OGH 7Ob228/08t

OGH7Ob228/08t10.12.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Manfred H*****, vertreten durch den Sachwalter Mag. Christian P*****, dieser vertreten durch Mag. Martin Enthofer, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei L***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Kortschak + Höfler Rechtsanwälte OEG in Leibnitz, wegen 15.000 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 21. Juli 2008, GZ 2 R 97/08i-36, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 18. April 2008, GZ 16 Cg 171/06m-32, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs zulässig sei, obwohl die Frage der Rückforderung nach §§ 877, 879, 1424 zweiter SatzABGB hinreichend durch höchstgerichtliche Judikatur geklärt sei. Es fehle aber Judikatur aus jüngerer Zeit betreffend Ausgaben Geschäftsunfähiger in Bordellbetrieben und überhaupt zum Liebeslohn.

Der Rekurs ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage unzulässig. Die Zurückweisung des Revisionsrekurses kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§§ 528a iVm 510 Abs 3 ZPO).

Die vom Berufungsgericht als erheblich genannte Rechtsfrage wurde im Rekurs nicht geltend gemacht. Das Rechtsmittel wendet sich gegen die Übertragung der in der Entscheidung 5 Ob 22/02z dargelegten Grundsätze auf den vorliegenden Fall, weil hier die Kernfrage zu beantworten sei, ob durch die Leistungen der Beklagten eine Verbesserung der Lebenssituation beim Kläger entstanden sei. Die Feststellung des Erstgerichts, dass die Leistungen der Beklagten die einzigen positiven Erlebnisse des an Hepatitis C erkrankten und durch die Einnahme der aus diesem Grund verschriebenen Medikamente geschäftsunfähig gewordenen Klägers gewesen seien, stehe der Rückforderung entgegen.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass § 1424 ABGB analog auch auf Rückabwicklungsansprüche von Geschäftsunfähigen anzuwenden ist. Wird die Bereicherung eines Geschäftsunfähigen aufgrund eines mit ihm abgeschlossenen, aber ungültigen Geschäfts geltend gemacht, hat der Leistende den Eintritt der Bereicherung, der Geschäftsunfähige aber zu beweisen, dass diese weggefallen ist, weil das Gut nicht mehr in seinen Händen ist oder nicht zu seinem Vorteil verwendet wurde (5 Ob 22/02z; RIS-Justiz RS0048088). Vom Geschäftsunfähigen kann aber nicht verlangt werden, im Detail nachzuweisen, wie er einen ihm zugekommenen Geldbetrag verwendete. Dies wäre lebensfremd und widerspräche auch dem Schutzzweck des § 1424 Satz 2 ABGB, einen Geschäftsunfähigen vor Nachteilen zu bewahren. Er hat sich als Nutzen das anrechnen zu lassen, was seine Vermögenssituation nachhaltig verbesserte oder einen Aufwand ersparte, der ihm unter seinen Lebensumständen auch sonst erwachsen wäre. Alle Ausgaben, die sich den geringfügigen Angelegenheiten des täglichen Lebens im Sinn des § 273a Abs 2 ABGB unterstellen lassen, sind demnach zum Nutzen des Geschäftsunfähigen verwendet, darüber hinaus aber auch solche, die er nicht zurückfordern könnte, hätte ihm das Gericht bereits einen Sachwalter bestellt und ihm gemäß § 273a Abs 1 ABGB unter Berücksichtigung seiner Situation Teile seines Einkommens oder Vermögens zur freien Verfügung überlassen. Im Zweifel kann Maß an einer vernünftigen Lebensgebarung und daran genommen werden, wie ein voll Geschäftsfähiger in einer vergleichbaren Situation disponiert hätte. Der Geschäftsunfähige hat also nicht den strikten Nachweis zu führen, was vom Empfangenen nicht zu seinem Nutzen verwendet wurde. Es genügt die Widerlegung jener Umstände, die für die Erzielung eines Nutzens im Sinn des § 1424 Satz 2 ABGB sprechen. Es könnte etwa der Beweispflicht dadurch genügt werden, dass ein großer Geldbetrag innerhalb eines kurzen Zeitraums ausgegeben wurde, ohne sich in Vermögenswerten oder einer erkennbaren Verbesserung der Lebensumstände des Betroffenen niedergeschlagen zu haben (5 Ob 22/02z mwN = RIS-Justiz RS0116400).

Der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts hält sich an die Entscheidung 5 Ob 22/02z, gegen die im Rekurs keine Argumente vorgebracht werden. Wie oben dargelegt, wird in der Entscheidung 5 Ob 22/02z ohnedies auf einen Geschäftsfähigen in vergleichbarer Situation wie der Geschäftsunfähige abgestellt. Damit ist auch auf die Ausnahmesituation des Klägers Bedacht zu nehmen. Dennoch kann aber die Feststellung, dass die Leistungen der Beklagten vom Kläger als einzige positive Erlebnisse aufgefasst wurden, nicht dazu führen, die vom Berufungsgericht vorgenommenen Erwägungen außer Betracht zu lassen, wandte doch der Kläger nach seinem Vorbringen innerhalb von zwei Jahren mehr als 100.000 EUR im Bordellbetrieb der Beklagten im Zustand der Geschäftsunfähigkeit auf. Dies sind weder geringfügige Ausgaben noch wäre ihm dieser Betrag von einem Sachwalter zur freien Verfügung überlassen worden. Inwiefern ein (Teil-)Betrag bei vernünftiger Lebensgebarung auch von einem Geschäftsfähigen in einer vergleichbaren Lebenssituation wie der des Klägers ausgegeben worden wäre, ist im Sinn des Aufhebungsbeschlusses des Berufungsgerichts zu erheben.

Es wurden keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte