European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0030OB00211.08P.1119.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Die Klägerin hat mit Notariatsakt vom 27. März 2001 ihrem Neffen (dem Beklagten) ihre 61/128stel Anteile an einer Liegenschaft samt Zinshaus in Wien geschenkt. Sie ficht die Schenkung mit der wesentlichen Begründung an, dass sie zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geschäftsunfähig gewesen sei und dass ihr die Ernstlichkeit des Vertragswillens gefehlt habe.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren und die gestellten Eventualbegehren ab. Zur entscheidungswesentlichen Frage, ob die Klägerin am 27. März 2001 unfähig war, das Wesen und die Tragweite des Schenkungsvertrags zu verstehen, wurde eine Negativfeststellung getroffen.
Rechtliche Beurteilung
Mit ihrer außerordentlichen Revision zeigt die Klägerin keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO auf:
1. Schwerpunkt der Revision ist eine im Revisionsverfahren unzulässige Anfechtung der Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen (RIS‑Justiz RS0043371).
2. Entgegen den Revisionsausführungen begründet der Umstand, dass das Berufungsgericht die mit der Berufung der Klägerin vorgelegten drei Privatgutachten nicht berücksichtigt hat, keinen Mangel des Berufungsverfahrens. Zu Recht wurde ein Verstoß gegen das Neuerungsverbot angenommen (10 ObS 17/01z; RIS‑Justiz RS0041965). Ein Sachverständigengutachten kann im Revisionsverfahren nur bei einem - hier nicht vorliegenden - Verstoß gegen zwingende Denkgesetze angefochten werden (RIS‑Justiz RS0043404). Ob ein weiteres Gutachten einzuholen gewesen wäre, ist eine irreversible Frage der Beweiswürdigung (RIS‑Justiz RS0043320).
3. Für das Vorliegen einer Geschäftsunfähigkeit ist die Klägerin beweispflichtig (RIS‑Justiz RS0014620; RS0014645). Wenn die tatsächlichen Umstände und persönlichen Eigenschaften der Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht festgestellt werden konnten, ist ein rechtlicher Schluss auf das Vorliegen einer Geschäftsunfähigkeit unmöglich (zur Abgrenzung der Tatfrage von der Rechtsfrage: RIS‑Justiz RS0014641).
4. Die Revisionsausführungen zum Fehlen eines ernstlichen Willens zum Abschluss eines Schenkungsvertrags iSd § 869 ABGB (dabei handelt es sich um eine Tatfrage: RIS‑Justiz RS0014691) gehen nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Festgestellt wurden neben den Erläuterungen des öffentlichen Notars auch die Motive der Klägerin für ihre Schenkung (das Haus warf keine Mieterträgnisse ab; den Eigentümern drohte ein von ihnen zu tragender erheblicher Reparaturaufwand).
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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