OGH 7Ob215/08f

OGH7Ob215/08f5.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Seida A*****, vertreten durch Dr. Reinhard Huber, Rechtsanwalt in Werfen, gegen die beklagte Partei Helmuth M*****, vertreten durch Rechtsanwälte Kreuzberger‑Stranimaier‑Köstner OEG in Bischofshofen, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 22. Juli 2008, GZ 54 R 69/08y‑41, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0070OB00215.08F.1105.000

 

Spruch:

Die Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Ein grobes Verschulden am Entstehen eines Mietzinsrückstands setzt ein besonderes Maß an Sorglosigkeit voraus, sodass der Vorwurf berechtigt erscheint, der Mieter habe die Interessen des Vermieters aus Rechthaberei, Willkür, Leichtsinn oder Streitsucht verletzt (RIS‑Justiz RS0069304). Die Beurteilung, ob den Mieter an der nicht rechtzeitigen Zahlung ein grobes Verschulden trifft oder nicht, ist eine Frage des Einzelfalls (RIS‑Justiz RS0042773).

Die Frage, ob die Auflösungserklärung nach § 1118 ABGB wirksam außergerichtlich bei qualifiziertem Mietzinsrückstand ohne Zahlung oder erst durch die Klage bei Zahlung des geminderten Mietzinses (diese Rechtsansicht vertritt das Berufungsgericht) abgegeben wurde, kann im vorliegenden Rechtsfall dahingestellt bleiben. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, dass dem Beklagten kein grobes Verschulden am Zahlungsrückstand in der Höhe der Differenz zwischen vorgeschriebenem und bezahltem Mietzins angelastet werden kann, hält sich auch allgemein zum Gesamtmietzins im Rahmen der Judikatur und ist im Einzelfall nicht zu beanstanden, sodass keine erhebliche Rechtsfrage zur Entscheidung ansteht.

Zentraler Punkt des vorliegenden Rechtsfalls ist, dass der Beklagte nach den Feststellungen eine erhebliche Gebrauchseinschränkung seines Bestandobjekts wegen des Betriebs von (Kebab‑)Lokalen durch andere Mieter des Hauses während mehrerer Jahre hinnehmen musste und die Klägerin keine Abhilfe schuf. Die daraus resultierende Mietzinsminderung beträgt - im Revisionsverfahren nicht strittig - rund 20 %. Während des Verfahrens lag hinsichtlich der Monate April bis Juni 2007 je eine rund 15‑tägige Verzögerung der monatlichen Zahlungen vor. Ab September 2007 leistete der Beklagte aber sogar zu viel Mietzins und bezahlte auch einige Male den Mietzins im Voraus, sodass zum Zeitpunkt Schluss der Verhandlung erster Instanz zu seinen Gunsten ein Guthaben von rund zwei Monatsmieten vorlag. Im Hinblick auf die festgestellte, durchaus massive Geruchs- und Lärmbelästigung sowie die Mistablagerungen im Hof, wodurch auch Seuchengefahr entstand, kann dem Beklagten im Einzelfall noch kein grobes Verschulden an den festgestellten Zahlungsverspätungen vor Klagseinbringung angelastet werden. Es ist vertretbar, ihm für die Mietzinsrückstände für zwei Monate vor Klagseinbringung einzuräumen, dass er im Hinblick auf die Gebrauchsbeeinträchtigung nicht von vornherein nur aus verwerflichen Gründen die Mietzinszahlungen verspätet leistete. Im Verfahren selbst kam es zwar zunächst auch noch zu ähnlichen Zahlungsverzögerungen für drei Monate, doch kommt dem im vorliegenden Fall im Hinblick auf die dann anschließend anhaltende rechtzeitige Bezahlung der Mietzinse noch nicht das Gewicht eines groben Verschuldens zu.

Da die Entscheidung von den Umständen des Einzelfalls abhängt, stellt sich im vorliegenden Fall keine erhebliche Rechtsfrage. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte