OGH 14Os81/09g

OGH14Os81/09g17.11.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. November 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart der Rechtspraktikantin Dr. Walcher als Schriftführerin in der Strafsache gegen Gerd H***** wegen Verbrechen nach § 3g VG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom 27. April 2009, GZ 412 Hv 2/08b-305, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Gerd H***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen mehrerer Verbrechen nach § 3g VG schuldig erkannt.

Danach hat er sich in der Zeit vom November 1987 bis zum Jahr 2003 in Wien und an anderen Orten auf andere als die in §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er in 21 Ausgaben des von ihm in einer Auflage von jeweils zumindest 5.000 Exemplaren herausgegebenen periodischen Druckwerks „HALT" im Urteilstenor detailliert wiedergegebene, nach dem Wahrspruch dem normativen Tatbestandsmerkmal „nationalsozialistisch" entsprechende Sachverhaltselemente enthaltende Texte verfasste und verbreitete.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 6, 8, 9, 10a, 11 lit a, 11 lit b und 13 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 5) wurden durch die Abweisung (ON 304 S 117 bis 121) zahlreicher Beweisanträge (ON 304 S 101 bis 115) Verteidigungsrechte nicht verletzt:

Ausgehend vom Vorwurf, der Beschwerdeführer habe mit auf nationalsozialistische Betätigung gerichtetem Vorsatz entsprechende Texte in einem Printmedium veröffentlicht, ist es bedeutungslos, ob die solcherart vermittelten Inhalte ausschließlich auf persönliche Überlegungen des Beschwerdeführers oder zum Teil auch auf Erwägungen anderer Personen zurückzuführen sind, aus welchem Grund die Anträge auf zeugenschaftliche Vernehmung von Dipl.-Ing. Walter L***** und Ing. Emil La***** zum Nachweis, dass Teile der inkriminierten Äußerungen auf Arbeiten der Genannten basieren, zu Recht der Abweisung verfielen.

Soweit Dipl.-Ing. L***** als Zeuge dafür geführt wurde, dass bestimmte Passagen der gegenständlichen Texte nicht „verbotsgesetzwidrig" seien, lehnte der Schwurgerichtshof das Beweisbegehren ebenso zutreffend ab wie jenes auf Befragung des Dr. Ho***** zu verschiedenen Rechtsfragen und Verlesung eines von diesem verfassten Rechtsgutachtens, weil die rechtliche Beurteilung des als erwiesen angenommenen Sachverhalts dem Gericht vorbehalten ist (Fabrizy, StPO10 § 258 Rz 14).

Zeugen sind nach § 154 Abs 1 StPO vom Beschuldigten verschiedene Personen, die zur Aufklärung der Straftat wesentliche oder sonst den Gegenstand des Verfahrens betreffende Tatsachen mittelbar oder unmittelbar wahrgenommen haben könnten und darüber im Verfahren aussagen sollen. Der Zeugenbeweis hat demnach nur die Wahrnehmung von Tatsachen zum Gegenstand, nicht aber Schlussfolgerungen oder Wertungen (RIS-Justiz RS0097540; Kirchbacher, WK-StPO § 154 Rz 8), womit der Antrag auf zeugenschaftliche Befragung des Dr. Günther R***** darüber, ob das Bekenntnis zum „Deutschtum ... typisch nationalsozialistisch" sei, schon im Ansatz fehlging.

Die Anträge auf Vernehmung von Univ.-Prof. Dr. Gerhard J***** zum Nachweis, dass während der NS-Zeit bestimmte politische Gefangene Begünstigungen erhalten haben sowie dass in Mauthausen eine „Gaskammer" nicht in Betrieb und Adolf Hitler nicht der „Motor" des Holocaust gewesen sei, Dr. Erika W***** zum Beweis dafür, dass „als damalige Lehrmeinung" der Genozid an Juden weder in Mauthausen noch in Dachau, sondern im Osten stattgefunden habe, Dr. Brigitte B***** zum Nachweis, dass „die den Besuchern des KZ Auschwitz, Hauptlager, gezeigte Gaskammer in ihrem derzeitigen Zustand bzw Zustand des vorigen Jahrhunderts, eine Attrappe" sei, Univ.-Doz. Dr. Heinz M***** zum Beweis dafür, dass der Angriff des Deutschen Reiches auf die Sowjetunion ein Präventivschlag gewesen und der „systematische Aufmarsch der Sowjetuntion an der Demarkationslinie" in einer Schwächeperiode des Deutschen Heeres erfolgt sei, Ariel Mu***** zum Nachweis, dass dieser auf die Auslieferung des Beschwerdeführers eingewirkt habe, und Dr. Hugo P***** zum Beweis dafür, dass sich die überwiegende Mehrheit der Österreicher erst im Jahr 1955 „befreit gefühlt" und dass es „die vom Angeklagten in den diesbezüglichen Fakten angeführten Verbrechen des Antifaschismus tatsächlich gegeben" habe, ließen weder den erforderlichen Bezug zur Schuld- oder zur Subsumtionsfrage noch erkennen, aus welchem Grund die begehrten Beweisaufnahmen das behauptete Ergebnis erwarten lassen, womit es insoweit jeweils an wesentlichen inhaltlichen Grundvoraussetzungen prozessordnungskonformer Antragstellung mangelte (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327 bis 330).

Auch der Antrag auf Vorführung einer DVD über eine Lebensrettungsaktion des Beschwerdeführers an einem Immigranten in Spanien zum Nachweis, dass jener kein Rassist sei, bezog sich nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Umstände.

Der Antrag auf Verlesung mehrerer Urkunden zu den Fragen der rechtlichen Qualität des § 3g VG, zur angeblichen „Rechtsstaats-" und Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung sowie jener des § 3h VG, zum behaupteten politischen Willen, das VG aufzuheben, zu den dem Antrag auf Vernehmung des Dr. Adrian Ho***** zu Grunde liegenden Beweisthemen sowie zu bestimmten Bereichen der deutschen Judikatur bezog sich ausschließlich auf Rechtsfragen und wurde demnach zu Recht abgewiesen. Für die in der Hauptverhandlung vorgelegten Urkunden (ON 304 S 111 f), die auf den Inhalt nationalsozialistischen Gedankenguts, die rechtliche Bedeutung notorischer Tatsachen, Arten der Beweisführung, den Inhalt des Begriffs des Leugnens sowie das Erfordernis der Aufnahme von Sachbeweisen bezogen waren, gilt Entsprechendes. Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass die Bestimmung des § 3h VG überhaupt nicht Gegenstand dieses Strafverfahrens ist und dass das VG im Verfassungsrang steht, womit der Einwand der Verfassungswidrigkeit schon im Ansatz fehlgeht (Lässig in WK² VG Vorbem Rz 3).

Ob der Mord an Juden „auf einem Plan Hitlers" beruhe, ist weder schuld- noch subsumtionsrelevant.

Das die Beweisanträge ergänzende Vorbringen hat aufgrund des im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren geltenden Neuerungsverbots auf sich zu beruhen.

Mit den Einwänden zum Vorverfahren, der ohne Bezugnahme auf die Aktenlage geäußerten Ansicht, der Vorsitzende habe im Rahmen der Hauptverhandlung die Ausführungen des Beschwerdeführers störend unterbrochen und dem Zitat einer Äußerung des Vorsitzenden werden aus Z 5 beachtliche Mängel nicht behauptet.

Die Belehrung, dass er berechtigt sei, der Anklage eine zusammenhängende Erklärung des Sachverhalts entgegenzustellen (§§ 245 Abs 1, 308 Abs 1 StPO), wurde dem Angeklagten nach dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung sehr wohl erteilt (ON 300 S 5). Im Übrigen steht eine allfällige - hier somit ohnedies nicht erfolgte - Verletzung dieser Belehrungspflicht nicht unter Nichtigkeitssanktion.

Soweit die Fragenrüge (Z 6) einige Textpassagen hervorstreicht, in denen die Fragestellung an die Geschworenen vom Anklagetenor abweicht, und daraus die Schlussfolgerung ableitet, die Fragen seien „beirrend und für die Geschworenen verwirrend" gewesen und hätten deren Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt, entzieht sie sich mangels argumentativen Substrats einer inhaltlichen Erwiderung.

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass § 312 StPO den Schwurgerichtshof keineswegs verpflichtet, den Anklagetenor wortgetreu in der Frage zu reproduzieren. Vielmehr hat er anhand der Anklagebegründung zu prüfen, welcher strafbaren Handlung der Angeklagte beschuldigt wird und sodann eigenständig deren gesetzliche Merkmale in die Frage aufzunehmen und die besonderen Umstände der Tat beizufügen, soweit es zu deren deutlicher Bezeichnung notwendig ist (vgl Schindler, WK-StPO § 312 Rz 11).

Auch die Behauptung, aufgrund der angesprochenen Textstellen sei die Antwort der Geschworenen auf die Fragen undeutlich (Z 9), entbehrt jeder inhaltlichen Argumentation und wird solcherart dem Gebot zur deutlichen und bestimmten Bezeichnung der Nichtigkeitsgründe (§§ 285 Abs 1, 344 StPO) nicht gerecht.

Der Einwand, der Schwurgerichtshof hätte zu den Hauptfragen 12 bis 21 nicht - wie die Anklagebehörde - (auch) Wien als Tatort anführen dürfen, leitet nicht aus dem Gesetz ab, aus welchem Grund insoweit - entgegen dem Wortlaut des § 312 Abs 1 StPO - ein Abgehen von dem der Anklageschrift zu Grunde gelegten Sachverhalt zulässig oder gar geboten gewesen sein soll. Auf die in diesem Zusammenhang angestellten rechtlichen Überlegungen wird (aus Gründen der Vollständigkeit) im Rahmen der Beantwortung der Instruktionsrüge eingegangen werden.

Indem die Rüge Teile der Verantwortung des Beschwerdeführers hervorhebt, wonach er (zusammengefasst) aus Überzeugung gehandelt habe, das Gesetz vertrete und der Ansicht sei, dass die inkriminierten Thesen der Wahrheit entsprechen, lässt sie nicht erkennen, aus welchem Grund diese - nicht zuletzt mit Blick auf die einschlägigen Vorverurteilungen (US 72) - die Annahme, der Beschwerdeführer habe das Unrecht der Taten wegen eines nicht vorzuwerfenden Rechtsirrtums nicht erkannt, und solcherart die begehrte Fragestellung nach dem Schuldausschließungsgrund des § 9 StGB indizieren sollen.

Gegenstand der Instruktionsrüge (Z 8) ist der auf die Darlegung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlungen, auf welche die Fragen an die Geschworenen gerichtet sind, die Auslegung der in diesen vorkommenden Ausdrücke des Gesetzes, das Verhältnis der Fragen zueinander und die Folgen der Bejahung oder Verneinung jeder Frage bezogene Inhalt der von §§ 321, 323 Abs 1 und 327 Abs 1 StPO genannten Belehrungen. Allfällige Fehler anderer Belehrungen (vgl §§ 325, 327 Abs 1 StPO), auch bei der Erörterung überflüssiger Rechtsfragen, stehen nicht unter Nichtigkeitssanktion. Hinzu kommt, dass die Rechtsbelehrung nach ständiger Judikatur nur insofern angefochten werden kann, als sie Fragen betrifft, die den Geschworenen tatsächlich gestellt worden sind. Dabei ist zu beachten, dass sämtliche nach §§ 321, 323 Abs 1 und 327 Abs 1 StPO zu den beschriebenen Inhalten erteilten Belehrungen eine Einheit bilden, die nur als Ganzes betrachtet richtig oder unrichtig sein kann (zum Ganzen: Ratz, WK-StPO § 345 Rz 53, 54, 56, 63).

Soweit die Beschwerde den historischen Rückblick zum VG (Beilage ./C zu ON 304 S 19 bis 24) - im Übrigen ohne dessen Richtigkeit in Frage zu stellen - der Sache nach als überflüssig bezeichnet, die Unterstreichung einer Textpassage kritisiert (Beilage ./C zu ON 304 S 21), offensichtliche Schreibfehler hervorhebt (Beilage ./C zu ON 304 S 22, 47), einzelne, die Fragebeantwortung per se nicht tangierende Formulierungen isoliert herausgreift und solcherart als „verwirrend" darzustellen trachtet (Beilage ./C zu ON 304 S 22, 23, 47), den Belehrungsinhalt zu Tatbeständen anspricht, die überhaupt nicht Gegenstand der Fragestellung an die Geschworenen gewesen sind (Beilage ./C zu ON 304 S 27, 31 bis 34, 37, 50, 51), und - ohne die Richtigkeit der in der Belehrung enthaltenen Judikaturzitate (Beilage ./C zu ON 304 S 44 bis 46) zu bestreiten - das Anführen weiterer Beispiele aus der Rechtsprechung zum VG fordert, wird sie den dargelegten Kriterien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes nicht einmal ansatzweise gerecht.

Aus welchem Grund der Umstand, dass der Begriff der nationalsozialistischen Betätigung zu § 3a VG gleichlautend wie zu § 3g VG erläutert wird (Beilage ./C zu ON 304 S 30 bzw S 43 und 44), die Unrichtigkeit der Rechtsbelehrung bewirken soll, ist unverständlich.

Auch mit dem Einwand, die Passage, wonach „das Gericht" (anstatt recte: „die Geschworenen") ua die Erfüllung der subjektiven Tatbestandsmerkmale zu prüfen habe (Beilage ./C zu ON 304 S 47), unterlässt die Beschwerde die gebotene Gesamtbetrachtung der Rechtsbelehrung, wonach klar zum Ausdruck kommt, dass die Beurteilung der Schuldfrage allein den Geschworenen zukommt (Beilage ./C zu ON 304 S 54, 55; vgl auch ON 304 S 125, Beilage ./E zu ON 304).

Indem die Rüge die Ausführungen der Belehrung zum Geltungsbereich der österreichischen Strafgesetze (Beilage ./C zu ON 304 S 47 bis 49) als unrichtig bezeichnet, ohne diese Rechtsansicht aus dem Gesetz abzuleiten, verfehlt sie die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 65).

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass § 40 Abs 1 MedienG idF vor BGBl I 2005/49 (zu dessen zeitlicher Geltung s Art VI b Abs 1 MedienG idF BGBl I 2005/49) als Tatort für Medieninhaltsdelikte sehr wohl (ua) jeden Ort bezeichnete, an dem das Medienwerk im Inland verbreitet worden ist, womit ein solcher Ort nach dieser Rechtslage auch Anknüpfungspunkt für die inländische Gerichtsbarkeit war (§ 62 StGB). Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass das Verbrechen nach § 3g VG als abstraktes Gefährdungsdelikt konzipiert ist (Lässig in WK² § 3g VG Rz 8), womit die auf den Tatbestand des § 3h VG - der hinsichtlich der medialen Begehungsweise als schlichtes Tätigkeitsdelikt angelegt ist - zutreffende Überlegung, dass (nach nunmehriger Rechtslage) in Bezug auf den Geltungsbereich der österreichischen Strafgesetze die Erfolgsanknüpfung nach § 67 Abs 2 StGB nicht in Betracht kommt (Lässig in WK² § 3h VG Rz 3), hier nicht anwendbar ist. Setzt also der Täter vorsätzlich ein Verhalten, das geeignet ist, (zumindest) eine der spezifischen Zielsetzungen der NSDAP zu neuem Leben zu erwecken oder zu propagieren und solcherart zu aktualisieren (RZ 1995/44; 13 Os 28/04), so ist das damit verwirklichte Verbrechen nach § 3g VG (auch) an jedem Ort begangen, an dem ein dem Tatbild entsprechender Erfolg nach seiner Vorstellung ganz oder zum Teil hätte eintreten sollen (§ 67 Abs 2 StGB; vgl RIS-Justiz RS0121835).

Aus welchem Grund § 3g VG, der in der geltenden Fassung eine Grundstrafdrohung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vorsieht, für den Beschwerdeführer nicht günstiger (§ 61 StGB) sein soll als § 3g Abs 1 VG idF vor BGBl 1992/148, der die Untergrenze der Freiheitsstrafe mit fünf Jahren festlegte, lässt die Beschwerde ebensowenig erkennen wie die Notwendigkeit einer Belehrung über das Wesen der tatbestandlichen Handlungseinheit.

Hinsichtlich des Einwands, die Belehrung zum bedingten Vorsatz (§ 5 Abs 1 StGB; Beilage ./C zu ON 304 S 6) lasse Erörterungen zu den Tatbestandsmerkmalen des § 3h VG vermissen, genügt der Hinweis, dass die Fragestellung an die Geschworenen ausschließlich auf den Tatbestand des § 3g VG gerichtet war.

Soweit die Beschwerde unter dem Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 10a StPO die Abweisung von Beweisanträgen releviert, verkennt sie die unter dem Aspekt der Sachverhaltsermittlung bestehende Subsidiarität der Tatsachen- als Aufklärungsrüge gegenüber der Verfahrensrüge (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 479; Lässig, Das Rechtsschutzsystem der StPO und dessen Effektuierung durch den OGH, ÖJZ 2006, 409).

Auch mit dem Vorbringen, Äußerungen des Staatsanwalts und des Vorsitzenden hätten die Geschworenen fehlgeleitet und es stehe dem Wahrspruch der Geschworenen ein Textteil eines Artikels des periodischen Druckwerks „HALT" entgegen, gelangt die Tatsachenrüge nicht prozessförmig zur Darstellung. Ebenso wie bei der Verfahrensrüge (13 Os 83/08t) bedarf es zur deutlichen und bestimmten Bezeichnung des Nichtigkeitsgrundes der Z 10a nämlich der - hier nicht vorliegenden - genauen Angabe der Fundstelle der nach Ansicht des Beschwerdeführers erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen auslösenden Verfahrensergebnisse.

Mit den Ausführungen zu angeblich verwirrender Fragestellung wird ein aus Z 10a beachtlicher Mangel inhaltlich nicht behauptet.

Die weitwendigen Erwägungen der Rechtsrüge (Z 11 lit a) zur angeblich fehlenden Verfassungskonformität des § 3g VG sind schon im Hinblick darauf, dass - wie bereits dargelegt - auch das VG im Verfassungsrang steht, unverständlich.

Indem die Beschwerde der Sache nach einwendet, die dem Angeklagten angelasteten Äußerungen seien Ausfluss seriöser wissenschaftlicher Arbeit und solcherart nicht gesetzwidrig, entfernt sie sich vom einen auf nationalsozialistische Betätigung gerichteten Vorsatz konstatierenden Wahrspruch der Geschworenen und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt.

Die Erklärung, das bisher behandelte Vorbringen der Rechtsrüge auch unter dem Nichtigkeitsgrund des § 345 (richtig:) Abs 1 Z 6 StPO geltend zu machen, lässt nicht erkennen, aufgrund welcher Verfahrensergebnisse welche Änderung der Fragestellung an die Geschworenen indiziert gewesen sein soll, und entzieht sich solcherart einer meritorischen Erledigung.

Das Vorbringen, wonach Teile der im Wahrspruch angeführten Textpassagen nicht im Sinn einer nationalsozialistischen Betätigung zu verstehen seien, geht schon im Ansatz fehl. Die Beurteilung der Sachverhaltsgrundlagen des normativen Tatbestandsmerkmals „nationalsozialistisch" - einschließlich des Bedeutungsinhalts einer Äußerung oder eines Verhaltens - ist nämlich auf der Feststellungsebene angesiedelt und somit den Geschworenen vorbehalten. Bejahen diese die Schuldfrage, ist davon auszugehen, dass sie eben jene Voraussetzungen als erwiesen angenommen haben, aufgrund deren das zu beurteilende Sachverhaltselement dem normativen Tatbestandsmerkmal „nationalsozialistisch" entspricht, sodass (auch) dessen Bejahung einer Anfechtung mit Rechts- oder Subsumtionsrüge entzogen ist (Lässig in WK² § 3g VG Rz 17; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 618).

Mit der Prämisse der weiteren Rechtsrüge (Z 11 lit b), die Auslieferung des Beschwerdeführers durch die spanischen Behörden an Österreich verletze die Bestimmung des § 19 Abs 4 EU-JZG, werden Umstände, aufgrund derer die Verfolgung der Taten aus Gründen des Prozessrechts ausgeschlossen wäre, inhaltlich nicht behauptet.

Die in diesem Zusammenhang zitierte Judikatur (RIS-Justiz RS0101423) betrifft das - insoweit nicht in Rede stehende - aus der Spezialität der Auslieferung resultierende Verfolgungshindernis, wonach eine Person, die aufgrund eines von einer österreichischen Justizbehörde erlassenen Europäischen Haftbefehls an Österreich übergeben wurde, ohne die Zustimmung des Vollstreckungsstaats wegen einer vor ihrer Übergabe begangenen anderen Handlung, auf die sich der Europäische Haftbefehl nicht erstreckt hat, weder verfolgt noch verurteilt noch einer Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme unterworfen werden darf (§ 31 Abs 1 EU-JZG).

Aus welchem Grund die Staatsanwaltschaft Wien (ON 253) nicht der nach dem Gesetz berechtigte Ankläger sein soll, ist nicht ersichtlich.

Die Prämisse, der Beschwerdeführer sei ausschließlich wegen „Leugnens der Gaskammern" von Spanien an Österreich ausgeliefert worden, entfernt sich von der Aktenlage (ON 259), womit die daraus entwickelten Überlegungen zum Grundsatz der Spezialität der Auslieferung (§ 31 Abs 1 EU-JZG) auf sich zu beruhen haben.

Der Vollständigkeit halber sei - wie der Oberste Gerichtshof schon in seiner Entscheidung über die Grundrechtsbeschwerde hervorgehoben hat (ON 315) - daran erinnert, dass die Bewilligung hinsichtlich des im Europäischen Haftbefehl näher beschriebenen Verdachts, der Beschwerdeführer habe sich auf andere als die in §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er Druckwerke und Internetschriften verbreitete, in denen insbesondere nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen in Form einer planmäßigen Vernichtung von bestimmten Gruppen in Konzentrationslagern unter Verwendung von Giftgas geleugnet und als lügenhafte Propaganda dargestellt werden, und indem er sich mit Autoren, die diese Ansicht vertreten, identifizierte, erfolgte (ON 259 iVm ON 230 S 247). In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass sich der Grundsatz der Spezialität stets auf die Tat als tatsächlichen Lebenssachverhalt bezieht (RIS-Justiz RS0087147), womit auch der Umstand, dass in der angefochtenen Entscheidung (ebenso wie in der Anklageschrift) die im Europäischen Haftbefehl nur grob umrissenen Äußerungen näher beschrieben sind, unter dem angesprochenen Aspekt bedeutungslos ist.

Zum bereits in der Grundrechtsbeschwerde vorgetragenen Einwand, die Entscheidung des Zentralen Untersuchungsgerichts Nr 5 Spaniens, mit der die Auslieferung bewilligt worden ist, sei rechtswidrig, genügt einmal mehr der Hinweis, dass dem Obersten Gerichtshof insoweit keine Prüfungskompetenz zukommt.

Der Ansatz, wonach mehrere der inkriminierten Tathandlungen ausschließlich in Spanien gesetzt worden seien, hält prozessordnungswidrig nicht am Wahrspruch der Geschworenen fest, der in allen Fällen (auch) Wien als Tatort konstatiert.

Die Sanktionsrüge (richtig: Z 13) releviert den vom Erstgericht als erschwerend herangezogenen Tatzeitraum von rund sechzehn Jahren (US 72), ohne die diesbezüglichen Urteilsannahmen zu bekämpfen. Inwieweit die - im Übrigen vom Wahrspruch abgehende - Beschwerdebehauptung, die Tathandlungen seien „von ein und demselben Gesamtvorsatz" umfasst gewesen, womit ein „fortgesetztes Delikt" vorliege, die Länge des Tatzeitraums tangieren soll, bleibt unerfindlich.

Der Einwand, das Erstgericht hätte gemäß § 31 Abs 1 StGB auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 5. Mai 1992, AZ 20e HV 5720/90, Bedacht nehmen müssen, ist verfehlt, weil die genannte Bestimmung nur dann Platz greift, wenn sämtliche der nachträglichen Verurteilung zu Grunde liegenden Taten vor dem Vor-Urteil erster Instanz begangen worden sind (Ratz in WK² § 31 Rz 2), wogegen der Tatzeitraum hier bis ins Jahr 2003 reicht (US 71).

Hinsichtlich der Beschwerdeannahme, der Tatort sei in Spanien gelegen, wird auf die Darlegungen zur Rechtsrüge verwiesen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher - entgegen der Äußerung des Angeklagten zur Stellungnahme der Generalprokuratur (§ 24 StPO) - gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 344 StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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