OGH 3Ob142/69

OGH3Ob142/6928.1.1970

SZ 43/21

Normen

ABGB §1394
EO §9
EO §10
EO §35
ZPO §234
ABGB §1394
EO §9
EO §10
EO §35
ZPO §234

 

Spruch:

Zession der betriebenen Forderung nach den in § 35 EO bezeichneten Zeitpunkt ist ein Oppositionsgrund, nicht jedoch in den Fällen einer abgeschwächten Abtretung

OGH 28. Jänner 1970, 3 Ob 142/69 (KG Korneuburg 5 R 209/69; BG Mistelbach C 259/68 )

Text

Auf Grund des rechtskräftigen und vollstreckbaren Wechselzahlungsauftrages des Handelsgerichtes Wien vom 8. März 1968, sind die Kläger zur ungeteilten Hand mit der Firma H & P und einer weiteren Firma zur Zahlung von 1.557.675 S s A an die Beklagte verpflichtet. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 23. April 1968 wurde der Beklagten zur Hereinbringung dieser Forderung die Exekution durch Beitritt zur bereits bewilligten Zwangsversteigerung der den Klägern je zur Hälfte gehörigen Liegenschaft EZ 6 KG G bewilligt; derzeit wird die Exekution durch Zwangsversteigerung nur mehr von den Beklagten betrieben.

Mit Schreiben vom 28. Juni 1968 teilte die Beklagte der Firma H & P mit, daß sie die gegenständliche Forderung der Landeshypothekenanstalt abgetreten habe und machte darauf aufmerksam, daß ab sofort Zahlungen auf dieses Schuldverhältnis nur mehr an die Zessionarin geleistet werden könnten.

Mit der Behauptung, daß infolge dieser Zession die weitere Exekutionsführung durch die Beklagte unzulässig sei, begehren die Kläger deren Unzulässigerklärung.

Die Beklagte beantragt Klagsabweisung, weil die erst nach Bewilligung der Exekution erfolgte Zession unter "Ausklammerung eines treuhänderischen Inkassomandates" geschehen und sie daher mit der weiteren Betreibung der Zwangsversteigerung im eigenen Namen, aber für Rechnung der Zessionarin beauftragt worden sei, was auch die Kläger genehmigend zur Kenntnis genommen hätten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Nach den zusätzlichen Feststellungen des Erstgerichtes erfolgte die gegenständliche Zession durch Annahme eines Anbots der Beklagten laut Anbotschreiben vom 21. Juni 1968 durch die Landeshypothekenanstalt. Die Vereinbarungen im Innenverhältnis wurden nicht so sehr zwischen Zedentin und Zessionarin, sondern zwischen dem Land und der Beklagten abgemacht. Die für die Klage einschreitenden Herren Dr Ewald W (Substitut des zur Exekutionsführung bevollmächtigten Anwaltes der Beklagten) und Dr Josef V (vom BMF bestellter Regierungskommissär für die Beklagte) erklärten den Klägern ausdrücklich, daß die gegenständliche Zwangsversteigerung aus Ersparnisgrunden von der Beklagten weiterbetrieben werde, sie behielt sich hiezu ein Inkassomandat vor, von dem den satzungsgemäßen Organen der Zessionarin allerdings nichts bekannt war.

Das Erstgericht bezeichnete diese Frage in seinen Rechtsausführungen als für die Entscheidung nicht maßgeblich, weil es in Anlehnung an Heller - Berger - Stix[4] 391, 392 die Auffassung vertrat, daß die Kläger die nach Exekutionsbewilligung erfolgte Zession nicht zum Gegenstand einer Oppositionsklage machen könnten, weshalb nicht weiter zu prüfen sei, ob die Beklagte auf Grund des "festgestellten Inkassomandates" zur Fortsetzung des Exekutionsverfahrens berechtigt sei.

Infolge Berufung der Kläger hob das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf. Das Berufungsgericht vertrat die Ansicht, daß auch die gegenständliche Zession die Erhebung von Einwendungen i S des § 35 EO rechtfertigen könne, weil mit jeder Zession (Vollzession) die materielle Berechtigung des Zedenten zur weiteren Betreibung der Forderung wegfalle, was auch bei einer Zession nach erfolgter Exekutionsbewilligung zu gelten habe. Ob die von der Beklagten behauptete, grundsätzlich mögliche Vereinbarung vorliege, nach deren Inhalt die Beklagte als Zedentin zur Fortführung der Exekution im eigenen Namen berechtigt wäre, könne auf Grund des vom Erstgericht festgestellten Sachverhaltes nicht ausreichend beurteilt werden.

Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes richten sich die Rekurse beider Parteien, welche die Rechtssache als i S ihres Prozeßstandpunktes spruchreif ansehen und die sich daraus ergebenden Anträge stellen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs beider Parteien nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausführte, ist die Bestimmung des § 234 ZPO im Exekutionsverfahren nicht anwendbar (ebenso Fasching III, 96, Heller - Berger - Stix, 365, Petschek, ZBl 1930, 304, SZ 23/290, SZ 27/139, JBl 1966, 527 u a). Ferner hält der Oberste Gerichtshof an seiner mit der Lehre (Wolff in Klang[2] VI, 288, Fasching III 96, 97, Heller - Berger - Stix, 389, 390, Petschek, Zivilprozeßrechtliche Streitfragen, 181) übereinstimmenden und in der neueren Rechtsprechung ständig vertretenen Auffassung fest, daß die Zession der betriebenen Forderung einen Oppositionsgrund bildet (SZ 24/235, 39/175, EvBl 1966/343, JBl 1966, 527 u a).

Allerdings wird durch die Zession abweichend vom Normalfall der Einwendungen gemäß § 35 EO nicht der Anspruch als solcher vernichtet, er bleibt vielmehr im Falle eines Rechtsüberganges bestehen und steht lediglich dem Titelgläubiger nicht mehr zu, nur dessen Recht aus dem Exekutionstitel ist erloschen (ebenso Heller - Berger - Stix und Petschek je aaO). Demzufolge kann auch ein klagsstattgebendes Urteil in diesem Fall nicht das Erlöschen des Anspruches schlechthin, sondern lediglich das Erlöschen des Rechtes des Titelgläubigers aussprechen, wobei die diesbezügliche Fassung des Urteilsspruches lediglich eine Formulierungsfrage darstellt, welche das erkennbare Gericht selbst vornehmen kann (Heller - Berger - Stix, 411, u a). Dem Rechtsnachfolger des Titelgläubigers bleibt es trotzdem unbenommen, den Titel gemäß §§ 9 oder 10 EO im Exekutionsweg durchzusetzen.

Es ist nun nicht einzusehen, warum dem Verpflichteten die Einwendung des Rechtsüberganges nicht mehr zustehen sollte, wenn ein Gläubiger die betriebene Forderung erst nach Exekutionsbewilligung zediert. Wie schon das Berufungsgericht richtig erkannte, fällt mit dem durch die Zession bewirkten Rechtsübergang die materielle Berechtigung des Zedenten weg (ebenso neben der bereits angeführten Lehre und Rechtsprechung Ehrenzweig I/2, 263, Gschnitzer, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 98, Stubenrauch II, 813, Heller - Berger - Stix, 233, 234, SZ 9/132 u a). Auch wenn erst nach der Exekutionsbewilligung zediert wird und damit die angeführte Berechtigung erst nach diesem Zeitpunkt wegfällt, ändert sich grundsätzlich nichts am Fehlen der Berechtigung des Zedenten zur (weiteren) Betreibung der Forderung gegenüber dem Schuldner. Hiezu berechtigt ist vielmehr ab dem Zeitpunkt des Rechtsüberganges der Zessionar. Gerade weil dieser nach den insoweit zutreffenden Ausführungen des Erstgerichtes die Exekution selbst ohne Zustimmung des Verpflichteten einfach fortsetzen kann (Heller - Berger - Stix, 365 u v a), muß ein damit in Widerspruch stehendes Recht des Zedenten auf Fortsetzung derselben Exekution verneint werden (ebenso Wolff und Petschek je aaO, vgl SZ 23/90, SZ 24/235 u a).

Da der Zessionar somit durch Fortsetzung der Exekution das Untergehen der aus der Exekutionsbewilligung entstandenen Rechte ohne weiteres verhindern kann, ist dem Argument von Heller - Berger - Stix, 391, die Einstellung der Exekution auf Grund einer wegen Zession erfolgreichen Oppositionsklage widerspreche dem Hauptzweck der Zession der Durchsetzung der Forderung, die Grundlage entzogen, ganz abgesehen davon, daß der Zweck einer Zession durchaus nicht immer in der besseren Durchsetzung der Forderung liegen muß. Vor allem aber macht es auch bei den sonstigen gem § 35 EO möglichen Einwendungen keinen Unterschied, ob der die Einwendung begrundende Sachverhalt zeitlich vor oder nach der Exekutionsbewilligung gelegen ist. Es besteht keine sachliche Rechtfertigung dafür, den Einwand des Rechtsüberganges durch Zession insoweit anders zu behandeln.

Aus allen diesen Erwägungen tritt der Oberste Gerichtshof der vom Berufungsgericht ausgesprochenen Rechtsansicht bei, zumal gerade auf Grund des von der Beklagten im Rekurs betonten Überganges sämtlicher Rechte auf den Zessionar grundsätzlich nur dieser zur weiteren Ausübung bzw Geltendmachung der übergegangenen Rechte legitimiert ist.

Die vorstehenden Ausführungen gelten jedoch nur im Fall einer echten Zession (Vollzession). Es sind aber Fälle abgeschwächter Abtretung denkbar, insbesondere eine Vereinbarung des Inhaltes, wonach sich der Zedent verpflichtet, die Forderung im eigenen Namen als indirekter Stellvertreter des Zessionars einzutreiben, und sodann die vom Schuldner erhaltene Leistung dem Zessionar abzuliefern (sogenannte stille Abtretung, vgl Gschnitzer, 99, Wolff, 290, Ehrenzweig, 258 u a). In diesem Fall ist der Zedent wie jeder indirekte Stellvertreter zur Eintreibung im eigenen Namen legitimiert, auch wenn dem Schuldner bekannt ist, daß er für Rechnung des Zessionars auftritt (vgl Stanzl in Klang[2] IV/1, 776, RSpr 1930/138, 7 Ob 99/69 u a). An diesem Rechtscharakter der materiellrechtlichen Beziehungen ändert sich auch dadurch nichts, wenn sie dem Schuldner nicht vollständig bekannt sind. Es kommt also nicht darauf an, welche Erklärungen der Zedent dem Schuldner gegenüber abgibt, sondern ausschließlich auf die insoweit getroffenen Vereinbarungen zwischen dem Zedenten und dem Zessionar. Je nach dem Inhalt dieser materiellrechtlichen Beziehungen kann eine abgeschwächte Abtretung i S der vorstehenden Ausführungen vorliegen, oder die ursprünglich als Vollzession vereinbarte Abtretung in eine abgeschwächte Abtretung umgewandelt worden sein; es kann dem ursprünglichen Zedenten die Forderung zum Inkasso rückzediert worden sein, er kann also indirekter Stellvertreter (also im eigenen Namen) mit dem Inkasso beauftragt worden sein oder auch als Treuhänder des Zessionars auftreten. In allen diesen Fällen wäre eine Berechtigung des Zedenten zur Fortführung der Exekution trotz Vorliegens einer Zession zu bejahen; zumindest einer dieser Fälle wurde von der Beklagten prozessual behauptet.

Wenn das Berufungsgericht, ausgehend von seiner zutreffenden Rechtsansicht, den hiefür maßgebenden Sachverhalt als nicht ausreichend geklärt ansah, so kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dieser Auffassung nicht entgegentreten (Fasching, IV 414, Anm 11, SZ 38/227 u a). Im übrigen wurde bereits ausgeführt, daß für die rechtliche Beurteilung dieser Frage nicht die Erklärungen von Dr W und Dr V gegenüber den Klägern, sondern vielmehr die zwischen der Beklagten und der Landeshypothekenanstalt getroffenen Vereinbarungen maßgebend sind (letztere können allerdings auch konkludent dadurch zustandegekommen sein, daß die vertretungsbefugten Organe der Zessionarin allfällige Abmachungen zwischen der Beklagten und Vertretern des Landes stillschweigend billigten).

Da somit der angefochtene Beschluß der Sach- und Rechtslage entsprach, war beiden Rekursen nicht Folge zu geben.

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