OGH 14Os3/10p

OGH14Os3/10p2.3.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. März 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Klein als Schriftführerin der Strafsache gegen Erhard T***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 22. September 2009, GZ 34 Hv 61/08z-71, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Erhard T***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 15, 146, 147 Abs 3 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er im November 2003 in Waidhofen an der Ybbs im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit (den bereits rechtskräftig schuldig erkannten) Ing. Michael Sch***** und Dr. Bruno B***** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Rudolf S***** durch Übermittlung eines von Dr. Bruno B***** erstellten und von Erhard T***** und Ing. Michael Sch***** unterfertigten Scheinkaufvertrags, in welchem Erhard T***** als Verkäufer und Ing. Michael Sch***** als Käufer der im Eigentum des Erhard T***** befindlichen Hälfteanteile der Liegenschaften EZ ***** und ***** (KG *****) und EZ ***** (KG *****) zu einem überhöhten Kaufpreis von 1,45 Euro/m2 aufschienen, und in der Folge durch die Behauptung, dass der genannte Kaufvertrag zustande gekommen sei, zur Ausübung seines Vorkaufsrechts, somit zu einer Handlung zu verleiten versucht, die Rudolf S***** um 204.750 Euro am Vermögen schädigen sollte.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobenen auf § 281 Abs l Z 5a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Erhard T***** kommt keine Berechtigung zu.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) erlaubt eine Bekämpfung der Beweiswürdigung nur insoweit, als sie völlig lebensfremde Ergebnisse derselben durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiserwägungen) aufzuzeigen in der Lage ist (RIS-Justiz RS0118780). Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt - wird dadurch nicht eröffnet (vgl RIS-Justiz RS0119583). Gegenstand der Tatsachenrüge sind daher Feststellungen, angesichts derer eine Fehlentscheidung bei der Beweiswürdigung qualifiziert nahe liegt, die somit schlechterdings unerträglich sind (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 391 und 490).

Ausgehend von diesem Prüfungsmaßstab ist der Hinweis auf die erste Aussage des bereits rechtskräftig schuldig erkannten Ing. Sch***** in der Hauptverhandlung und im Zivilverfahren, die eigene Einlassung sowie die nachfolgende Führung eines Zivilprozesses durch den Angeklagten gegen Ing. Sch*****, wonach der inkriminierte Vertrag vom 13. November 2003 (lediglich) dazu dienen sollte, den Vorkaufsberechtigten zu einer Entscheidung über einen ihm offen stehenden Vertragseintritt zu bewegen - mit welchen Beweisergebnissen sich die erkennenden Richter im Übrigen eingehend auseinandersetzten (US 9 ff) - nicht geeignet, gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen hervorzurufen.

Inwieweit die Feststellungen, der Angeklagte habe es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, dass einerseits die Vertragsurkunde bezüglich des ausgewiesenen Preises von l,45 Euro pro Quadratmeter nicht dem wahren Parteiwillen von 1,10 Euro pro Quadratmeter entsprach und andererseits Rudolf S***** von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch machen und dadurch an seinem Vermögen geschädigt werde, nach den Denkgesetzen nicht nebeneinander bestehen könnten, macht der Beschwerdeführer nicht deutlich, sodass der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf eines inneren Widerspruchs (der Sache nach Z 5 dritter Fall) versagt.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet einen absolut untauglichen Versuch (§ 15 Abs 3 StGB), weil im Zeitpunkt der Übermittlung der (Schein-)Kaufvertragsurkunde durch den Nichtigkeitswerber der Vorkaufsberechtigte bereits erklärt hatte, unter den in diesem Vertrag genannten Bedingungen, insbesondere zum (angeblich vereinbarten) Kaufpreis, von seinem Recht keinen Gebrauch machen zu wollen. Dabei übergeht der Beschwerdeführer aber die Urteilsannahmen, wonach er im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit den bereits rechtskräftig schuldig erkannten Ing. Sch***** und Dr. Bruno B***** sowie in Umsetzung des gemeinsam gefassten Plans handelte, wobei bereits - ungeachtet, ob durch die tatplangemäße Übermittlung der (Schein-)Kaufvertragsurkunde durch Dr. Bruno B***** eine weitere Tathandlung gesetzt wurde - die Mitteilung eines Vertragsabschlusses zu einem (überhöhten) Preis von 1,45 Euro pro Quadratmeter seitens des Angeklagten einen (fehlgeschlagenen) Betrugsversuch darstellte (siehe insbesondere US 7, 9).

Der Einwand, zur rechtsrichtigen Beurteilung der Versuchstauglichkeit würden Feststellungen darüber fehlen, zu welchem Preis Rudolf S***** sein Vorkaufsrecht ausgeübt hätte, entzieht sich einer inhaltlichen Erwiderung, weil die Beschwerde die solcherart vorgebrachte rechtliche Konsequenz nicht aus dem Gesetz ableitet, sondern bloß unsubstantiiert behauptet (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588).

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die Tauglichkeitsprüfung nach einem abstrahierenden und generalisierenden Maßstab auf Grundlage einer ex-ante-Betrachtung vorzunehmen ist. Für die Unterscheidung zwischen strafbarem (bloß relativ untauglichem) und straflosem (absolut untauglichem) Versuch kommt es in Bezug auf die Tathandlung auf den Eindruck an, den das vom Täter gesetzte Verhalten auf einen mit Durchschnittswissen ausgestatteten Dritten macht, der sowohl den Tatplan als auch die für dessen Verwirklichung in Bezug auf das Deliktssubjekt, die Deliktshandlung und das Deliktsobjekt bedeutsamen (objektiven) Umstände kennt. Muss dieser unbefangene Betrachter die Vollendung der Tat für geradezu unmöglich halten, so ist der betreffende Versuch absolut untauglich (vgl RIS-Justiz RS0098852; SSt 53/32 = JBl 1982, 50; JBl 1986, 129 mit zust Anm Burgstaller; Burgstaller, JBl 1986, 77; Kienapfel/Höpfel AT12 Z 24 Rz 13; Fabrizy StGB9 § 15 Rz 20 bis 22). Im vorliegenden Fall handelte Erhard T***** im Zeitpunkt der Unterfertigung des (Schein-)Kaufvertrags und der Mitteilung über dessen Zustandekommen mit dem bedingten Vorsatz, den Vorkaufsberechtigten über das Zustandekommen eines gültigen Kaufvertrags zu täuschen, Rudolf S***** im Fall des Vertragseintritts zu schädigen und sich solcherart unrechtmäßig zu bereichern (US 9). Bei gebotener ex-ante-Betrachtung zeigt sich, dass es einem objektiven Beobachter, der mit dem Tatplan und den spezifischen Vorstellungen des Beschwerdeführers vertraut ist, im Zeitpunkt der Unterfertigung des (Schein-)Kaufvertrags und der Mitteilung über dessen Zustandekommen, aber auch nach der Vertragsübermittlung eben nicht geradezu denkunmöglich erscheinen konnte, dass die Verwirklichung des konkreten Planes zur Vollendung des Betrugs führen konnte, woran selbst die Annahme, Rudolf S***** hätte sein Vorkaufsrecht in keinem Fall ausgeübt, nichts zu ändern vermag.

Der in der Rechtsrüge weiters erhobene Einwand einer mangelnden Ausführungsnähe der angelasteten Tathandlungen geht nicht von der Gesamtheit der Feststellungen aus, wonach die Übermittlung der (Schein-)Kaufvertragsurkunde am 17. November 2003 durch Dr. Bruno B***** in Umsetzung des mit Ing. Sch***** und dem Angeklagten besprochenen Tatplans erfolgte (US 8). Insbesondere lässt die lediglich auf die Mitteilung eines Vertragsabschlusses an den Vorkaufsberechtigten durch den Angeklagten abstellende Beschwerde außer Betracht, dass angesichts einer mittels Täuschung bedingt vorsätzlich angestrebten Schädigung des Rudolf S***** die vorgelegte (Schein-)Kaufurkunde bereits alle Merkmale eines gültigen Vertrags als Ausgangsbasis für eine Geltendmachung des Vorkaufsrechts aufwies. Insoweit gehen daher die Argumente ins Leere, dass zum Zeitpunkt der Mitteilung vom Vertragsabschluss kein Vorkaufsfall ausgelöst worden sei und erst eine Genehmigung des Kaufvertrags durch die Grundverkehrsbehörde die Frist zur Geltendmachung des Vorkaufsrechts auslösen würde, könnte doch der Optionsberechtigte den (vermögensschädigenden) Eintritt in den Vertrag bereits vorher erklären.

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO sei festgehalten:

Täuschungsakte begründen einen Betrugsversuch auch dann, wenn tatplanmäßig noch weitere Ausführungshandlungen erforderlich sind, wie dies bei komplizierten Betrugsvorhaben in der Regel der Fall ist (vgl RIS-Justiz RS0108611; Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 146 Rz 124 f; Kienapfel/Schmoller Studienbuch BT II § 146 RN 241 f), sofern die Täuschungshandlungen für den auszulösenden Willensentschluss des Getäuschten zumindest mitbestimmend sind (vgl 11 Os 111/07v; 12 Os 71/92, EvBl 1993/39).

Ausgehend vom festgestellten Tatplan, nämlich dem Vortäuschen des Eintritts des Vorkaufsfalls auf der Grundlage der Vereinbarung vom 13. November 2003 mit zumindest bedingtem, auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz, wurden durch die mündliche Mitteilung seitens des Angeklagten vom 14. November 2003 über den Abschluss eines Kaufvertrags um 1,45 Euro pro Quadratmeter und durch die tatplangemäß erfolgte Übersendung des unterfertigten Kaufvertrags am 17. November 2003 durch Dr. Bruno B***** somit bereits Ausführungshandlungen gesetzt. Dass es zum Auslösen des (vorgetäuschten) Vorkaufsfalls und der 30-tägigen Erklärungsfrist zuvor der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Vertrags vom 13. November 2003 und damit eine geraume Zeit in Anspruch nehmenden, weiteren manipulativen Etappe bedurft hätte, ändert nichts daran, dass der entscheidende Willensentschluss des Getäuschten, über sein Vorkaufsrecht zu disponieren, durch die Täuschung zumindest mitbestimmt werden sollte.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs l StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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