OGH 7Ob262/08t

OGH7Ob262/08t18.12.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadt Wien - Wiener Wohnen für den 5., 6., 7. und 12. Bezirk, 1120 Wien, Ignazgasse 2‑4, vertreten durch Dr. Johann Sommer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Walter G*****, vertreten durch Dr. Friedrich Schulz, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 10. September 2008, GZ 38 R 184/08b‑21, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0070OB00262.08T.1218.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Verletzung der richterlichen Anleitungspflicht durch das Erstgericht fällt unter den Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens (RIS‑Justiz RS0037095). Da dieser Verfahrensmangel bereits vom Berufungsgericht verneint wurde, kann er in der Revision nicht mehr geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0042963).

Die Frage, wie lange die Nichtbenützung der Wohnung durch den Beklagten andauerte, wurde vom Erstgericht - im Gegensatz zu den Ausführungen in der Revision - sehr wohl erörtert und vom Beklagten auch beantwortet.

Soweit sich die Revision auf einen schlüssigen Verzicht auf die Geltendmachung des Kündigungsgrundes durch die Klägerin beruft, sei ihr der Vollständigkeit halber noch Folgendes erwidert:

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Kündigungsgrund ohne unnötigen Aufschub „ehestens" geltend gemacht wurde, kommt es grundsätzlich auf die Umstände des Einzelfalls an (RIS‑Justiz RS0070172). Der Grundsatz, dass die Kündigungsgründe ohne unnötigen Aufschub geltend gemacht werden müssen, bezieht sich nur auf in einem bestimmten Zeitpunkt abgeschlossene Tatbestände, nicht jedoch auf Dauertatbestände (RIS‑Justiz RS0067134). Der schlüssige Verzicht auf einen Kündigungsgrund hat zur Voraussetzung, dass das Zuwarten des Vermieters mit der Aufkündigung unter Umständen erfolgt, aus denen mit Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln übrig bleibt, dass der Vermieter den ihm bekannten Sachverhalt nicht mehr als Kündigungsgrund geltend machen will. Es ist daher erforderlich, dass der Mieter weiß oder aus dem Verhalten des Vermieters doch mit Recht ableiten kann, dass dieser den vollen Sachverhalt, der die Kündigung rechtfertigt, kennt und dem Mieter keine Umstände bekannt sind, die ein Zuwarten des Vermieters mit der Kündigung aus einem anderen Grund als dem eines Verzichts auf das Kündigungsrecht erklärlich erscheinen lassen (RIS‑Justiz RS0014423, RS0067163). Bei der Beurteilung dieser Frage ist besondere Vorsicht geboten. Ganz besonders gilt dies, wenn Dauertatbestände durch längere Zeit nicht geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0014420). Bei einem Dauertatbestand kann im Zuwarten mit der Kündigung grundsätzlich ein Verzicht auf die Geltendmachung des Kündigungsgrundes nicht erblickt werden (RIS‑Justiz RS0070172 [T1], RS0014416 [T4], RS0014420 [T5 und T10]). Selbst wenn sich der Beklagte also im erstinstanzlichen Verfahren auf den schlüssigen Verzicht des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 1 Z 6 MRG berufen hätte, hätte dies keinen Erfolg haben können, konnte er sich doch auch in der Revision nicht auf konkrete Umstände berufen, die die Kenntnis der Klägerin von der Nichtbenützung der Wohnung nahelegten, geschweige denn aus denen ein Zuwarten erkennbar wäre, aus dem ein konkludenter Verzicht abgeleitet werden könnte.

In der Revision werden keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht.

Einer weiteren Begründung bedarf der Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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