OGH 14Os123/05b

OGH14Os123/05b14.3.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. März 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Philipp, Hon. Prof. Dr. Schroll, Hon. Prof. Dr. Kirchbacher und Mag. Hetlinger als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Westermayer als Schriftführerin in der Strafsache gegen Doris A***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 13. Mai 2005, GZ 38 Hv 135/03x-164 nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftig gewordenen Teilfreispruch enthaltenden Urteil wurde Doris A***** des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Danach hat sie in Mödling die ihr als Buchhalterin durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über das Vermögen der Firma Dr. Gernot S***** GmbH zu verfügen oder dieses Unternehmen zu verpflichten, durch Durchführung von insgesamt 30 Transaktionen zu Lasten der Firma Dr. Gernot S***** GesmbH und zu ihren Gunsten ohne wirtschaftliche und rechtliche Rechtfertigung wissentlich missbraucht und dadurch der genannten Firma einen Schaden von insgesamt 116.011,25 Euro, somit einen 40.000 Euro (gemeint 50.000 Euro) übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, indem sie zwischen 21. Februar 1996 und 23. Dezember 1998 die im Spruch des Erstgerichtes näher genannten Beträge vom Firmenkonto auf ihr Privatkonto transferierte.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpfte die Angeklagte mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Die Mängelrüge (Z 5) behauptet zunächst eine Unvollständigkeit, weil sich das Erstgericht mit Divergenzen zwischen der Einlassung der Angeklagten und der Zeugin Klara S***** zur Frage, ob Doris A***** die für die Telebankingüberweisungen notwendigen Tan-Codes von vornherein zur Verfügung standen oder jeweils nur im Einzelfall für anstehende Überweisungen überlassen wurden, unerörtert geblieben sei. Da dieser Umstand - wie in den Ausführungen zur Rechtsrüge zu zeigen sein wird - keine entscheidungswesentliche Tatsache betrifft, bedurften diese Unterschiede keiner eigenständigen Erörterung. Mit der Behauptung, die Urteilsannahme einer fehlenden Bewilligung oder Anordnung für die inkriminierten Telebankingüberweisungen durch den Geschäftsführer Dr. Gernot Sch***** sei unzureichend begründet worden, versucht die Beschwerdeführerin lediglich ihrer von den Tatrichtern gewürdigten, indes für nicht überzeugend verworfenen Verantwortung zum Durchbruch zu verhelfen, ohne einen Verstoß gegen die Denkgesetze oder grundlegende Erfahrungssätze aufzuzeigen. Solcher Art vermag die Rechtsmittelwerberin keinen Begründungsmangel iSd § 281 Abs 1 Z 5 StPO darzutun.

Der Beschwerde zuwider liegt aber auch im Hinblick auf die subjektive Tatseite keine unzureichende Begründung vor, leitete doch das erkennende Gericht diese Konstatierungen nicht nur aus dem äußeren Geschehensablauf ab, sondern stützte sich insoweit (zusammengefasst) auch auf die professionelle Handlungsweise und ihre Erfahrungen als Buchhalterin (US 11).

In der Subsumtionsrüge (Z 10) behauptet die Angeklagte einen Mangel an Feststellungen darüber, dass ihr nach der unerörtert gebliebenen Einlassung bei jedem der inkriminierten Telebankingvorgänge erst nach Überprüfung der Überweisungslisten von der Zeugin Klara S***** ein „Tan-Code" zur Durchführung der Banktransaktion überlassen worden sei. Nach der Argumentation der Rechtsmittelwerberin schließe eine solche Vorgangsweise eine Machthaberfunktion aus, weil keine von vornherein durch Rechtsgeschäft übertragene Befugnis vorgelegen sei, über das Konto der Gernot S***** GmbH zu verfügen.

Dieses inhaltlich als Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu wertende Vorbringen lässt aber jene Urteilsannahmen außer Acht, wonach der Nichtigkeitswerberin als Leiterin des Rechnungswesens der GmbH die Vornahme von Telebankingüberweisungen generell übertragen worden war (US 6 f, 10). Die solcher Art eingeräumte Vollmacht, über das Konto der Firma zu verfügen, wurde Doris A***** als einer der Kernbereiche ihrer Dienstnehmerfunktion übertragen. Dass die Angeklagte diese Rechtsmacht durch Täuschung erlangt habe, behauptet selbst die Beschwerde nicht. Da eine Angestellte, welche im Auftrag ihres Dienstgebers über dessen Konto verfügt und Zahlungsanweisungen erteilt, eine rechtsgeschäftliche Handlung iSd § 153 StGB ausübt (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK² § 153 Rz 21; Kienapfel/Schmoller Studienbuch BT II § 153 Rz 52; 14 Os 2/01, bbl 2001/142; 13 Os 154/04; 12 Os 9/90), war der Beschwerdeführerin eine mit ihrer - in der Beschwerde übergangenen - Firmenfunktion verbundene Rechtsmacht eingeräumt worden; von einer in der Rüge angedeuteten, bloß für den Einzelfall erteilten Vollmacht kann daher keine Rede sein. Dass die Ausübung dieser Rechtsmacht der Kontrolle durch eine weitere Firmenangehörige unterlag, die im Einzelfall über die Notwendigkeit der vorzunehmenden Überweisung getäuscht wurde, vermag im Übrigen an der rechtsgeschäftlichen Verfügungsmacht der Angeklagten nichts zu ändern (vgl Kienapfel/Schmoller Studienbuch BT II § 153 Rz 64), sodass zu der in der Beschwerde hervorgehobenen Kontrolltätigkeit der Klara S***** - im Hinblick auf die von der Nichtigkeitswerberin übergangenen Urteilsannahmen - mangels Schulderheblichkeit auch keine Feststellungen notwendig waren.

Soweit die Subsumtionsrüge (Z 10) eine Qualifikation des Tatgeschehens als Betrug nach „§§ 146 f StGB" reklamiert, geht sie wiederum nicht von den bereits dargestellten Feststellungen aus, wonach der Angeklagten eine ohne Täuschung übertragene Vollmacht zur Vornahme von Telebankingüberweisungen eingeräumt worden war. Dass sie nicht allein verfügungsbefugt war und diese Transaktionen nur nach Kontrolle durch die Zeugin Klara S***** vornehmen konnte, vermag - wie schon aufgezeigt - an der durch sie im Auftrag der GesmbH vorgenommenen Vermögensverfügung nichts zu ändern.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte