Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 743,73 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 124,07 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Beklagte war Nebenintervenient auf Seiten der vom Kläger im Vorverfahren geklagten Partei. Bereits im Beitrittsschriftsatz berief sich sein Rechtsanwalt nicht nur auf die ihm erteilte Vollmacht, sondern auch auf das gesetzliche Pfandrecht gemäß § 19a RAO.
Im Vorverfahren wurde das Klagebegehren abgewiesen und dem Beklagten Kostenersatz zugesprochen (in erster und zweiter Instanz). Darüber hinaus erhob der Kläger außerordentliche Revision.
Am 29. Dezember 2008 forderte der Beklagtenvertreter den Kläger unter Hinweis auf sein gesetzliches Pfandrecht nach § 19a RAO auf, die zu ersetzenden Prozesskosten erster und zweiter Instanz an ihn zu überweisen. Der Klagevertreter antwortete am 30. Dezember 2008, die Kostenersatzansprüche des Beklagten gegen den Kläger mit dessen - näher dargestellten - Schadenersatzforderungen in Höhe von 34.000 EUR zu kompensieren, weshalb der Kläger nicht zahlen werde.
Am 15. Jänner 2009 wurde dem Beklagten zur Hereinbringung der Kostenforderungen wider den Kläger die Fahrnisexekution bewilligt; das Exekutionsverfahren ist noch anhängig.
Der Kläger macht mit Oppositionsklage geltend, die in Exekution gezogenen Kostenersatzforderungen des Beklagten seien erloschen, weil er rechtzeitig, nämlich vor Rechtskraft der Kostenzusprüche im Titelverfahren, mit ihm gegenüber dem Beklagten zustehenden Schadenersatzansprüchen aufgerechnet habe.
Der Beklagte wendete ein, die - im Übrigen nicht berechtigten - Schadenersatzansprüche des Klägers seien im Hinblick auf die Bestimmungen des § 19a RAO gegenüber der in Exekution gezogenen Kostenersatzforderung nicht aufrechenbar.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil das gesetzliche Pfandrecht des Rechtsanwalts nach § 19a Abs 1 RAO stets zugleich mit der Kostenforderung des Mandanten gegen den Prozessgegner entstehe. Die Kostenersatzforderung werde daher nur mit der Belastung durch das gesetzliche Pfandrecht existent. Dem durch das Pfandrecht gesicherten Rechtsanwalt könne niemand zuvorkommen. Dies gelte auch dann, wenn der Kostenersatzanspruch infolge einer außerordentlichen Revision nicht in Rechtskraft erwachse.
Das Berufungsgericht bestätigte die Klageabweisung und sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels gefestigter Rechtsprechung zu den Wirkungen des gesetzlichen Pfandrechts nach § 19a RAO zulässig sei. Die Kostenersatzforderung der Partei gehe nicht auf den Rechtsanwalt über, das gesetzliche Pfandrecht gebe dem Anwalt nur das Recht, aus dem Realisat der Kostenforderung befriedigt zu werden, es solle den Rang für ein allenfalls späteres Exekutionsverfahren sichern. Das gesetzliche Pfandrecht verlöre seinen Sicherungszweck, wenn die Kostenforderung des Klienten trotz Zahlungsverlangens seines Anwalts an den Kostengläubiger im Wege der Aufrechnung bezahlt werden könnte. Der Prozessgegner könne der Kostenersatzforderung nur solche Gegenforderungen aufrechnungsweise entgegenhalten, die ihr schon im Zeitpunkt des Entstehens des Pfandrechts kompensabel gegenübergestanden seien, was voraussetze, dass die Forderungen im Aufrechnungszeitpunkt fällig, gleichartig und gegenseitig seien sowie eine Aufrechnungserklärung vorliege. Wenn auch nach einer im Schrifttum vertretenen Ansicht § 19a RAO den Anwalt in erster Linie vor den Umtrieben seines eigenen Klienten schützen wolle, solle wohl auch verhindert werden, dass das anwaltliche Pfandrecht durch Handlungen des Prozessgegners (Kostenschuldners) unterlaufen werde. Ein solches „Unterlaufen" wäre, wollte man das Entstehen des Kostenersatzanspruchs und damit des Pfandrechts erst mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Kostenentscheidung annehmen, für den Prozessgegner insoweit ohne weiteres möglich, wenn er tatsächliche oder auch nur behauptete (allenfalls sogar konstruierte) Gegenforderungen an den Kostengläubiger richte und die Aufrechnung der Kostenforderung mit dieser Gegenforderung bereits unmittelbar nach Zugang einer ihn beschwerenden Kostenentscheidung und noch vor Rechtskraft derselben erkläre. Die Kostenersatzforderung und damit das Pfandrecht des Rechtsanwalts entstehe bereits mit der über den Kostenersatz absprechenden Entscheidung. Da der Vertreter des Beklagten die Bezahlung dieser Kosten zu seinen Handen vor der Aufrechnungserklärung des Klägers gefordert habe, habe die Aufrechnungserklärung keine Wirkung mehr entfalten können.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers, mit der er die Klagestattgebung anstrebt, ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Gemäß § 19a RAO hat der Rechtsanwalt wegen seines Honorar- und Barauslagenersatzanspruchs ein Pfandrecht an der Kostenersatzforderung der Partei. Die zum Kostenersatz verpflichtete Partei kann die Kosten jederzeit an den pfandberechtigten Anwalt und, solange dieser die Bezahlung an ihn nicht gefordert hat, auch an die Partei wirksam bezahlen (§ 19a Abs 4 RAO).
Auch Aufrechnung ist Zahlung iSd § 19a RAO. Jedenfalls bis zum Verlangen der Zahlung durch den Rechtsanwalt bleibt dem Kostenschuldner die Möglichkeit einer Aufrechnung mit einer Gegenforderung gegen die Kostenforderung offen (3 Ob 30/04i mwN; RIS-Justiz RS0112699).
Bereits wiederholt sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass die Kostenforderung nicht mehr durch Aufrechnung einer später entstandenen Gegenforderung an die Partei getilgt werden kann, sobald der Rechtsanwalt die Zahlung der Kosten an seine Person verlangt hat (2 Ob 953/37 = SZ 19/296 ua; RIS-Justiz RS0033778). Die Kostenforderung der Prozesspartei wird nur mit der Belastung durch das gesetzliche Pfandrecht des Rechtsanwalts nach § 19a RAO existent (3 Ob 133/66 = EvBl 1967/121 ua; RIS-Justiz RS0072058).
Da wirksame Aufrechnung nach österreichischem Recht nicht nur Gleichartigkeit, Gegenseitigkeit und Fälligkeit voraussetzt, sondern auch einer ausdrücklichen Erklärung (Aufrechnungserklärung) bedarf, konnte die Kostenforderung, deren Zahlung an ihn der Rechtsanwalt des Beklagten bereits verlangt hatte, durch nachfolgende Aufrechnungserklärung des Klägers nicht mehr getilgt werden. Das gesetzliche Pfandrecht des Rechtsanwalts verlöre seinen Sicherungszweck, wenn die Kostenforderung des Klienten trotz Zahlungsverlangens des Rechtsanwalts, also trotz der Verständigung des Kostenschuldners, an den Kostengläubiger bezahlt werden könnte (3 Ob 122/07y).
Da der Kläger im vorliegenden Fall die Aufrechnung mit ihm behauptetermaßen zustehenden Schadenersatzforderungen gegen den Beklagten erst erklärte, nachdem der Rechtsanwalt des Beklagten die Bezahlung der dem Beklagten zugesprochenen Kostenersatzforderung zu seinen Handen verlangt hatte, vermochte sie die betriebene Forderung nicht zu tilgen. Damit haben die Vorinstanzen das Oppositionsbegehren des Klägers zu Recht abgewiesen.
Dem Argument des Klägers, das Zahlungsbegehren des Beklagtenanwalts stehe der Aufrechnung nicht entgegen, weil die Kostenforderung mangels Rechtskraft der Kostenbestimmung (außerordentliche Revision gegen das den Kostenzuspruch enthaltende Urteil) noch gar nicht entstanden sei (in diesem Sinne RIS-Justiz RS0035914) kann nicht gefolgt werden.
Abgesehen von der gegenteiligen Rechtsprechungslinie RIS-Justiz RS0051738, wonach die Kostenforderung bereits mit Vornahme der einzelnen Prozesshandlungen bedingt durch den Prozesserfolg entsteht (zuletzt 4 Ob 213/06m = SZ 2007/59 mwN), war hier die Kostenforderung bereits vollstreckbar (bestätigendes Berufungsurteil, gegen das nur außerordentliche Revision erhoben werden konnte). Zumindest bei gesetzlicher Anordnung der Vollstreckbarkeit (§ 505 Abs 4 ZPO) kann nicht angenommen werden, der hereinzubringende Anspruch wäre noch nicht entstanden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO.
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