Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei die mit 906,48 EUR (darin enthalten 20 % USt 151,08 EUR) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen
Text
Begründung
Der Kläger räumte dem Erstbeklagten, mit dem er als Auftraggeber von Bewachungsdienstleistungen in Geschäftsbeziehung stand, im März 2006 ein Darlehen von 14.000 EUR ein. Der Erstbeklagte benötigte diese Summe zur Schadensgutmachung weil er im Zuge der Verrichtung der Bewachungsdienste Kassagelder des klägerischen Kunden unterschlagen hatte. Da der Kläger für das Darlehen entsprechende Sicherheiten haben wollte, kam er mit dem Erstbeklagten auf die Idee, zu diesem Zweck dessen damalige Freundin, die Zweitbeklagte, heranzuziehen. Über eindringliches Ersuchen des Erstbeklagten unterfertigte sie ein bereits vorbereitetes Schriftstück des Inhalts: „Ich (...) bestätige hiemit, das die EUR 14.000 am Mittwoch, den 29.3.2006 an (...) zurückbezahlt werden. Das Geld wurde Herrn (...) am 23.3.2006 ausgehändigt." Über Aufforderung des Klägers bejahte die Zweitbeklagte diesem gegenüber auch mündlich, sich „das gut überlegt" zu haben und übermittelte ihm am 23. März 2006 eine E-Mail mit dem Inhalt: „Ich bestätige weiters hiemit, dass, falls das Geld spätestens am Donnerstag, 30.3.2006, nicht bezahlt wurde, ich meinen Fond auflöse um das Geld bezahlen zu können. Gezeichnet (...)."
Der Erstbeklagte bezahlte das Darlehen nicht zurück, weshalb der Kläger die Zweitbeklagte zur Zahlung aufforderte. Ab Juni 2006 entwickelte sich zwischen Kläger und Zweitbeklagter ein reger Kontakt via SMS, wobei die Zweitbeklagte in Aussicht stellte, zur Rückzahlung des Betrages einen Kredit aufzunehmen. Nachdem ihre Beziehung zum Erstbeklagten mittlerweile zerbrochen war, hatte sie daran letztlich aber kein Interesse mehr.
Mit dem Vorbringen, die Zweitbeklagte habe eine Bürgschaft für die Darlehensschuld übernommen, eventuell liege ein Schuldbeitritt vor, begehrte der Kläger, beide Beklagte zur ungeteilten Hand zur Zahlung des Klagsbetrags samt Zinsen zu verpflichten.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren - mit Ausnahme eines Teils der Zinsenforderung - statt. Die beiden Bestätigungen der Zweitbeklagten seien in Zusammenschau betrachtet eindeutig als Bürgschaftserklärung zu verstehen. Dem Schriftformerfordernis sei hinreichend damit Genüge getan, dass eine der beiden Erklärungen von der Zweitbeklagten unterschrieben wurde.
Das Berufungsgericht gab der von der Zweitbeklagten erhobenen Berufung Folge und änderte das (hinsichtlich der Teilabweisung des Zinsenbegehrens und der Klagsstattgebung gegenüber dem Erstbeklagten unangefochten gebliebene) erstgerichtliche Urteil in Ansehung der Zweitbeklagten im klagsabweisenden Sinn ab.
Nach dem festgestellten Sachverhalt sei der rechtsgeschäftliche Wille der Zweitbeklagten durchaus darauf gerichtet gewesen, sich gegenüber dem Kläger zur Zahlung der Schuld des Erstbeklagten für den Fall zu verpflichten, dass dieser sie nicht berichtigen sollte. Für die Erfüllung des Formgebots nach § 1346 Abs 2 ABGB sei aber darüber hinaus erforderlich, dass der nach allgemeinen Auslegungsregeln ermittelte Inhalt des rechtsgeschäftlichen Parteiwillens auch in der unterfertigten Urkunde irgendwie zum Ausdruck gebracht wurde. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, weil das einzige von der Zweitbeklagten unterfertigte Schreiben objektiv nur eine Wissenserklärung enthalte und nicht einmal andeutungsweise eine Verpflichtungsübernahme zur Bezahlung einer fremden Schuld - aber auch keinen Schuldbeitritt - erkennen lasse. Eine gültige Bürgschaftsverpflichtung sei daher mangels Erfüllung des Formgebots zu verneinen.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zu der Rechtsfrage, ob aus einer schriftlichen Bürgschaftserklärung zu ihrer Formgültigkeit neben dem Ausmaß des Haftungsrisikos zumindest andeutungsweise auch der Verpflichtungswille des Bürgen hervorgehen muss, aus Sicht des Berufungsgerichts keine eindeutige höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.
Dagegen richtet sich die fristgerechte, von der Zweitbeklagten beantwortete Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, mit der er die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung anstrebt.
In seinen Revisionsausführungen bezieht sich der Kläger zwar formell auch auf die im Zulassungsausspruch dargelegte Rechtsfrage, führt sie aber in der Folge nicht näher aus, sondern wendet sich primär gegen die Auslegung des Wortlauts der unterschriebenen Bestätigung vom 23. März 2006 als reine Wissenserklärung. Das Berufungsgericht habe dabei nicht auf die weiteren Mitteilungen der Zweitbeklagten per E-Mail und SMS Bedacht genommen. Im vorliegenden Fall sei der Warnfunktion des gesetzlichen Schriftlichkeitsgebots jedenfalls Genüge getan worden, weil sich die Zweitbeklagte ihrer Haftung bewusst gewesen sei. Der Kläger sei - im Gegensatz zu einer Bank - auch kein professioneller Kreditgeber und daher in seinem Vertrauen auf die Wirksamkeit der Bürgschaft, ohne die er dem Erstbeklagten das Darlehen nicht gewährt hätte, besonders schutzwürdig. Die Zweitbeklagte habe das Risiko der Bürgschaft ganz bewusst übernommen, um ihrem Lebensgefährten zu helfen, weshalb der hinter dem Schriftlichkeitsgebot stehende Schutzgedanke durch die angefochtene Entscheidung im Ergebnis überspannt würde.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
1. Die Schriftform der Bürgschaft nach § 1346 Abs 2 ABGB wurde zum Zweck der Vermeidung schwerer Folgen unüberlegter, leichtfertiger Gutstehungserklärungen eingeführt. Sie soll den Bürgen vor dem übernommenen Risiko warnen, die Bedeutung seiner Verpflichtung zum Bewusstsein bringen und die Ernstlichkeit seines Verpflichtungswillens außer Zweifel stellen (8 Ob 388/97k ecolex 2000/36 = RdW 2000/112, 145 = ÖBA 2000/877, 524 [zust Riedler]; Gamerith in Rummel, ABGB³ § 1346 Rz 8). Die Schriftlichkeit der Bürgschaft ist Gültigkeitsvoraussetzung. Eine formmangelhafte Bürgschaft kann zwar wirksam erfüllt, ihre Erfüllung aber nicht erzwungen werden (Gamerith aaO Rz 8 mwN; ausdrücklich § 766 S 2 BGB).
2. Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts steht mit einer ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in Einklang (vgl RIS-Justiz RS0032050).
Eine schriftliche Bürgschaftserklärung muss nicht den vollen Inhalt der Bürgschaftshaftung angeben, es reicht das Hervorgehen der wesentlichen Merkmale der Bürgschaftsverpflichtung.
Gerade das zentrale Merkmal der Bürgschaftsverpflichtung ist aber der rechtsgeschäftliche Wille, persönlich für eine fremde Schuld einzustehen (RIS-Justiz RS0032728; RS0032046). Hierin unterscheidet sich die Bürgschaft etwa von einer bloßen Verwendungszusage oder einer Absichtserklärung, den Schuldner bei der Erfüllung seiner Verpflichtung aus eigenen Mitteln zu unterstützen (wie sie von der Zweitbeklagten im vorliegenden Verfahren behauptet wurde). Es kann nach der bereits vom Berufungsgericht zitierten Lehre und Rechtsprechung überhaupt keinem Zweifel unterliegen, dass der Verpflichtungswille, für eine fremde Schuld einzustehen, in der schriftlichen Bürgschaftserklärung jedenfalls zum Ausdruck kommen muss (vgl RIS-Justiz RS0032261; RS0032050 [T4]; zumindest andeutungsweise: RS0113547 [T1]; 8 Ob 29/94).
3. Die Beurteilung, ob der dem übereinstimmenden Parteiwillen entsprechende, wesentliche Inhalt einer Bürgschaftsverpflichtung in der Haftungsurkunde gerade noch oder aber gerade nicht mehr zureichend angedeutet ist, wirft nur eine auf den jeweiligen Einzelfall abzustellende Auslegungsfrage auf (RIS-Justiz RS0113547 [T1]). Sie könnte vom Revisionsgericht nur dann aufgegriffen werden, wenn das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung zu einem geradezu unvertretbaren Ergebnis gelangt wäre. Dies ist hier aber nicht der Fall.
Entgegen den Revisionsausführungen und der Interpretation der Vorinstanzen lässt sich selbst dem E-Mail der Zweitbeklagten vom 23. März 2006 nur das Versprechen entnehmen, das Realisat eines nicht näher bestimmten „Fonds" zwecks Schuldtilgung zur Verfügung zu stellen. Von einer darüber noch hinausgehenden, persönlichen Haftung für die ganze Schuld des Erstbeklagten ist (auch) in dieser formlosen Mitteilung keine Rede.
4. Die Argumentation des Klägers, er sei gegenüber der Zweitbeklagten besonders schutzwürdig, weil er ohne Vertrauen auf ihre Haftungserklärung dem Erstbeklagten kein Darlehen gewährt hätte, vermag die Geltung der gesetzlichen Formvorschrift nicht zu beseitigen.
Der Kläger übersieht dabei insbesondere auch, dass er selbst - im Gegensatz zur Zweitbeklagten - ein massives eigenwirtschaftliches Interesse an der Zuzählung des Darlehens zum angegebenen Zweck hatte, weil der Erstbeklagte die ursächliche Unterschlagung in Ausübung seiner Tätigkeit als Gehilfe bzw Subunternehmer des Klägers gegenüber dessen Kunden begangen hatte. Es ist nicht zu erkennen, inwiefern das Interesse des Klägers, ein (letztlich) unternehmerisches Risiko auf die unbeteiligte Zweitbeklagte abzuwälzen, seine besondere Schutzwürdigkeit begründen könnte.
5. Entgegen den Revisionsausführungen hat sich das Berufungsgericht auch, wenngleich nur sehr kursorisch, mit dem vom Kläger in erster Instanz alternativ geltend gemachten Rechtsgrund eines Schuldbeitritts der Zweitbeklagten auseinandergesetzt und diesen im Ergebnis zutreffend verworfen.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass bei undeutlichen Verpflichtungserklärungen im Zweifel (nur) Bürgschaft und nicht Schuldbeitritt anzunehmen ist. Letzterer liegt zumindest in der Regel nur dann vor, wenn ein unmittelbares rechtliches oder wirtschaftliches Interesse an der Erfüllung der Verbindlichkeit des ersten Schuldners besteht. Die Übernahme einer Verpflichtung, um Verwandten (hier: einem Freund) zu helfen, wie überhaupt ein persönliches, ideelles oder moralisches Interesse, wird als für die Annahme eines Schuldbeitritts und somit eines eigenen wirtschaftlichen Interesses regelmäßig nicht als ausreichend angesehen (RIS-Justiz RS0032011 [T10]; RS0032190).
Soweit der Kläger in seiner Revision „aus prozessualer Vorsicht" zur Begründung eines Schuldbeitritts ein eigenes Interesse der Zweitbeklagten an der Darlehensgewährung an ihren Lebensgefährten unterstellt, weil sie davon (in nicht näher erläuterter Weise) „mitprofitiert" habe, entfernt er sich von den unbekämpften Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen, aus denen sich ein solches Interesse nicht einmal ansatzweise ableiten lässt. Die richtige Auslegung eines Vertrags im Einzelfall begründet regelmäßig keine vom Revisionsgericht aufzugreifende erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0042936 uva).
Zusammenfassend bringt die Revision daher keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.
Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Zweitbeklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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