OGH 3Ob234/08w

OGH3Ob234/08w19.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.‑Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** GmbH, *****, vertreten durch Kaufmann & Partner Rechtsanwalts KG in Graz, wider die beklagte Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Matthias Kucera, Rechtsanwalt in Hard, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 30. Juni 2008, GZ 4 R 168/08t‑13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Graz‑Ost vom 12. Februar 2008, GZ 242 C 5/07g‑6, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 445,82 EUR (darin 74,30 EUR) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Die Oppositionsklägerin verkaufte am 21. Februar 2003 eine Betriebsstätte in Klagenfurt an die beklagte Partei und verpflichtete sich mit dem am 7. Februar 2007 im Verfahren AZ 11 Cg 96/06w des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz geschlossenen gerichtlichen Vergleich zur Unterlassung jeder gewerblichen Tätigkeit im Geschäftsbereich des Unternehmens (Betonbohr‑, Betonsäge- und Betonschneidearbeiten) in den Bundesländern Kärnten und Steiermark. Die beklagte Partei verkaufte am 1. Juni 2007 die Betriebsstätte samt allem tatsächlichen und rechtlichen Zubehör an ein drittes Unternehmen. Im Kaufvertrag wurde festgehalten, dass die Käuferin über den Ausgang des Vorprozesses informiert wurde und ihr der Kaufvertrag vom 21. Februar 2003 sowie der Vergleich übergeben wurden. In § 4 des Kaufvertrags vom 1. Juni 2007 wurde Folgendes festgehalten:

„Die Übergabe des Vertragsgegenstands erfolgt am 15. 06. 2007 durch Übergabe sämtlicher für das Geschäftslokal und die Wohnung bestimmter Schlüssel. Mit diesem Tag gehen sämtliche Rechte und Pflichten auf (richtig wohl: am) betreffenden Vertragsgegenstand auf die Käuferin über.

Sämtliche bis dahin entstandene Verbindlichkeiten, soweit sie die kaufgegenständliche Betriebsstätte in Klagenfurt betreffen, und zwar auch solche, die später hervorkommen, hat ausschließlich die Verkäuferin zu tragen, die auch die bis zum Verrechnungsstichtag entstandenen Forderungen einzuziehen berechtigt ist. Die Vertragsteile halten sich diesbezüglich wechselseitig schad- und klaglos."

Mit Schreiben vom 18. Juni 2007 forderte der Rechtsvertreter der Käuferin der Betriebsstätte die Oppositionsklägerin zur Einhaltung des Konkurrenzverbots auf.

Aufgrund des Vergleichs vom 7. Februar 2007 wurde der Oppositionsbeklagten am 14. November 2007 die Exekution gemäß § 355 EO wegen der im Exekutionsantrag vom 7. August 2007 behaupteten Titelverstöße in der Zeit vom 11. Juni bis 15. Juni 2007 bewilligt und über die Oppositionsklägerin eine Geldstrafe von 1.500 EUR verhängt.

Die Oppositionsklägerin stützte ihr nunmehriges Oppositionsbegehren darauf, dass der materiellrechtliche Unterlassungsanspruch auf die Erwerberin der Betriebsstätte übergegangen sei. Die Zession führe zum Erlöschen des betriebenen Anspruchs im Verhältnis zwischen Titelgläubiger und Titelschuldner.

Die beklagte Partei steht dagegen auf dem Standpunkt, dass sie aufgrund der in § 4 des Kaufvertrags getroffenen Vereinbarung berechtigt sei, alle vor dem 15. Juni 2007 entstandenen Forderungen einzuziehen.

Das Erstgericht wies das Oppositionsklagebegehren auf der Grundlage des schon wiedergegebenen und unstrittigen Sachverhalts ab. Nach der zitierten Stichtagsregelung verblieben alle bis zum 15. Juni 2007 entstandenen Rechte und Pflichten noch bei der Verkäuferin.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Oppositionsklägerin nicht Folge, teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts und führte ergänzend aus, dass es nicht zuletzt darum gehe, „zu verhindern, dass die Klägerin - wie hier - straflos eine bestimmte Zeit dem Unterlassungsgebot zuwiderhandeln könnte, weil die Erwerberin ausgehend von der Übergabe‑Regelung in § 4 des Vertrages noch nicht berechtigt gewesen wäre".

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts mangels erheblicher Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Entscheidungswesentlich ist die Auslegung der Zessionsvereinbarung im Kaufvertrag vom 1. Juni 2007. Die angefochtene Entscheidung steht im Einklang mit der in der oberstgerichtlichen Judikatur und im Schrifttum vertretenen Auffassung, dass eine stille oder „abgeschwächte" Zession keinen Oppositionsgrund darstellt:

1. Grundsätzlich ist die vor der Exekutionsbewilligung erfolgte Zession der betriebenen Forderung ein Oppositionsgrund, der zwar nicht zur Feststellung des Erlöschens des Anspruchs schlechthin, sondern nur zur Feststellung führt, dass der Anspruch des Titelgläubigers erloschen ist (RIS‑Justiz RS0000316; Jakusch in Angst, EO³, § 35 Rz 27; Dullinger in Burgstaller/Deixler‑Hübner, EO, § 35 Rz 62). Dies gilt grundsätzlich auch für die auf einen neuen Gläubiger übergegangenen Ansprüche auf Erbringung einer Handlung oder Unterlassung (Jakusch aaO Rz 27c mwN). Der Forderungsübergang auf Gläubigerseite, egal ob rechtsgeschäftlich oder im Wege der Legalzession (zu dieser 2 Ob 256/06w und 3 Ob 305/02b = RdW 2003, 571 = ecolex 2003, 839), beseitigt die Legitimation zur Exekutionsführung, die nur mehr dem Zessionar zusteht, andernfalls die Gefahr bestünde, dass der Titelschuldner doppelt zu leisten oder zu unterlassen hätte.

2. Die dargelegte Rechtslage gilt aber nicht für die Fälle der sogenannten „abgeschwächten Abtretung", insbesondere bei der stillen Zession, bei der sich der Zedent verpflichtet, die Forderung im eigenen Namen einzutreiben und sodann die vom Schuldner erhaltene Leistung an den Zessionar abzuliefern. Der Zedent ist da wie jeder indirekte Stellvertreter zur Eintreibung im eigenen Namen legitimiert, auch wenn dem Schuldner bekannt ist, dass er für Rechnung des Zessionars auftritt. Diese schon in der Entscheidung 3 Ob 142/69 vertretene Auffassung wird von der Lehre geteilt (Jakusch aaO Rz 27 mwN; Dullinger aaO). Die bei der stillen Zession beim Zedenten verbleibende Einziehungsberechtigung lässt seine Legitimation zur Exekutionsführung unberührt. Eine solche Zession ist kein Oppositionsgrund.

3. Die Auslegung der Kaufvertragsbestimmung dahin, dass die Einziehungsberechtigung der Verkäuferin in Ansehung der bis zum Verrechnungsstichtag entstandenen Forderungen auch die Unterlassungsansprüche umfasst, ist zutreffend, zumal es sich beim Konkurrenzverbot um ein unternehmensbezogenes Rechtsverhältnis handelt, das die Käuferin der Betriebsstätte nach dem aus den Feststellungen ableitbaren Parteiwillen ganz offenkundig übernehmen sollte (vgl § 38 Abs 1 UGB zur gesetzlichen Übernahme unternehmensbezogener Rechtsverhältnisse bei Unternehmensfortführung).

4. Die von der Revisionswerberin zur Zulässigkeit der Revision thematisierte Frage, inwieweit ein Unterlassungstitel einer Einzelrechtsnachfolge (überhaupt) zugänglich ist, hat im Fall ihrer Verneinung keine konkrete Bedeutung. Wäre der Unterlassungsanspruch nicht rechtsgeschäftlich abtretbar (nach § 1393 ABGB sind alle veräußerlichten Rechte Gegenstand der Abtretung, an der Person „anklebende" Rechte aber nicht), wäre die beklagte Partei weiterhin materiell anspruchsberechtigt. Sie hätte auch weiterhin zumindest solange ein rechtliches Interesse an der Exekutionsführung, als nicht feststeht, dass sie keine Geschäftstätigkeit im vom Titel erfassten Geschäftsbereich ausübt und ausüben wird. Ist der betriebene materielle Unterlassungsanspruch aber rechtsgeschäftlich abtretbar, bleibt die Legitimation der Oppositionsbeklagten zur Exekutionsführung aus den dargelegten Gründen aufrecht.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der gegnerischen Revision hingewiesen.

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