OGH 10Ob88/08a

OGH10Ob88/08a14.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj 1.) Silvester B*****, geboren am 12. Juli 1994, 2.) Annika B*****, geboren am 28. Dezember 1998, und 3.) Lars B*****, geboren am 3. Juli 2003, alle vertreten durch das Land Wien als Jugendwohlfahrtsträger (Amt für Jugend und Familie-Rechtsfürsorge Bezirke 17., 18. und 19., 1190 Wien, Gatterburggasse 12-14), wegen Unterhaltsvorschuss, infolge „außerordentlichen Revisionsrekurses" des Vaters Mag. Anton B*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. April 2008, GZ 44 R 193/08w-U98, womit der Rekurs des Vaters gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 18. Februar 2008, GZ 10 P 157/03h-U88, in der Fassung des Berichtungsbeschlusses vom 22. Februar 2008, GZ 10 P 157/03h-U90, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Das Erstgericht bewilligte mit Beschluss vom 18. 2. 2004 (U 88) den minderjährigen Kindern Unterhaltsvorschüsse, und zwar dem minderjährigen Silvester in Höhe von 316 EUR monatlich für die Zeit vom 1. 2. 2008 bis 31. 1. 2011, der minderjährigen Annika in Höhe von 277 EUR monatlich für die Zeit vom „1. 2. 2008 bis 31. 1. 2001" und dem minderjährigen Lars in Höhe von 277 EUR monatlich für die Zeit vom 1. 2. 2008 bis 31. 1. 2011. Eine Ausfertigung dieses Beschlusses wurde dem Unterhaltsschuldner am 20. 2. 2008 zugestellt. Mit Beschluss vom 22. 2. 2008 (U 90) berichtigte das Erstgericht den Gewährungszeitraum der Unterhaltsvorschüsse für die minderjährige Annika auf ebenfalls „1. 2. 2008 bis 31. 1. 2011". Der Berichtigungsbeschluss wurde dem Unterhaltsschuldner am 3. 3. 2008 zugestellt.

Das Rekursgericht wies den am 7. 3. 2008 zur Post gegebenen Rekurs des Vaters mit der Begründung, die am 3. 3. 2008 erfolgte Zustellung des Berichtigungsbeschlusses vom 22. 2. 2008 habe keinen neuen Fristenlauf ausgelöst, als verspätet zurück. Es sprach aus, dass der (ordentliche) Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.

Dagegen erhob der Vater einen „außerordentlichen Revisionsrekurs", den das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorlegte.

Diese Vorgangsweise entspricht nicht der Rechtslage.

Rechtliche Beurteilung

Ein Revisionsrekurs im Sinn des § 62 AußStrG ist jeder Rekurs gegen eine Entscheidung der zweiten Instanz als Rekursgericht, unabhängig davon, ob es sich um eine Sachentscheidung oder etwa um die Zurückweisung eines Rechtsmittels gegen eine erstgerichtliche Entscheidung handelt. Eine § 519 Abs 1 Z 1 ZPO vergleichbare Bestimmung gibt es im AußStrG nicht, sodass auch Beschlüsse, die einen Rekurs ohne Sachentscheidung aus rein formellen Gründen zurückweisen, nur unter den Voraussetzungen des § 62 AußStrG anfechtbar sind. Weist daher das Gericht zweiter Instanz „im Rahmen des Rekursverfahrens" den Rekurs gegen die erstinstanzliche Sachentscheidung wegen Verspätung zurück, ist auch dieser Beschluss nur unter den Voraussetzungen des § 62 AußStrG anfechtbar (8 Ob 16/08y; 6 Ob 286/06m ua).

Der Zurückweisungsbeschluss des Rekursgerichts kann daher nur dann angefochten werden, wenn - abgesehen von den Fällen des § 62 Abs 2 und Abs 3 AußStrG - die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG abhängt. Der Revisionsrekurs ist aber jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 20.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht im Sinn des § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 62 Abs 3 AußStrG). Unter diesen Voraussetzungen kann jedoch eine Partei nach § 63 Abs 1 und Abs 2 AußStrG einen Antrag an das Rekursgericht stellen, den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung).

Auch im Verfahren nach dem UVG ist Streitwert der dreifache Jahresbetrag des begehrten oder bekämpften Unterhaltsvorschusses, wobei der Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts für jedes einzelne Kind gesondert zu beurteilen ist (10 Ob 11/05y mwN). Der Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichts übersteigt hinsichtlich der drei Minderjährigen jeweils nicht 20.000 EUR. Dem Rechtsmittelwerber steht daher nur der Rechtsbehelf der Zulassungsvorstellung nach § 63 AußStrG zur Verfügung. Sein Rechtsmittel war nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, weil im Streitwertbereich des § 63 AußStrG Rechtsmittel gegen Entscheidungen, gegen die nach dem Ausspruch des § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig ist, dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen sind (§ 69 Abs 3 AußStrG). Dies gilt auch, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches" bezeichnet wird und direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist. Wird gegen eine Entscheidung, die nur mit Zulassungsvorstellung angefochten werden kann, ein ordentlicher oder ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben, so hat daher - auch wenn das Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist - das Erstgericht dieses Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel als Anträge im Sinn des § 63 AußStrG zu werten sind. Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (10 Ob 9/08h uva).

Stichworte