Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Miroslav T***** von der wider ihn erhobenen Anklage, er habe „gewerbsmäßig in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit der abgesondert verfolgten Jasmina F***** in Nickelsdorf als Lenker eines Reisebusses ausländische unverzollte eingangsabgabepflichtige Zigaretten der Marke ‘Memphis' in einem 37.500 Euro übersteigenden Gesamtwert vorsätzlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht und zwar
1. am 27. Juni 2005 379,6 Stangen (75.920 Stück) im (geschätzten) Zollwert von insgesamt 2.353,52 Euro, mit Eingangsabgaben von 10.902,67 Euro (Zoll 1.355,63 Euro, Tabaksteuer 7.337,67 Euro und EUSt 2.209,37 Euro);
2. im Zeitraum April 2005 bis Juni 2005 bei wöchentlichen Einreisen mindestens 4.500 Stangen (900.000 Stück) im (geschätzten) Zollwert von insgesamt 27.000 Euro, mit Eingangsabgaben von ca 126.122,40 Euro (Zoll 15.552 Euro, Tabaksteuer 85.050 Euro und EUSt 25.520,40 Euro)“, gemäß § 214 Abs 1 FinStrG freigesprochen.
Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft habe er hiedurch das Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG begangen.
Den Feststellungen zufolge stellten Beamte des Zollamts Salzburg am 27. Juni 2005 in Salzburg nach einem entsprechenden Hinweis des Angeklagten in einem von diesem nach Österreich gelenkten Reisebus 75.920 Stück geschmuggelte Zigaretten sicher, auf welche 7.337,67 Euro Tabaksteuer und 1.355,63 Euro Zoll entfallen (US 2). Der Angeklagte werde von Jasmina F***** belastet, von dem durch den Inhaber des Reisebusses betriebenen Zigarettenschmuggel gewusst und ab „Mitte bis Ende April“ (2005) mitgeholfen zu haben. Auf neun Fahrten vor dem 27. Juni 2005 würden „unter der Voraussetzung von jeweils optimaler Ausnutzung des vorhandenen Versteckraums“ 64.638 Euro Tabaksteuer und 11.819,52 Euro Zoll entfallen (US 3). Es sei davon auszugehen, dass „der Bus jeweils von Serbien über Ungarn nach Österreich zurückgefahren sei, wobei er beim Grenzübergang Nickelsdorf die österreichisch-ungarische Grenze passiert habe“ (US 3).
Rechtlich führt das Erstgericht aus, dass österreichische Einfuhrumsatzsteuer und Tabaksteuer nur bei unmittelbarem Verbringen der Ware von einem Drittland in österreichisches Staatsgebiet anfällt (vgl RIS-Justiz RS0124513). Tabaksteuer werde nach § 27 Abs 2 TabStG geschuldet, weshalb „eine Verwirklichung des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 (iVm § 38 Abs 1 lit a) FinStrG in Betracht“ komme. Gerichtliche Zuständigkeit verneinte der Schöffensenat angesichts der strafbestimmenden Wertbeträge der in Rede stehenden Finanzvergehen (Tabaksteuer unter 75.000 Euro und Zoll unter 37.500 Euro), weil „nach dem eindeutigen Wortlaut des § 53 Abs 3 FinStrG die gerichtliche Zuständigkeit nach Abs 1 oder Abs 2 gegeben sein muss, um eine Zuständigkeit für mit diesen zusammentreffenden anderen Finanzvergehen zu begründen“.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von der Finanzstrafbehörde und der Staatsanwaltschaft aus Z 9 lit a, von Letztgenannter zudem aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden sind nicht berechtigt.
Indem die Tatrichter erklärtermaßen (US 3 und 4) im Zweifel von der für den Freigesprochenen günstigsten Version der Jasmina F***** zur Anzahl der Schmuggelfahrten (S 439/I) ausgegangen sind, haben sie sich mit deren Aussage, wonach er insgesamt zwölf Schmuggelfahrten absolviert habe, auseinandergesetzt, sodass entgegen der auf diese Angaben der Zeugin gegründete Feststellungen fordernden Rüge der Staatsanwaltschaft ein Begründungs- (Z 5 vierter Fall) oder Feststellungsmangel (Z 9 lit a) nicht prozessordnungsgemäß dargestellt wird (vgl zu den Voraussetzungen gesetzeskonformer Ausführung: RIS-Justiz RS0116732, RS0118580).
Soweit die Staatsanwaltschaft Konstatierungen zu dem nach § 35 Abs 1 lit a FinStrG maßgeblichen Vorsatz vermisst, übergeht sie jene, wonach der Freigesprochene im Wissen um den Zigarettenschmuggel bei diesem mitgeholfen hat (US 3), und verfehlt solcherart den gesetzlichen Bezugspunkt (RIS-Justiz RS0099810).
Mit der bloßen Behauptung, das Gericht sei angesichts der strafbestimmenden Wertbeträge der hier zusammentreffenden vorsätzlich begangenen Finanzvergehen zuständig, leiten die Staatsanwaltschaft und die Finanzstrafbehörde nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz ab (vgl RIS-Justiz RS0118429), weshalb allein die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrags ungeachtet der gesetzlichen örtlichen und sachlichen Zuständigkeit der für die Finanzvergehen jeweils zuständigen Finanzstrafbehörde die gerichtliche Zuständigkeit nach § 53 Abs 1 lit b FinStrG begründen können soll. Ein auf dieses positive Tatbestandsmerkmal (vgl 13 Os 177/08s) gemünzter Feststellungsmangel wird nicht geltend gemacht (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 607).
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Anzumerken ist, dass Entdecken im Sinn des § 58 Abs 1 lit a FinStrG nicht bloß visuelles Erkennen, sondern jede Art der ersten Kenntnis der Behörde von Schmuggel umfasst (etwa wie hier die zugegangene Information über weitere Schmuggelfahrten anlässlich der Sicherstellung von Schmuggelware).
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