OGH 11Os3/10s

OGH11Os3/10s2.3.2010

Der Oberste Gerichtshof hat 2. März 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kleibel als Schriftführer, in der Strafsache gegen Emanuel K***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 28. September 2009, GZ 61 Hv 58/09x-13, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Text

Begründung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Emanuel K***** der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB (A./), der Untreue nach § 153 Abs 1 StGB (B./) und des Betrugs nach § 146 StGB (C./) schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt des hier relevanten Schuldspruchs B./ hat er von 31. März bis 27. April 2009 in Salzburg seine ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, nämlich die ihm von Verena R***** unter Ausfolgung deren Bankomatkarte samt PIN-Code erteilte Ermächtigung, diese am 30. März 2009 zu Zahlungen und Behebungen zu verwenden, dadurch wissentlich missbraucht, dass er mittels dieser Bankomatkarte in vier Fällen bei Bankomaten Bargeld behob (a./) und in weiteren 98 detailliert angeführten Fällen Zahlungen bei Bankomatkassen namentlich bezeichneter Unternehmen (POS-Terminals) durchführte (b./), und dadurch Verena R***** insgesamt einen Vermögensnachteil von 1.848,05 Euro zugefügt.

Gegen diesen Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft.

Rechtliche Beurteilung

Die Subsumtionsrüge (Z 10), die das Ziel einer Verurteilung nach §§ 127, 130 erster Fall StGB und §§ 146, 147 Abs 1, 148 zweiter Fall StGB verfolgt, behauptet Feststellungsmängel, verfehlt aber mangels Bezugnahme auf konkrete in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse aufzuzeigen, wodurch die vermissten Feststellungen indiziert gewesen wären (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600). Mit dem pauschalen Verweis auf die „Aktenlage“ wird die Beschwerdeführerin dem Erfordernis deutlicher und bestimmter Bezeichnung der nichtigkeitsbegründenden Tatumstände (§ 285a Z 2 StPO) nicht gerecht.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - wie schon die Generalprokuratur zutreffend ausführte - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Im Übrigen erfolgte - dem ebenso bereits von der Generalprokuratur widerlegten Beschwerdestandpunkt entgegen - die Unterstellung des festgestellten Sachverhalts unter den Tatbestand der Untreue nach § 153 Abs 1 StGB rechtsrichtig.

Nach den - zusammengefasst wiedergegebenen - Urteilsannahmen gestattete Verena R***** dem Angeklagten, ihre Bankomatkarte an einem Tag, nämlich am 30. März 2009, für Zahlungen und Bargeldbehebungen zu benützen. Sie händigte ihm die Karte aus und nannte ihm den PIN-Code. Entgegen dieser Vereinbarung und trotz der wiederholten Rückforderung derselben („Urgenzen“) behielt der Angeklagte die Bankomatkarte und nahm damit bis zum 29. April 2009 die im Spruch genannten Zahlungen und Bargeldbehebungen vor (US 6 f, 8 f).

§ 153 StGB zielt auf Verhaltensweisen ab, durch die sich der Inhaber einer nach außen wirksam gewährten Verfügungsmacht bewusst über die im Innenverhältnis gezogenen Schranken hinwegsetzt und demgemäß im Rahmen des durch seine Machthaberposition bestehenden rechtlichen Könnens gegen sein rechtliches Dürfen verstößt (Leukauf/Steininger Komm³ § 153 RN 2; Kirchbacher/Presslauer in WK² § 153 Rz 1; Kienapfel/Schmoller, StudB BT II § 153 Rz 59). Es muss demnach strikt zwischen der im Außenverhältnis bestehenden Vollmacht und der - etwa durch Auftrag erfolgten - Beschränkung im Innenverhältnis unterschieden werden (vgl RIS-Justiz RS0108872).

Erforderlich ist, dass die dem Täter eingeräumte Rechtsmacht - worunter die Verfügungsbefugnis über ein Konto (vgl 11 Os 9/03; 14 Os 123/05b) ebenso fällt wie die über Blankoschecks und -wechsel sowie Kreditkarten (Leukauf/Steininger Komm³ § 153 RN 9; Kirchbacher/Presslauer in WK² § 153 Rz 8, 9; Kienapfel/Schmoller, StudB BT II § 153 Rz 38 - je mit Judikaturnachweisen) - zum Tatzeitpunkt noch aktuell ist. Aufgehobene Vollmachten und frühere Befugnisse reichen nicht aus (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 153 Rz 16).

Im vorliegenden Fall erfolgte die Einräumung der nach außen wirksamen Vertretungsmacht durch die mit der Bekanntgabe des PIN-Codes verbundene Übergabe der Bankomatkarte. Die Erlaubnis, diese nur an einem bestimmten Tag zu gebrauchen, stellte die Beschränkung des Angeklagten im Innenverhältnis dar. Aus dem widmungswidrigen Gebrauch der durch Übergabe von Bankomatkarte samt Code erteilten Vollmacht wurde die Karteninhaberin - zufolge Belastung ihres Kontos - wirksam verpflichtet (vgl zum Ganzen Kienapfel/Schmoller, StudB BT II § 153 Rz 41 ff, 137).

Die mehrfache - bloße - Aufforderung der Berechtigten, ihr die Karte zurückzugeben, hat am rechtlichen Können des Angeklagten im Außenverhältnis nichts geändert; seine (auch konkludent einräumbare - Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 153 Rz 37) Verfügungsmacht wurde derart - anders als dies bei einer die Machthaberschaft nach außen wirksam beendenden (und erst dann Untreue ausschließenden) Sperre der Karte der Fall gewesen wäre - nicht gebrochen. Insofern handelte es sich bei diesen Versuchen der Machtgeberin, den wiederholten Befugnismissbrauch abzustellen, nur um die nach außen hin wirkungslose Betonung der von ihr bereits eingangs im Innenverhältnis gezogenen Grenze.

Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

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