OGH 2Ob86/08y

OGH2Ob86/08y30.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Richard R*****, vertreten durch Dr. Roland Jäger, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen die beklagten Parteien 1.) Walter S*****, und 2.) Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs, Schwarzenbergplatz 7, 1031 Wien, wegen 9.815,40 EUR sA und Feststellung (Streitinteresse: 2.500 EUR), über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 8. Februar 2008, GZ 4 R 292/07h-17, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 12. Oktober 2007, GZ 9 Cg 235/06b-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 919,91 EUR (darin 153,32 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 30. 6. 2006 ereignete sich gegen 10:45 Uhr auf der ampelgeregelten Kreuzung der Dr.-Waibel-Straße (L48) mit der Stadtstraße (L190) in Dornbirn ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger als Radfahrer und der Erstbeklagte als Lenker und Halter des in der Schweiz zugelassenen und haftpflichtversicherten PKWs Ford Maverick, behördliches Kennzeichen *****, beteiligt waren.

Der Kläger begehrte den Ersatz des ihm bei dem Unfall entstandenen Sach- und Personenschadens in Gesamthöhe von 9.815,40 EUR sA sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien - jene der zweitbeklagten Partei begrenzt mit der Haftpflichtversicherungssumme für das Beklagtenfahrzeug - für alle künftigen Schäden aus dem Unfall vom 30. 6. 2006. Er brachte vor, er habe mit seinem Fahrrad die Fahrbahn der Stadtstraße auf einer Radfahrerüberfahrt bei Grünlicht der Ampel überqueren wollen. Der aus der Dr.-Waibel-Straße nach links in die Stadtstraße einbiegende Erstbeklagte habe den bevorrangten Kläger übersehen und ihn niedergestoßen.

Die beklagten Parteien wandten im Wesentlichen ein, der Kläger habe bei der Fahrbahnüberquerung einen Schutzweg benützt, der ausschließlich dem Fußgängerverkehr vorbehalten sei. Eine Radfahrerüberfahrt sei nicht vorschriftsmäßig markiert gewesen. Der Kläger habe daher gegenüber dem Erstbeklagten keinen Vorrang gehabt. Selbst wenn ihm ein solcher zugekommen wäre, habe er darauf verzichtet, weil er bei Grünlicht mehr als zwei Sekunden lang stehen geblieben sei. Der Erstbeklagte habe auf den plötzlich den Schutzweg befahrenden Kläger nicht mehr unfallverhindernd reagieren können. Es treffe ihn an dem Unfall kein Verschulden. Die beklagten Parteien wandten ferner den nach Behebung des am Beklagtenfahrzeug entstandenen Sachschadens verbliebenen Kasko-Selbstbehalt aufrechnungsweise gegen die Klagsforderung ein.

Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung als zu Recht, die eingewendete Gegenforderung hingegen als nicht zu Recht bestehend und gab sowohl dem Leistungs- als auch dem Feststellungsbegehren zur Gänze statt. Es ging hiebei zusammengefasst von folgendem Sachverhalt aus:

Die Fahrbahn der Stadtstraße ist - in Fahrtrichtung Süden betrachtet - unmittelbar nach der Kreuzung mit der Dr.-Waibel-Straße ca 17,20 m breit und wird durch eine Verkehrsinsel in zwei Richtungsfahrbahnen geteilt. Die in südliche Richtung weisende Richtungsfahrbahn verfügt über drei je 3 m breite und durch (richtig) Leitlinien markierte Fahrstreifen, von denen der äußerst rechte als „Bus-Bucht" ausgestaltet ist. Über die Fahrbahn führt ein aus einem Fußgängerübergang und einer Radfahrerüberfahrt bestehender „kombinierter Schutzweg". Die genannten Verkehrsflächen wurden in der Weise „übereinandergelegt", dass zu beiden Seiten der Schutzwegmarkierung - versetzt zu den Balken des Zebrastreifens - die unterbrochenen quadratischen Felder der Radfahrerüberfahrt angebracht sind. Diese Variante der Ausführung von Bodenmarkierungen kommt in Vorarlberg häufiger vor. Im konkreten Fall erfolgte sie im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn im Jahr 1989. Eine entsprechende Verordnung wurde nicht erlassen.

Der östliche Teil der Fahrbahn der Dr.-Waibel-Straße mündet in einem Winkel von ca 80° in die Stadtstraße ein. Im Mündungsbereich wird sie durch eine kürzere Verkehrsinsel ebenfalls in zwei Richtungsfahrbahnen geteilt. Die vom Beklagtenfahrzeug befahrene Richtungsfahrbahn verfügt über zwei Fahrstreifen, von denen der rechte zum Einbiegen nach rechts in die in nördliche Richtung weisende Richtungsfahrbahn der Stadtstraße und der linke zur Geradeausfahrt sowie zum Einbiegen nach links in die in südliche Richtung weisende Richtungsfahrbahn der Stadtstraße vorgesehen sind. Die Haltelinie liegt rund 8 m vor der Fluchtlinie des Fahrbahnrands der Stadtstraße.

Die Ampeln für den über die Fahrbahn der Stadtstraße führenden „kombinierten Schutzweg" zeigen eine kombinierte Symbolik für Fußgänger und Radfahrer und sind beiderseits des Übergangs sowie auf der Verkehrsinsel in Fahrbahnmitte angebracht. Die Schaltung dieser Ampeln ist für einen im Mündungsbereich der Dr.-Waibel-Straße anhaltenden Fahrzeuglenker erkennbar. Für einen von dort kommenden Linkseinbieger leuchtet gleichzeitig mit der kombinierten Fußgänger- und Radfahrerampel in der Stadtstraße grünes Licht auf. Zur Warnung der Linkseinbieger ist am westlichen Ende des „kombinierten Schutzwegs" ein gelbes Blinklicht angebracht, das (nur) ein Fußgängersymbol zeigt und während der Grünlichtphase blinkt.

Der Erstbeklagte beabsichtigte, aus der Dr.-Waibel-Straße nach links in die in südliche Richtung weisende Richtungsfahrbahn der Stadtstraße einzubiegen. Infolge Rotlichts der Ampel hielt er zunächst vor der Haltelinie an. Nach Aufleuchten des Grünlichts fuhr er mit normaler Beschleunigung in die Kreuzung ein. Nachdem er in einer Zeitspanne von 5,5 bis 6 Sekunden rund 24 m zurückgelegt hatte, kam es auf dem „kombinierten Schutzweg" auf Höhe des mittleren der drei Richtung Süden führenden Fahrstreifen der Stadtstraße zur Kollision.

Der Kläger, der die Fahrbahn der Stadtstraße auf dem „kombinierten Schutzweg" von Westen nach Osten (also entgegen der ursprünglichen Fahrtrichtung des Beklagtenfahrzeugs) überqueren wollte, war von seinem Fahrrad abgestiegen und hatte am Gehsteigrand stehend gewartet. Als die Ampel für ihn bereits rund zwei Sekunden Grünlicht zeigte, machte er, das Fahrrad neben sich haltend, auf dem „kombinierten Schutzweg" zwei Schritte in die Fahrbahn hinein, schwang dann ein Bein über das Fahrrad und fuhr auf diesem sitzend weiter. Er legte von der Gehsteigkante bis zur Kollisionsstelle in einer Zeitspanne von ca 3,5 Sekunden insgesamt 4 bis 4,5 m zurück. Danach stieß er annähernd rechtwinkelig mit dem Vorderrad gegen den rechten vorderen Kotflügel des Beklagtenfahrzeugs. Der Kläger prallte gegen den äußerst rechten Bereich der Windschutzscheibe des Beklagtenfahrzeugs und stürzte auf die Fahrbahn.

Beide Fahrzeuge waren zum Unfallszeitpunkt in Bewegung. Der Erstbeklagte hatte den Kläger vor dem Zusammenstoß nicht wahrgenommen. Der Kläger hatte zwar die Annäherung des Beklagtenfahrzeugs bemerkt, war aber bis kurz vor der Kollision davon ausgegangen, dass der Erstbeklagte vor dem Schutzweg anhalten werde. Dies wäre dem Erstbeklagten bis ca 1,5 Sekunden vor der Kollision auch noch möglich gewesen. Als für den Kläger die Gefahr erkennbar war, konnte er nicht mehr unfallvermeidend reagieren.

Der Kläger erlitt neben weiteren Verletzungen eine Luxation des linken Schultergelenks. Spätschäden, insbesondere die Notwendigkeit eines künftigen operativen Eingriffs, können nicht ausgeschlossen werden.

In rechtlicher Hinsicht erachtete das Erstgericht die „in Vorarlberg durchaus gängige und übliche Praxis", Fußgängerübergang und Radfahrerüberfahrt „übereinanderzulegen", als zulässig. Die Bodenmarkierungen seien auch ohne entsprechende Verordnung im Verhältnis zwischen den Streitteilen beachtlich. Gemäß § 38 Abs 4 StVO hätte der Erstbeklagte den Kläger weder gefährden noch behindern dürfen. Der Regelung sei zu entnehmen, dass sich der Kläger im Vorrang befunden habe. Dieser habe kein Verhalten gesetzt, das als Vorrangverzicht zu deuten gewesen wäre. Der Erstbeklagte, der schon auf das Betreten der Fahrbahn durch den Kläger reagieren hätte müssen, habe den Unfall verschuldet, indem er sich dem „kombinierten Schutzweg" ungebremst genähert und den darauf befindlichen Kläger niedergestoßen habe. Dieser habe hingegen auf die Wahrung seines Vorrangs vertrauen dürfen.

Das von den beklagten Parteien angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der Entscheidungsgegenstand 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und dass die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichts und folgerte rechtlich, den einschlägigen Bestimmungen der StVO (§ 2 Abs 1 Z 12 und Z 12a) sowie der BodenmarkierungsV (§§ 16 Abs 1 und 17 Abs 1 und 2) könne nicht entnommen werden, dass eine Kombination von Schutzweg und Radfahrerüberfahrt in der vorliegenden Ausführung nicht zulässig sei. Auch der erkennbare Zweck dieser Vorschriften, nämlich zum Schutz von Radfahrern und Fußgängern deutlich jene Bereiche zu kennzeichnen, in denen diese Verkehrsteilnehmer Fahrbahnen überqueren dürfen, stehe der Anbringung derartiger Markierungen, insbesondere in Verbindung mit entsprechenden Lichtzeichen, nicht im Wege. Der Kläger habe daher die Fahrbahn der Stadtstraße auf einer ordnungsgemäß markierten Radfahrerüberfahrt und damit im Sinne einer für ihn geltenden Regelung (§ 38 Abs 4 StVO) überqueren wollen.

Das Fehlen einer entsprechenden Verordnung schade dem Kläger nicht. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs müsse sich im Allgemeinen jedermann auf die Geltung aufgestellter Verkehrszeichen verlassen können. Verkehrsteilnehmer müssten damit rechnen, dass sich andere Verkehrsteilnehmer den Verkehrszeichen entsprechend verhalten würden, sofern ein dem gebotenen Verhalten entsprechendes Recht eines anderen Verkehrsteilnehmers zum Ausdruck komme und der andere Verkehrsteilnehmer auch Grund zur Annahme habe, es stehe ihm ein derartiges Recht zu. Diese Erwägungen ließen sich zwanglos auf Regelungen durch Bodenmarkierungen übertragen. Im vorliegenden Fall habe der Kläger für den Erstbeklagten erkennbar mit Grund davon ausgehen dürfen, ihm stehe gegenüber dem Erstbeklagten der Vorrang zu. Der Kläger sei im Kollisionszeitpunkt mit dem Fahrrad gefahren, sodass er nicht mehr Fußgänger, sondern Radfahrer gewesen sei. Der Erstbeklagte hätte dem Kläger sowohl nach § 9 Abs 2 StVO als auch nach § 38 Abs 4 StVO das gefahrlose Überqueren der Fahrbahn ermöglichen müssen. Von einem Vorrangverzicht des Klägers könne keine Rede sein.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil der Gesetzeslage nicht eindeutig zu entnehmen sei, ob die Bodenmarkierungen im Unfallbereich den maßgeblichen Bestimmungen entsprechen würden. Da jedenfalls in Vorarlberg solche Bodenmarkierungen häufiger anzutreffen seien, komme der Entscheidung eine über den Anlassfall hinausgehende Bedeutung zu. Dies gelte auch für die Frage, ob § 9 Abs 2 und § 38 Abs 4 StVO gegenüber § 19 Abs 8 StVO die spezielleren Normen seien.

Gegen dieses Berufungsurteil richtet sich die Revision der beklagten Parteien mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem ersten der vom Berufungsgericht genannten Gründe zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

Die beklagten Parteien stehen weiterhin auf dem Standpunkt, die Bodenmarkierungen an der konkreten Unfallstelle entsprächen nicht den Bestimmungen der StVO. Sie symbolisierten für den Normadressaten keine eindeutig erkennbare Radfahrerüberfahrt. Es komme ihnen daher keine rechtsverbindliche Wirkung zu. Daraus folge, dass sich der Kläger, der die Verkehrsfläche als Radfahrer benutzt habe, auf einen ihm zustehenden Vorrang nicht berufen könne.

Hiezu wurde erwogen:

1. Im Hinblick auf die Unfallsbeteiligung eines in der Schweiz zugelassenen Kraftfahrzeugs ist vorauszuschicken, dass die Vorinstanzen den Schadenersatzanspruch des Klägers zutreffend nach dem gemäß Art 3 des Haager Straßenverkehrsabkommens maßgeblichen Recht des Unfallorts, somit nach österreichischem Recht beurteilt haben.

2. Gemäß § 2 Abs 1 Z 12 StVO ist ein Schutzweg ein durch gleichmäßige Längsstreifen (sogenannte „Zebrastreifen") gekennzeichneter, für die Überquerung durch Fußgänger bestimmter Fahrbahnteil. Die Radfahrerüberfahrt ist in § 2 Abs 1 Z 12a StVO als ein auf beiden Seiten durch gleichmäßig unterbrochene Quermarkierungen gekennzeichneter, für die Überquerung der Fahrbahn durch Radfahrer bestimmter Fahrbahnteil definiert; ist unmittelbar neben der Radfahrerüberfahrt ein Schutzweg markiert, so kann auf dieser Seite der Radfahrerüberfahrt die Quermarkierung entfallen.

Nähere Vorschriften über die Ausführung der Markierung von Radfahrerüberfahrten finden sich insbesondere in § 17 Abs 1 Z 2 und 3 BodenmarkierungsV. Danach bestehen die - dort als „Linien" bezeichneten - „Quermarkierungen" aus quadratischen Feldern und ebensolchen Unterbrechungen mit einer Seitenlänge von je 50 cm, wobei die Felder in weißer Farbe auszuführen sind. Im Falle von schrägen Überfahrten können statt der Quadrate auch Parallelogramme aufgebracht werden.

Durch den letzten Halbsatz des § 2 Abs 1 Z 12a StVO, der mit der 20. StVO-Nov, BGBl I 1998/92, eingefügt wurde und der in § 17 Abs 2 BodenmarkierungsV schon vorher enthaltenen Regelung entspricht, sollten die in der Praxis durch die vorgeschriebene Mindestbreite von Bodenmarkierungen auftretenden Platzprobleme beseitigt werden (ErläutRV 713 BlgNR 20. GP 12). Schon aus dieser gesetzgeberischen Intention wird deutlich, dass an eine kombinierte Ausführung von Schutzweg und Radfahrerüberfahrt in der hier vorliegenden Form nicht gedacht worden war. Dazu kommt, dass in der StVO nur der Geh- und Radweg (§ 2 Abs 1 Z 11a StVO) als sowohl dem Fußgänger- als auch dem Radfahrerverkehr gewidmete Verkehrsfläche ausdrücklich geregelt ist. Wenngleich also die konkrete Ausführung der Bodenmarkierungen im Unfallbereich den Vorstellungen des Gesetzgebers nicht entsprochen haben dürfte, sind sie entgegen der Ansicht der beklagten Parteien dennoch relevant.

3. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in mehreren Entscheidungen hervorgehoben, dass das Motiv der Behörde, welches zur Erlassung einer Verordnung im Sinne des § 43 Abs 1 StVO (auf die Konsequenzen des Fehlens einer Verordnung wird noch näher einzugehen sein) und deren Kundmachung führt, bei der Auslegung der Norm nicht maßgeblich ist; entscheidend ist nur der Inhalt der Norm (2 Ob 39/06h mwN; vgl auch RIS-Justiz RS0008775).

Die gesetzliche Definition einer Radfahrerüberfahrt stellt allein auf die Kennzeichnung durch verordnungsgemäß ausgeführte Bodenmarkierungen ab. Dieses Kriterium ist durch die Anbringung der unterbrochenen Quermarkierungen erfüllt. Die Ausführung eines Schutzwegs zwischen den beiderseitigen „Blockmarkierungen" bewirkt zwar, dass die Radfahrer bei der Überquerung der Fahrbahn zur Benützung einer grundsätzlich dem Fußgängerverkehr vorbehaltenen Verkehrsfläche gezwungen sind; ebenso müssen die Fußgänger die Fahrbahn innerhalb der eine Radfahrerüberfahrt kennzeichnenden Markierungen, somit auf einer dem Fahrradverkehr gewidmeten Radfahranlage (§ 2 Abs 1 Z 11b StVO) überqueren. Dies könnte bei der Überquerung der Fahrbahn zu einer - der Verkehrssicherheit abträglichen - unklaren Verkehrslage zwischen den auf die Benützung dieser Verkehrsfläche angewiesenen Fußgängern und Radfahrern führen. Das Verhältnis dieser Verkehrsteilnehmer zu den herannahenden Fahrzeuglenkern bleibt von solchen Überlegungen dagegen unberührt, weshalb sich der Erstbeklagte nicht mit Erfolg auf die allfällige Unzulässigkeit der Ausführung der Bodenmarkierungen berufen kann.

4. Die „Bestimmung" eines Fahrbahnteils für die Überquerung durch Fußgänger oder als Radfahrerüberfahrt erfolgt durch behördliche Verordnung, die durch die entsprechenden Bodenmarkierungen kundgemacht wird (§ 44 Abs 1 letzter Satz iVm § 43 Abs 1 lit b Z 2 StVO; vgl Dittrich/Stolzlechner, StVO3 § 2 Rz 39 und 40; Hnatek-Petrak, Die Radfahrerüberfahrt, ZVR 1999, 355 [359]). Fehlt ein solcher normativer Akt, kommt der betreffenden Bodenmarkierung keine rechtsverbindliche Wirkung zu (Dittrich/Stolzlechner aaO Rz 39 und 40). Das Berufungsgericht hat die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs über die Voraussetzungen, unter denen ein ohne Deckung durch eine Verordnung aufgestelltes - daher an sich ungültiges - Verkehrszeichen aus Gründen der Verkehrssicherheit dennoch zu beachten ist, richtig wiedergegeben (vgl 2 Ob 11/93 = ZVR 1994/59; 2 Ob 27/04s) und die Auffassung vertreten, die diesbezüglichen Erwägungen seien auch auf Fälle übertragbar, in denen eine Kundmachung durch Bodenmarkierungen (statt Verkehrszeichen) ohne vorausgegangene behördliche Willensbildung erfolgte. Die beklagte Partei tritt dieser Rechtsansicht in der Revision nicht entgegen, weshalb auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichts verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Die Beachtlichkeit der eine Radfahrerüberfahrt kennzeichnenden Bodenmarkierungen hängt im konkreten Fall somit davon ab, ob durch diese Markierungen ein Recht des Klägers zum Ausdruck kam, von dem er auch annehmen durfte, es stehe ihm zu, und dem eine entsprechende Verhaltenspflicht des Erstbeklagten gegenüberstand.

5. Auch diese Frage hat das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend bejaht. Gemäß § 38 Abs 4 Satz 3 StVO dürfen auf ampelgeregelten Kreuzungen beim Einbiegen die Benützer der freigegebenen Fahrstreifen sowie Fußgänger und Radfahrer, welche die Fahrbahn im Sinne der für sie geltenden Regelungen überqueren, weder gefährdet noch behindert werden. Diese Bestimmung enthält keine Vorrang-, sondern eine allgemeine Verhaltensregel, die sowohl beim Rechtseinbiegen als auch beim Linkseinbiegen zu beachten ist (Dittrich/Stolzlechner aaO § 38 Rz 22). Aus diesem Grund kommt auch kein Vorrangverzicht in Betracht. Den Fußgängern und Radfahrern erwächst aus dieser Bestimmung das Recht auf ungehinderte und ungefährdete Überquerung der Fahrbahn bei Grünlicht der für sie geltenden Lichtsignale auf einem vorhandenen Schutzweg bzw einer Radfahrerüberfahrt, dem das vom einbiegenden Fahrzeuglenker zu beachtende Behinderungs- und Gefährdungsverbot gegenübersteht.

Damit sind die Voraussetzungen für die Beachtlichkeit der ohne entsprechende Verordnung angebrachten Bodenmarkierungen erfüllt. Beide Lenker hatten vom Vorliegen einer Radfahrerüberfahrt auszugehen. § 9 Abs 2 StVO gelangte nicht zur Anwendung, weil diese Bestimmung auf durch Lichtzeichen geregelten Kreuzungen ihre Bedeutung verliert (§ 36 Abs 4 StVO; vgl Hnatek-Petrak aaO 356; Dittrich/Stolzlechner aaO § 9 Rz 31).

6. Der Kläger hat die Fahrbahn auf der strittigen Bodenmarkierung bei Grünlicht als Fußgänger betreten und nach zwei Schritten seinen Weg als Radfahrer fortgesetzt. Im Kollisionszeitpunkt war er daher als Radfahrer anzusehen (RIS-Justiz RS0073368), der die Fahrbahn bei Grünlicht überquerte und dabei dem Gebot des § 68 Abs 1 Satz 1 StVO, auf Straßen mit einer Radfahranlage die Radfahranlage zu benützen, entsprach. Ihm ist kein Verschulden an dem Unfall vorwerfbar. Demgegenüber hat der Erstbeklagte seine Pflicht, dem Kläger das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, schuldhaft verletzt.

Der Revision der beklagten Parteien kann daher kein Erfolg beschieden sein.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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