OGH 4Ob214/08m

OGH4Ob214/08m18.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Zechner als Vorsitzenden und durch die Hofrätin Dr. Schenk sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Erstantragstellerin Christine W*****, und der Zweitantragstellerin mj Simone W*****, beide Antragstellerinnen vertreten durch Mag. Bernhard Graf, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Unterhalt, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 10. September 2008, GZ 1 R 217/08g, 3 R 227/08t-98, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Feldkirch vom 9. Juli 2008, GZ 12 P 9/97m-90, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht bestimmte auf Antrag der beiden Töchter den vom Vater zu leistenden Unterhalt wie folgt: für die mittlerweile volljährige Christine für den Zeitraum 1. 5. 1999 bis 31. 1. 2005 (gestaffelt) einen bestimmten rückständigen Betrag, der 20.000 EUR nicht übersteigt, für Simone für den Zeitraum 1. 5. 1999 bis 31. 12. 2007 (gestaffelt) einen bestimmten rückständigen Betrag und einen laufenden Unterhalt ab 1. 1. 2008 von 423,99 EUR monatlich. Dem Rechtsmittel des Vaters, mit dem er eine gänzliche Abweisung des Antrags der Kinder angestrebt hatte, gab das Rekursgericht teilweise Folge und setzte hinsichtlich Christine den zu zahlenden rückständigen Unterhalt auf insgesamt 8.775,90 EUR herab, hinsichtlich Simone setzte es den rückständigen Unterhalt auf insgesamt 10.193,92 EUR herab und bestimmte den laufenden Unterhalt ab 1. 1. 2008 mit 390 EUR monatlich; es sprach ferner aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Den gegen diesen Beschluss erhobenen „außerordentlichen Revisionsrekurs" der Antragstellerinnen an den Obersten Gerichtshof, worin beantragt wird, der Oberste Gerichtshof möge den angefochtenen Beschluss abändern, in eventu aufheben und die Rechtssache zwecks Beweisergänzung an das Gericht zweiter Instanz rückverweisen, legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der seit Inkrafttreten der WGN 1997 BGBl I 1997/140 geltenden Rechtslage:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 dieses Gesetzes - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 20.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 desselben Gesetzes den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts - beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung). Die Zulassungsvorstellung, die mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden ist, muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs für zulässig erachtet wird.

2. Hier übersteigt der Gegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, nicht 20.000 EUR: Unterhaltsansprüche mehrerer Kinder beruhen nicht auf demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund, sondern sind nur gleichartige, auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche; eine Zusammenrechnung findet daher nicht statt (RIS-Justiz RS0112656). Bei der Ermittlung des Entscheidungsgegenstands zweiter Instanz in Unterhaltsverfahren kommt es dann, wenn (auch) laufende Ansprüche zu beurteilen sind, grundsätzlich auf den 36-fachen Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags an, der zum Zeitpunkt der Entscheidung der zweiten Instanz zwischen den Parteien noch strittig war; der neben dem laufenden Geldunterhalt geltend gemachte Rückstand ist der dreifachen Jahresleistung aufgrund gefestigter jüngerer Rechtsprechung nicht hinzuzurechnen (RIS-Justiz RS0114353, RS0103147 [T6, T12, T14]).

3. Da der Entscheidungsgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, somit für beide Antragstellerinnen unter 20.000 EUR liegt, wäre deren Rechtsmittel nicht dem Obersten Gerichtshof - auch wenn es als „außerordentliches" bezeichnet wird -, sondern vielmehr dem Rekursgericht vorzulegen gewesen. Dies wird das Erstgericht nunmehr nachzuholen haben. Ob der im Rechtsmittel gestellte Antrag, der Oberste Gerichtshof möge den Revisionsrekurs für zulässig erachten, den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RIS-Justiz RS0109505 [T34], RS0109516 [T10]).

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