klägers. Sie ist in Ansehung des gegen die Erstbeklagte erhobenen Anspruchs unzulässig, weil dem Berufungsgericht die unrichtige Lösung einer im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage nicht vorgeworfen werden kann. Daher war auch die Zustellung einer Gleichschrift der Revision an die Erstbeklagte entbehrlich, weil ihr die Erstattung einer Revisionsbeantwortung nicht freizustellen war. Im Hinblick auf das Begehren gegen die Zweitbeklagte ist die Revision jedoch zulässig und mit ihrem Aufhebungsantrag berechtigt.

Zu 1:

Das Berufungsgericht hat die unpräzisen Feststellungen des Erstgerichts zum Inhalt des Bescheids vom 9. 5. 2001 durch eine wörtliche Wiedergabe des aus der vorgelegten Urkunde ersichtlichen Textes ersetzt. Da der Urkundeninhalt nicht strittig ist, liegt darin keineswegs ein Mangel des Berufungsverfahrens (RIS-Justiz RS0043228, RS0121557). Die Behauptung, das Erstgericht wäre aufgrund beweiswürdigender Erwägungen zu vom tatsächlichen Urkundeninhalt abweichenden Feststellungen gelangt, ist aktenwidrig. Davon, dass eine allgemeine Verkehrssicherungspflicht jeden treffen würde, der die Gefahr erkennen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen ergreifen kann, kann entgegen der Auffassung des Klägers keine Rede sein. Die Erstbeklagte hat weder den allgemeinen Fußgängerverkehr auf dem Gehsteig vor ihrem Geschäftslokal eröffnet, noch neue Hindernisse bzw Gefahrenquellen geschaffen. Es liegt auch nicht der Fall vor, dass sie die Unfallstelle dem Zutritt eines größeren Personenkreises eröffnet hätte. Ob die Erstbeklagte gehalten gewesen wäre, Sicherungs- oder Warnmaßnahmen zum Schutze ihrer Gäste zu ergreifen, ist für den vorliegenden Fall ohne Belang, gehörte der Kläger doch nicht zu diesem Personenkreis. Wie das Berufungsgericht bereits zutreffend hervorgehoben hat, gehörte die Glasplatte auch nicht zu ihrem Mietobjekt und hatte sie diesbezüglich auch gegenüber dem Hauseigentümer keine Betreuungspflicht zum Schutz der Allgemeinheit übernommen.

Zu 2:

Zu Recht hat das Berufungsgericht auch eine Haftung der Zweitbeklagten aus dem Titel der Amtshaftung verneint. Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang die Auffassung vertritt, die Zweitbeklagte habe mit Bescheid vom 16. 5. 1944 die Baubewilligung für die Abdeckungen über den Schächten erteilt und es dabei unterlassen, Auflagen bezüglich der Beschaffenheit des Materials vorzuschreiben, übersieht sie, dass in diesem Bescheid von „kriegsbedingten Sicherungsmaßnahmen" die Rede ist. Der Kläger hat aber im Verfahren erster Instanz keineswegs vorgebracht - und tut dies auch in der Revision nicht -, dass unter den damals gegebenen Umständen die Verwendung einer Glasabdeckung unangebracht gewesen wäre und warum diese damals den seinerzeitigen Anforderungen an den Schutz von Fußgängern nicht entsprochen hätte. Keineswegs können die heutigen Vorstellungen über die zweckmäßige Beschaffenheit derartiger Abdeckungen ohne weiteres auf die damaligen Verhältnisse übertragen werden. Damit erübrigt sich aber auch eine Auseinandersetzung mit der vom Berufungsgericht aufgeworfenen Frage der Zurechnung des damaligen behördlichen Handelns an die Zweitbeklagte.

Wie sich im Verfahren ergeben hat, betraf die im Jahr 2001 erteilte Baubewilligung ausschließlich punktuelle Umbaumaßnahmen, die die Erstbeklagte als neue Mieterin des Geschäftslokals vor Eröffnung ihres Betriebs vornehmen wollte. Davon war die hier zu beurteilende Glasabdeckung vor dem Eingangsbereich nicht betroffen. Die Baubehörde hatte daher grundsätzlich keine Veranlassung, sich mit einer allfälligen Gefährlichkeit der Abdeckung bei bestimmten Wetterbedingungen zu befassen, da sich diese durch die beantragten (und bewilligten) Baumaßnahmen auch nicht erhöhte. Selbst wenn man aber davon ausginge, dass die Baubehörde auf den in Zukunft zu erwartenden höheren Personenandrang, der mit dem Betrieb des Lokals zwangsläufig verbunden war, hätte Bedacht nehmen müssen, wäre für den Kläger nichts gewonnen, weil er - als bloßer Passant - nicht zu jener Gruppe gehören würde, auf die allenfalls besondere Rücksicht zu nehmen gewesen wäre. Er könnte sich nicht darauf berufen, dass die Baubehörde Sicherungsmaßnahmen nicht angeordnet hat, die allein den Schutz der Besucher des Lokals der Erstbeklagten bezweckt hätten. Dass von einem „Baugebrechen" keine Rede sein kann, wenn die Gefährlichkeit eines unverändert bestehenden Zustands allenfalls nicht erkannt wird, hat schon das Berufungsgericht zutreffend dargelegt. Auch wenn die Glasplatte gebrochen gewesen sein sollte, wäre dies in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, da der Kläger ja nicht etwa über eine Bruchstelle gestolpert, sondern vielmehr ausgerutscht ist. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass der Kläger anlässlich seiner Parteienvernehmung ausgesagt hat, dass die Platte überhaupt erst durch seinen Sturz zerbrochen sei.

Ob die Zweitbeklagte eine Haftung als Wegehalterin gemäß § 1319a ABGB trifft, kann allerdings nach Auffassung des erkennenden Senats - entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts - noch nicht abschließend beurteilt werden, zumal insoweit eine Erörterung der maßgeblichen Umstände durch die Vorinstanzen nicht erfolgt ist. Dass der Zweitbeklagten die Stellung einer Wegehalterin im Hinblick auf den fraglichen Gehsteig zukommt, hat sie selbst nicht bestritten. Die Verpflichtung des Wegehalters, eine gefahrlose Benützung zu gewährleisten, wird nicht dadurch eingeschränkt, dass sich im Bereich des Wegs Einrichtungen befinden, die er nicht selbst errichtet hat. Der Kläger hat nun den Vorwurf erhoben, es seien keine ausreichenden Maßnahmen getroffen worden, obwohl die Rutschgefahr für jedermann offenkundig gewesen sei. Die Zweitbeklagte hat dagegen eingewendet, die Glasabdeckung sei damals auch bei Feuchtigkeit keineswegs rutschig gewesen; jedenfalls treffe den Kläger ein weit überwiegendes Mitverschulden, zumal die Glasabdeckung bei Tageslicht ohne Mühe zu erkennen sei.

Das Berufungsgericht hat dazu die Auffassung vertreten, die Zweitbeklagte sei als Wegehalterin nicht verpflichtet gewesen, sämtliche Gehsteige der Stadt von sich aus daraufhin zu kontrollieren, ob von irgendwelchen Anlagen eine Rutschgefahr bei Nässe ausgehen könnte, weil dadurch die Verkehrssicherungspflicht bei weitem überspannt würde. Dem ist schon deshalb nicht beizutreten, weil die Tatsache des Vorhandenseins einer Glasabdeckung den zuständigen Organen bzw Mitarbeitern der Zweitbeklagten nicht über Jahrzehnte hindurch verborgen geblieben sein konnte, sodass sich die Frage, ob sämtliche Gehsteige der Stadt ständig darauf kontrolliert werden müssten, ob von bestimmten Anlagen eine Rutschgefahr bei Nässe ausgehen könnte, nicht stellt. Zu prüfen kann nur sein, ob die vorhandene Glasabdeckung - auch wann deren letzter Zustand hergestellt wurde, wurde bisher nicht erörtert - bei Nässe übermäßig rutschig war, ob dies bei pflichtgemäßem Vorgehen hätte auffallen müssen, und aus welchem Grund eine allfällige Gefahr nicht erkannt wurde bzw keine Maßnahmen dagegen gesetzt wurden. Dazu werden im fortgesetzten Verfahren nach Erörterung mit den Parteien Feststellungen zu treffen sein. Sollte sich tatsächlich eine besondere Rutschgefahr ergeben, wird die Zweitbeklagte insbesondere dazu Stellung zu nehmen haben, in welcher Form und in welchen zeitlichen Intervallen Kontrollen vorgenommen, wie die Kommunikation zwischen der Baubehörde und der zu diesen Kontrollen berufenen Stelle organisiert ist, und warum keine Maßnahmen veranlasst wurden, um diese Gefahrenstelle zu entschärfen. Sollte sich letztlich ein grob fahrlässiges Fehlverhalten von mit diesen Agenden betroffenen Mitarbeitern („Leuten") der Zweitbeklagten ergeben, wäre letztlich noch der Mitverschuldenseinwand zu behandeln.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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