OGH 13Os141/08x (13Os167/08w)

OGH13Os141/08x (13Os167/08w)5.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. November 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gebert als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dan Constantin I***** wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB, AZ 7 Hv 226/05k des Landesgerichts Eisenstadt, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Wien als Beschwerdegericht vom 20. August 2008, AZ 23 Bs 336/08t (ON 45 des Hv-Aktes), und des Landesgerichts Eisenstadt vom 1. Juli 2008, GZ 7 Hv 226/05k-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Der Angeklagte Dan Constantin I***** macht in seiner - ohne die Angaben nach § 3 Abs 1 zweiter und dritter Satz GRBG (Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung; Tag, der für den Beginn der Beschwerdefrist maßgeblich ist) ausgeführten - Grundrechtsbeschwerde geltend, „durch die Verhängung der Haft" in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt worden zu sein, „weil die Verhängung der Haft zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis stand, die Aufrechterhaltung der Haft unverhältnismäßig geworden ist und die Voraussetzungen einer Haft, wie Tatverdacht oder Haftgründe, unrichtig beurteilt wurden". Daran schließt sich Vorbringen über das „Fehlen des Haftgrundes der Fluchtgefahr gemäß § 173 Abs 2 StPO", eine unzureichende Begründung der Annahme einer solchen Gefahr und eine „zu spät erfolgte Enthaftung".

Dem liegt Folgendes zugrunde:

Die Staatsanwaltschaft Eisenstadt stellte am 9. August 1999 Strafantrag gegen Dan Constantin I*****, weil er am 10. Mai 1999 in Nickelsdorf eine falsche ausländische öffentliche Urkunde, die inländischen öffentlichen Urkunden gleichgestellt ist, im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, nämlich seiner Berechtigung zum Aufenthalt in Italien und damit zur Einreise nach Österreich, gebraucht habe, indem er sich im Zug der Grenzkontrolle mit seinem rumänischen Reisepass auswies, in dem eine nachgemachte italienische Aufenthaltserlaubnis angebracht war. Hierin erblickte die Staatsanwaltschaft das Vergehen der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB (ON 5). Zugleich beantragte sie die Ausschreibung des Genannten zur Aufenthaltsermittlung im Inland, die der Einzelrichter des Landesgerichts Eisenstadt am 23. August 1999 ebenso wie die Abbrechung des Verfahrens gemäß § 412 StPO aF auch verfügte (ON 1 S 1, ON 6).

Am 15. März 2003 berichtete die Grenzkontrollstelle Nickelsdorf dem Landesgericht Eisenstadt, dass Dan Constantin I***** am 2. März 2003 angetroffen und ihm die Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung als Beschuldigter zur Kenntnis gebracht wurde (ON 8). Gleichartige Berichte dieser und anderer Dienststellen folgten am 24. August 2003, 21. Jänner 2004, 26. Dezember 2004 und 30. Mai 2006. In mehreren Fällen erklärte der Gesuchte bei seiner wegen der Aufenthaltsermittlung durchgeführten Vernehmung, dass er sich mit dem Gericht unverzüglich ins Einvernehmen setzen werde, „um die Angelegenheit zu klären" (ON 9, 9a, 10, 14). Nach diesen für das vorliegende Strafverfahren ergebnislosen Kontakten mit dem Angeklagten erließ das Landesgericht Eisenstadt auf Antrag der Staatsanwaltschaft am 18. Juli 2006 einen auf Fluchtgefahr gegründeten Haftbefehl gegen Dan Constantin I***** und verfügte dessen Ausschreibung zur Verhaftung (ON 16 f).

Infolge dieses Haftbefehls kam es am 26. Juni 2008 zur Festnahme des Gesuchten. Am nächsten Tag verhängte der Einzelrichter des Landesgerichts Eisenstadt aus dem Haftgrund der Fluchtgefahr die Untersuchungshaft über den Angeklagten, wogegen dieser auf Rechtsmittel verzichtete (ON 21 f). Am 27. Juni 2008 brachte der Verteidiger „Beschwerde gegen den Haftbefehl vom 18. Juli 2006 und Haftbeschwerde" ein, die der Angeklagte später zurückzog (ON 24, 37). Aufgrund eines Beschlusses des Einzelrichters vom 1. Juli 2008 wurde der Angeklagte gegen Sicherheitsleistung und Gelöbnis enthaftet (ON 27). Dagegen erhob er Beschwerde, in der er die Zulässigkeit der Anwendung der gelinderen Mittel mit dem Vorbringen bestritt, dass keine Fluchtgefahr bestanden habe (ON 39). Das Oberlandesgericht Wien gab dieser Beschwerde mit Beschluss vom 20. August 2008, AZ 23 Bs 336/08t (ON 45 des Hv-Aktes), nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Die daraufhin erhobene Grundrechtsbeschwerde erweist sich als unzulässig:

Soweit die vorliegende Grundrechtsbeschwerde die Verhängung der Untersuchungshaft betrifft, fehlt es, weil diese unbekämpft blieb, an der nach § 1 Abs 1 GRBG erforderlichen Ausschöpfung des Instanzenzugs.

Die Anwendung gelinderer Mittel (§ 173 Abs 5 StPO) - für die unter anderem die in der Beschwerde bestrittene Annahme eines Haftgrundes Voraussetzung ist - wird vom spezifischen Schutzzweck des Grundrechtsbeschwerdegesetzes nicht erfasst (RIS-Justiz RS0115525, RS0122464).

In Betreff angeblich verzögerter Enthaftung (§ 2 Abs 2 GRBG) ist die Grundrechtsbeschwerde vom 11. September 2008 schließlich verspätet, weil der Beschluss des Landesgerichts Eisenstadt vom 1. Juli 2008 am selben Tag zugestellt wurde (§ 4 Abs 1 GRBG).

Die Grundrechtsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur als unzulässig ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) zurückzuweisen.

Stichworte