Spruch:
Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag,
in § 634 Abs 10 ASVG idF der 68. ASVG-Novelle, BGBl I 2007/101,
- 1. die Wortfolge „, die mehr als 746,99 € monatlich betragen," und
- 2. in Z 1 die Wortfolge „mehr als 746,99 €"
als verfassungswidrig aufzuheben.
Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten.
Text
Begründung
Die am 26. 6. 1948 geborene Klägerin bezog von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt im Jahr 2007 eine Berufsunfähigkeitspension nach dem ASVG in Höhe von 695,60 EUR brutto monatlich.
Mit Bescheid vom 14. 5. 2008 stellte die beklagte Partei fest, dass die Pension der Klägerin unter Berücksichtigung des für das Jahr 2008 mit 1,017 festgesetzten Anpassungsfaktors ab 1. 1. 2008 707,43 EUR brutto monatlich betrage. Da der Klägerin nach dem Klagsvorbringen ein monatlicher Unterhaltsanspruch von 389,55 EUR angerechnet wurde, hatte sie weder im Jahr 2007 noch 2008 einen Anspruch auf Ausgleichszulage.
Gegen den Bescheid der Beklagten erhob die Klägerin rechtzeitig Klage im Wesentlichen mit dem Begehren auf Zahlung einer Pension in der Höhe von 716,60 EUR brutto monatlich ab 1. 1. 2008. Die vom Gesetzgeber ab 1. 1. 2008 vorgenommene Pensionsanpassung für Pensionen in Höhe von monatlich bis zu 746,99 EUR mit nur 1,7 % bei gleichzeitiger höherer Erhöhung von Pensionen in Höhe von mehr als 746,99 EUR bis 2.161,49 EUR monatlich verstoße gegen den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz und den verfassungsrechtlich gewährleisteten Eigentumsschutz und sei wegen mittelbarer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts als Verstoß gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie (EWG) 79/7 RL des Rates vom 19. 12. 1978 auch gemeinschaftsrechtswidrig.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens unter Hinweis auf die geltende Rechtslage, welche mit dem Verfassungs- und Gemeinschaftsrecht in Einklang stehe.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es ging bei seiner Entscheidung davon aus, dass im Anwendungsbereich des ASVG im Dezember 2007 insgesamt 1.325.762 Personen - davon 614.293 Männer und
711.469 Frauen - ASVG-Pensionen aus eigener Erwerbstätigkeit bezogen. Aus dem Versicherungsfall des Alters betrug die durchschnittliche monatliche Pension einschließlich Zulagen und Zuschüsse nach Abzug ruhender Beträge bei den ehemaligen Arbeitern bzw Arbeiterinnen 995 bzw 567 EUR sowie bei den ehemaligen männlichen Angestellten bzw weiblichen Angestellten 1.736 bzw 1.016 EUR. Aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit betrug die durchschnittliche monatliche Pension einschließlich Zulagen und Zuschüsse nach Abzug ruhender Beträge bei den ehemaligen Arbeitern bzw Arbeiterinnen 958 bzw 547 EUR sowie bei den ehemaligen männlichen Angestellten bzw weiblichen Angestellten 1.386 bzw 781 EUR. Pensionen (nach dem ASVG) in Höhe von weniger als 750 EUR monatlich bezogen:
A) Aus dem Versicherungsfall des Alters:
1. Im Bereich der Arbeiter:
73.123 von 214.109 Pensionisten (= 34 %)
201.035 von 273.853 Pensionistinnen (= 73 %)
2. Im Bereich der Angestellten:
20.877 von 184.592 Pensionisten (= 11 %)
109.970 von 305.062 Pensionistinnen (= 36 %)
B) Aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit:
1. Im Bereich der Arbeiter:
52.519 von 164.244 Pensionisten (= 32 %)
71.801 von 84.281 Pensionistinnen (= 85 %)
2. Im Bereich der Angestellten:
7.034 von 51.438 Pensionisten (= 14 %)
26.104 von 48.273 Pensionistinnen (= 54 %)
Insgesamt somit:
153.553 von 614.293 Pensionisten (= 25 %)
408.910 von 711.469 Pensionistinnen (= 57 %).
Von den insgesamt 562.463 Personen, die im Dezember 2007 eine Leistung von unter 750 EUR monatlich bezogen haben, waren daher 27 % Männer und 73 % Frauen.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht von der grundsätzlichen Anwendbarkeit des Art 4 Abs 1 RL 79/7/EWG auf den hier zu beurteilenden Fall der Valorisierung aus, weil der Begriff der „Berechnung" nicht nur die ursprüngliche Feststellung, sondern auch nachfolgende Feststellungen der Höhe der Pension umfasse, zumal diese jedenfalls auf Rechenvorgängen beruhten. Die Bestimmung des § 634 Abs 10 ASVG enthalte zwar keine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, sie führe aber im Ergebnis dazu, dass niedrigere - weitaus überwiegend von Frauen bezogene - Pensionen weniger erhöht würden als über 747 EUR monatlich liegende Pensionen. Die geringere Anpassung von Pensionen unter 747 EUR monatlich könne durch die gleichzeitig erfolgte Erhöhung der Richtsätze für die Ausgleichszulage sachlich nicht gerechtfertigt werden. Gerade im Fall der Klägerin sei die Erhöhung der Ausgleichszulage ohne Auswirkungen geblieben. Auch andere sachliche Rechtfertigungsgründe seien nicht erkennbar. Fehlten demnach (innerstaatlich) angemessene Maßnahmen zur Durchsetzung des Art 4 Abs 1 RL 79/7/EWG , hätten Frauen Anspruch auf die gleiche Behandlung und auf Anwendung der gleichen Regelung wie die übrigen Leistungsberechtigten. Im Ergebnis habe daher die in § 634 Abs 10 ASVG vorgesehene Untergrenze für die Erhöhung der monatlichen Pension um 21 EUR außer Betracht zu bleiben, sodass die Klägerin Anspruch auf eine um diesen Betrag erhöhte Pension habe. Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge. Es verpflichtete die beklagte Partei, der Klägerin ab 1. 1. 2008 die Pension in der bescheidmäßig zuerkannten Höhe von 707,43 EUR (brutto) monatlich zu zahlen. Das darüber hinausgehende und auf die Zahlung einer höheren Pension im Ausmaß von 716,60 EUR brutto monatlich gerichtete Klagebegehren wies es ab. Nach seinen Ausführungen sei hinsichtlich des Anwendungsbereichs des Art 4 Abs 1 RL 79/7/EWG der beklagten Partei zwar darin zu folgen, dass das Gemeinschaftsrecht zwischen der Feststellung (Berechnung) einer Leistung und der späteren Anpassung der Leistung unterscheide, sodass der in der Gleichbehandlungsrichtlinie gebrauchte Begriff der „Berechnung" nicht unbedingt jede Maßnahme umfasse, welche auf einem Rechenvorgang beruhe. Erkennbares Ziel der RL 79/7/EWG sei jedoch auch die Aufrechterhaltung der Leistung, sodass danach wohl auch geschlechtsbezogene Unterschiede bei der Pensionsanpassung verpönt seien.
Auch wenn man daher von der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Gleichbehandlungsrichtlinie auf den vorliegenden Fall ausgehe, sei zu berücksichtigen, dass mit der strittigen Pensionsanpassung 2008 nicht nur kleine Pensionen (zwischen 747 und 1.050 EUR monatlich) um einen Fixbetrag von 21 EUR monatlich erhöht worden seien, sondern in dem selben Ausmaß auch der Ausgleichszulagen-Einzelrichtsatz von 726 EUR monatlich ab 1. 1. 2008 auf nunmehr 747 EUR monatlich erhöht worden sei. Damit werde gewährleistet, dass auch jene Gruppe von Kleinstpensionisten, die nicht einmal über das Existenzminimum verfügten, im Wege der Ausgleichszulage eine Erhöhung ihres Pensionseinkommens um denselben Fixbetrag von 21 EUR monatlich erhalte, was prozentuell einer weit über dem allgemeinen Anpassungsfaktor von 1,017 liegenden Valorisierung von 2,89 % entspreche.
Die von den Pensionsversicherungsträgern gewährte Ausgleichszulage verfolge ganz allgemein den Zweck einer existenzsichernden Mindestversorgung jener (überwiegend weiblichen) Versicherten, die aufgrund langer Kindererziehungszeiten, Teilzeitbeschäftigung und anderer typischerweise auf Frauen zutreffender Umstände geringere Beitragszeiten und Beitragsgrundlagen in der Pensionsversicherung aufwiesen, was sich nachteilig auf die Leistungshöhe auswirke. Das System der aus Steuermittel finanzierten Ausgleichszulage sehe allerdings unter bestimmten im Gesetz näher geregelten Voraussetzungen die Anrechnung anderweitigen Einkommens vor; erreiche der Pensionist damit schon selbst (zusammen mit der Pension) das Existenzminimum, bedürfe es nicht mehr der Gewährung einer Ausgleichszulage aus öffentlichen Mitteln. Es sei daher nur sachgerecht, in jenen Fällen, in denen eine existenzsichernde Mindestversorgung nur im Wege der Ausgleichszulage erreicht werde, den Richtsatz für diese Leistung über den allgemeinen Anpassungsfaktor hinaus (mit einem Fixbetrag) überproportional zu erhöhen. Verfüge der Pensionsbezieher hingegen über ein anrechenbares Zusatzeinkommen, mit dem der Ausgleichszulagen-Richtsatz überschritten werde, bedürfe es weder der Gewährung einer Ausgleichszulage noch sei es unsachlich, die Eigenpension in diesem Fall nur mit dem allgemeinen Anpassungsfaktor zu erhöhen. Die vom Gesetzgeber gerade im Hinblick auf das österreichische Ausgleichszulagensystem erfolgte abgestufte Pensionsanpassung mit der grundsätzlichen Tendenz, die vom Kaufkraftverlust besonders betroffenen niedrigen Einkommen mit einem Fixbetrag (und daher prozentuell stärker als höhere Pensionen) zu valorisieren, könne zwar im Einzelfall dazu führen, dass dann, wenn mit dem anrechenbaren Zusatzeinkommen der Ausgleichszulagenrichtsatz nur knapp überschritten werde, die Pensionsanpassung etwas geringer ausfalle als bei einer Eigenpension in vergleichbarer Höhe. Davon seien aber männliche wie weibliche Pensionsbezieher ohne Anspruch auf Ausgleichszulage in gleicher Weise betroffen; die Anrechnungsbestimmungen der §§ 292 und 294 ASVG seien also nicht nur geschlechtsneutral formuliert, sondern sie führten insoweit auch zu keiner mittelbaren geschlechtsbezogenen Diskriminierung. Knüpfe der Gesetzgeber demnach bei der Pensionsanpassung 2008 erkennbar und sachgerecht an das System der Ausgleichszulage an, das weit überwiegend Frauen durch Gewährung eines beitragsunabhängigen existenzsichernden Einkommens begünstige, könnten sachlich berechtigte und geschlechtsneutrale Anrechnungsbestimmungen innerhalb dieses Systems zu keiner mittelbaren Diskriminierung der primär begünstigten Gruppe führen. Ziel der Pensionsanpassung 2008 sei unstrittig die stärkere Anhebung des Ausgleichszulagenrichtsatzes und der niedrigen Pensionseinkommen um einen über dem allgemeinen Anpassungsfaktor liegenden Fixbetrag von 21 EUR gewesen. Dieses Ziel sei grundsätzlich erreicht, bei Pensionen unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz aber im Ergebnis nur für jene Gruppe von Pensionsbeziehern umgesetzt worden, die auch tatsächlich die Ausgleichszulage beziehen. Diese Regelung möge unbefriedigend erscheinen, weil damit die niedrigsten Pensionen weniger stark angehoben worden seien als höhere Pensionen, sie sei aber verfassungsrechtlich nicht bedenklich, weil der Mindeststandard des allgemeinen Anpassungsfaktors jedenfalls gewahrt geblieben sei. Es liege im rechtspolitischen Ermessensspielraum des Gesetzgebers, bei der Valorisierung von Pensionen unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz zwischen Ausgleichszulagenbeziehern und jenen Pensionsbeziehern zu unterscheiden, die infolge eines über den Richtsatz hinausgehenden zusätzlichen Einkommens von vornherein besser abgesichert seien. Die Regelung des § 634 Abs 10 Z 1 ASVG sei demnach weder gemeinschaftsrechtswidrig noch verstoße sie gegen den innerstaatlich von der Verfassung garantierten Gleichheitssatz. Auch ein (unverhältnismäßiger) Eingriff in das Eigentumsrecht sei bei dieser Sachlage nicht erkennbar.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Pensionsanpassung 2008 noch nicht vorliege.
Gegen den abweisenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Ersturteils. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Weiters wird die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens betreffend die hier maßgebende Bestimmung des § 634 Abs 10 ASVG beim Verfassungsgerichtshof angeregt. Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, weil die vom Obersten Gerichtshof nicht auszuräumenden Bedenken gegen die Verfassungskonformität der präjudiziellen Bestimmung des § 634 Abs 10 ASVG ein Normenprüfungsverfahren angezeigt erscheinen lassen.
Die Klägerin vertritt in ihren Rechtsmittelausführungen weiterhin den Standpunkt, die RL 79/7/EWG sei auf die Bestimmungen der Pensionserhöhung 2008 anzuwenden; die Regelung des § 634 Abs 10 ASVG sei gemeinschaftsrechtswidrig. Weiters wiederholt sie ihre verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Bestimmung wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und des Eigentumsschutzes. Zu diesen von der Klägerin vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken hat der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung 10 ObS 135/08p vom 4. 11. 2008 Folgendes erwogen:
1.1 Nach § 108h Abs 1 ASVG idF BGBl I 2003/71 sind mit Wirksamkeit ab 1. Jänner eines jeden Jahres alle Pensionen aus der Pensionsversicherung, für die der Stichtag vor dem 1. Jänner dieses Jahres liegt, mit dem Anpassungsfaktor zu vervielfachen. Der Anpassung ist die Pension zu Grunde zu legen, auf die nach den am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres in Geltung gestandenen Vorschriften Anspruch bestand, jedoch mit Ausnahme der Kinderzuschüsse und der Ausgleichszulage und vor Anwendung von Ruhensbestimmungen. Sie erfasst im gleichen Ausmaß alle Pensionsbestandteile (Abs 2 leg cit).
Zu der nach diesen Bestimmungen gebührenden Pension treten die Kinderzuschüsse und die Ausgleichszulage nach den hiefür geltenden Vorschriften (Abs 3 leg cit).
1.2 Gemäß der Verordnung zur Feststellung des Anpassungsfaktors für das Jahr 2008, BGBl II 2007/337, beträgt der Anpassungsfaktor für das Jahr 2008 1,017.
1.3 Mit Art 4 des Bundesgesetzes zur Anpassung von Rechtsvorschriften an die Vereinbarung gemäß Art 15a B-VG über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens für die Jahre 2008 bis 2013 (68. ASVG-Novelle), BGBl I 2007/101, wurde die Pensionsanpassung 2008 in § 634 Abs 10 und 11 ASVG wie folgt ergänzt:
„(10) Abweichend von § 108h Abs. 1 erster Satz sind im Kalenderjahr 2008 alle Pensionen, die mehr als 746,99 € monatlich betragen, nicht mit dem Anpassungsfaktor zu vervielfachen, sondern wie folgt zu erhöhen: Beträgt die Pension monatlich
- 1. mehr als 746,99 € bis zu 1 050 €, so ist sie um 21 € zu erhöhen;
- 2. mehr als 1 050 € bis zu 1 700 €, so ist sie mit dem Faktor 1,020 zu vervielfachen;
3. mehr als 1 700 € bis zu 2 161,50 €, so ist sie um einen Prozentsatz zu erhöhen, der zwischen den genannten Werten von 2,0 % auf 1,7 % linear absinkt;
4. mehr als 2 161,50 €, so ist sie um 36,75 € zu erhöhen.
(11) Bezieht eine Person zwei oder mehrere Pensionen, die jeweils den Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 101/2007 nicht erreichen, so ist ausschließlich die Summe dieser Pensionen nach Abs. 10 zu erhöhen, wobei der Erhöhungsbetrag auf die einzelne Pension im Verhältnis der Pensionen zueinander aufzuteilen ist."
1.4 Weiters wurden mit diesem Bundesgesetz, BGBl I 2007/101, mit Wirksamkeit ab 1. 1. 2008 der Ausgleichszulagen-Richtsatz für alleinstehende PensionsbezieherInnen (§ 293 Abs 1 lit a sublit bb ASVG) von 726 auf 747 EUR und der Ausgleichszulagen-Richtsatz für Ehepaare (§ 293 Abs 1 lit a sublit aa ASVG) von 1.091,14 auf 1.120 EUR erhöht.
1.5 Nach den Gesetzesmaterialien (vgl AB 352 BlgNR 23. GP 4 f) wurde in Gesprächen mit Vertretern des Österreichischen Seniorenrates Einvernehmen über die Pensionsanpassung für das Jahr 2008 erzielt.
Demnach werden folgende Maßnahmen getroffen:
1. Der Ausgleichszulagen-Richtsatz für alleinstehende PensionsbezieherInnen wird um 21 EUR auf 747 EUR erhöht; der Ausgleichszulagen-Richtsatz für Ehepaare wird um rund 29 EUR auf
1.120 EUR erhöht.
2. Pensionen bis zur Höhe des Ausgleichszulagen-Richtsatzes werden um 1,7 %, also mit dem Anpassungsfaktor aufgrund des VerbraucherInnenpreisindex, erhöht.
3. Im Übrigen werden die Pensionen sozial gestaffelt erhöht:
Beträgt die Pensionsleistung über 746,99 EUR bis zu 1.050 EUR, so beläuft sich die Erhöhung auf 21 EUR monatlich; beträgt die Leistung mehr als 1.050 EUR und höchstens 1.700 EUR, so wird sie um 2 % angepasst. Ab 1.700 EUR wird die prozentuelle Erhöhung linear auf 1,7 % abgeschmolzen und ab 2.161,50 EUR gebührt ein Fixbetrag in der Höhe von 36,75 EUR monatlich.
Die Pensionsanpassung für das Jahr 2008 berücksichtigt nach den Gesetzesmaterialien sowohl die Interessen der PensionsbezieherInnen als auch jene der aktiv Erwerbstätigen, dient der Armutsbekämpfung und ist nicht zuletzt auch dauerwirksam, weil von Einmalzahlungen abgesehen wird. Zu betonen ist auch, dass sie keinerlei Präzedenzwirkung entfaltet, da Basis für die zukünftigen Pensionsanpassungen der Verbraucherpreisindex bleibt (AB 352 BlgNR 23. GP 4 f).
2. Ausgehend von der dargelegten Rechtslage ist auf Pensionen, die - wie die Pension der Klägerin - bis zu 746,99 EUR monatlich betragen, weiterhin die Verordnung zur Festsetzung des Anpassungsfaktors für das Jahr 2008 anzuwenden und es sind daher diese Pensionen im Jahr 2008 einheitlich um 1,7 % zu erhöhen. Hingegen sind Pensionen, die mehr als 746,99 EUR monatlich betragen, davon abweichend entsprechend dem Bundesgesetz vom 28. 12. 2007, BGBl I 2007/101, zu erhöhen. Die Pension der Klägerin beträgt daher ausgehend von dieser Rechtslage ab 1. 1. 2008 707,43 EUR monatlich.
3. Gegen die Bestimmung des § 634 Abs 10 ASVG idF 68. ASVG-Novelle, BGBl I 2007/101, bestehen nach Ansicht des antragstellenden Gerichts folgende verfassungsrechtliche Bedenken:
3.1 Die Pensionsanpassung 2008 sieht eine nach sozialen Gesichtspunkten gestaffelte Erhöhung vor, die höher ausfällt, je niedriger die Pension ist. So werden Pensionen von 747 bis 1.050 EUR um einen Fixbetrag von 21 EUR - das entspricht 2,81 % bis 2 % - erhöht. Beträgt die Pension mehr als 1.050 EUR und höchstens 1.700 EUR, so wird sie um 2 % erhöht. Pensionen über 1.700 EUR bis 2.161,50 EUR werden um einen Prozentsatz, der mit zunehmender Pensionshöhe von 2 % auf 1,7 % absinkt, erhöht. Ab einer Pensionsleistung von mehr als 2.161,50 EUR gebührt ein Fixbetrag in der Höhe von 36,75 EUR. Die niedrigsten Pensionen (Pensionen unter dem Ausgleichszulagen-Richtsatz von 747 EUR) werden demgegenüber nur um 1,7 % erhöht. Demnach werden im Zuge der Pensionsanpassung 2008 Pensionen unter 747 EUR unterdurchschnittlich, nämlich um 1,7 % erhöht, während Pensionen zwischen 747 und 2.160 EUR stärker erhöht werden. Diese Regelung widerspricht nach Ansicht des antragstellenden Gerichts dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz. Der Gleichheitsgrundsatz beinhaltet nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs auch ein allgemeines Sachlichkeitsgebot für gesetzliche Regelungen. Es erscheint verfassungswidrig, dass diejenigen, die eine besonders geringe Pension haben, eine vergleichsweise geringere Erhöhung erhalten als jene, die eine höhere Pension beziehen. Der Umstand, dass für PensionsbezieherInnen mit Pensionen unterhalb des Ausgleichszulagen-Richtsatzes von 747 EUR monatlich die Pensionsanpassung lediglich 1,7 % beträgt, während die Erhöhung höherer Pensionen bis zu 2,81 % beträgt, ist daher nach Ansicht des antragstellenden Gerichts unsachlich und damit verfassungswidrig.
3.2 Diese Verfassungswidrigkeit der Pensionserhöhung 2008 wird durch die gleichzeitig erfolgte Anhebung der Ausgleichszulagen-Richtsätze um 21 EUR für alleinstehende PensionsbezieherInnen und von ca 29 EUR für Ehepaare zwar in manchen Fällen gemildert, jedoch nicht grundsätzlich behoben. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich bei der Ausgleichszulage - im Gegensatz zur Pension aus der gesetzlichen Sozialversicherung - um keine (beitragsfinanzierte) Versicherungsleistung im engeren Sinn, sondern um eine Leistung mit Fürsorge-(Sozialhilfe-)charakter handelt. Es ist daher, wie auch die Klägerin zutreffend geltend macht, schon vom Ansatz her jedenfalls zweifelhaft, ob die Gewährung einer staatlichen Sozialleistung (Ausgleichszulage) überhaupt geeignet ist, eine Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Pensionsregelung zu sanieren. Weiters ist gemäß § 108h Abs 2 ASVG eine (erhöhte) Ausgleichszulage bei einer - auch zukünftigen - Pensionsanpassung nicht zu berücksichtigen, weshalb die Bezieher von Kleinstpensionen (unter dem Ausgleichszulagen-Richtsatz) durch eine zu geringe Erhöhung ihrer Pension im Zuge der Pensionsanpassung 2008 auch bei zukünftigen Pensionsanpassungen einen fortwirkenden Einkommensverlust erleiden können. Es erscheint auch sachlich nicht nachvollziehbar, dass Pensionen, die unter dem Ausgleichszulagen-Richtsatz liegen, geringer erhöht werden, als Pensionen über dem Ausgleichszulagen-Richtsatz, obwohl die PensionsbezieherInnen - wie die Klägerin - aufgrund eines höheren PartnerInneneinkommens gar keine Ausgleichszulage erhalten. Die Erhöhung der Ausgleichszulage kommt auch dann nicht zum Tragen, wenn in einem Haushalt lebende Ehegatten jeweils Pensionen unter dem Ausgleichszulagen-Richtsatz für Alleinstehende erhalten, die in der Summe jedoch den Ausgleichszulagen-Richtsatz für Ehepaare übersteigen. In diesem Fall ist ebenfalls sachlich nicht nachvollziehbar, warum die Pensionen der beiden Ehegatten nur um 1,7 % erhöht werden sollen, während andere betragsmäßig gleich hohe Pensionen um 2 % erhöht werden. Eine Sanierung dieser vom antragstellenden Gericht angenommenen Verfassungswidrigkeit ist auch weder durch das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz, SVÄG 2008, BGBl I 2008/92, noch durch das vom Nationalrat erst jüngst am 25. 9. 2008 beschlossene Sozialrechts-Änderungsgesetz 2008, SRÄG 2008, BGBl I 2008/129, erfolgt.
3.3 Die dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken wegen Verletzung des Gleichheitssatzes bestehen auch im Hinblick auf einen unzulässigen Eingriff in das Eigentumsrecht, wenn man davon ausgeht, dass der eigentumsrechtliche Schutz die im geltenden Recht allgemein vorgesehene jährliche Rentenanpassung (vgl § 108h ASVG) mitumfasst.
3.4 Die Klägerin macht in ihren Revisionsausführungen im Wesentlichen noch geltend, die geringere Erhöhung der Pensionen unter 747 EUR monatlich sei selbst für jene Pensionsbezieher, die tatsächlich eine Ausgleichszulage erhalten, sachlich nicht gerechtfertigt, weil der Anspruch auf eine Pension anders zu bewerten sei als der Anspruch auf eine Ausgleichszulage. So verfolge das Ausgleichszulagenrecht den Zweck, jenen Pensionistinnen und Pensionisten, die gemessen an den Ausgleichszulagenrichtsätzen kein ausreichendes existenzsicherndes Pensionseinkommen haben, ein aus öffentlichen Mitteln finanziertes Existenzminimum als beitragsunabhängige Leistung zu gewähren. Die Berücksichtigung von sonstigem Einkommen und Einkommen des im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners sei daher sachlich gerechtfertigt. Demgegenüber verfolge die jährliche Pensionsanpassung im Wesentlichen den Zweck, die Kaufkraft der Pensionsleistung zu erhalten, und soweit eine Anpassung über der Inflationsrate erfolge, den Pensionisten einen entsprechenden Anteil am Wohlstandszuwachs zukommen zu lassen. Während somit die Ausgleichszulage als existenzsichernde Leistung an die Voraussetzung geknüpft sei, dass die Pension und sonstiges eigenes Einkommen oder das Einkommen eines Ehepartners gemeinsam die festgelegten Ausgleichszulagenrichtsätze nicht übersteige und damit auch bei Wegfall dieser Voraussetzung, etwa durch eine Heirat und der dann vorzunehmenden Anrechnung des Ehepartnereinkommens oder der Erzielung sonstigen eigenen Einkommens, wieder entzogen werden könne, sei ein Entzug der Pensionserhöhung aus diesen Gründen nicht möglich. Es sei auch sachlich nicht gerechtfertigt, dass nur bei Pensionen unter 747 EUR monatlich das sonstige Einkommen oder das Ehepartnereinkommen berücksichtigt werde und es somit zu einer geringeren Pensionserhöhung von 1,7 % komme, während bei höheren Pensionen bis zu 2.160 EUR monatlich ohne Rücksicht auf sonstiges eigenes Einkommen oder das Partnereinkommen eine Pensionsanpassung gewährt werde.
3.5 Aufgrund der dargelegten Erwägungen sieht sich der Oberste Gerichtshof auch im vorliegenden Fall veranlasst, dem Verfassungsgerichtshof die Möglichkeit zu geben, die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung des § 634 Abs 10 ASVG zu prüfen und stellt den aus dem Spruch ersichtlichen Antrag. Die Anordnung der Innehaltung des Verfahrens beruht auf der im Spruch zitierten Gesetzesstelle.
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