OGH 7Ob30/10b

OGH7Ob30/10b21.4.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Piaty Müller-Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei M***** Versicherung AG, *****, vertreten durch Christandl Rechtsanwalt GmbH in Graz, wegen 18.409,80 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 4. Juni 2009, GZ 4 R 47/09b-33, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 10. Dezember 2008, GZ 14 Cg 195/05f-26, bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.119,24 EUR (darin enthalten 186,54 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klägerin betreibt eine private Krankenanstalt, die als Belegspital mit Schwerpunkt Geburtshilfe und Gynäkologie geführt wird.

Die Beklagte ist Mitglied des Verbandes der Versicherungsunternehmen Österreichs (VVO). Der VVO schloss für den Zeitraum 1. 7. 2004 bis 31. 12. 2005 im Namen der Beklagten und anderer privater Krankenversicherer mit der Klägerin und anderen Trägern privater Krankenanstalten (in der Folge auch: Krankenanstalten) sogenannte Direktverrechnungsvereinbarungen (DVV) mit demselben Inhalt. Dort ist geregelt:

„1. Gegenstand der Vereinbarung

Diese Vereinbarung legt die Rahmenbedingungen fest, nach denen medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlungen von entsprechend versicherten Personen in der Krankenanstalt zwischen den Krankenversicherern und der Krankenanstalt direkt abgerechnet werden.

3. Verrechnung

3.1. Die Krankenversicherer werden für ihre Versicherten im Rahmen des vertraglichen Versicherungsschutzes (siehe jedoch Anlage Id) und bei gegebenem Leistungsanspruch Hauskosten und Honorare, in der Folge kurz „Kosten“ genannt, sowie die verrechenbaren Kosten für eine Begleitperson von Kindern nach Maßgabe dieser Vereinbarung mit der Krankenanstalt direkt verrechnen, sofern sie für die jeweilige stationäre Heilbehandlung eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben haben.

3.2. Die Kostenübernahmeerklärung lautet je nach Tarif bzw je nach Versicherungsvertrag auf:

...

3.2.2. Übernahme der Aufzahlungskosten der Sonderklasse - Zweibettzimmer für Sozialversicherte.

3.2.3. Übernahme des Einbettzimmerzuschlages.

...

3.3 ... Die abgegebene Kostenübernahmeerklärung durch Änderung der Diagnose oder der bei der Anforderung der Kostenübernahmeerklärung angegebenen diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen wird gegenstandslos, wenn die durchgeführten Maßnahmen unter einen im Versicherungsvertrag vereinbarten Leistungsausschluss fallen, im Zusammenhang mit einer verschwiegenen Vorerkrankung stehen oder bedingungsgemäß vom Versicherungsschutz ausgenommen sind. ...

3.4. Die Abrechnung erfolgt nach der Entlassung des Patienten aus der Krankenanstalt. Jeder Fall wird mit Einzelformular und nach Vorliegen der zur Verrechnung erforderlichen Unterlagen grundsätzlich innerhalb von vier Wochen mit dem Krankenversicherer abgerechnet.

6. Mehrkosten

6.1. Außer der in diesem Übereinkommen angeführten Hauskosten und Honorare dürfen Beträge unter welchem Namen immer, weder dem Patienten (Unterhaltspflichtigen) noch dem Krankenversicherer angerechnet werden. Wenn der Patient zusätzlich, über das vertragliche Ausmaß hinausgehende Leistungen ordert, sind diese dem Patienten in Rechnung zu stellen.

...

9. Meistbegünstigungsklausel

Soweit Patienten, die nicht bei einem der in Punkt 11 genannten privaten Krankenversicherer versichert sind, für dieselben Leistungen in den Vertragszimmern günstigere Hauskosten bzw günstigere technische Kosten als Mix der technischen Pauschalen als die im vorliegenden Vertrag festgelegten Preise eingeräumt werden, reduzieren sich die mit den privaten Krankenversicherern hierfür vereinbarten Preise auf dasselbe Ausmaß.

Im Sinne dieser Meistbegünstigungsklausel gelten für die privaten Krankenversicherer also die niedrigsten jeweils irgendeinem Dritten verrechneten Preise; (bei der Einräumung weitergehender kostenloser Zusatzleistungen erhöht sich der Leistungsumfang auch für Patienten, die bei einem der in Punkt 11 genannten privaten Krankenversicherer versichert sind, entsprechend).

Die privaten Krankenversicherungen, für die diese Vereinbarung Gültigkeit hat, verpflichten sich ihrerseits gegenüber der „Krankenanstalt“, dass keine andere private Krankenanstalt im Bundesland S***** für die Versorgung gleichwertig privatversicherter Personen einen höheren Hauskosten- und Honorarteil erhält, als sie aufgrund dieses Vertrages der Krankenanstalt leisten, ausgenommen die Differenzierung ergibt sich aus einem unterschiedlichen Erfüllungsgrad des Sonderklasseanforderungsprofils. ...“

Bestandteil der DVV ist ein Sonderklasseanforderungsprofil, das Qualitätsvoraussetzungen für die Pflege, Hotelkomponente und die organisatorischen Bereiche, sogenannte „Musskriterien“, enthält. Die Erfüllung der unverhandelbaren „Musskriterien“ ist Voraussetzung dafür, dass überhaupt eine DVV abgeschlossen wird. Darüber hinaus enthält eine DVV Zusatzkriterien, die nicht Vertragsvoraussetzung sind. Bei Erfüllung dieser Zusatzkriterien erhält die Krankenanstalt einen Qualitätsbonus als Zuschlag zum Tagsatz. Für die Unterbringung eines Patienten in einem Einbettzimmer gebührt ein Einbettzimmerzuschlag von 78,34 EUR pro Tag und Patient. Wird ein Patient, der über eine Zusatzversicherung für Einbettzimmer verfügt, nicht in einem Einbettzimmer untergebracht, gebührt ihm Ersatztaggeld. Die Versicherungsnehmer mit Versicherungsdeckung für Einbettzimmer können zwischen der Inanspruchnahme der Sonderklasse-Einbettzimmer und der Auszahlung des Ersatztaggelds bei Unterbringung in einem Mehrbettzimmer wählen.

Die Klägerin hat Mitte 2004 ihre Zweibettzimmer in Einbettzimmer umgewandelt. Seither gibt es bei der Klägerin nur mehr Einbettzimmer. Für Patientinnen mit Einbettzimmerzusatzversicherung verrechnet sie der Beklagten den Einbettzimmerzuschlag pro Tag von 78,34 EUR. Patientinnen ohne Einbettzimmerzusatzdeckung können das Einbettzimmer ohne Zuschlag benützen. Die Beklagte lehnte seit dem 1. 1. 2005 die Bezahlung von Einbettzimmerzuschlägen trotz entsprechender Versicherungsdeckung und Rechnungslegung durch die Klägerin mit der Begründung ab, dass gleiche Leistungen entgegen Punkt 9. DVV ungleich verrechnet würden. Sie widerrief im Nachhinein für sechs Patientinnen Kostenübernahmeerklärungen hinsichtlich der Sonderklasse-Einbettzimmer. Hinsichtlich 28 weiterer Patientinnen (bei zweien für zwei Aufenthalte) gab sie von vornherein nur Kostenübernahmeerklärungen für Kosten der Sonderklasse-Mehrbettzimmer ab. Hinsichtlich zweier Patientinnen liegen keine Kostenübernahmeerklärungen vor. Die Beklagte bezahlte an sechs Patientinnen über deren Aufforderung Ersatztaggeld.

Nach den jeweiligen Versicherungsverträgen zwischen der Beklagten und den Patientinnen zugrundeliegenden Versicherungsbedingungen ist eine Zession der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag ohne Zustimmung der Beklagten nicht zulässig (vgl etwa § 7.7 AVBK 1998). 14 Patientinnen traten der Klägerin ihre Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag auf Erstattung des Einbettzimmerzuschlags ohne Zustimmung der Beklagten ab.

Die Klägerin begehrt den Klagsbetrag für noch aushaftende Einbettzimmerzuschläge für konkret genannte Patientinnen. Hilfsweise stellt sie zwei weitere Begehren. Mit dem ersten Eventualbegehren soll die Beklagte hinsichtlich 32 Patientinnen (bei zweien für je zwei Behandlungen) schuldig erkannt werden, eine Kostenübernahmeerklärung dahingehend abzugeben, dass diese auf „Sonderklasse/Einbettzimmer“ lautet. Mit dem zweiten Eventualbegehren soll festgestellt werden, dass sich die von der Klägerin abgegebenen Kostenübernahmeerklärungen für die 32 Patientinnen (bei zweien für je zwei Behandlungen) auch auf den Einbettzimmerzuschlag erstrecken. Die Klägerin habe alle Patientinnen in Einbettzimmern untergebracht. Sie habe entsprechend der DVV gegen die Beklagte einen direkten Anspruch auf Erstattung des Einbettzimmerzuschlags. Aufgrund der DVV sei die Beklagte bei bestehender Versicherungsdeckung gegenüber der Klägerin verpflichtet, eine Erklärung auf Übernahme auch des Einbettzimmerzuschlags abzugeben und diesen auch zu bezahlen. Weiters sei die Klägerin als Zessionarin berechtigt, alle Ansprüche der Patientinnen gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Da die Schuld inhaltlich gleich bleibe, sei die Zustimmung des debitor cessus nicht erforderlich. Das in den Versicherungsbedingungen enthaltene Zessionsverbot benachteilige die Versicherungsnehmer gröblich, sodass es gemäß § 879 Abs 3 ABGB unwirksam sei. Die Beklagte schulde den Klagsbetrag auch wegen der Verletzung der DVV aus dem Titel des Schadenersatzes. Sie habe ihre vertraglichen Pflichten wider Treu und Glauben in schikanöser Rechtsausübung verletzt. Aus der DVV ergebe sich nicht die Verpflichtung, Doppelzimmer zu führen oder in den Einbettzimmern nur Personen mit entsprechender Versicherungsdeckung unterzubringen. Ein privatrechtlicher „Gleichbehandlungsgrundsatz“ sei der österreichischen Rechtsordnung fremd. Die Meistbegünstigungsklausel beziehe sich schon dem Wortlaut nach nur auf Selbstzahler, das heißt, auf überhaupt nicht privat krankenversicherte Patientinnen.

Die Beklagte beantragt die Klagsabweisung. Die Klägerin verrechne bei Patienten mit einer privaten Krankenversicherung mit Einbettzimmerdeckung Zuschläge für Leistungen, die Patienten ohne Einbettzimmerdeckung unentgeltlich erhielten. Dadurch würden Patienten, die für die Einbettzimmerdeckung höhere Versicherungsprämien bezahlten, ungerechtfertigt benachteiligt. Aus der DVV ergebe sich nur eine Verpflichtung zur Abgabe einer Kostenübernahmeerklärung im Fall des Bestehens eines Versicherungsvertrags. Eine Verpflichtung zur Abgabe einer Erklärung hinsichtlich der Übernahme des Einbettzimmerzuschlags gebe es nicht. Mit der Meistbegünstigungsklausel sei ausdrücklich vereinbart worden, dass für die privaten Krankenversicherer die niedrigsten jeweils irgendeinem Dritten gegenüber verrechneten Preise gelten. Die Beklagte habe keinen Einfluss darauf, ob die bei ihr Versicherten die Leistungen der Klägerin in Anspruch nehmen oder nicht, es bestehe für die Beklagte gegenüber der Klägerin ein Kontrahierungszwang. Da die Klägerin lediglich Einbettzimmer zur Verfügung stelle, werde den Versicherten die Möglichkeit genommen, sich freiwillig in einem Mehrbettzimmer unterbringen zu lassen und das in diesem Fall zustehende Ersatztaggeld zu beanspruchen. Hinsichtlich der sechs Versicherungsnehmerinnen, die das Ersatztaggeld ausbezahlt erhalten hätten, stünden jedenfalls keine Ansprüche zu. Eine Zession der Ansprüche des Versicherungsnehmers sei nach den AVBK 1998 ohne Zustimmung der Beklagten unzulässig. Die Beklagte habe ihre Zustimmung nicht erteilt.

Das Erstgericht wies das Haupt- und die Eventualbegehren ab. Die DVV begründe keinen Direktanspruch des Anstaltsträgers gegenüber dem Versicherer. Dieser entstehe erst mit der Abgabe einer Kostenübernahmeerklärung. Dies sei auch in Punkt 3.1. DVV ausdrücklich vereinbart. Eine Verpflichtung zur Abgabe einer entsprechenden Kostenübernahmeerklärung des Versicherers bestehe nur gegenüber seinem Vertragspartner aus dem Versicherungsvertrag. Im Verhältnis zwischen den Streitteilen sei es nicht vertragswidrig, wenn die Beklagte trotz bestehender Einbettzimmerversicherung keine Kostenübernahmeerklärung für Einbettzimmer abgebe. Verweigere der Versicherer die Kostenübernahmeerklärung zu Unrecht, könne nur der Versicherte, nicht jedoch die Krankenanstalt von der Versicherung Leistung, möglicherweise Schadenersatz, verlangen. Die demonstrative Aufzählung der einen Widerruf der Kostenübernahmeerklärung rechtfertigenden Umstände in Punkt 3.3. DVV erfasse nur die häufigsten Fälle des Widerrufs. Der Widerruf einer Kostenübernahmeerklärung sei auch aus anderen Gründen möglich und zulässig. Da hinsichtlich der Patientinnen, für die die Klägerin den Einbettzimmerzuschlag begehre, keine rechtswirksamen Kostenübernahmeerklärungen vorlägen, stehe der Klägerin kein Direktanspruch gegen die Beklagte zu. Sie müsse sich an ihre Vertragspartner halten. Die Zession sei ohne Zustimmung der Beklagten erfolgt und daher nach den Versicherungsbedingungen unwirksam.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Aus der DVV ergebe sich kein Rechtsanspruch des Krankenhausträgers gegen den Versicherer, solange keine Kostenübernahmeerklärung vorliege. Die Klägerin könne von der Beklagten nur Ansprüche im Umfang der Kostenübernahmeerklärung geltend machen. Soweit keine Kostenübernahmeerklärung vorliege oder diese eingeschränkt worden sei, müsse sich die Klägerin an die Patientinnen wenden. Verweigere der private Krankenversicherer zu Unrecht die Kostenübernahmeerklärung, so könne der Versicherte und nicht die Krankenanstalt von ihm Leistung, möglicherweise auch Schadenersatz verlangen. Abgesehen davon habe die Beklagte zu Recht die Übernahme der Einbettzimmerzuschläge im Hinblick auf die Meistbegünstigungsklausel in Punkt 9. DVV verweigert. Die Krankenanstalt solle für ihre Leistungen nicht weniger erhalten als andere Krankenanstalten im selben Bundesland. Der Versicherer wiederum solle nur die niedrigsten Preise zahlen müssen, die auch Patienten, die nicht oder bloß für die Sonderklasse-Zweibettzimmer bei einem privaten Krankenversicherer der DVV versichert seien, verrechnet würden. Die Beklagte sei daher nicht verpflichtet, für dieselbe Leistung (Unterbringung in Einbettzimmern) mehr zu zahlen als nicht in diesem Umfang Zusatzversicherte. Punkt 6.1. DVV stehe dem nicht entgegen. Eine Gefährdung des Gesundheitssystems in Österreich sei nicht erkennbar. Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs bestünden gegen die Zulässigkeit eines Zessionsverbots zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer keine Bedenken. Es müsse nicht darauf eingegangen werden, ob die Versicherungsnehmer gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf eine (weitere) Versicherungsleistung hätten, die sie an die Klägerin hätten abtreten können.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Den Fragen, ob den Krankenanstalten ein Anspruch auf Abgabe einer Kostenübernahmeerklärung für alle Leistungen, die vom Tarif und Versicherungsvertrag gedeckt seien, zustehe, und wie die Meistbegünstigungsklausel in der DVV auszulegen sei, komme mangels oberstgerichtlicher Rechtsprechung erhebliche Bedeutung zu.

Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.

Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, dass bei einem Aufenthalt eines Versicherungsnehmers in einer Krankenanstalt drei Rechtsverhältnisse zu unterscheiden sind. Zwischen dem Patienten (= Versicherungsnehmer) und dem Betreiber der Krankenanstalt besteht ein Aufnahmevertrag, der den Patienten zur Bezahlung des vereinbarten Entgelts verpflichtet. Zwischen dem Versicherungsnehmer (= Patient) und dem Krankenversicherer besteht ein Versicherungsvertrag, aus dem der Versicherungsnehmer gegen den Versicherer einen Anspruch auf die Versicherungsleistung hat. Zwischen dem Betreiber der Krankenanstalt und dem Versicherer kann eine rechtliche Beziehung bestehen, oder auch nicht. Bei Direktabrechnung besteht zumeist ein Verrechnungsabkommen (4 Ob 1/97v, Schauer, Das Österreichische Versicherungsvertragsrecht3 484; Rohrbach, Versicherungshandbuch 57; Dopplinger, Funktion der Privatversicherung, in Schrammel, Rechtsfragen der ärztlichen Behandlung, 106 ff [115 ff]). Hier haben die Parteien ein solches Abkommen, die DVV, geschlossen.

Schon seit etwa der 1960er Jahre hat sich das System der Direktverrechnung und Kostengarantie entwickelt, wodurch an die Stelle der entsprechenden Vergütung der vom Patienten zunächst selbst gezahlten Kosten und Honorare eine volle Vergütung der Kosten und Honorare in direkter Verrechnung mit dem Krankenhaus tritt (4 Ob 1/97v; Dopplinger aaO). Aus einem solchen Übereinkommen entsteht kein originärer Rechtsanspruch der Krankenanstalt gegen den Versicherer (7 Ob 8/91, 4 Ob 1/97v; Dopplinger aaO [117]; Pircher, Honorarberechtigung in der Sonderklasse öffentlicher Heilanstalten 198). Erst mit der Abgabe einer Kostenübernahmeerklärung kann die Krankenanstalt direkt mit dem Versicherer abrechnen (7 Ob 8/91, 4 Ob 1/97v). Dies ist hier auch in Punkt 3.1. DVV so geregelt. Durch die Zahlung an die Krankenanstalt erfüllt der Versicherer seine eigene Schuld aus dem Versicherungsvertrag und befreit den Versicherungsnehmer und Patienten von seiner Verbindlichkeit gegenüber der Krankenanstalt (Pircher aaO 194 ff, 200).

Die Kostenübernahmeerklärung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Versicherers, in der er erklärt, die Kosten für eine bestimmte stationäre Heilbehandlung zu übernehmen. Sie ist nicht mit der Kostendeckungszusage nach § 178c VersVG ident. Die Deckungszusage wird vom Versicherer dem Versicherungsnehmer gegenüber allgemein erklärt, die Kostenübernahmeerklärung hingegen vom Versicherer gegenüber dem Spitalsträger/Arzt im Einzelfall vor oder nach dem Versicherungsfall (Pircher aaO 196 ff, Schauer aaO 486). Die Bestimmung des § 178c VersVG ist nicht analog auf die Kostenübernahmeerklärung zu übertragen.

In den bereits zitierten oberstgerichtlichen Entscheidungen 7 Ob 8/91 und 4 Ob 1/97v wurde zur Frage, ob aus der DVV eine Verpflichtung des Versicherers zur Abgabe einer Kostenübernahmeerklärung dem Versicherungsvertrag entsprechend besteht, nicht Stellung genommen. Pircher aaO 196 vertritt die Ansicht, dass der Versicherer verpflichtet ist, die Kostenübernahmeerklärung abzugeben, wenn der Leistungsanspruch des Versicherungsnehmers aufgrund des Versicherungsvertrags besteht. Diese Ansicht vertritt offenbar auch die Beklagte, beruft sie sich doch auf einen aufgrund der DVV bestehenden Kontrahierungszwang.

Aus Punkt 3. DVV ergibt sich, dass die Direktverrechnung nach Maßgabe des Leistungsanspruchs und des Versicherungsvertrags erfolgen soll, sofern eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben wurde. Diese hat je nach Tarif/Versicherungsvertrag zu lauten. Die DVV ist ein Rahmenvertrag, der die Rechtsbeziehung zwischen dem Träger der Krankenanstalt und dem Versicherer regelt. Schon aus dem Text der Bestimmung geht hervor, dass der Versicherer den Inhalt seiner Kostenübernahmeerklärung nicht selbst willkürlich bestimmen kann, sondern dass diese dem Tarif und dem Versicherungsvertrag zu entsprechen hat. Darauf hat der Träger der Krankenanstalt als Vertragspartner der DVV gegenüber dem Versicherer einen Anspruch, bezweckt doch die DVV die Direktverrechnung ohne weitere Einschaltung des Versicherungsnehmers.

Gibt ein Patient seinen Krankenversicherer bekannt, bringt er schlüssig zum Ausdruck, der Krankenanstalt anzubieten, ihr die ihm aus dem Versicherungsvertrag abgeleitete Forderung abzutreten. Wird angefragt, ob die Kosten übernommen werden, so kann dies als Ersuchen um Auskunft verstanden werden, ob der Versicherer als debitor cessus diese Forderung anerkenne. Die bejahende Antwort des Versicherers ist als deklaratives Anerkenntnis gemäß § 1396 letzter Satz ABGB zu werten (RIS-Justiz RS0107731; Pircher aaO 199 ff). Die aufgrund der DVV abgegebene Kostenübernahmeerklärung verpflichtet nicht nur den Versicherer zur Direktzahlung an die Krankenanstalt im Rahmen des Versicherungsvertrags, sondern ist auch als Zustimmung zur Zession von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag anzusehen. Der Versicherer ist einverstanden, statt mit dem Versicherungsnehmer mit der Krankenanstalt die Leistungen aus dem Versicherungsvertrag abzurechnen. Dies ist ja der Sinn der gesamten Konstruktion. Da die Beklagte demnach der Zession der Ansprüche an die Klägerin zugestimmt hat, ist auf das Zessionsverbot nicht weiter einzugehen.

Dem Versicherer stehen nach Abgabe der Kostenübernahmeerklärung folgende Einwendungen der Krankenanstalt gegenüber zu: 1) aus dem Rechtsverhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer, dem Versicherungsvertrag; 2) aus dem Rechtsverhältnis zwischen Zedenten (Patienten) und Zessionar (Krankenanstalt) den Behandlungsvertrag oder die Falschverrechnung von Leistungen betreffend; und 3) aus dem Rechtsverhältnis zwischen dem Versicherer und der Krankenanstalt selbst, nämlich dem Verrechnungsabkommen, (Pircher aaO, Dopplinger aaO, Rohrbacher aaO), hier der DVV. Aus Punkt 3.3. DVV lässt sich kein Verzicht auf Einwendungen erkennen. Es werden nur einige Fälle vereinbart, in denen die Kostenübernahmeerklärung als „gegenstandslos“, also als nicht wirksam abgegeben, anzusehen ist.

Für den vorliegenden Fall bedeutet das Folgendes:

Aufgrund der DVV hat die Kostenübernahmeerklärung einen bestimmten Inhalt. Sie muss dem Tarif und dem Versicherungsvertrag entsprechen. Der „Widerruf“ der Kostenübernahmeerklärungen hinsichtlich des Einbettzimmerzuschlags kann nur so verstanden werden, dass die Beklagte nunmehr Einwendungen gegen den Anspruch der Klägerin aus der DVV erhob, und zwar im Hinblick auf die in Punkt 9. geregelte Meistbegünstigungsklausel. Diese Einwendungen sind - wie oben dargelegt - zulässig und haben nichts mit den wirksam abgegebenen Kostenübernahmeerklärungen der Beklagten, die den Versicherungsverträgen entsprechen, zu tun. Diejenigen Kostenübernahmeerklärungen, die schon ursprünglich lediglich auf Ersatz der Kosten für Mehrbettenzimmer gerichtet waren, sind auch nur so zu verstehen, dass sie sich im Rahmen der Versicherungsverträge halten, aber die Beklagte jetzt schon aufgrund der bekannten Umstände den Einwand erhebt, lediglich die Kosten für ein Mehrbettzimmer zu übernehmen. Ob dieser Einwand zu Recht oder zu Unrecht erhoben wird, ist im vorliegenden Rechtsstreit zwischen dem Träger der Krankenanstalt und dem Versicherer zu klären.

Nach der Meistbegünstigungsklausel reduzieren sich die mit dem privaten Krankenversicherer vereinbarten Preise entsprechend, wenn Patienten, die nicht bei einem der in Punkt 11 DVV genannten privaten Krankenversicherer versichert sind, für dieselben Leistungen in den Vertragszimmern günstigere „Hauskosten“ als die im vorliegenden Vertrag festgelegten Preise eingeräumt werden. Aus dem Vertragstext ergibt sich eindeutig, dass sich die Klägerin verpflichtete, der Beklagten für dieselben Leistungen nicht mehr zu verrechnen, als sie auch Patienten ohne Versicherungsdeckung verrechnet. Die Klägerin verlangt den Einbettzimmerzuschlag nur von jenen Patientinnen, in deren Versicherungsverträgen eine Deckung für Einbettzimmer vereinbart ist. Da sie aber nur Einbettzimmer hat, gewährt sie allen übrigen Patientinnen das Einbettzimmer ohne Zuschlag. Damit wird Personen, die (für diese Teilleistung) keine private Versicherungsdeckung haben, die Einbettzimmerleistung zu einem günstigeren Preis als im Tarif gewährt. Im Sinn der Meistbegünstigungsklausel muss die Klägerin diesen Vorzug auch der Beklagten einräumen. Dass die Klausel - wie die Klägerin meint - schon dem Text nach nur für Selbstzahler zu gelten habe, ist nicht erkennbar. Vielmehr wird nur auf die Deckung der Leistung durch einen in Punkt 11 genannten Versicherer abgestellt. Hat die Patientin aber keine Einbettzimmerdeckung, so ist sie dafür wie eine Selbstzahlerin auch bei keinem der in Punkt 11 genannten Versicherer versichert. Die Meistbegünstigungsklausel bezieht sich genau auf Fälle wie den vorliegenden. Es soll dem Krankenversicherer für Leistungen an Personen, die für einen bestimmten Versicherungsschutz eine (höhere) Versicherungsprämie bezahlen, nicht mehr verrechnet werden als Personen, für die dieser (Zusatz-)Aufwand nicht von einem Versicherer getragen wird. Es soll also zum Schutz der Gemeinschaft der Versicherungsnehmer verhindert werden, dass Personen mit privatem Krankenversicherungsschutz letztlich Leistungen für Personen (mit-)finanzieren, die dafür keine (zusätzlichen) Prämien zahlen. Das Argument der Klägerin, es müsse ihr freistehen, Einzelpersonen zu begünstigen und ihnen ein freiwilliges „upgrading“ zugute kommen zu lassen, negiert dies. Es geht im Kern nicht um eine freiwillige Mehrleistung der Klägerin. Sie verrechnet für dieselbe Leistung unterschiedliche Tarife. Sie hat sich aber in der DVV verpflichtet, der Beklagten den günstigsten von ihr gewährten Tarif zu verrechnen. Ihre Vorgangsweise wird Personen, die für ein Einbettzimmer keinen Versicherungsschutz haben, eher veranlassen, sich für ihre Krankenanstalt zu entscheiden. Das kostenlose „upgrading“ wird zumindest zum Teil faktisch dadurch ermöglicht, dass andere Personen den Zuschlag zahlen. Genau dies soll die Meistbegünstigungsklausel unterbinden. Der Einwand der Beklagten aus der DVV besteht daher zu Recht.

Die Klägerin kann aus der Zession des Anspruchs aus dem Versicherungsvertrag nichts gewinnen, weil ihr gegen ihre Patientinnen kein Anspruch auf Bezahlung eines Einbettzimmerzuschlags zusteht. Die DVV ist auch ein Vertrag zugunsten des Versicherungsnehmers (Pircher aaO 195 f; Schauer in Fenyves/Kronsteiner/Schauer, VersVG-Novellen, § 178c Rz 4). Es werden damit die Interessen der Versicherungsnehmer geschützt, nämlich dass für sie (was sich wieder auf die von ihnen zu zahlenden Prämien auswirkt) nicht mehr bezahlt wird, als nicht versicherte Personen für dieselbe Leistung aufwenden müssen. Sie dürfen somit von der Krankenanstalt nicht deshalb durch Mehrkosten benachteiligt werden, weil sie krankenversichert sind. Die Klägerin hat von ihren Patientinnen ohne entsprechende Zusatzversicherung keinen Einbettzimmerzuschlag verlangt. Die Patientinnen (Versicherungsnehmerinnen) können sich daher wie die Beklagte auf die Meistbegünstigungsklausel berufen. Besteht aber kein Anspruch zwischen der Klägerin und den Patientinnen (Versicherungsnehmerinnen), so besteht auch keine Zahlungspflicht aus dem Versicherungsvertrag.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.

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