OGH 10ObS71/09b

OGH10ObS71/09b16.6.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Hon.-Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Helmut Hutterer (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Gerda Höhrhan-Weiguni (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ardashir G*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Paul Herzog, Rechtsanwalt in Mittersill, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Ausgleichszulage, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Dezember 2008, GZ 11 Rs 130/08d-10, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 10. September 2008, GZ 16 Cgs 182/07v-6, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 185,76 EUR (darin 30,96 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Pensionsversicherungsanstalt gewährt dem Kläger zumindest seit 1. 1. 2001 eine Berufsunfähigkeitspension, deren monatliche Höhe von 442,26 EUR im Jahr 2001 auf 474,50 EUR im Jahr 2006 anstieg. Mit Bescheid vom 15. 1. 2002 gewährte die beklagte Partei dem Kläger ab 1. 1. 2001 eine Ausgleichszulage als Vorschuss (in halbjährlich bzw jährlich schwankender Höhe).

Von der deutschen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Berlin) erhielt der Kläger zunächst befristet für die Zeit vom 1. 11. 2000 bis 30. 6. 2001 eine monatliche Erwerbsunfähigkeitsrente von umgerechnet 140,63 EUR. Gegen den Bescheid, mit dem sein Antrag auf Weiterzahlung der Erwerbsunfähigkeitsrente ab 1. 7. 2001 abgewiesen wurde, erhob der Kläger Widerspruch und schließlich Klage. Am 3. 5. 2006 anerkannte die dort beklagte Partei den Anspruch des Klägers und mit Bescheid der deutschen Rentenversicherung Bund vom 27. 6. 2006 wurde dem Kläger die Rente ab 1. 7. 2001 gewährt. Die monatliche Höhe stieg von 135,76 EUR im Jahr 2001 auf 140,14 EUR im Jahr 2003 an. Der für den Zeitraum vom 1. 7. 2001 bis 31. 8. 2006 nachzuzahlende Betrag von 8.680,74 EUR kam dem Kläger im Dezember 2006 zu. Im Zusammenhang mit dem deutschen Rentenverfahren entstanden dem Kläger für Fahrtkosten und ärztliche Untersuchungen Ausgaben in Höhe von 2.133,28 EUR.

Der Kläger ist sorgepflichtig für zwei Kinder im Alter von 18 und 13 Jahren. Er leistet für beide noch Unterhalt. Seit 27. 3. 1987 ist er mit Ursula G*****, geboren am 13. 7. 1966, verheiratet. Zumindest seit dem Jahr 1999 besteht ein gemeinsamer Haushalt.

Die Ehegattin des Klägers erzielte in den Jahren 2001 bis 2006 Einkünfte aus selbständiger und unselbständiger Erwerbstätigkeit und bezog Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

Im Juli 2005 erwarb der Kläger - zum Zwecke der Vermietung - eine Eigentumswohnung zum Preis von 60.000 EUR. Über einen Teilbetrag des Kaufpreises, nämlich 40.000 EUR nahm er einen Kredit auf. Ab 1. 8. 2005 vermietete er die Wohnung zu einem monatlichen Mietzins samt Betriebskosten von 360 EUR. Für das Bauspardarlehen zur Finanzierung des Teilkaufpreises von 40.000 EUR entstanden dem Kläger im Jahr 2005 Finanzierungskosten von 720 EUR, Bankspesen von 72,50 EUR und Spesen für eine Tilgungsversicherung von 65,91 EUR. Zusätzlich bezahlte der Kläger im Jahr 2005 Quartalszinsen von insgesamt 697,93 EUR sowie einen Kontoführungsbeitrag von 7,24 EUR. Die Kosten für die Durchführung des Kaufvertrags samt Vertragskosten, Grunderwerbssteuer und Eintragungsgebühr betrugen insgesamt 4.452,63 EUR. Die Betriebskosten für die Eigentumswohnung betrugen im Jahr 2005 monatlich 91,35 EUR.

Im Jahr 2006 fielen für die Eigentumswohnung Betriebskosten von insgesamt 1.601,83 EUR an. An Darlehenszinsen und -spesen leistete er im Jahr 2006 insgesamt 1.720,78 EUR (178,50 EUR an Tilgungsversicherung und 1.542,28 EUR an Quartalszinsen), im Zeitraum vom 1. 1. 2006 bis 31. 10. 2006 somit aliquot 1.433,98 EUR.

Mit Bescheid vom 28. 6. 2007 stellte die beklagte Partei die dem Kläger vorschussweise gewährte Ausgleichszulage neu fest und forderte den vom 1. 1. 2001 bis 31. 10. 2006 entstandenen Überbezug an Ausgleichszulage von 14.812,19 EUR vom Kläger zurück.

Das Erstgericht stellte die dem Kläger im Zeitraum vom 1. 1. 2001 bis 31. 10. 2006 zustehende Ausgleichszulage in monatlich bestimmter Höhe fest und erkannte ihn schuldig, den vom 1. 1. 2001 bis 31. 10. 2006 entstandenen Überbezug an Ausgleichszulage von 13.666,19 EUR brutto in monatlichen Raten von 59 EUR zurückzuzahlen und gemäß § 103 ASVG die Aufrechnung auf die von der beklagten Partei zu erbringenden Geldleistungen zu dulden.

Soweit für das Revisionsverfahren relevant führte das Erstgericht in seiner rechtlichen Beurteilung aus, dass die Zinsen und Rückzahlungsraten eines Darlehens, das zur Schaffung einer Einkommensquelle aufgenommen worden sei, ebenfalls die rechtsrelevanten Einkünfte eines Versicherten mindern würden. Die Aufwendungen zur Schaffung einer Einkommensquelle aus Vermietung seien somit einkommensmindernd auf die folgenden Mieterlöse anzurechnen. Eine Berücksichtigung der Abschreibung sei aber im Ausgleichszulagenrecht (anders als im Steuerrecht) nicht vorzunehmen. Auch die Aufwendungen, die dem Kläger im Zusammenhang mit dem Bezug der deutschen Pension entstanden seien, würden sich bei der Berechnung der Ausgleichszulage zur österreichischen Pension nicht einkunftsmindernd auswirken.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge. Es bestätigte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass die im Zeitraum vom 1. 7. 2002 bis 31. 12. 2004 zur Erwirkung der Gewährung der deutschen Rente entstandenen Auslagen in Höhe von 2.133.28 EUR nicht als einkunftsmindernd zu berücksichtigen seien. Aus den Bestimmungen über die Ausgleichszulage (§§ 292 ff ASVG) ergebe sich, dass bei der Feststellung des Anspruchs auf diese Leistung grundsätzlich nur tatsächlich bezogenes Nettoeinkommen des Pensionsberechtigten (und seines mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners) zu berücksichtigen sei. Unter dem Begriff des „Nettoeinkommens" im Sinn des § 292 Abs 1 ASVG sei das Einkommen zu verstehen, das letztlich als Aktivsaldo aus allen Einkommensarten verfügbar sei. Der Oberste Gerichtshof habe bereits ausgesprochen, dass Aufwendungen, die einem Ausgleichszulagenwerber in Zusammenhang mit dem Bezug einer ausländischen Pension entstanden seien, bei der Berechnung der Ausgleichszulage zur österreichischen Pension die Einkünfte aus der ausländischen Pension nicht vermindern. Solche Aufwendungen (wie beispielsweise Kontoführungsspesen oder Spesen bei einer Überweisung) würden aus der Verwendung der ausländischen Pensionsleistung erwachsen und seien daher ebenso wenig als Abzug zu berücksichtigen wie allfällige gleichartige, einem österreichischen Pensionisten erwachsende Spesen. Eine Einschränkung auf die „Verwendung" der ausländischen Pensionsleistung sei der höchstgerichtlichen Judikatur aber nicht zu entnehmen.

In Bezug auf die vom Kläger begehrte Berücksichtigung der Absetzung für Abnutzung in jährlicher Höhe von 1,5 % des Ausgangswerts von 40.000 EUR entspreche es der ständigen Rechtsprechung, dass für die Berechnung des Nettoeinkommens nach § 292 Abs 3 ASVG die Absetzung von Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen nach dem Einkommensteuerrecht unstatthaft sei, um eine zweifache Berücksichtigung zu vermeiden. Steuerliche Abschreibungen würden daher im Ausgleichszulagenrecht generell (unabhängig davon, aus welchen Gründen sie vorgesehen seien) nicht als einkommensmindernd angesehen.

Hingegen sei die Berufung insoweit berechtigt, als sie die Verrechenbarkeit der Aufwendungen des Klägers im Zusammenhang mit dem Erwerb der der Vermietung dienenden Eigentumswohnung mit den Einkünften seiner Ehegattin im Jahr 2005 begehre.

Die Revision sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof noch nicht ausdrücklich zur Frage Stellung genommen habe, ob auch Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb einer ausländischen Pensionsleistung aufgelaufen seien, als Abzugspost bei Berechnung der Ausgleichszulage zu berücksichtigen seien.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung, dass die ihm im Zeitraum von 1. 1. 2001 bis 31. 10. 2006 gebührende Ausgleichszulage erhöht und festgestellt werde, dass ihn keine Verpflichtung zur Rückzahlung der vorschussweise gewährten Ausgleichszulage für den Zeitraum von 1. 1. 2001 bis 31. 10. 2006 treffe. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

In der Revision wird im Wesentlichen vorgebracht, dass die zweckgewidmeten Aufwendungen des Ausgleichszulagenwerbers im Zusammenhang mit der Durchsetzung der deutschen Pensionsleistung in Höhe von 2.133,28 EUR bei der Bemessung der Ausgleichszulage als Abzugsposten zu berücksichtigen seien, weil sie der Schaffung einer Einkommensquelle dienten. Weiters gelte auch die „normale" (lineare) AfA eines Anlageguts als auszugleichender Verlust, weshalb im Zeitraum vom 1. 7. 2005 bis 31. 10. 2006 die AfA in Höhe von 300 EUR und 500 EUR, zusammen 800 EUR als einkommensmindernder Verlust anzuerkennen sei. Da diese Beträge auch in der Differenz der reduziert festgesetzten Ausgleichszulage gegenüber dem Richtsatz Platz hätten, werde der Kläger auch nicht besser gestellt als wenn er das Mietappartement nicht als Einkommensquelle betriebe.

Dazu hat der Senat erwogen:

1. Ausgehend vom Zweck der Ausgleichszulage, dass dem Pensionsbezieher in pauschaler Weise ein Betrag zur Verfügung gestellt werden soll, mit dem ihm die Bestreitung eines angemessenen Lebensunterhalts ermöglicht wird, ist die „Summe der Einkünfte ... nach Ausgleich mit Verlusten" nach § 292 Abs 3 ASVG jener Betrag, der dem Pensionisten letztlich real zur Verfügung steht (10 ObS 35/87 = SSV-NF 1/21; 10 ObS 140/07x; RIS-Justiz RS0117784). Bei der Ermittlung des maßgeblichen Nettoeinkommens können die steuerrechtlichen Bestimmungen in Einzelfällen herangezogen werden (10 ObS 421/01m = SSV-NF 16/67; zuletzt 10 ObS 56/08w; RIS-Justiz RS0085210, RS0085302).

2. Zu den Kosten der Prozessführung in Deutschland:

Richtig ist, dass Prozesskosten, die beispielsweise der Erhaltung und Sicherung der Einnahmen aus einem Dienstverhältnis dienen, wie etwa Anwaltskosten und Gerichtsgebühren im arbeitsgerichtlichen Verfahren (aber auch Kosten von Verfahren vor Verwaltungsbehörden) Werbungskosten iSd § 16 Abs 1 EStG darstellen können. Dieser Grundsatz ist auch auf (nicht gemäß § 193 SGG vom Gegner ersetzte) Kosten eines Verfahrens vor einem deutschen Sozialversicherungsträger oder einem Verfahren vor einem deutschen Sozialgericht zu übertragen. Daraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass diese Kosten auch als Abzugsposten bei der Bemessung der Ausgleichszulage zu berücksichtigen sind. Wie der Oberste Gerichtshof ausgesprochen hat, geht aus der Formulierung des § 292 Abs 3 ASVG hervor, dass außer den dort angeführten „gesetzlich geregelten Abzügen" (das sind Steuern, Abgaben, Umlagen und Beiträge) keine weiteren Abzüge vom Nettoeinkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit zulässig sein sollen (10 ObS 135, 136/93 = SSV-NF 8/23).

In diesem Sinn sind die vom Kläger aufgewendeten Kosten im Zusammenhang mit der Führung des Verfahrens in Deutschland bei der Ausgleichszulagenbemessung nicht abzugsfähig und es bedarf keinen weiteren Erhebungen, warum diese Kosten nicht gemäß § 193 SGG dem unterlegenen Gegner zum Ersatz vorgeschrieben wurden.

3. Zur Berücksichtigung der AfA der Eigentumswohnung:

Auch hier begehrt der Kläger die Heranziehung der steuerrechtlichen Grundsätze. Dabei lässt er aber außer Betracht, dass der Gesetzgeber im Ausgleichszulagenrecht ausschließlich auf das Nettoeinkommen des Pensionisten abstellt. Vermögenswerte, die keinen Ertrag abwerfen, werden nicht berücksichtigt und der Pensionist ist auch nicht gehalten, sie so einzusetzen, dass daraus Einkünfte erzielt werden (RIS-Justiz RS0085284). In diesem Sinn ist das bloße Vermögen ausgleichszulagenrechtlich neutral. Erwirbt ein Ausgleichszulagenbezieher aus seinem Geldvermögen eine Eigentumswohnung, schichtet er Vermögen um. Genauso wenig wie der Wertverlust des Geldvermögens durch Inflation im Ausgleichszulagenrecht Berücksichtigung findet, ist es mit dem Wertverlust der Wohnung.

4. In diesem Sinn haben die Vorinstanzen zutreffend die Abzugsfähigkeit der beiden noch strittigen Positionen verneint.

Damit muss die Revision des Klägers erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Mit Rücksicht auf die Lösung einer Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO entspricht es der Billigkeit, dem Kläger angesichts seiner aktenkundigen Einkommensverhältnisse die Hälfte der Kosten des Revisionsverfahrens zuzuerkennen (RIS-Justiz RS0085871). Die Bemessungsgrundlage nach § 77 Abs 2 ASGG beträgt 3.600 EUR.

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