Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung
Der Kläger begehrte - soweit in dritter Instanz noch relevant - vom Beklagten die Räumung seiner Liegenschaft wegen titelloser Benützung; der Beklagte die Wiederherstellung der vereinbarungsgemäßen Strom- und Wasserversorgung.
Das Berufungsgericht wies das Räumungsbegehren des Klägers ab, gab dem Wiederherstellungsbegehren des Beklagten hingegen statt und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands jeweils 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.
Das Erstgericht legte das als außerordentliche Revision bezeichnete Rechtsmittel des Klägers - nach entsprechendem Auftrag des Berufungsgerichts - unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.
Rechtliche Beurteilung
Dem Obersten Gerichtshof kommt in dieser Sache (bislang) keine Entscheidungskompetenz zu.
Nach § 502 Abs 2 ZPO idF des Budgetbegleitgesetzes BGBl I 2009/52 ist die Revision - außer im Fall des § 508 Abs 3 ZPO - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO - wie hier - für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 508 Abs 1 und 2 ZPO binnen vier Wochen nach der Zustellung des Berufungsurteils den beim Erstgericht (§ 508 Abs 2 erster Satz ZPO) einzubringenden Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde; ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision für zulässig erachtet wird.
Diese Bestimmungen gelten gemäß § 502 Abs 5 Z 2 ZPO unter anderem nicht „für die unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallenden Streitigkeiten, wenn dabei über eine Kündigung, über eine Räumung oder über das Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrags entschieden wird“. § 49 Abs 2 Z 5 JN erfasst „alle Streitigkeiten aus Bestandverträgen über die im § 560 ZPO bezeichneten Sachen und mit ihnen in Bestand genommene bewegliche Sachen sowie aus genossenschaftlichen Nutzungsverträgen (§ 1 Abs 1 MRG) und aus dem im § 1103 ABGB bezeichneten Vertrag über solche Sachen einschließlich der Streitigkeiten über die Eingehung, das Bestehen und die Auflösung solcher Verträge, die Nachwirkungen hieraus und wegen Zurückhaltung der Vermieter oder Pächter eingebrachten oder der sonstigen von dem Verpächter zur Sicherstellung des Pachtzinses haftenden Fahrnisse, schließlich Streitigkeiten zwischen wem immer über verbotene Ablösen (§ 27 MRG)“.
Nach dem klaren Wortlaut werden daher nur Streitigkeiten aus Bestandverträgen, genossenschaftlichen Nutzungsverträgen und Teilpachtverträgen erfasst; nach herrschender Auffassung darf die (Zuständigkeits-)Bestimmung des § 49 Abs 2 Z 5 JN - und damit gleichermaßen die darauf ausdrücklich bezugnehmende Ausnahme vom Revisionsausschluss nach § 502 Abs 5 ZPO - nicht ausdehnend ausgelegt werden (7 Ob 212/08i mwN). Sie ist daher nur auf reine Bestand-, Nutzungs- oder Teilpachtverträge, nicht aber auf gemischte oder mietähnliche Verhältnisse anzuwenden; so auch nicht auf ein Benutzungsverhältnis aus einer persönlichen Dienstbarkeit des Wohnungsrechts oder eine jederzeit widerrufliche Benützungsvereinbarung (7 Ob 212/08i mwN). Räumungsklagen sind daher nur dann als Bestandstreitigkeiten iSd § 49 Abs 2 Z 5 JN anzusehen, wenn sie aus der Beendigung eines Bestand-, Nutzungs- oder Teilpachtverhältnisses resultieren, nicht hingegen, wenn sie sich auf die Benützung ohne Rechtsgrund beziehen (RIS-Justiz RS0046865).
Für die Frage, ob der im § 502 Abs 5 Z 2 ZPO angeführte Ausnahmefall einer streitwertunabhängigen Revisionszulässigkeit vorliegt, ist grundsätzlich von den Behauptungen des Klägers auszugehen (RIS-Justiz RS0043003, RS0046236). Der in der Rechtsprechung als Ausnahme von diesem Prinzip erwähnte Fall, dass ein Rückgriff auf die Einwendungen des Beklagten zulässig sei, wenn dadurch ein auslegungsbedürftiges Vorbringen des Klägers verdeutlicht werden könne, liegt im Hinblick auf das eindeutige Klagevorbringen nicht vor. Es kommt daher im Gegensatz zu der vom Kläger vertretenen Auffassung nicht darauf an, dass der Beklagte das Vorliegen eines Bestandverhältnisses behauptete.
Der vorliegende Rechtsstreit dient nicht der Durchsetzung eines Räumungsbegehrens unter Berufung auf die Beendigung eines Schuldverhältnisses nach § 49 Abs 2 Z 5 JN, sondern vielmehr der Beendigung einer behaupteten rechtsgrundlosen Benützung bestimmter Teile der Liegenschaft des Klägers. Der Kläger behauptete auch nicht die Rechtsunwirksamkeit von Bestandverträgen über die vom Räumungsbegehren erfassten Objekte (vgl 7 Ob 212/08i mwN). Das Berufungsgericht nahm daher zutreffend eine Bewertung des Entscheidungsgegenstands nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO vor.
Im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtslage war der Rechtsmittelschriftsatz nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen; dieser darf über das Rechtsmittel nämlich nur und erst dann entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei (RIS-Justiz RS0109623).
Der Akt ist daher dem Erstgericht zurückzustellen.
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