Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Teilurteil des Berufungsgerichts wird im Umfang des Zuspruchs eines Betrags von 8.500 EUR sA aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin und widerbeklagte Partei (in der Folge: Klägerin), die sich auf die Herstellung von Software für Druckereien spezialisiert hat, vereinbarte mit der Beklagten und widerklagenden Partei (in der Folge: Beklagte) mit Vertrag vom 13. 6. bzw 28. 6. 2006 die Lieferung einer näher spezifizierten Branchensoftware zu einem Paketpreis von 89.000 EUR. Die Zahlung dieses Entgelts sollte vereinbarungsgemäß in Raten, nämlich 20.000 EUR am 1. 7. 2006; jeweils 3.000 EUR am 1. 7., 1. 8., 1. 9., 1. 10., 1. 11. und 1. 12. 2006 sowie 60 monatliche Raten von jeweils 850 EUR ab 1. 1. 2007, erfolgen. Weiters vereinbarten die Parteien die Vergütung näher angeführter Dienstleistungen der Klägerin nach Aufwand. Diese Zusatzleistungen sollten nach Erbringung verrechnet und binnen 8 Tagen ab Rechnungsdatum bezahlt werden.
Nach Punkt 5.4. der zwischen den Parteien vereinbarten Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) ist der Auftraggeber nicht berechtigt, Zahlungen wegen nicht vollständiger Gesamtlieferung, Garantie- oder Gewährleistungsansprüchen oder Bemängelungen zurückzuhalten. Der Auftraggeber ist auch nicht berechtigt, Forderungen mit Forderungen der Auftragnehmerin zu kompensieren.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten zuletzt die Zahlung von 42.477 EUR sA sowie die Feststellung, dass die Beklagte darüber hinaus weitere 28.050 EUR für Lizenzgebühren schulde. Sie brachte im Wesentlichen vor, die Beklagte habe die vereinbarten Zahlungen nur bis einschließlich Mai 2008 geleistet, weshalb ihr für die Monate Juni 2008 bis Jänner 2009 ein weiterer Betrag von 8.500 EUR zustehe. Darüber hinaus stehe ihr für zusätzlich erbrachte Dienstleistungen ein Betrag von 48.977,50 EUR zu, sodass unter Berücksichtigung einer von der Beklagten am 5. 11. 2007 geleisteten Teilzahlung von 15.000 EUR noch eine Forderung von 33.977,50 EUR sA zur Zahlung aushafte. Die Klägerin habe auch ein rechtliches Interesse daran, dass hinsichtlich der derzeit nicht fälligen Lizenzgebühr festgestellt werde, dass die Beklagte diesen Betrag schulde. Der von der Beklagten erhobene Einwand der Nichterfüllung sei unberechtigt. Darüber hinaus normiere Punkt 5.4. AVB sowohl einen Ausschluss von Zurückbehaltungsrechten als auch ein Kompensationsverbot.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, sie sei nach mehrfacher Nachfristsetzung mit Schreiben vom 29. 5. 2008 vom Vertrag zurückgetreten, weil die Klägerin die geschuldeten Leistungen nicht vertragsgemäß erbracht habe. Die von der Klägerin geltend gemachte Forderung von 8.500 EUR sA bestehe daher nicht zu Recht. Gleiches gelte für die weitere Forderung von 33.977 EUR sA, weil die Klägerin keine Leistungen erbracht habe, die nicht bereits durch den vereinbarten Paketpreis von 89.000 EUR abgedeckt gewesen wären. Die Beklagte habe am 5. 11. 2007 aus Kulanzgründen 15.000 EUR gezahlt, um die Klägerin zur Fertigstellung der Arbeiten zu bewegen. Darüber hinaus hätten bei vereinbarungsgemäßer Installation der Software bereits in den Jahren 2007 und 2008 ungefähr 420.000 EUR eingespart werden können. Diesen Betrag wendete die Beklagte aufrechnungsweise als Gegenforderung ein.
Die Beklagte brachte zu 4 Cg 3/09w des Erstgerichts die Widerklage über 66.600 EUR sA ein, mit der sie die Rückzahlung der von ihr bisher an die Klägerin geleisteten Zahlungen begehrt. Da es der Klägerin bis Mai 2008 nicht gelungen sei, die Software so zu entwickeln und zu installieren, dass sie im Betrieb der Beklagten eingesetzt werden könne, sei sie nach mehreren fruchtlosen Nachfristsetzungen vom Vertrag zurückgetreten und begehre nun die Wandlung dieses Vertrags. Die Beklagte habe der Klägerin zur teilweisen Berichtigung des vereinbarten Entgelts von 89.000 EUR bis April 2008 insgesamt 51.600 EUR gezahlt. Darüber hinaus habe sie am 5. 11. 2007 aus Kulanzgründen 15.000 EUR gezahlt, um die Klägerin zur Fertigstellung der geschuldeten Arbeiten zu bewegen. Die Beklagte begehre nun die Rückzahlung der von ihr geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 66.600 EUR sA.
Das Erstgericht sprach der Klägerin die von ihr begehrten 42.477 EUR sA zu und wies das Feststellungsbegehren der Klägerin sowie das Widerklagebegehren der Beklagten von 66.600 EUR sA ab. Es stellte über den bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus insbesondere noch fest, dass die Beklagte die Arbeiten der Klägerin bemängelte und nach einer Nachfristsetzung mit Schreiben vom 29. 5. 2008 den Rücktritt vom Vertrag erklärte. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass aufgrund der ausdrücklichen Rechtswahl der Parteien (Punkt 14 AVB) österreichisches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts zur Anwendung komme. Eine Mangelhaftigkeit der von der Klägerin erbrachten Leistungen sei nicht erwiesen, weshalb der von der Beklagten erklärte Rücktritt vom Vertrag nicht rechtswirksam sei. Das Zahlungsbegehren der Klägerin sei daher berechtigt, während dem Zahlungsbegehren der Beklagten keine Berechtigung zukomme. Dem von der Klägerin ebenfalls erhobenen Feststellungsbegehren fehle das erforderliche Feststellungsinteresse.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass es mit Teilurteil den Zuspruch eines Betrags von 8.500 EUR sA an die Klägerin sowie die Abweisung des Feststellungsbegehrens der Klägerin bestätigte. Hinsichtlich des weiteren Begehrens der Klägerin von 33.977 EUR sA sowie des Widerklagebegehrens der Beklagten hob es das Ersturteil auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf, ohne die Zulässigkeit des Rekurses auszusprechen. Die aufhebenden Teile der Berufungsentscheidung sind daher nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Berufungsgericht die Ansicht, die Beklagte sei nach Punkt 5.4. AVB nicht befugt, vereinbarte Raten mit der Begründung zurückzubehalten, die Klägerin habe geschuldete Leistungen nicht vertragskonform erbracht. Aufgrund der Abdingbarkeit der §§ 1052 Satz 1und 1170 ABGB seien derartige Vereinbarungen grundsätzlich zulässig. Eine allfällige Sittenwidrigkeit dieser Klausel im hier zu beurteilenden Einzelfall habe die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren nicht eingewendet. Ihre diesbezüglichen Ausführungen in der Berufung müssten aufgrund des im Rechtsmittelverfahren geltenden Neuerungsverbots unberücksichtigt bleiben. Der Klägerin stehe daher jedenfalls ein Betrag von 8.500 EUR sA zu, den sie zur teilweisen Begleichung des vereinbarten Entgelts von 89.000 EUR begehre. Hinsichtlich der weiteren Forderung der Klägerin von 33.977 EUR sA sei das bisherige Prozessvorbringen unschlüssig und daher erörterungsbedürftig. Das Feststellungsbegehren der Klägerin sei nicht berechtigt. Über die von der Beklagten aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung von 420.000 EUR habe das Erstgericht nicht abgesprochen. Da auch die Beklagte in ihrer Berufung auf diese Gegenforderung nicht eingehe, sei sie im Rechtsmittelverfahren nicht mehr zu berücksichtigen. Hinsichtlich des Widerklagebegehrens der Beklagten führte das Berufungsgericht aus, die Beklagte mache darin - erkennbar - geltend, sie habe sich gemäß § 918 Abs 1 ABGB vom Vertrag gelöst, weshalb die Klägerin gemäß § 921 Satz 2 ABGB zur Rückerstattung der erhaltenen Teilzahlungen verpflichtet sei. Die Beklagte habe jedoch im Widerklageverfahren bisher kein schlüssiges Vorbringen darüber erstattet, mit welchen konkreten (Teil-)Leistungen die Klägerin zu welchen konkreten Zeitpunkten in Verzug geraten sei. Die Frage, ob die Beklagte wegen eines Leistungsverzugs der Klägerin gemäß § 918 Abs 1 ABGB wirksam vom Vertrag zurückgetreten sei, könne daher derzeit noch nicht beurteilt werden.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands im führenden Verfahren 4 Cg 108/08k des Erstgerichts insgesamt 30.000 EUR übersteige, die ordentliche Revision aber nicht zulässig sei.
Gegen den klagsstattgebenden Teil des Urteils des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Teilurteil dahin abzuändern, dass die Forderung der Klägerin in Höhe von 8.500 EUR sA abgewiesen werde. Hilfsweise werden auch Aufhebungsanträge gestellt.
Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw ihr keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen ist, und im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.
Die Beklagte macht in ihrem Rechtsmittel geltend, sie sei nach den unbestrittenen Feststellungen der Vorinstanzen mit Schreiben vom 29. 5. 2008 von dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag zurückgetreten. Die Klägerin habe selbst vorgebracht, dass die Beklagte die vereinbarten Kaufpreisraten bis einschließlich Mai 2008 bezahlt habe. Die Klägerin begehre im gegenständlichen Verfahren die Bezahlung von insgesamt zehn weiteren Kaufpreisraten für die Folgemonate im Betrag von insgesamt 8.500 EUR, welche ihr vom Berufungsgericht unter Hinweis auf Punkt 5.4. AVB auch zugesprochen worden seien. Da ein Rücktritt gemäß § 918 ABGB den Vertrag ex tunc auflöse und der Vertrag samt Allgemeinen Geschäftsbedingungen damit rückwirkend wegfalle, könne ein Zuspruch von Forderungen unter Hinweis auf die AVB der Klägerin nicht mehr erfolgen. Da das Berufungsgericht die Frage der Wirksamkeit des von der Beklagten erklärten Rücktritts vom Vertrag als noch erörterungs- und klärungsbedürftig angesehen habe, hätte es das Ersturteil auch in diesem Punkt aufheben und das Verfahren auch insoweit an das Erstgericht zurückverweisen müssen.
Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu.
Wenn ein entgeltlicher Vertrag von einem Teil entweder nicht zur gehörigen Zeit, am gehörigen Ort oder auf die bedungene Weise erfüllt wird, kann der andere gemäß § 918 Abs 1 ABGB entweder Erfüllung und Schadenersatz wegen der Verspätung begehren oder unter Festsetzung einer angemessenen Frist zur Nachholung den Rücktritt erklären. Der begründete und wirksame Rücktritt vom Vertrag hat die Auflösung des Vertrags mit obligatorischer Wirkung zwischen den Vertragsparteien ex tunc zur Folge (Reischauer in Rummel, ABGB3 § 921 Rz 1; Binder/Reidinger in Schwimann, ABGB3 § 918 Rz 50 jeweils mwN; RIS-Justiz RS0018414). Dies bedeutet, dass mit dem wirksam erklärten Vertragsrücktritt die gegenseitigen Rechte und Pflichten aus dem aufgehobenen Vertrag rückwirkend erlöschen und der Vertrag somit wegfällt. Ist der Rücktritt wirksam geworden, besteht kein Erfüllungsanspruch mehr. Auch das Recht auf Wandlung (§ 932 ABGB) ist wie das Recht zum Rücktritt (§ 918 ABGB) ein Gestaltungsrecht und es löst die Wandlung wie der Rücktritt den Vertrag mit obligatorischer Wirkung ex tunc auf (Reischauer in Rummel aaO § 932 Rz 3 mwN ua). Nach ständiger Rechtsprechung ist daher eine Preis- oder Werklohnklage bei Berechtigung des Wandlungsbegehrens abzuweisen, weil ihr durch die Wandlung der Rechtsgrund entzogen wurde (vgl 7 Ob 541, 542/95; 10 Ob 506/93 = SZ 67/187; 6 Ob 653/86 ua). Nichts anderes kann für einen von der Beklagten im vorliegenden Fall erklärten Vertragsrücktritt gemäß § 918 Abs 1 ABGB gelten. Ist der Rücktritt der Beklagten wirksam erfolgt, besteht kein Erfüllungsanspruch der Klägerin mehr. Daran könnte auch die vom Berufungsgericht für den Zuspruch von zehn weiteren Raten für die Folgemonate nach dem Vertragsrücktritt der Beklagten herangezogene Bestimmung des Punktes 5.4. AVB nichts ändern, weil durch einen wirksamen Vertragsrücktritt der Beklagten der Vertrag rückwirkend zur Gänze beseitigt worden wäre (vgl 5 Ob 522/95).
Da das Berufungsgericht die Frage der Wirksamkeit des Rücktritts der Beklagten als noch erörterungs- und klärungsbedürftig angesehen hat, hätte es nach zutreffender Rechtsansicht der Beklagten das Ersturteil auch im Umfang der von der Klägerin geforderten 10 weiteren Raten in Höhe von insgesamt 8.500 EUR aufheben und das Verfahren auch insoweit an das Erstgericht zurückverweisen müssen. Die Revision der Beklagten erweist sich daher in diesem Sinne als berechtigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.
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