OGH 15Os41/10h

OGH15Os41/10h26.5.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Mai 2010 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Gotsmy als Schriftführer in der Strafsache gegen Ljiljana S***** wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 23. Oktober 2009, GZ 22 Hv 38/09f-189a, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch der Angeklagten Ljiljana S*****, demgemäß auch im Strafausspruch und im Ausspruch gemäß § 366 Abs 2 StPO aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden die Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

G r ü n d e :

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Teilfreispruch enthält, wurde Ljiljana S***** des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat sie nach dem 13. Oktober 2005 in Brunn am Gebirge ihr als Geschäftsführerin der M***** GmbH von der H***** GmbH durch Vermietung anvertraute Güter in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, indem sie für 30 Deckenstützen der Marke A 350 im Wert von 1.935 Euro und 80 Deckenstützen der Marke AS 550B samt Stapelgestellen im Gesamtwert von 9.818 Euro keine Mietzahlungen leistete, aber die Deckenstützen nicht zurückstellte, sondern am Firmengelände der M***** GmbH beließ.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten; sie ist im Recht.

Unter Zueignung im Sinn des § 133 Abs 1 StGB ist jede eigentümerähnliche Verfügung des Täters über die anvertraute Sache zu verstehen, die den Berechtigten der Gefahr des Verlusts seines Eigentums aussetzt. Ein vertragswidriges Zurückbehalten allein ist als bloßes Vorenthalten nicht tatbildlich. Reine Vertragsverletzungen ohne Gefahr des Verlusts des Eigentums reichen nicht aus. Da sich im Falle einer Veruntreuung das Gut bereits im Gewahrsam des Täters befindet, setzt Zueignung die Betätigung des Zueignungswillens in objektiver erkennbarer Weise voraus. Bloßes „Beisichliegenlassen“ über die vereinbarte Rückgabefrist hinaus genügt mithin nicht, es muss sich stets um ein aktives Tun handeln (RIS-Justiz RS0094156; RS0094072; RS0114835; Fabrizy, StGB9 § 133 Rz 3; Kienapfel/Schmoller, StudB Strafrecht BT II § 133 RN 57 ff).

Nach den vorliegenden Urteilsfeststellungen mietete Zoran S***** in Kenntnis der Beschwerdeführerin die Deckenstützen namens der M***** GmbH an. Die Angeklagte unterließ sodann als Geschäftsführerin dieser Gesellschaft eine Kontaktaufnahme mit der Vermieterin und leistete trotz schriftlicher Mahnungen kein Mietentgelt. Der Geschäftsführer der H***** GmbH konnte nur schwer und selten Kontakt zur M***** GmbH herstellen, vom tatsächlichen Verbleib der Deckenstützen war er nicht in Kenntnis. Letztlich wurden die - zu einem Großteil im Hallenaufbau auf dem Betriebsgelände der M***** GmbH eingebauten - Deckenstützen dort vorgefunden.

Zutreffend rügt die Beschwerde (Z 9 lit a) einen Rechtsfehler mangels Feststellungen in Bezug auf eine objektive Zueignungshandlung der Angeklagten. Den Urteilskonstatierungen ist nämlich nicht zu entnehmen, durch welche Handlung die Angeklagte ihren Zueignungswillen betätigt habe, durch die die Sicherheit der Berechtigten, die Deckenstützen wieder zu erlangen, in Frage gestellt worden sei. Die konstatierte Verletzung der Zahlungspflicht und die bloße Unterlassung der Rückstellung vermögen tatbestandsmäßige Zueignungshandlungen nicht zu ersetzen.

Das Urteil war daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde bei nichtöffentlicher Beratung aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen (§ 285e StPO).

Mit ihren Berufungen waren die Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

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