OGH 11Os111/07v

OGH11Os111/07v20.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. November 2007 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wiaderek als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dr. Ralf S***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach §§ 15, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 11. April 2007, GZ 123 Hv 25/07h-130, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Eisenmenger, sowie der Verteidiger der abwesenden Angeklagten Dr. Mekis, Mag. Simonfay, Dr. Pfeifer und Dr. Fischer, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Erstgericht verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten Dr. Ralf S*****, Zoltan E*****, Gyöngyi S***** und Janos N***** von der wider sie erhobenen Anklage, sie hätten gemeinsam mit noch auszuforschenden Tätern in Wien zwischen 27. Dezember 2006 und 17. Jänner 2007 im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder Dritte unrechtmäßig zu bereichern, Verantwortliche der Bank ***** AG durch Täuschung über Tatsachen unter Verwendung einer falschen Urkunde oder eines anderen solchen Beweismittels, nämlich durch die Vorgabe, bei der D***** Bank über ein Wertpapierdepot über 1 Mio Euro zu verfügen, das zur Kredit-Sicherstellung dienen sollte, unter Vorlage einer gefälschten Depotbestätigung, zu einer Handlung, nämlich zur Zuzählung eines Kredites über 1 Mio Euro, zu verleiten versucht, wodurch die Bank ***** AG in diesem Betrag am Vermögen geschädigt werden sollte, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Den Freispruch bekämpft die Anklagebehörde mit einer auf die Gründe der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Rechtliche Beurteilung

Mit ihrer Mängelrüge (Z 5) zeigt die Anklagebehörde zu Recht auf, dass der Ausspruch des Erstgerichtes, einen Betrugsvorsatz des Erst-, der Dritt- und des Viertangeklagten nicht feststellen zu können (US 5), mangelhaft geblieben ist. Die Tatrichter verneinten den Täuschungsvorsatz des Erstangeklagten und hielten hiezu fest, dieser habe den Umstand, dass der von ihm der Bank vorgelegte „Proof of Funds" (eine - inhaltlich unrichtige - Bestätigung über ein Guthaben bei der Deutschen Bank in der Höhe von 1 Mio US-$) nicht den Tatsachen entsprechen könnte, zwar in sein Kalkül aufgenommen, ohne dies aber innerlich abschließend beurteilen zu können. Für ihn sei beides denkbar gewesen (US 7) bzw habe er nicht ausgeschlossen, dass dessen Inhalt der Wirklichkeit entspricht (US 5). Wird mit diesen - insofern auch undeutlichen Feststellungen - jedenfalls die Wissenskomponente des bedingten Vorsatzes (§ 5 Abs 1 StGB), nämlich das ernstliche Fürmöglichhalten einer Täuschung der Verfügungsberechtigten der Bank, bejaht, fehlt es aber an jeglicher argumentativen Auseinandersetzung - mit dem im Ergebnis verneinten - Willenselement des Eventualvorsatzes, nämlich dem Abfinden mit der Tatbildverwirklichung, weshalb sich diese (Negativ-)Feststellung als unzureichend begründet erweist. Gleiches gilt für die daran anknüpfende Ausführung zum Fehlen eines Täuschungsvorsatzes der Dritt- und des Viertangeklagten (US 5).

Mit ihrer - als „Tatsachenrüge" bezeichneten - Rechtsrüge (Z 9 lit a) macht die Staatsanwaltschaft weiters zu Recht das Fehlen jeglicher Konstatierungen zur subjektiven Tatseite des Zweitangeklagten geltend. Denn die vom Erstgericht auf Basis der Verfahrensergebnisse getroffenen Feststellungen zu möglichen Tathandlungen des Zweitangeklagten, insbesondere zur Weitergabe des unrichtigen „Proof of Funds" an den Viertangeklagten über Vermittlung der Drittangeklagten (US 3), machten eine Auseinandersetzung mit der subjektiven Tatseite des Zweitangeklagten notwendig (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600).

Zutreffend rügt die Anklagebehörde auch, dass - der Rechtsansicht des Erstgerichtes zuwider - der Eintritt der Tat des Erstangeklagten in das strafbare Versuchsstadium durch die Unterfertigung eines Finanzierungsantrages über 1 Mio Euro unter Vorlage des unrichtigen „Proof of Funds" (US 3 f) indiziert ist (Z 9 lit a). Unternommene Täuschungsakte begründen Betrugsversuch nämlich auch dann, wenn tatplanmäßig noch weitere Ausführungshandlungen erforderlich sind, wie dies bei komplizierten Betrugsvorhaben in der Regel der Fall ist (RIS-Justiz RS0108611; vgl auch Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 146 Rz 125 f; Kienapfel/Schmoller Studienbuch BT II § 146 RN 241 f), sofern die Täuschungshandlungen für den durch Täuschung auszulösenden Willensentschluss des Getäuschten zumindest mitbestimmend sind (12 Os 71/92, EvBl 1993/39). Für die Strafbarkeit spielt es somit keine Rolle, dass wesentliche Voraussetzungen für den Abschluss eines Kreditvertrages zum Zeitpunkt der Täuschungshandlung noch nicht erörtert waren und ein weiterer Gesprächstermin bei der Bank ins Auge gefasst war (US 4 f), weil eine Erfolgsnähe der Ausführungs- oder ausführungsnahen Handlung nicht erforderlich ist.

Da bereits diese Mängel die Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich machen, erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen.

Anzumerken bleibt noch, dass der der Bank vorgelegte „Proof of Funds" nach den erstgerichtlichen Annahmen (US 4 iVm US 7 f) in dieser Form zwar keine Urkunde darstellen mag, eine Beurteilung als falsches Beweismittel iSd § 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall StGB aber jedenfalls naheliegt (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 147 Rz 35). In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war daher das angefochtene Urteil zur Gänze aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

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