OGH 12Os74/09p

OGH12Os74/09p2.7.2009

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Juli 2009 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Holzweber als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Eberwein als Schriftführer in der Strafsache gegen Eugen D***** wegen Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 27. Jänner 2009, GZ 17 Hv 124/08y-22, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Eugen D***** (richtig:) mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er in U***** in einem nicht näher konkretisierbaren Zeitraum von Juni 2004 bis 12. Juli 2007 dadurch, dass er die am 19. Dezember 1999 geborene Carina K***** wiederholt unter der Kleidung an Gesäß und After betastete und berührte, geschlechtliche Handlungen an einer unmündigen Person vorgenommen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus den Gründen der Z 4 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des Antrags auf Vernehmung der Zeugin Irene L***** zum Beweis dafür, „dass der Angeklagte die ihm zur Last gelegten strafbaren Handlungen nicht begangen hat" (ON 21 S 24 f iVm ON 19), Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt.

Abgesehen davon, dass auch der Beschwerdeführer eingestand, Carina K***** öfter in Abwesenheit seiner Lebensgefährtin beaufsichtigt zu haben (US 11, ON 12 S 4 f), war die beantragte Zeugin, die - eigenen Angaben zufolge (US 3; ON 5 S 13) - erst „seit ca zwei Jahren" eine Lebensgemeinschaft mit dem Angeklagten unterhält und das Tatopfer seit 1 ½ Jahren kennt (vgl demgegenüber den Tatzeitraum von Juni 2004 bis 12. Juli 2007), schon nach dem Antragsvorbringen bloß „meistens" während Besuchen des Kindes anwesend und hätte lediglich darüber Auskunft geben können, „in welchen Zeiträumen dies der Fall war und wie diese Besuche abgelaufen sind" (ON 21 S 24 iVm ON 19). Damit ließ der Antrag nicht erkennen, aufgrund welcher konkretenWahrnehmungslage die gewünschte Beweisaufnahme das behauptete Ergebnis erwarten ließ und zielte solcherart auf eine im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung ab (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330 f). Aus Z 5a des § 281 Abs 1 StPO sind die dem Schuldspruch zu Grunde liegenden Urteilsannahmen nur insoweit anfechtbar, als sie die Frage nach der rechtlichen Kategorie der dem Nichtigkeitswerber angelasteten strafbaren Handlung(en) beantworten und solcherart - aus Sicht des Obersten Gerichtshofs - entscheidend sind (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 474 iVm 398 ff).

Mit - zudem auf eigenständiger Würdigung der aufgenommenen Beweise basierenden - Einwänden gegen den festgestellten Beginn der Tathandlungen schon im Jahr 2004 (statt nach Ansicht des Beschwerdeführers richtigerweise 2006) spricht die Tatsachenrüge im konkreten Fall keinen für die rechtliche Entscheidung über Schuld oder Subsumtion relevanten Umstand an (RIS-Justiz RS0098557; Lendl, WK-StPO § 260 Rz 14).

Soweit sie darüber hinaus mit dem Hinweis auf - in den Urteilsgründen ohnehin erörterte - einzelne Abweichungen in den im gesamten Verfahren abgelegten Aussagen der Carina K***** (US 10) und eine Passage aus dem Gutachten der Sachverständigen Mag. Gerda A***** (US 8 f) sowie mit spekulativen Überlegungen zu einer - vom Erstgericht abgelehnten (US 7, 11) - Motivation des Zeugen Andreas Kl*****, die genannte Belastungszeugin zu einer Falschaussage zum Nachteil des Angeklagten zu verleiten, deren Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen versucht, werden keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen geweckt. Vielmehr wird bloß die Beweiswürdigung in Art einer - im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen - Schuldberufung bekämpft. Der zur Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit von Zeugen aufgrund des in der Hauptverhandlung - hier: durch Vorführung der DVD über die kontradiktorische Einvernahme der Carina K***** (ON 21 S 24) - gewonnenen persönlichen Eindrucks führende kritisch-psychologische Vorgang ist als solcher im Übrigen einer Anfechtung mit Nichtigkeitsbeschwerde entrückt (vgl dazu ausführlich: Ratz, WK-StPO § 281 Rz 431 f, 491; RIS-Justiz RS0099649, RS0106588). Die in der Tatsachenrüge angesprochene Passage aus dem Gutachten des Sachverständigen Dr. Walter W*****, wonach „pädophile Neigungen beim Angeklagten nicht festgestellt werden können" (ON 14 S 14), wurde - dem Beschwerdeeinwand (der Sache nach Z 5 zweiter Fall) zuwider - ebenfalls erörtert (US 12). Überdies bleibt unklar, aus welchem Grund dieser Umstand für die Feststellung über Vorliegen oder nicht Vorliegen einer entscheidenden Tatsache von Bedeutung sein sollte. Gleiches gilt für die in der Beschwerde weiters thematisierten Angaben der Mutter des Tatopfers, wonach ihre Tochter bereits vor der Bekanntschaft mit dem Angeklagten „allgemeine Angstzustände aufgewiesen hätte".

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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