OGH 5Ob94/09y

OGH5Ob94/09y9.6.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.

 Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin Anita Z*****, vertreten durch Mag. Egon Lechner, Rechtsanwalt in Münster, wegen Einverleibung einer Dienstbarkeit, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 6. Februar 2009, AZ 52 R 7/09z, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Rattenberg vom 1. Dezember 2008, TZ 2425/08-3 bestätigt wurde, dendurch den Senatspräsidenten Dr. als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr., Dr., Dr. und Dr. als weitere Richter in der , folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung

Zu der Liegenschaft EZ 940 Grundbuch ***** mit dem Grundstück Nr. 1485/1 Baufläche als Stammeinlage besteht aufgrund des Baurechtsvertrags vom 31. Oktober 2003 die Baurechtseinlage EZ 986 Grundbuch *****. Ob dieser Baurechtseinlage ist zu C-LNR 3a das Pfandrecht im Betrag von 103.000 EUR zugunsten der B***** einverleibt. Die Antragstellerin ist die alleinige Baurechtsberechtigte.

Mit dem angefochtenen Beschluss bewilligte das Erstgericht aufgrund des Schenkungsvertrags vom 27. August 2008 die Einverleibung des Eigentumsrechts der Antragstellerin zu 1/1 an der baurechtsbelasteten EZ 940 und wies gleichzeitig (im Revisionsrekursverfahren allein noch relevant) ihren Antrag auf Einverleibung der Dienstbarkeit des Abstellens von sechs Personenkraftfahrzeugen auf einer näher bezeichneten Teilfläche der EZ 940 zugunsten des Eigentümers eines Nachbargrundstücks ab. Durch die Einverleibung der Dienstbarkeit auf dem baurechtsbelasteten Grundstück würde die Ausübung des Baurechts unzulässig beschränkt. Außerdem würde das Grundbuch im Fall der Bewilligung der begehrten Eintragung die Rechtsverhältnisse nur unzureichend wiedergeben, weil bei einer Veräußerung des Baurechts die Belastung auf der Baurechtseinlage nicht ersichtlich wäre.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands je Eintragungsbegehren 20.000 EUR übersteige und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig. Die Servitutseinräumung stelle eine die gesamte Liegenschaft betreffende Last dar und sei als solche jedenfalls auch auf der Stammeinlage und nicht nur auf der Baurechtseinlage einzuverleiben. Grundsätzlich hindere zwar das Baurecht als servitutsähnliches Recht mangels anders lautender Vereinbarung die Einverleibung einer seine Ausübung beschränkenden Dienstbarkeit, hier sei aber die Antragstellerin selbst sowohl Baurechtsberechtigte als auch Liegenschaftseigentümerin und daher ihre Zustimmung anzunehmen. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts würde durch die beantragte Einverleibung auch kein unklarer Grundbuchstand geschaffen, weil eine Veräußerung der Baurechtseinlage nicht ohne Verweis auf die Liegenschaft EZ 940 möglich wäre; die Situierung der Servitutsfläche ergebe sich aus dem Schenkungsvertrag. Der begehrten Eintragung stehe aber das auf der Baurechtseinlage eingetragene Pfandrecht C-LNR 3a entgegen. Durch die beantragte Einverleibung der Dienstbarkeit werde die Ausübung des Baurechts beschränkt und dieses möglicherweise entwertet, weshalb nicht nur eine Zustimmung der Baurechtsberechtigten, sondern auch der Pfandgläubigerin erforderlich sei.

Zu der Frage, ob Dienstbarkeiten nur oder auch auf der Stammeinlage einer Baurechtseinlage einzuverleiben sind, weiters ob die Einräumung einer Dienstbarkeit an der Stammliegenschaft der Zustimmung des Hypothekargläubigers der Baurechtseinlage bedarf, fehle eine eindeutige und gefestigte Judikatur des Obersten Gerichtshofs, insoweit sei der Revisionsrekurs zuzulassen.

Rechtliche Beurteilung

Der

Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, weil die Begründung der Rekursentscheidung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht, er ist aber im Ergebnis nicht berechtigt.

Das Baurecht ist ein zeitlich begrenztes, dingliches Recht, auf oder unter der Bodenfläche eines Grundstücks ein Bauwerk zu haben (§ 1 Abs 1 BauRG). Erwirbt der Bauberechtigte nach Begründung des Baurechts auch Eigentum an der belasteten Liegenschaft, bleibt das Baurecht in Durchbrechung des Grundsatzes „nemini res sua servit“ unberührt ( Spruzina aaO Rz 14; Urbanek/Rudolph , BauRG § 1 Rz 10, RIS-Justiz RS0108048) .

Die Liegenschaft und das Baurecht stellen zwei als Rechtsobjekte verschiedene unbewegliche Sachen dar. Der Grundeigentümer kann die Liegenschaft weiterhin frei veräußern, belasten und vererben, allerdings nur soweit der Baurechtsvertrag keine Einschränkungen vorsieht. Der Baurechtsberechtigte ist auf Dauer des Baurechts Eigentümer des Bauwerks, er kann über das Baurecht frei verfügen und es auch unabhängig vom Grundstück belasten. Am Grund stehen ihm nach § 6 Abs 2 BauRG die Rechte eines Nutznießers zu. Diese Nutzungsberechtigung ist dem Fruchtgenussrecht derart ähnlich, dass darauf im Zweifel die bestehenden Regeln zum Fruchtgenuss analog anwendbar sind ( Kletecka in Kletecka/Rechberger/Zitta, Bauten auf fremdem Grund Rz 32 ff; Urbanek/Rudolph aaO § 1 BauRG Rz 49, § 6 Rz 5) .

Das Erstgericht hat zutreffend erkannt, dass die Einräumung einer Grunddienstbarkeit an dem mit einem Baurecht belasteten Grundstück im vorliegenden Fall zu Gebrauchsüberschneidungen führen würde.

Eine räumliche oder inhaltliche Beschränkung der mit dem Baurecht verbundenen Nutzungsbefugnis an der Stammliegenschaft wurde von der Antragstellerin nicht nachgewiesen (vgl RIS-Justiz RS0040040, RS0060878). Es ist daher grundsätzlich vom Regelfall einer unbeschränkten Nutzungsbefugnis gemäß § 6 Abs 2 BauRG auszugehen. Hinzu kommt noch, dass auch der von der Antragstellerin dem Grundbuchsgesuch beigelegte Plan eine Überdeckung der Servitutsfläche mit dem dort als Baurechtsfläche bezeichneten Planareal ausweist. Das sich daraus zwingend ergebende Problem einer Rechtskollision erkennt nicht zuletzt auch die Revisionsrekurswerberin selbst, wenn sie ausführt, der nachrangige Dienstbarkeitsberechtigte müsse dem stärkeren Recht des Baurechtsberechtigten weichen, sofern er dies verlange.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in einer Reihe von Entscheidungen die Eintragung einander überschneidender Fruchtgenussrechte bzw eines damit konkurrierenden Wohnungsgebrauchsrechts in unterschiedlichem Rang als unzulässig abgelehnt (SZ 67/109; NZ 1997, 130/379 mit zust Anm von Hoyer ; RIS-Justiz RS0016305 [insb T9]). An den Prinzipien dieser Rechtsprechung ist auch im vorliegenden Fall einer Konkurrenz zwischen Baurecht und Dienstbarkeit festzuhalten.

Das von der Revisionsrekurswerberin angestrebte rechtliche Ergebnis kann auf anderen Wegen erreicht werden, etwa durch Begründung und Einverleibung der Parkplatzservitut auf der Baurechtseinlage (und erst nach deren Erlöschen an der Stammliegenschaft, vgl Urbanek/Rudolph , aaO § 6 Rz 2; RIS-Justiz RS0062285). Der Rechtsansicht des Rekursgerichts, aufgrund der Doppeleigenschaft der Antragstellerin als Grundeigentümerin und Baurechtsberechtigte sei ihre Zustimmung zu einer Beschränkung des Baurechts anzunehmen, ist grundsätzlich entgegenzuhalten, dass es nicht auf einen diesbezüglichen Parteiwillen alleine, sondern auf eine tatsächliche Beseitigung der Kollision durch räumliche Einschränkung des vorrangigen Rechts ankäme (vgl 5 Ob 214/08v).

Der Bewilligung des vorliegenden Ersuchens stünde darüber hinaus ein weiteres formales Hindernis entgegen. Die vorgelegte Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft Kufstein, dass der vorliegende Rechtserwerb von der Erklärungspflicht nach § 10 T-GVG 1996 ausgenommen ist, enthält keine Bestätigung der Rechtskraft. Nach ständiger Rechtsprechung müssen aber Genehmigungen von Verwaltungsbehörden, die Voraussetzung einer bücherlichen Eintragung sind, mit der Bestätigung der Rechtskraft versehen sein. Gleiches gilt für Bescheide, mit denen dem Grundbuchsgericht nachzuweisen ist, dass ein zu verbüchernder Erwerbsvorgang keiner behördlichen Genehmigung - etwa der Grundverkehrsbehörde - bedarf. Das Grundbuchsgericht hat bei Fehlen einer Rechtskraftbestätigung von sich aus keine Erwägungen über die Anfechtbarkeit eines verwaltungsbehördlichen Genehmigungsbescheids anzustellen, weil das Grundbuchsverfahren keine Möglichkeit für diesbezügliche Erhebungen bietet, sondern die Bewilligung zu versagen (RIS-Justiz RS0099943).

Die Abweisung des gegenständlichen Antrags durch die Vorinstanzen erfolgte daher im Ergebnis zu Recht.

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