Spruch:
I. Das Revisionsverfahren wird von Amts wegen fortgesetzt.
II. Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil einschließlich seiner bestätigten Teile lautet:
a) Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei in der Rechtssache A***** hinsichtlich der Vertretung in den Konkursverfahren AZ 36 S 41/05z und 36 S 42/05x des Handelsgerichts Wien sowie für die gerichtliche Geltendmachung der Forderungen gegenüber der Anlegerentschädigung von W***** GmbH (nunmehr: A***** GmbH) Deckung für das Einschreiten der S***** Rechtsanwalts GmbH in Höhe der Tarife eines im Sinn des § 158k VersVG ortsansässigen Rechtsanwalts zu gewähren.
b) Festgestellt wird, dass Art 6.7.3. ARB 2000 gegenüber der klagenden Partei unwirksam ist.
c) Die Mehrbegehren, die in Punkt a) genannte Rechtsschutzdeckung sei ohne Beschränkung auf die Tarife eines im Sinn des § 158k VersVG ortsansässigen Rechtsanwalts und auch für das Einschreiten der der S***** Rechtsanwalts GmbH zur außergerichtlichen Geltendmachung der Forderungen gegenüber der Anlegerentschädigung von W***** GmbH zu gewähren und die beklagte Partei schuldig zu erkennen, der klagenden Partei in der Rechtssache A***** zur Geltendmachung der Forderungen im Konkursverfahren der S*****-Bank, Luxemburg, ebenso Deckung für das Einschreiten der S***** Rechtsanwalts GmbH zu gewähren, werden abgewiesen.
d) Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 7.206,14 EUR (darin 708,86 EUR USt und 2.953 EUR Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die im Bundesland Salzburg wohnhafte Klägerin ist bei der Beklagten rechtsschutzversichert. Dem Versicherungsvertrag, der nur Schadenersatz- und Straf-Rechtsschutz für den Privatbereich umfasst, liegen die „Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutz-Versicherung (ARB 2000)" zugrunde. Diese enthalten folgende hier maßgebende Bestimmungen:
Artikel 4
Wo gilt die Versicherung?
(Örtlicher Geltungsbereich)
1. Im Fahrzeug- und Fahrzeug-Vertrags-Rechtsschutz (Artikel 17), Lenker-Rechtsschutz (Artikel 18) sowie im Schadenersatz- und Straf-Rechtsschutz (Artikel 19) besteht Versicherungsschutz für Versicherungsfälle, die in Europa (im geographischen Sinn), den außereuropäischen Mittelmeeranrainerstaaten, auf den Kanarischen Inseln, Madeira oder den Azoren - auch auf Flug- und Schiffsreisen innerhalb der äußeren Grenzen dieses Geltungsbereiches - eintreten, wenn auch die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in diesem Geltungsbereich erfolgt.
[...]
3. Im Allgemeinen Vertragsrechtsschutz (gemäß Artikel 23.1.2) besteht Versicherungsschutz, wenn der Versicherungsfall im Geltungsbereich gemäß Pkt. 1. eintritt, die Wahrnehmung rechtlicher Interessen jedoch in Österreich erfolgt und dafür die Zuständigkeit eines staatlichen österreichischen Gerichtes oder einer österreichischen Verwaltungsbehörde gegeben ist.
Artikel 6
Welche Leistungen erbringt der Versicherer?
1. Verlangt der Versicherungsnehmer Versicherungsschutz, übernimmt der Versicherer im Falle seiner Leistungspflicht die ab dem Zeitpunkt der Geltendmachung des Deckungsanspruches entstehenden Kosten gemäß Punkt 6., soweit sie für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers notwendig sind.
[...]
4. Der Versicherungsschutz erstreckt sich, soweit die besonderen Bestimmungen nichts anderes vorsehen (Artikel 20, 21, 24 und 25), auf die außergerichtliche Wahrnehmungen rechtlicher Interessen durch den Versicherer oder durch den von ihm beauftragten Rechtsanwalt und auf die Vertretung vor staatlichen Gerichten oder Verwaltungsbehörden in allen Instanzen.
[...]
6. Der Versicherer zahlt
6.1. die angemessenen Kosten des für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwaltes bis zur Höhe des Rechtsanwaltstarifgesetzes oder, sofern dort die Entlohnung für anwaltliche Leistungen nicht geregelt ist, bis zur Höhe der autonomen Honorarrichtlinien für Rechtsanwälte;
[...]
7. Die Leistungspflicht des Versicherers ist begrenzt wie folgt:
7.1. Die Höchstgrenze der vom Versicherer in einem Versicherungsfall für einen Versicherungsnehmer und die mitversicherten Personen zu erbringenden Leistungen bildet die im Zeitpunkt des Versicherungsfalles laut Vertrag gültige Versicherungssumme.
[...]
7.3. Genießen mehrere Versicherungsnehmer zur Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen Versicherungsschutz aus einem oder mehreren Versicherungsverträgen und sind ihre Interessen aufgrund der gleichen oder einer gleichartigen Ursache gegen den/dieselben Gegner gerichtet,
ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung vorerst auf die außergerichtliche Wahrnehmung der rechtlichen Interessen der Versicherungsnehmer und die Führung notwendiger Musterprozesse durch von ihm ausgewählte Rechtsvertreter zu beschränken.
Wenn oder sobald die Versicherungsnehmer durch diese Maßnahmen nicht ausreichend gegen einen Verlust ihrer Ansprüche, insbesondere durch drohende Verjährung, geschützt sind, übernimmt der Versicherer darüber hinaus die Kosten für Gemeinschaftsklagen oder sonstige gemeinschaftliche Formen außergerichtlicher und gerichtlicher Interessenwahrnehmungen durch von ihm ausgewählte Rechtsvertreter.
[...]
Artikel 8
Welche Pflichten hat der Versicherungsnehmer zur Sicherung seines Deckungsanspruches zu beachten? (Obliegenheiten)
1. Verlangt der Versicherungsnehmer Versicherungsschutz, ist er verpflichtet,
1.1. den Versicherer unverzüglich, vollständig und wahrheitsgemäß über die jeweilige Sachlage aufzuklären und ihm alle erforderlichen Unterlagen auf Verlangen vorzulegen;
1.2. dem Versicherer die Beauftragung des Rechtsvertreters (Artikel 10) zu überlassen, dem Rechtsvertreter Vollmacht zu erteilen, ihn vollständig und wahrheitsgemäß über die jeweilige Sachlage zu unterrichten und ihm auf Verlangen alle erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen;
[...]
2. Verletzt der Versicherungsnehmer eine der vorstehend genannten Obliegenheiten, ist der Versicherer gemäß § 6 Versicherungsvertragsgesetz (VersVG) von der Verpflichtung zur Leistung frei.
[...]
Artikel 19
Schadenersatz- und Straf-Rechtsschutz für den Privat-, Berufs- und Betriebsbereich
Der Versicherungsschutz erstreckt sich je nach Vereinbarung auf den Privat-, Berufs- und/oder Betriebsbereich.
[...]
2. Was ist versichert?
Der Versicherungsschutz umfasst
2.1. Schadenersatz-Rechtsschutz
für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen eines erlittenen Personen-, Sach- oder Vermögensschadens;
2.2. Straf-Rechtsschutz:
Für die Verteidigung in Strafverfahren vor Gerichten oder Verwaltungsbehörden wegen fahrlässiger strafbarer Handlungen und Unterlassungen sowie abweichend von Artikel 7.1.10. für die Vertretung in Disziplinarverfahren.
[...]
3. Was ist nicht versichert?
3.1. Zur Vermeidung von Überschneidungen mit anderen Rechtsschutz-Bausteinen umfasst der Versicherungsschutz nicht
[...]
3.1.3. Die Geltendmachung von Ansprüchen aus schuldrechtlichen Verträgen sowie die Geltendmachung von Ansprüchen wegen reiner Vermögensschäden, die aus der Verletzung vertraglicher Pflichten entstehen und über das Erfüllungsinteresse hinausgehen, oder aus der Verletzung vorvertraglicher Pflichten entstehen (versicherbar in Artikel 23);
Artikel 23
Allgemeiner Vertrags-Rechtsschutz
Der Versicherungsschutz erstreckt sich je nach Vereinbarung auf den Privat- und/oder Betriebsbereich.
[...]
2. Was ist versichert?
2.1. Der Versicherungsschutz umfasst die Wahrnehmung rechtlicher Interessen aus schuldrechtlichen Verträgen des Versicherungsnehmers über bewegliche Sachen sowie aus Reparatur- und sonstigen Werkverträgen des Versicherungsnehmers über unbewegliche Sachen.
[...]
Die Klägerin hatte bei den beiden Wertpapierdienstleistungsunternehmen A***** Consulting AG und A***** Services AG (Kurzbezeichnung „A*****") Geld veranlagt. Infolge Insolvenz beider Unternehmen wurde sie - wie viele andere Anleger auch - geschädigt. Sie beauftragte die in Salzburg ansässige S***** Rechtsanwalts GmbH mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung. Ihre Anwälte vertraten und vertreten ihre Interessen unter anderem in den über das Vermögen der insolventen A*****-Unternehmen eröffneten Konkursverfahren vor dem Handelsgericht Wien und in einem gegen die Organe dieser Unternehmen geführten Strafverfahren.
Aufgrund eines schriftlichen Ersuchens der Klagevertretung, der Klägerin für das Einschreiten in den beiden Konkursverfahren und den Anschluss als Privatbeteiligte im Strafverfahren gegen die Verantwortlichen der A***** vor dem Landesgericht für Strafsachen Rechtsschutzdeckung zuzusagen und die bisherigen Kosten zu überweisen, übernahm die Beklagte unpräjudiziell für ihren Standpunkt die Kosten der Forderungsanmeldungen, lehnte jedoch die Deckung betreffend eine „Anlegerentschädigung" ab.
Die Klagevertretung hat „verbindlich" erklärt, im Fall der Klägerin zu jenen Bedingungen gegenüber der Rechtsschutzversicherung abzurechnen, zu denen ein Wiener Anwalt abrechnen würde.
Die Klägerin erhob zuletzt folgendes - über Einwand der Beklagten präzisiertes - Klagebegehren:
„a) Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei in der Rechtssache A*****, „insbesondere" hinsichtlich der Vertretung in den Konkursverfahren 36 S 41/05z und 36 S 42/05x des Handelsgerichts Wien, sowie für die Geltendmachung der Forderungen gegenüber der Anlegerentschädigung von W***** GmbH (im Folgenden Anlegerentschädigung GmbH), ebenso im Konkursverfahren der S*****-Bank, Luxemburg, Deckungszusage für das Einschreiten der S***** Rechtsanwalts GmbH zu gewähren.
b) Artikel 6.7.3. der ARB 2000 ist gegenüber der klagenden Partei unwirksam."
Die Klägerin brachte dazu im Wesentlichen vor, die Klausel schränke das in Art 4 der Richtlinie 87/344/EWG (Rechtsschutzversicherungsrichtlinie) postulierte und durch § 158k VersVG in Österreich umgesetzte freie Anwaltswahlrecht des Versicherungsnehmers unzulässig ein und sei daher unbeachtlich. Die rechtsfreundliche Vertretung der Klägerin in der Rechtssache A***** sei in den beiden Konkursverfahren und im Strafverfahren gegen die Verantwortlichen der A***** erforderlich; notwendig sei auch die Geltendmachung der Forderungen gegenüber der W***** GmbH (im Folgenden: Anlegerentschädigung GmbH) sowie die außergerichtliche Vertretung im Rahmen der Liquidation der Anlegerfonds (S*****-Fonds) und gegenüber der depotführenden Bank in Luxemburg, wobei jeder Fall anders gelagert sei. Für eine Entschädigung durch die Anlegerentschädigung GmbH sei die Feststellung der Forderung in den Konkursverfahren Voraussetzung. Der Masseverwalter habe die für ihn nicht überprüfbaren Forderungen aller Anleger bestritten. Der Deckungsanspruch ergebe sich auch aus Art 19 ARB, weil es sich bei den Ansprüchen der Klägerin gegenüber den beiden A*****-Gesellschaften um Schadenersatzansprüche handle und diese auch gegen die Anlegerentschädigung GmbH geltend gemacht werden könnten. Zunächst brachte die Klägerin noch vor, auch die Einschränkung auf einen nicht in Wien ansässigen Anwalt im Sinn des Art 6 ARB 2000 sei unzulässig, weil § 158k Abs 2 VersVG nicht richtlinienkonform umgesetzt worden sei. Schließlich gab die Klagevertretung aber die verbindliche Erklärung ab, gegenüber der Rechtsschutzversicherung zu jenen Bedingungen abzurechnen, zu denen ein Wiener Anwalt abrechnen würde.
Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Der Versicherungsnehmer sei verpflichtet, dem Versicherer alle zur Deckungsprüfung notwendigen Informationen wahrheitsgemäß und im notwendigen Umfang zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin habe erstmals in der Tagsatzung vom 8. 11. 2006 ein derart konkretisiertes Begehren gestellt. Daher sei die Fälligkeit des Deckungsanspruchs nicht gegeben. Der Beklagten sei lediglich ein geplantes Vorgehen gegenüber der Anlegerentschädigung GmbH bekannt gegeben worden. Es sei jedoch weder ein konkreter Schaden der Höhe nach behauptet noch ein Klagsentwurf zur Deckungsprüfung übergeben worden. Das Unterbleiben einer konkreten Information stelle eine Obliegenheitsverletzung dar, die die Beklagte zur Ablehnung der Deckung berechtige. Außerdem habe die Beklagte sowohl nach § 158k VersVG als auch nach den Versicherungsbedingungen, insbesondere Art 6 ARB 2000, das Recht, lediglich einen örtlichen Anwalt mit der Durchsetzung von Ansprüchen von Versicherungsnehmern zu beauftragen. Sämtliche geplanten Verfahren fänden in Wien statt. Die Klagevertretung habe ihren Sitz in Salzburg. Ein Rechtsanwalt vor Ort könne im Hinblick auf den besonderen Umfang des Verfahrens, insbesondere des Strafverfahrens vor dem Landesgericht für Strafsachen Wien, wesentlich flexibler und zeitökonomischer agieren. Die Verweigerung einer Deckungszusage für einen ortsfremden Anwalt erfolge daher nicht nur wegen der Ersparnis des doppelten Einheitssatzes. Das dreiteilige Klagebegehren in Punkt a) stütze sich auf Ansprüche nach Art 23 ARB 2000, sei nach dem Wortlaut des Art 19 ARB 2000 nicht gedeckt und sei schon mangels vertraglicher Grundlagen abzuweisen. Damit fehle der Klägerin auch das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung gemäß Punkt b) des Klagebegehrens. Der Schaden der Klägerin stelle einen Massenschaden im Sinn des Art 6.7.3. ARB 2000 dar, weil aufgrund gleichartiger Malversationen eine hohe Anzahl von Anlegern geschädigt worden sei und theoretisch auch eine gemeinsame Klageführung aller Geschädigten möglich wäre. Massenschäden seien bei Einführung der Richtlinie vom 22. 6. 1987 und des die Richtlinie umsetzenden § 158k VersVG größtenteils unbekannt gewesen, nicht bedacht und nicht mitgeregelt worden. Art 6.7.3. ARB 2000 verstoße daher nicht gegen diese Normen, sondern ergänze sie. Er sei wegen der Kosteneinsparung im Interesse der Versicherungsnehmer geboten und bringe diesen überwiegend Vorteile.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zu a) ab, stellte jedoch zu b) fest, dass Art 6.7.3. der ARB 2000 unwirksam sei, weil er eine unzulässige Einschränkung des Rechts auf freie Anwaltswahl, die in § 158k VersVG festgeschrieben sei, enthalte.
Es stellte noch Folgendes fest:
Der Rechtsvertreter der Klägerin hat der Beklagten folgenden Sachverhalt zur Kenntnis gebracht, um seinen Deckungsanspruch geltend zu machen:
„Vorerst dürfen wir anzeigen, dass uns in der Affäre um die Insolvenz der A*****-Gruppe zahlreiche geschädigte Anleger aus West-Österreich und Deutschland, darunter auch Ihre oben genannten Versicherungsnehmer, konsultiert und uns mit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung beauftragt haben. Wir berufen uns auf die uns erteilten Vollmachten.
Auftragsgemäß haben wir für Ihre beiden Versicherungsnehmer jeweils nach ausführlicher Beratung deren Forderungen in den beiden Konkursverfahren vor dem HG Wien sowie bei der Anlegerentschädigung der W***** GmbH angemeldet und den Anschluss als Privatbeteiligte im Strafverfahren gegen die Verantwortlichen der A***** vor dem LG für Strafsachen Wien (GZ 274 Ur 363/05a) erklärt.
...
Wir ersuchen um Ihre Kostendeckungszusage und Überweisung der bisher aufgelaufenen Kosten.
..."
Nach weiterer Aufforderung durch die Beklagte, den Deckungsanspruch entsprechend zu konkretisieren, übergab die Klägerin, vertreten durch ihren Rechtsanwalt, mit Schreiben vom 6. 6. 2006 (am 8. 6. 2006 bei der Beklagten einlangend) zwei Schreiben von A***** betreffend die Investition der Klägerin und zwei Forderungsmeldungen im Konkurs der beiden A*****-Gesellschaften.
Die Beklagte übernahm daraufhin unpräjudiziell für ihren Standpunkt die Kosten der Forderungsanmeldungen, lehnte eine Deckung betreffend einer „Anlegerentschädigung" ab, verwies im Übrigen auf die so genannte Massenschadenklausel nach Art 6 ARB 2000 und auf die Möglichkeit, dass die Klägerin ein Schiedsverfahren einleiten könne, wenn sie zum Umfang der angebotenen Deckung eine andere Meinung vertrete. Die Klägerin reagierte daraufhin mit der vorliegenden Feststellungsklage.
Nachdem die Beklagte und auch andere Rechtsschutz-Versicherer mit derartig vielen Ansprüchen von vermeintlich geschädigten Anlegern konfrontiert wurden, wurde „versicherungsintern" - auch unter Befassung des Versicherungsverbands - bereits im Jahr 2005 Kontakt zu Rechtsanwaltskanzleien in Wien aufgenommen, damit sie in Sachen A***** im Rahmen der Rechtsschutzversicherung die Vertretung übernehmen. Die Beklagte prüft nun von sich aus Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz, weil die Wertpapieraufsicht im Zusammenhang mit den Konkursen der beiden A*****-Gesellschaften fehlgeschlagen sein könnte, die Staatshaftung der Republik Österreich, weil die Richtlinie über die Anlegerentschädigung nicht korrekt umgesetzt worden sein könnte, die Haftung der „Firma BDO", einer Wirtschaftstreuhänderkanzlei, die als Wirtschaftsprüfer die genannten Aktiengesellschaften, nunmehr im Konkurs, nicht korrekt geprüft haben könnte, und eine Haftung der S*****-Bank in Luxemburg. Die Beklagte hat nun vor, im Zuge von Musterprozessen die einzelnen Haftungsgrundlagen zu erheben, wobei zunächst ein Amtshaftungsverfahren betreffend die fehlgeschlagene Wertpapieraufsicht beabsichtigt ist.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, das Deckungsbegehren der Klägerin scheitere schon an § 158k Abs 2 VersVG, der die freie Anwaltswahl insoweit beschränke, als der Kanzleisitz am Ort der Gerichts- oder Verwaltungsbehörde liegen müsse. Diese Beschränkung sei in Art 10.3. ARB 2000 festgelegt. Die Bedingung eines Kanzleisitzes am Ort der Gerichtsbehörde erfülle die Klagevertreterin nicht, auch wenn sie angeboten habe, zu gleichen Bedingungen wie ein Wiener Rechtsanwalt zu arbeiten. Die Beklagte verweise insofern zutreffend auf die flexiblere und zeitökonomischere Bearbeitung des Falls durch einen Wiener Rechtsanwalt. Im Übrigen sei der erste Teil des Klagebegehrens auch deshalb abzuweisen, weil es die Klägerin verabsäumt habe, den Deckungsanspruch im Sinn des Art 8 ARB 2000 entsprechend zu konkretisieren und darzulegen. Die Beklagte habe erst durch das in der Tagsatzung vom 8. 11. 2006 präzisierte Feststellungsbegehren von den Ansprüchen, die die Klägerin geltend machen wolle, erfahren. Damit sei noch in keiner Weise dargelegt, wie sie sich die Geltendmachung der Forderung gegenüber der Anlegerentschädigung GmbH vorstelle und welche Ansprüche sie im Konkursverfahren der S*****-Bank in Luxemburg geltend machen wolle. Die begehrte Vertretung im Konkursverfahren betreffe nicht die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen im Sinn des Art 19.2.1. ARB 2000, sondern eher die Geltendmachung von Ansprüchen aus schuldrechtlichen Verträgen im Sinn des Art 19.3.1.3. ARB 2000.
Art 6.7.3. ARB 2000 enthalte eine unzulässige Einschränkung des Rechts auf freie Anwaltswahl, wie es im § 158k VersVG festgeschrieben sei. Diese Bestimmung sei im Sinn des § 158p VersVG zu Gunsten des Versicherungsnehmers zwingend, weshalb ein rechtliches Interesse der Klägerin an der Feststellung der Unwirksamkeit des Art 6.7.3. ARB 2000 bestehe. „Zur Vermeidung von Weitläufigkeiten" hielt das Erstgericht noch fest, dass es den rechtlichen Ausführungen des von der Klägerin vorgelegten Privatgutachtens folge.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil über Berufung beider Parteien dahin ab, dass es das gesamte Klagebegehren abwies. Rechtlich befasste es sich - ohne auf die weiteren geltend gemachten Berufungsgründe einzugehen - nur mit der in den Rechtsrügen der Berufungen beider Parteien angesprochenen Wirksamkeit des Art 6.7.3. ARB 2000 und gelangte dabei zu folgendem Ergebnis:
Sowohl in der Richtlinie (Art 5) als auch im österreichischen VersVG (§ 158k Abs 2) seien Ausnahmen von der freien Anwaltswahl enthalten. Dies zeige, dass sie nicht Selbstzweck sei, sondern nur ein Mittel, um das damit verfolgte Ziel, Interessenkollisionen zwischen Versicherten und Mehrspartenversicherern möglichst auszuschließen, zu erreichen. Die unterschiedliche Handhabung des freien Anwaltswahlrechts bei Individualschäden und Massenschäden sei sachgerecht und nicht nur im Interesse des Versicherers geboten; sie ermögliche nämlich eine ökonomische Vertretung mehrerer Versicherungsnehmer bei Massenschäden und gewährleiste damit am ehesten, dass „Kumulfälle" von der Rechtsschutzdeckung nicht überhaupt ausgenommen würden. Durch die in Art 6.7.3. ARB 2000 getroffene Regelung würden die Vorschriften der Richtlinie und des § 158k Abs 1 VersVG zulässigerweise für die Behandlung von „Kumulschäden" ergänzt.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zur Frage, ob die in Art 6.7.3. ARB 2000 vorgesehene Einschränkung des Rechts des Versicherungsnehmers auf freie Anwaltswahl bei Massenschäden zulässig sei, oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht angeführten Grund zulässig. Sie ist teilweise auch berechtigt.
Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin ihr ursprünglich nicht ausreichend substantiiertes Begehren (die Beklagte zur Gewährung der Deckungszusage „in der Rechtssache A*****" zu verpflichten) - über Einwand der Beklagten - dahin „präzisierte", dass die Deckungszusage „insbesondere" für das Einschreiten der Klagevertretung in den im Spruch genannten konkreten Fällen begehrt wurde. Die Klägerin hat also eine ausdrücklich als „Präzisierung" bezeichnete, der Konkretisierung und Klarstellung dienende Neuformulierung des Klagebegehrens vorgenommen. In diesem speziellen Fall ist mit dem Wort „insbesondere" aber eindeutig keine - wie sonst dem Sprachgebrauch entsprechende - beispielsweise, sondern eine abschließende Aufzählung gemeint (vgl 9 ObA 316/98f).
Demgemäß ist nur über das konkretisierte Begehren auf Rechtsschutzdeckung zu entscheiden, weshalb der auch in der Revisionsbeantwortung noch aufrecht erhaltene Einwand, die Rechtsschutzdeckung werde für andere, nicht näher bezeichnete Schritte „in der Rechtssache A*****" begehrt, ins Leere geht.
Das Berufungsgericht hat die Abweisung des gesamten Klagebegehrens allein damit begründet, dass die durch die „Massenschadenklausel" des Art 6.7.3. ARB 2000 vorgenommene Einschränkung des Rechts der Rechtsschutzversicherten auf freie Anwaltswahl in Gerichts- und Verwaltungsverfahren mit der Richtlinie 87/344/EWG und § 158k VersVG vereinbar sei. Die Klägerin hält in der Revision an ihrer gegenteiligen Rechtsmeinung fest und vertritt weiterhin die Ansicht, die Bestimmung des Art 6.7.3. ARB 2000 sei nichtig und daher nicht Bestandteil des zwischen den Parteien abgeschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrags. Sie habe die Klagevertretung frei wählen dürfen. Zu der - vom Berufungsgericht nicht weiter erörterten - Möglichkeit der örtlichen Begrenzung des Anwaltswahlrechts gemäß § 158k Abs 2 VersVG hält die Revision (neuerlich) fest, dass sich die Klagevertretung ausdrücklich bereit erklärt habe, zu den kostengünstigen Tarifen einer Wiener Rechtsanwaltskanzlei abzurechnen. Da dem Versicherer somit keine Mehrkosten durch die Beauftragung einer Kanzlei mit Sitz in Salzburg entstünden, sei auch dieser Einwand der Beklagten nicht überzeugend.
Mit Beschluss vom 12. 3. 2008, 7 Ob 26/08m, hat sich der Oberste Gerichtshof im Deckungsprozess eines anderen durch „A*****" geschädigten Anlegers gegen seinen Rechtsschutzversicherer veranlasst gesehen, dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) gemäß Art 234 EG folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
„1. Ist Art 4 (1) der Richtlinie 87/344/EWG dahin auszulegen, dass ihm eine in Allgemeinen Versicherungsbedingungen eines Rechtsschutzversicherers enthaltene Klausel, die den Versicherer in Versicherungsfällen, in denen eine größere Anzahl von Versicherungsnehmern durch dasselbe Ereignis (etwa die Insolvenz eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens) geschädigt wird, zur Auswahl eines Rechtsvertreters berechtigt und damit das Recht des einzelnen Versicherungsnehmers auf freie Anwaltswahl beschränkt (so genannte 'Massenschadenklausel'), widerspricht?
2. Im Fall der Verneinung von Frage 1.:
Unter welchen Voraussetzungen liegt ein 'Massenschaden' vor, der es im Sinn (beziehungsweise in Ergänzung) der genannten Richtlinie gestattet, dem Versicherer anstelle des Versicherungsnehmers das Recht der Auswahl des rechtsfreundlichen Vertreters einzuräumen?"
und das dortige Verfahren bis zum Einlangen der Vorabentscheidung des EuGH gemäß § 90a Abs 1 GOG ausgesetzt.
Da die zu 7 Ob 26/08m gestellte Vorlagefrage auch für den hier zu beurteilenden Fall maßgeblich ist, wurde auch dieses Verfahren mit Beschluss vom 23. 4. 2008, 7 Ob 30/08z, bis zur Entscheidung des EuGH über das gestellte Vorabentscheidungsersuchen unterbrochen.
Mit Urteil vom 10. September 2009, Rs C-199/08 , hat der EuGH die zitierte Anfrage wie folgt beantwortet:
„Art 4 Abs 1 lit a der Richtlinie 87/344/EWG des Rates vom 22. Juni 1987 zur Koordination der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Rechtsschutzversicherung ist dahin auszulegen, dass der Rechtsschutzversicherer sich in dem Fall, dass eine größere Anzahl von Versicherungsnehmern durch dasselbe Ereignis geschädigt ist, nicht das Recht vorbehalten kann, selbst den Rechtsvertreter aller betroffenen Versicherungsnehmer auszuwählen."
Nach Vorliegen dieser Entscheidung des EuGH ist das Revisionsverfahren von Amts wegen fortzusetzen.
(Auch) Für den vorliegenden Fall steht damit bindend fest, dass Art 6.7.3. ARB 2000 das in Art 4 der Rechtsschutzversicherungs-Richtlinie postulierte und durch § 158k VersVG in Österreich umgesetzte Recht des Rechtsschutzversicherten auf freie Anwaltswahl unzulässig einschränkt und daher unbeachtlich ist. Auf die umfangreichen Ausführungen, mit denen die Revisionsgegnerin ihre gegenteilige Rechtsansicht begründet, ist daher nicht mehr einzugehen. Sie hat ihre Rechtsmeinung, sie könne der Klägerin die begehrte Rechtsschutzdeckung durch die von ihr frei gewählte Rechtsvertretung versagen, vor allem und grundsätzlich auf diese Bestimmung gestützt.
Da die Vorabentscheidung des EuGH die Rechtsansicht der Klägerin, diese Bestimmung sei rechtsunwirksam, bestätigt, ist das Feststellungsbegehren (Punkt b) berechtigt: Dass das von der Beklagten weiterhin verneinte Rechtsschutzinteresse der Klägerin an der Feststellung der Unwirksamkeit der in Rede stehenden Klausel besteht, wurde bereits im Parallelverfahren 7 Ob 68/09i (gegen einen anderen Rechtsschutzversicherer, für den ebenfalls der Beklagtenvertreter einschritt) in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 28. 10. 2009 dargelegt, weshalb auf die diesbezüglichen Ausführungen verwiesen werden kann.
Art 6.7.3. ARB 2000 ist insgesamt rechtsunwirksam. Eine Differenzierung zwischen außergerichtlicher Vertretung und Vertretung vor Gerichten und Verwaltungsbehörden ist nicht angezeigt, weil die gesamte Bestimmung primär auf die Vertretung vor Gerichten und Verwaltungsbehörden abzielt. Durch Artikel 10 ARB 2000 ist deutlich klargestellt, dass die freie Anwaltswahl nicht für die außergerichtliche Vertretung gilt.
Die Klägerin ist also mit der in der Revision vertretenen Rechtsmeinung betreffend die in den ARB 2000 enthaltene „Massenschadenklausel" durchgedrungen. Zu beachten sind allerdings die Ausführungen der Revisionsbeantwortung, mit denen die Beklagte weiterhin „das Nichtzurechtbestehen des Klagebegehrens aus anderen Gründen" behauptet und folgende weitere Einwände aufrecht hält:
Gegen die unter Punkt a) angeführten Begehren auf Gewährung der Rechtsschutzdeckung für das Einschreiten der S***** Rechtsanwalts GmbH wendet die Beklagte neben Art 6.7.3. ARB 2000 auch noch die Bestimmung des Art 10.3. ARB 2000 ein. Danach beschränkt sich das Recht des Rechtsschutzversicherungsnehmers, einen Rechtsvertreter vor Gerichten und Verwaltungsbehörden frei zu wählen, auf Personen, die ihren Kanzleisitz am Ort des Gerichts oder der Verwaltungsbehörde haben, die für das durchzuführende Verfahren in erster Instanz zuständig ist. Die Beklagte meint, da die Klagevertretung ihren Sitz in Salzburg habe und sich keine am Gerichtsort Salzburg zu setzende Vertretungshandlungen ergeben hätten, seien die betreffenden Begehren auf Rechtsschutzdeckung auch aus diesem Grunde nicht gerechtfertigt.
Die genannte Klausel entspricht der Bestimmung des § 158k Abs 2 VersVG, wonach im Versicherungsvertrag vereinbart werden kann, dass der Versicherungsnehmer zu seiner Vertretung in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren nur solche Personen wählen darf, die ihren Kanzleisitz am Ort der Gerichts- oder Verwaltungsbehörde haben, die für das durchzuführende Verfahren in erster Instanz zuständig ist. Diese Gestaltungsmöglichkeit einer örtlichen Begrenzung des Rechts der Auswahl des Rechtsvertreters sollte nach den Gesetzesmaterialien (RV BlgNR 18. GP 641, 6) den Vertragsparteien erhalten bleiben, da eine solche Begrenzung kostensparend (zB kein doppelter Einheitssatz im Gerichtsverfahren) und sohin auch prämiensenkend wirken kann. Zufolge dieser sachlichen Rechtfertigung bestehen gegen diese bloß örtliche Einschränkung unter dem Blickwinkel der Rechtsschutzversicherungsrichtlinie nach im österreichischen und deutschen Schrifttum herrschender Meinung (vgl Fenyves, Zur Zulässigkeit der „Massenschadenklausel" in der Rechtsschutzversicherung, VR 2006, 22 [24] mwN) keine grundsätzlichen Bedenken. Im Hinblick auf die zitierte Entscheidung des EuGH betreffend eine Einschränkung des Rechts des Rechtsschutzversicherten auf freie Anwaltswahl in Gerichts- und Verwaltungsverfahren gebietet sich allerdings eine einschränkende Auslegung des Art 10.3. ARB 2000 dahin, dass ein Versicherungsnehmer auch einen nicht ortsansässigen Rechtsvertreter wählen kann, jedenfalls wenn dieser - wie hier - verbindlich erklärt, seine Leistungen wie ein ortsansässiger Vertreter zu verrechnen, da damit der Sinn und Zweck dieser Klausel (kostensparende und prämiensenkende Wirkung) gewahrt bleibt.
Dass die „in der Rechtssache A*****" begehrte Vertretung in den beiden Konkursverfahren vor dem Handelsgericht Wien dem nach Art 19.2.1. versicherten Schadenersatz-Rechtsschutz unterliegt, ist schon im Hinblick darauf anzunehmen, dass die Klägerin unstrittig zu den A*****-Geschädigten zählt und sich im Strafverfahren gegen die Verantwortlichen der A*****-Gesellschafter angeschlossen hat (vgl auch die vom für Rechtsschutzangelegenheiten zuständigen Angestellten der Beklagten als Blg ./III vorgelegten Kopien der betreffenden Forderungsanmeldungen, die sich „auf jede nur erdenkliche Rechtsgrundlage, insbesondere auf Schadenersatz aufgrund der vereinbarungswidrigen Veranlagung der Vermögenswerte" berufen).
Unberechtigt ist auch der von der Beklagten in der Revisionsbeantwortung wiederholte Einwand, für die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber der Anlegerentschädigung GmbH bestehe kein Versicherungsschutz, da diese Ansprüche nicht unter Art 19 ARB 2000 zu subsumieren seien. Die in das Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG), BGBl I 753/1996, durch die Novelle BGBl I 63/1999 eingefügten Bestimmungen über die Anlegerentschädigung stellen das Pendant zur Einlagensicherung der Kreditinstitute dar und sollen der besseren Absicherung von Anlegern dienen. Das WAG wurde durch das am 1. 11. 2007 in Kraft getretene Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 (WAG 2007), BGBl I 60/2007, abgelöst, das hinsichtlich der bereits zu diesem Zeitpunkt angemeldet gewesenen Ansprüche auf Entschädigung keine Übergangsregelung enthält. Dies ist allerdings hier ohne Bedeutung, weil die Regelung der Anlegerentschädigung des WAG 2007 (§§ 75 ff leg cit) jener des WAG im Wesentlichen entspricht. Sowohl nach dem WAG als auch nun nach § 75 Abs 1 WAG 2007 haben alle österreichischen Wertpapierfirmen, die die Dienstleistung der Verwaltung von Kundenportefeuilles mit Verfügungsvollmacht im Auftrag des Kunden ausüben (§ 3 Abs 2 Z 2 und 3 WAG 2007), einer Entschädigungseinrichtung anzugehören. Dazu wurde im Jahr 1999 die Anlegerentschädigung von W***** GmbH (ursprünglich: A***** GmbH) gegründet, die per 21. 12. 2007 in A***** GmbH umbenannt wurde (FN ***** Handelsgericht Wien). Diese Gesellschaft hat bei Eintritt eines Entschädigungsfalls zu gewährleisten, dass Forderungen von Anlegern aus entsprechenden Wertpapierdienstleistungen bis zu einem Höchstbetrag von 20.000 EUR pro Anleger auf dessen Verlangen und nach Legitimierung innerhalb von drei Monaten ab dem Zeitpunkt, zu dem Höhe und Berechtigung der Forderung festgestellt wurden, ausbezahlt werden. Gemäß § 76 Abs 2 WAG 2007 (§ 23c Abs 2 WAG) können Forderungsberechtigte aus Wertpapierdienstleistungen während eines Zeitraums von einem Jahr ab der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens ihre Ansprüche bei der Anlegerentschädigung GmbH anmelden. Die im Schrifttum und in den Medien kontrovers diskutierte Frage, ob und inwieweit A*****-Geschädigte Ansprüche gegen die Anlegerentschädigung GmbH haben beziehungsweise durchzusetzen imstande sind, kann hier nicht näher untersucht und beantwortet werden. Nach herrschender Meinung (Kalss/Linder, ÖBA 2006, 824 [828]; Oppitz in Apathy/Iro/Koziol, Bankvertragsrecht2 VI Rz 2/229; Kalss/Oppitz/Zollner, Kapitalmarktrecht I § 4 Rz 30 f ua; 4 R 9/07h OLG Wien) erfasst § 23b WAG (§ 75 WAG 2007) nur durch konzessionswidriges Halten von Geld oder Finanzierungsinstrumenten verursachte Nachteile. Obwohl laut Medienberichten die vorhandenen Entschädigungsmittel bei weitem nicht ausreichen sollen und auch die Frage, ob die Gesellschafter der Anlegerentschädigung GmbH eine Nachschusspflicht trifft, umstritten ist, wurde den A*****-Geschädigten von Konsumentenschutzvereinen etc empfohlen, Ansprüche mit anwaltlicher Hilfe gegenüber der Anlegerentschädigung GmbH geltend zu machen.
Diese Ansprüche richten sich zwar nicht gegen den Schädiger, sondern gegen die im WAG (und nun im WAG 2007) dafür vorgesehene Haftungsgesellschaft. Das ändert aber - entgegen der Ansicht der Beklagten - nichts daran, dass die Durchsetzung dieser Ansprüche, weil sie Schadenersatzansprüche voraussetzen, zumindest im Zweifel (§ 915 ABGB) „die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen eines erlittenen Vermögensschadens" im Sinn des - wie alle AVB - nach dem Verständnis eines durchschnittlich versierten Versicherungsnehmers (RIS-Justiz RS0050063) zu interpretierenden Art 19 ARB 2000 darstellt. Die Ansprüche fallen demnach in den Schadenersatz-Rechtsschutz für den Privat-, Berufs- und Betriebsbereich nach Art 19 ARB 2000, weshalb der Einwand der Beklagten, sie seien nicht vom Versicherungsschutz umfasst, unberechtigt ist (so bereits 7 Ob 194/09v zum gleichlautenden Art 19 ARB 1995).
Damit erweisen sich die unter Punkt a) des Klagebegehrens angeführten Begehren auf Rechtsschutzdeckung für das Einschreiten in den beiden Konkursverfahren des Handelsgerichts Wien sowie in einem allfälligen Gerichtsverfahren gegen die Anlegerentschädigung GmbH mit der Einschränkung als berechtigt, dass dieser Deckungsanspruch auf die einem ortsansässigen Rechtsvertreter gebührenden (geringeren) Tarife beschränkt ist. Da die Klagevertretung ihre Bereitschaft zu einer solchen Einschränkung aber ohnehin „verbindlich erklärt" (ON 7 Seite 5 = AS 57) und daran in der Revision ausdrücklich festgehalten hat (Punkt 7, Seite 7 f der Revision), gehen die diesbezüglichen Ausführungen der Revisionsbeantwortung ins Leere. Die auch in diesem Punkt klageabweisende Entscheidung des Berufungsgerichts ist daher mit dieser Einschränkung spruchgemäß in ein klagsstattgebendes Teilurteil abzuändern.
Von der Klägerin wird die Gewährung der Deckungszusage allerdings nicht (nur) für eine „gerichtliche" Geltendmachung der Forderungen gegen die Anlegerentschädigung GmbH, sondern ganz allgemein „für die Geltendmachung", also auch für ein außergerichtliches Einschreiten begehrt. Zutreffend weist die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich die freie Anwaltswahl nach § 158k VersVG richtlinienkonform auf die Vertretung in Gerichts- oder Verwaltungsverfahren beschränkt (Art 6.4. ARB 2000). Die Abweisung des auf Gewährung der Rechtsschutzdeckung eines außergerichtlichen Vorgehens der Klagevertretung gegen die Anlegerentschädigung GmbH gerichteten (Mehr-)Begehrens ist daher zu bestätigen.
Zuzustimmen ist der Revisionsgegnerin auch darin, dass für das von der Klägerin bis zuletzt - trotz Erörterung - nicht näher erläuterte Einschreiten ihrer Rechtsvetreter im „Konkursverfahren" der S*****-Bank, Luxemburg, kein Versicherungsschutz besteht. Auch dem vor Schluss der Verhandlung dazu erstatteten Vorbringen, es handle sich dabei um „Schadenersatzansprüche", fehlt jegliches Tatsachensubstrat, sodass das diesbezügliche Deckungsbegehren schon deshalb abzuweisen ist. Insoweit ist die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts also zu bestätigen.
In teilweiser Stattgebung der Revision ist daher wie im Spruch zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 43 Abs 1, 52 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat ihre beiden Begehren gleich bewertet. Ihr Feststellungsbegehren (Punkt b) hatte - wie bereits in erster Instanz - auch im Revisionsverfahren Erfolg. Mit dem Deckungsbegehren (Punkt a) ist sie hingegen nur rund zur Hälfte durchgedrungen. Die Beklagte hat der Klägerin demnach im Verfahren erster Instanz und im Revisionsverfahren 50 % der Kosten und 75 % der Barauslagen sowie die Kosten der Berufungsbeantwortung und 50 % der Gebühren der Berufung zu ersetzen.
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