OGH 10ObS180/08f

OGH10ObS180/08f17.3.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Martin Gleitsmann (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Franz Boindl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Eigentümergemeinschaft M*****, vertreten durch Dr. Lisbeth Lass und Dr. Hans Christian Lass, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1201 Wien, Adalbert Stifter-Straße 65, vertreten durch Dr. Josef Milchram und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Zuschusses zur Entgeltfortzahlung, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. August 2008, GZ 25 Rs 141/07g-20, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 10. September 2007, GZ 46 Cgs 171/07g-15, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Das Rekursverfahren wird gemäß § 74 Abs 1 ASGG unterbrochen, bis über die strittige Vorfrage des Beginns und Endes der Versicherung Anita M*****s in der Unfallversicherung in Bezug auf ein Beschäftigungsverhältnis zur klagenden Partei als Hauptfrage im Verfahren in Verwaltungssachen entschieden worden ist, dies einschließlich eines allenfalls anhängig gewordenen Verwaltungsgerichtshofsverfahrens.

Beim beklagten Versicherungsträger wird die Einleitung des Verfahrens in Verwaltungssachen angeregt.

Nach rechtskräftiger Entscheidung über die Vorfrage ist das Rekursverfahren von Amts wegen wieder aufzunehmen.

Text

Begründung

Am 10. 3. 2003 schloss die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft mit Anita M***** einen Dienstvertrag ab, demzufolge diese im Wohnungseigentumsobjekt M***** in I***** als Arbeiterin zur Besorgung von Reinigungsarbeiten auf Basis einer 25-Stunden-Woche tätig sein sollte. Damals war die Immobilien R***** GmbH als Hausverwalterin der klagenden Partei bestellt.

Anita M***** war vom 13. 10. 2003 bis 31. 12. 2004 beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger als Arbeiterin gemeldet. Die Abrechnung wurde über das dort geführte Dienstgeberkonto der klagenden Partei mit der Nummer L***** geführt. Während dieses Zeitraums übernahm die Immobilien- und Hausverwaltung B***** GmbH die Hausverwaltung der klagenden Partei. Mit Vertrag vom 10. 11. 2004 wurde die Hausverwaltung per 1. 1. 2005 an die N*****gesellschaft mbH (NHT) übertragen. In der schriftlichen Vereinbarung wurde in Punkt III unter anderem festgehalten, dass die Organisation der Hausbetreuung inklusive Entlohnung der Hausbetreuertätigkeiten oder sonstiger mit der Betreuung des Hauses beauftragter Personen oder Unternehmen dem Hausverwalter obliegt und der Abschluss und die Auflösung diesbezüglicher Verträge im Namen der Eigentümergemeinschaft zu erfolgen hat. NHT beschäftigt durchschnittlich 94 Dienstnehmer und befasst sich unter anderem mit der Verwaltung von Liegenschaften.

Am 30. 12. 2004 wurde Anita M***** vom bisherigen Hausverwalter Immobilien- und Hausverwaltung B***** GmbH per 31. 12. 2004 bei der Tiroler Gebietskrankenkasse abgemeldet. Am Abmeldeformular wurde als Abmeldegrund „Übernahme durch N*****" vermerkt. Ab 1. 1. 2005 wurde Anita M***** über das Dienstgeberkonto der NHT abgerechnet; seit diesem Zeitpunkt scheint beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger die NHT mit dem Dienstgeberkonto ***** als Dienstgeberin auf. Die Löhne für die Dienstnehmerin werden anhand der Betriebskostenabrechnung als Hauptjahresabrechnung an die klagende Partei weiterverrechnet.

Anita M***** war vom 16. 2. 2005 bis 4. 3. 2005 sowie vom 4. 10. 2005 bis 14. 10. 2005 im Krankenstand und deswegen dienstverhindert.

Am 2. 11. 2005 brachte die NHT bei der beklagten Partei zwei Anträge auf Zuschuss nach Entgeltfortzahlung hinsichtlich der beiden Krankenstände Anita M*****s ein. In diesen Anträgen wurde jeweils unter der Rubrik „Firma" die klagende Partei genannt und unter der Rubrik „Adresse" jene der NHT mit dem Beisatz „Vertreterin" angeführt. Im Feld „Unterschrift und Stempel des Dienstgebers bzw des Bevollmächtigten" wurden die Anträge mit der Firmenstampiglie der NHT versehen und von Mag. Peter S***** unterschrieben.

Mit Bescheiden vom 12. 2. 2006, in denen jeweils die NHT als Bescheidadressatin angeführt ist, lehnte die beklagte Partei die Gewährung von Zuschüssen nach Entgeltfortzahlung für die Arbeitsverhinderung der Dienstnehmerin Anita M***** für die Zeiträume vom 16. 2. 2005 bis 4. 3. 2005 und vom 4. 10. 2005 bis 14. 10. 2005 mit der Begründung ab, dass nach ihren Erhebungen die Zahl der im Unternehmen der Antragstellerin regelmäßig beschäftigten und bei der AUVA versicherten Dienstnehmer die gesetzliche Höchstgrenze überschritten habe.

Die klagende Partei begehrt mit ihrer gegen diese Bescheide gerichteten Klage, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, einen Zuschuss zur Entgeltfortzahlung für die Arbeitsverhinderung der Dienstnehmerin Anita M***** in der Zeit vom 16. 2. 2005 bis 4. 3. 2005 und vom 4. 10. 2005 bis 14. 10. 2005 im gesetzlichen Umfang zu zahlen. Sie sei seit 13. 10. 2003 durchgehend Arbeitgeberin der Reinigungskraft Anita M***** gewesen. Die NHT rechne lediglich aus Gründen der Vereinfachung die von ihr verwalteten Wohnungseigentümergemeinschaften über ihre Dienstgeberkontonummer ab. Dies ändere nichts am Umstand, dass die klagende Partei als jene Eigentümergemeinschaft, auf deren Rechnung der Betrieb geführt werde, Arbeitgeberin Anita M*****s sei. Diesen ihr mehrmals mitgeteilten Umstand habe die beklagte Partei bei der Erlassung der Bescheide ignoriert.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Gemäß der Datenspeicherung des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger habe der Dienstgeber bis 31. 12. 2004 „WEG M***** per Adresse Immobilien- und Hausverwaltung B***** GmbH" gelautet. Diese Gesellschaft habe Anita M***** bei der Tiroler Gebietskrankenkasse am 30. 12. 2004 abgemeldet. Die NHT sei laut Datenspeicher seit 1. 1. 2005 Dienstgeberin Anita M*****s. Als solche sei sie auch in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung angeführt. Gerade der Umstand, dass die NHT aus Gründen der Vereinfachung die von ihr verwalteten Wohnungseigentümergemeinschaften über ihre Dienstgeberkontonummer abrechne, weise darauf hin, dass sie im sozialversicherungsrechtlichen Sinn Dienstgeber Anita M*****s sei.

Das Erstgericht erkannte die beklagte Partei schuldig, der klagenden Partei einen Zuschuss zur Entgeltfortzahlung für die Arbeitsverhinderung der Dienstnehmerin Anita M***** in der Zeit vom 16. 2. 2005 bis 4. 3. 2005 und vom 4. 10. 2005 bis 14. 10. 2005 im gesetzlichen Umfang zu bezahlen. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. Rechtlich führte es aus, die jeweiligen Tätigkeiten der Dienstnehmerin seien auf Rechnung und in dem alleinigen Interesse der Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgt. Unbeschadet der Tatsache, dass durch die Abrechnung über das Dienstgeberkonto des Hausverwalters dieser das Entgelt für die erbrachten Leistungen an die Dienstnehmerin überwiesen habe, habe zuletzt die Wohnungseigentümergemeinschaft die Kosten für die Dienstleistungen spätestens mit Jahresende übernehmen müssen. Dass die Dienstnehmerin durch die Ummeldung bei der Sozialversicherungsanstalt durch den Hausverwalter in den Dienst genommen worden sei, ändere nichts daran, dass weiterhin die klagende Partei als anspruchsberechtigte Dienstgeberin anzusehen sei.

Das Berufungsgericht hob über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Erstgerichts auf und verwies die Sozialrechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an dieses zurück. Sollte nicht die klagende Partei Adressatin der im Anlassfall bekämpften Bescheide der beklagten Partei sein, so wäre jedenfalls das Vorliegen der Voraussetzungen für die Einbringung einer Säumnisklage im Sinn des § 67 Abs 1 Z 2 ASGG zu bejahen, weil in diesem Fall die beklagte Partei nicht innerhalb der Frist des § 67 Abs 1 Z 2 lit a ASGG über die von der klagenden Partei gestellten Zuschussanträge entschieden habe. Die Entscheidungskompetenz sei daher in jedem Fall auf das Sozialgericht übergegangen. Der Begriff „Dienstgeber" in § 53b ASVG sei im Sinn des Dienstgeberbegriffs des § 35 ASVG auszulegen. Gemäß § 13c WEG 1975 bildeten alle Wohnungs- und Miteigentümer einer Liegenschaft zu deren Verwaltung die Wohnungseigentümergemeinschaft, die beschränkt rechtsfähig sei. Diese könne sozialversicherungsrechtlicher Dienstgeber von Reinigungskräften der verwalteten Liegenschaft sein. Die Berufungswerberin bestreite weder die Dienstgebereigenschaft der klagenden Partei im Sinn des § 53b ASVG iVm § 35 ASVG noch, dass sie „per definitionem" zuschussberechtigt sei. Sie vertrete aber die Auffassung, das Erstgericht habe rechtsirrig die Tatsache unberücksichtigt gelassen, dass bei der Anmeldung der Arbeitnehmerin Anita M***** zur Sozialversicherung nicht die Dienstgeberkontonummer der klagenden Partei, sondern jene der NHT angegeben worden sei. Das sei jedoch nach Auffassung des Berufungsgerichts unerheblich: Der im Jahr 2003 von der Immobilien R***** GmbH mit Anita M***** abgeschlossene Arbeitsvertrag erweise sich als im Rahmen ihrer pflichtgemäßen Verwaltungsführung wirksam abgeschlossener Vertrag. Einer unrichtigen Angabe der Dienstgeberkontonummer messe das Gesetz anspruchsvernichtende Wirkung nicht zu. Bei der Dienstgeberkontonummer handle es sich um einen Ordnungsbegriff, dem lediglich verrechnungstechnische Bedeutung zukomme. Es stehe unbestritten fest, dass die NHT bei der Anmeldung Anita M*****s zur Sozialversicherung bei der Tiroler Gebietskrankenkasse ihre Dienstgeberkontonummer und nicht die Dienstgeberkontonummer der klagenden Partei als deren Arbeitgeberin angegeben habe. Dadurch sei - der klagenden Partei zurechenbar - zweifellos gegen die in § 42 Abs 1 Z 1 und Abs 4 ASVG dem Dienstgeber auferlegten Verpflichtung zur wahrheitsgemäßen Auskunftserteilung über alle für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände verstoßen worden. Da jedoch zwischen der Arbeitnehmerin und der klagenden Partei auch über den 1. 1. 2005 hinaus weiterhin ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis bestanden habe und diese Arbeitnehmerin auch tatsächlich (durchgehend, über den 31. 12. 2004 hinaus) zur Sozialversicherung angemeldet gewesen sei, komme diesem Verstoß nicht die Wirkung zu, dass die tatsächliche (arbeitsrechtliche) Arbeitgeberin vom Anspruch auf Zuschuss nach Entgeltfortzahlung gemäß § 53b ASVG ausgeschlossen wäre. Es sei aber auf einen weiteren, bisher unbeachtet gebliebenen Aspekt Bedacht zu nehmen: Da am Abmeldeformular, das der Tiroler Gebietskrankenkasse übermittelt worden sei, als Abmeldegrund ausdrücklich „Übernahme durch N*****" vermerkt worden und im Übrigen der Sachverhalt mit dem an die Tiroler Gebietskrankenkasse gerichteten Schreiben der NHT vom 3. 1. 2005 hinreichend deutlich geklärt worden sei, sei es für den Sozialversicherungsträger ohne weiteres erkennbar gewesen, dass Anita M*****, deren Abrechnung vom 13. 10. 2003 bis 31. 12. 2004 über das Dienstgeberkonto der klagenden Partei durchgeführt worden sei, ungeachtet ihrer von der Immobilien- und Hausverwaltung B***** GmbH im Namen der klagenden Partei vorgenommenen Abmeldung und der darauf folgenden Anmeldung durch die NHT unter Bekanntgabe deren Dienstgeberkontonummer ab 1. 1. 2005 weiterhin Arbeitnehmerin der klagenden Partei sei. Aufgrund dieser Umstände habe der Tiroler Gebietskrankenkasse klar sein müssen, dass bei unverändert aufrechtem Dienstverhältnis der Arbeitnehmerin Anita M***** zur klagenden Partei die NHT als (neue) Hausverwalterin ihre und somit eine unrichtige Dienstgeberkontonummer angegeben habe. Da die klagende Partei zu den in § 53b ASVG angeführten Dienstgebern zähle und es unstrittig sei, dass die Arbeitnehmerin vom 16. 2. 2005 bis 4. 3. 2005 und vom 4. 10. 2005 bis 14. 10. 2005 krankheitsbedingt arbeitsunfähig gewesen sei und von der klagenden Partei - wenn auch in ungeklärter Höhe - Entgeltfortzahlung erhalten habe, komme der klagenden Partei in Ansehung dieser Entgeltfortzahlungsleistungen gegenüber der beklagten Partei dem Grunde nach ein Anspruch auf Zuschuss nach Entgeltfortzahlung zu.

Gemäß § 82 Abs 1 ASGG habe die Klage unter Bedachtnahme auf die Art des erhobenen Anspruchs ein ausreichendes Begehren zu enthalten. Absatz 2 dieser Bestimmung ergänze, dass ein von einem Versicherten erhobenes Begehren auch dann hinreichend bestimmt sei, wenn es auf Leistungen im gesetzlichen Ausmaß gerichtet sei und in den angegebenen Tatsachen, auf die es sich stütze, die für die Bestimmung der Leistung dem Grunde und der Höhe nach erforderlichen Angaben enthalte. Bei einem auf Leistung gerichteten Begehren sei die Angabe eines Geldbetrags nicht erforderlich. Wenn in einem Versicherungszweig in einem konkreten Fall mehrere Leistungsansprüche in Frage kämen, müsse die Klage selbst unter den geminderten Anforderungen an die Bestimmtheit des Begehrens die konkrete Leistung bezeichnen, auf die die Klage gerichtet sei. Bei Zuschüssen zur Entgeltfortzahlung für Dienstgeber gebe es somit keine „gesetzliche Höhe". Ein in diesem Sinn ziffernmäßig bestimmtes Begehren habe die klagende Partei nicht gestellt. Das Berufungsgericht könne daher nicht in der Sache über den von ihm dem Grunde nach als zu Recht bestehend angesehenen Anspruch der klagenden Partei erkennen, zumal weder die beanspruchte Zuschusszahlung der Höhe nach außer Streit gestellt worden sei noch sich diese zufolge entsprechender Feststellungen zur Höhe des während der Anspruchszeiträume fortgezahlten Entgelts ermitteln lasse. Die klagende Partei habe die von ihr geltend gemachten Ansprüche auch in der Klagserzählung ziffernmäßig nicht bestimmt angegeben. Da ein mangels konkreter Behauptungen nicht ausreichend substantiiertes Klagebegehren ohne einen vorangegangenen Versuch zur Vervollständigung ungenügenden Vorbringens nicht abgewiesen werden dürfe, sei eine Verfahrensergänzung dahin notwendig, dass das Erstgericht mit den Parteien die Rechtsansicht des Berufungsgerichts erörtere und die klagende Partei zur Verbesserung der Klage durch Stellung eines ziffernmäßig bestimmten Begehrens sowie durch Erstattung von Prozessbehauptungen zur Höhe der begehrten EFZ-Zuschusszahlungen, zur Dauer der jeweiligen Arbeitsunfähigkeitszeiträume sowie dazu, ob die Arbeitsunfähigkeit der Arbeitnehmerin auf Krankheit oder auf Unfall beruhe, anzuregen haben.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil Rechtsprechung zum rechtlichen Charakter der Dienstgeberkontonummer und den Rechtsfolgen einer unrichtigen Angabe derselben bei der An- bzw Ummeldung eines Dienstnehmers zur Sozialversicherung fehle.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der beklagten Partei mit dem auf Klageabweisung gerichteten Abänderungsantrag.

Die klagende Partei beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben und in der Sache selbst im Sinn einer Klagestattgebung zu entscheiden.

Rechtliche Beurteilung

Über den zulässigen Rekurs der beklagten Partei kann noch nicht entschieden werden.

Die Rekurswerberin macht geltend, im Anlassfall sei nicht die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern die Hausverwaltung selbst als sozialversicherungsrechtlicher Dienstgeber gegenüber den Sozialversicherungsträgern aufgetreten. Die NHT sei zu keinem Zeitpunkt als Bevollmächtigte der klagenden Partei, sondern ab 1. 1. 2005 selbst als Dienstgeberin gegenüber den Sozialversicherungsträgern aufgetreten. Damit seien zwangsläufig die im Gesetz vorgeschriebenen Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschusses gemäß § 53b ASVG im Hinblick auf die NHT zu prüfen gewesen.

Hiezu wurde erwogen:

Beim Anspruch auf Zuschüsse nach Entgeltfortzahlung gemäß § 53b ASVG handelt es sich um einen Leistungsanspruch aus der Unfallversicherung nach dem ASVG (§ 173 Z 3 ASVG) und damit um eine Leistungssache nach § 354 ASVG bzw einer Sozialrechtssache nach § 65 Abs 1 Z 1 ASGG, der Rechtsstreitigkeiten über den Bestand, den Umfang und das Volumen eines Anspruchs auf Versicherungs- oder Pflegegeldleistungen erfasst, soweit hiebei nicht die Versicherungszugehörigkeit, die Versicherungszuständigkeit, die Leistungszugehörigkeit oder die Leistungszuständigkeit in Frage stehen (10 ObS 58/06m = SZ 2006/76). Der Anspruch auf Zuschuss nach Entgeltfortzahlung steht dem Dienstgeber (für den Versicherten) zu; der Dienstgeber ist somit als Leistungsempfänger anzusehen. Als Versicherungsleistung sind nicht nur Leistungen des Versicherungsträgers gegenüber dem Versicherten einzustufen (10 ObS 58/06m mwN).

Der Begriff „Dienstgeber" in § 53b ASVG ist - wie der Oberste Gerichtshof schon ausgesprochen hat - im Sinn des Dienstgeberbegriffs des § 35 ASVG auszulegen (10 ObS 138/06a = SSV-NF 20/61).

Im Anlassfall ist nicht strittig, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft (§ 13c WEG) sozialversicherungsrechtlicher Dienstgeber sein kann (vgl VwGH 3. 7. 2002, 99/08/0173 = VwSlg 15863 A/2002). Strittig ist - entgegen der Annahme des Berufungsgerichts - jedoch die Vorfrage, ob die klagende Wohnungseigentümergemeinschaft sozialversicherungs- rechtliche Dienstgeberin gerade jener Arbeitnehmerin war, für die Zuschüsse zur Entgeltfortzahlung begehrt werden.

Ist nun in einer Rechtsstreitigkeit über den Bestand oder den Umfang auf Versicherungsleistungen die Versicherungspflicht, die Versicherungsberechtigung, der Beginn oder das Ende der Versicherung, die maßgebende Beitragsgrundlage oder die Angehörigeneigenschaft als Vorfrage strittig, so ist nach § 74 Abs 1 ASGG das Verfahren zu unterbrechen, bis über diese Vorfrage als Hauptfrage im Verfahren in Verwaltungssachen rechtskräftig entschieden worden ist, dies einschließlich eines allenfalls anhängig gewordenen Verwaltungsgerichtshofsverfahrens. Voraussetzung einer solchen Unterbrechung ist, dass die Entscheidung über die Klage ganz oder zum Teil von der Beurteilung einer solchen Vorfrage abhängt und dass die betreffende Vorfrage zwischen den Prozessparteien strittig ist (10 ObS 132/99f mwN). Ob ein die Pflichtversicherung auslösendes Beschäftigungsverhältnis vorliegt, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs immer nur in Bezug auf eine andere Person, ähnlich den Dienstgeber im Sinn des § 35 Abs 1 ASVG, zu prüfen. Damit ist auch der Rahmen des Abspruchs eines über die Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs 2 ASVG erkennenden Bescheids in dieser Hinsicht abgesteckt. Ebenso unabdingbar muss in einem Bescheid über die Pflichtversicherung ausgesprochen werden, welche konkrete Person jeweils als Dienstnehmer im Rahmen eines die Pflichtversicherung auslösenden Beschäftigungsverhältnisses tätig (gewesen) ist (vgl VwGH 16. 11. 2005, 2005/08/0096 mwN). Die Vorinstanzen haben nicht beachtet, dass die Feststellung des Beginns und des Endes der Versicherung gemäß § 355 Z 1 ASVG zu den Verwaltungssachen gehört, über die der zuständige Versicherungsträger (§ 409 ASVG) mit Bescheid zu entscheiden hat (vgl 10 ObS 132/99f mwN). Ist im Zeitpunkt der Unterbrechung des Verfahrens noch kein Verfahren in Verwaltungssachen anhängig, so hat das Gericht die Einleitung des Verfahrens beim Versicherungsträger anzuregen (§ 74 Abs 1 Satz 2 ASGG). Eine solche Unterbrechung ist auch vom Rechtsmittelgericht anzuordnen (10 ObS 132/99f mwN).

Ob die klagende Partei in den für die geltend gemachten Ansprüche relevanten Zeiträumen Dienstgeberin jener Person war, für die sie Zuschüsse zur Entgeltfortzahlung begehrt, ist eine Frage des Beginns und Ende der Versicherung, die nicht losgelöst von einem konkreten Beschäftigungsverhältnis zu einem bestimmten Dienstgeber zu beantworten ist (vgl VwGH 2004/08/0127). Da es also im Anlassfall zunächst um diese strittige Vorfrage geht, ist das Verfahren nach § 74 Abs 1 ASGG zu unterbrechen. Weil derzeit ein solches Verfahren nicht anhängig ist, hat der Oberste Gerichtshof die Einleitung des Verfahrens beim beklagten Versicherungsträger anzuregen. Nach rechtskräftiger Entscheidung der Vorfrage ist das unterbrochene Rekursverfahren von Amts wegen aufzunehmen (10 ObS 132/99f).

Die dem Obersten Gerichtshof vorgelegten Akten werden daher vorerst zurückgestellt. Das Erstgericht wird ersucht, den Unterbrechungsbeschluss den Parteien zuzustellen. Um die unverzügliche Aufnahme des Rekursverfahrens sicherzustellen, werden die Parteien ersucht, das Erstgericht von der rechtskräftigen Entscheidung über die Vorfrage zu verständigen. Das Erstgericht wird die Akten sodann im Weg des Berufungsgerichts wieder dem Obersten Gerichtshof vorzulegen haben.

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