Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten B***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden (auch einen unangefochten rechtskräftigen Schuldspruch des Mitangeklagten Cihan A***** enthaltenden) Urteil wurde der Angeklagte Emir B***** der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.
Rechtliche Beurteilung
Ausschließlich aus § 345 Abs 1 Z 1 StPO erhebt der Angeklagte B***** dagegen Nichtigkeitsbeschwerde, in der er - gestützt auf seine Rüge in der Hauptverhandlung (ON 87 S 3) - vorbringt, das Geschworenengericht sei „sachlich nicht zuständig bzw nicht gehörig besetzt" gewesen.
Richtigerweise wäre zwar gemäß § 31 Abs 2 Z 1 StPO (in der - nach dem 17. Juni 2009 [Tag der Kundmachung des nachgenannten Bundesgesetzes] geltenden - Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2009, BGBl I 2009/52) für den gegenständlichen Anklagevorwurf (ON 63) des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB zufolge der Strafdrohung des § 143 erster Satz StGB von fünf bis fünfzehn Jahren das Landesgericht als Schöffengericht zuständig gewesen.
Bezugspunkt der aus Z 1 des § 345 Abs 1 StPO relevierbaren gehörigen Besetzung ist allerdings der über eine Anklage entscheidende Gerichtskörper, nicht aber die Frage der örtlichen oder sachlichen Zuständigkeit zur Verhandlung oder Entscheidung.
Der Umstand, dass in einem Verfahren, das - zum entscheidenden Zeitpunkt der Hauptverhandlung - in die sachliche Zuständigkeit des Schöffengerichts fiele, ein Geschworenengericht, also ein Gericht höherer Ordnung entschieden hat, kann niemals Nichtigkeit begründen (RIS-Justiz RS0099146; insbes SSt 47/45 und 48/51), weil auch ein bezogen auf die Anklage überqualifizierter Spruchkörper mit Blick auf die Systematik der verfahrensrechtlichen Vorschriften und ungeachtet unterschiedlicher Anfechtungsmöglichkeiten stets „auf dem Gesetz" beruht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 111, 115; vgl auch Birklbauer/Mayrhofer, WK-StPO § 213 Rz 42; Fabrizy, StPO10 § 261 Rz 4).
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Fälle, in denen nach dem Tag des Inkrafttretens des Budgetbegleitgesetzes 2009, BGBl I 2009/52, ein Schöffensenat aus zwei Berufsrichtern und zwei Laienrichtern entschieden hat, mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar sind. Dort hat nämlich ein Gericht entschieden, das es in dieser Form zum Entscheidungszeitpunkt nicht (mehr) gab, wodurch nicht nur gegen die Bestimmung des § 32 Abs 1 letzter Satz StPO, sondern auch gegen § 40 Abs 1 letzter Satz StPO verstoßen wurde (vgl 12 Os 183/09t, 190/09x ua). Im vorliegenden Fall hat jedoch ein gehörig besetzter, iS von Art 6 Abs 1 MRK, Art 83 Abs 1 B-VG auf dem Gesetz beruhender Spruchkörper entschieden.
Anzumerken bleibt, dass die StPO bei der Regelung der Urteilsanfechtung stets auf einen Ausgleich zwischen der Besetzung des jeweiligen Spruchkörpers und der Reichweite der Anfechtungsmöglichkeiten ausgerichtet ist, sodass ein vom Gesetz als besonders qualifiziert angesehener erstinstanzlicher Spruchkörper zu entsprechend eingeschränkten Anfechtungsmöglichkeiten führt und umgekehrt. Demnach wurde der Angeklagte auch durch die im Verhältnis zur Anfechtung von schöffengerichtlichen Urteilen eingeschränkten Möglichkeiten der Bekämpfung des geschworenengerichtlichen Urteils nicht benachteiligt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 285d Abs 1, 344 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen resultiert (§§ 285i, 344 StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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