Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 499,40 EUR (darin enthalten 83,23 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der in Ägypten geborene Kläger ist seit 1997 österreichischer Staatsbürger. Er ist der deutschen Sprache mächtig, bekennender Moslem, übt das Freitagsgebet in einer Moschee aus und verfolgt keinerlei radikal-islamische oder terroristische Ziele. Eine wegen des Vergehens nach § 104 Abs 1 FrG erstattete Anzeige wurde am 31. 10. 2001 gemäß § 90 Abs 1 StPO zurückgelegt. 1999 wurde er wegen des Vergehens nach § 88 Abs 1 StGB, dem ein Verkehrsunfall zugrundelag, angezeigt, der Bestrafungsantrag aber aus dem Grunde des § 42 StGB zurückgezogen. Auch verwaltungsrechtliche Bestrafungen des Klägers existieren nicht.
Der Kläger wurde mit Arbeitsvertrag vom 18. 12. 2002 mit Wirksamkeit vom 1. 1. 2003 bei einer Luftfahrtgesellschaft im Cateringbereich unbefristet angestellt. Sein Aufgabenbereich umfasste die Zubereitung von Imbissen für die Passagiere einer Fluggesellschaft. Er arbeitete sehr zuverlässig und mit großer Genauigkeit und erledigte die ihm übertragenen Aufgaben stets zur vollsten Zufriedenheit seiner Vorgesetzten. Sein persönliches Verhalten gegenüber den Vorgesetzten und auch seinen Kollegen war einwandfrei, er war durch seine freundliche und hilfsbereite Art sehr beliebt.
Für die Arbeitstätigkeit des Klägers war eine sogenannte Vorfeldberechtigung (Sicherheitsausweis) unbedingt notwendig, weil sich der Cateringbereich im Sicherheitsbereich des Flughafens (luftseitig) befindet. Die nicht luftseitigen Tätigkeiten im Cateringbereich sind reine Bürotätigkeiten, für die der Kläger keine Qualifikation hat.
Im Juni 2005 wurde der Kläger einer Zuverlässigkeitsüberprüfung gemäß § 134a Luftfahrtgesetz (LFG) unterzogen, die grundsätzlich vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) durchgeführt wird. Im Rahmen dieser Überprüfung fragt dieses Ministerium beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) an, ob gegen die zu überprüfende Person Sicherheitsbedenken bestehen. Dieses Bundesamt gelangte aufgrund nicht näher feststellbarer Daten zum Ergebnis, dass der Kläger als „erhebliches Sicherheitsrisiko" einzustufen sei. Dies wurde dem BMVIT mitgeteilt, welches die Flughafenbetriebsgesellschaft telefonisch aufforderte, dem Kläger unverzüglich den Sicherheitsausweis zu entziehen. Die Flughafenbetriebsgesellschaft kontaktierte daraufhin den Geschäftsführer der Luftfahrtgesellschaft, der seinerseits den Personalchef der Flughafenbetriebsgesellschaft aufforderte, dem Kläger den Sicherheitsausweis zu entziehen. Dies erfolgte spätestens am 26. 8. 2005 im Cateringbereich im Beisein eines Polizisten und zweier Flughafenbediensteter. Die vorerst mündlich ausgesprochene Entlassung des Klägers, weil für diesen kein anderer Arbeitsbereich bei der Luftfahrtgesellschaft vorhanden war, wurde mit Wirksamkeit vom 26. 8. 2005 in eine einvernehmliche Auflösung des Dienstverhältnisses umgewandelt. Seit diesem Zeitpunkt ist der Kläger arbeitslos.
Mit Schreiben vom 20. 9. 2005 trug das BMVIT der Flughafenbetriebsgesellschaft nochmals schriftlich unter Hinweis auf „massive Bedenken" auf, dem Kläger den Flughafenausweis zu entziehen.
Aufgrund des Verlustes seines Arbeitsplatzes wandte sich der Kläger zunächst an die regionale Arbeiterkammer und in weiterer Folge an eine Rechtsanwaltskanzlei, die beantragte, dem Kläger im Rahmen des Sicherheitsüberprüfungsverfahrens nach § 134a LFG Akteneinsicht gemäß § 17 AVG zu gewähren. Dieser Antrag wurde letztlich mit Bescheid des BMVIT vom 23. 12. 2005 mit der Begründung zurückgewiesen, dem Kläger komme keine Parteistellung im Verfahren zu. Dem BMVIT stünde nur der Flugplatzhalter als Partei gegenüber, nicht aber die Person, um deren Beurteilung es gehe. Gegen diesen Bescheid, gegen den ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig war, erhob der Kläger keinen außerordentlichen Rechtsbehelf, vielmehr wandte er sich in der Folge an einen der Volksanwälte. Das Schreiben des BMVIT an die Flughafenbetriebsgesellschaft bekam der Kläger selbst nie zu sehen. Ein Auskunftsverfahren nach dem Datenschutzgesetz hat er nicht eingeleitet. Eine nochmalige Überprüfung der Daten ergab, dass eine Verwechslung der Person des Klägers auszuschließen sei.
Am hier maßgeblichen Flughafen haben keine die Terroranschläge vom 11. 9. 2001 unterstützende Demonstrationen stattgefunden.
Der Kläger begehrte letztlich Zahlung von 3.357,65 EUR an Verdienstentgang sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle Nachteile und Schäden aufgrund seiner Einstufung als Sicherheitsrisiko. Er sei 1997 nach einer genauen Sicherheitsüberprüfung eingebürgert worden. Weder vorher noch nachher habe er sich irgendetwas zu Schulden kommen lassen. Insbesondere bestehe kein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Organisation.
Die Beklagte bestritt, rechtswidrig oder schuldhaft vorgegangen zu sein. Der zivile Flughafenbetreiber dürfe einen Flughafenausweis nur ausstellen, wenn das BMVIT nicht spätestens bis zum Zeitpunkt der beabsichtigten Aufnahme der Tätigkeit mitgeteilt habe, dass gegen die überprüfte Person keine Bedenken im Sinne der Verordnung (EG) Nr 2320/2002 bestünden. Die Ausstellung dieses Flughafenausweises sei keine behördliche Genehmigung, sondern eine vom Flugplatzhalter als Verfügungsberechtigtem erteilte Zugangserlaubnis. Es bestünde kein Rechtsverhältnis zwischen dem Bewerber um einen Flughafenausweis und dem BMVIT oder einer anderen Behörde. In die Akten des BVT werde keine Einsicht gewährt, ebensowenig in jene des BMVIT. Ausschlaggebend für die Mitteilung des BMVIT an die Flughafengesellschaft sei der Hinweis gewesen, dass gegen den Kläger massive Bedenken bestünden. Dem Kläger sei eine Verletzung der „Rettungspflicht" vorzuwerfen, weil er kein Auskunftsersuchen nach dem Datenschutzgesetz beantragt, kein Verfahren vor der Datenschutzbehörde eingeleitet und seine Entlassung nicht bekämpft habe. Überdies habe er keine ihm anderweitig angebotene Arbeit aufgenommen. Schließlich sei das Amtshaftungsgericht nicht befugt, über die Rechtmäßigkeit eines Bescheids abzusprechen, weshalb ein Verfahren nach § 11 AHG durchzuführen sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von 2.935,90 EUR sA und mit dem Feststellungsbegehren statt. Das Verfahren habe keine anderen Beweisergebnisse hervorgebracht als jene, dass der Kläger ein integrierter österreichischer Staatsbürger ohne extreme islamistische oder terroristische Ziele sei, weshalb er seiner Beweispflicht im Sinne des AHG nachgekommen sei. Der Kläger sei aufgrund falscher und unvollständiger Datenerhebung zum Sicherheitsrisiko gestempelt worden. Gegenteilige Beweisergebnisse habe die beweispflichtige Beklagte nicht erbracht und so die Schuldlosigkeit des Handelns der ihr zurechenbare Organe nicht bewiesen. Damit sei auch die Unvertretbarkeit der Qualifikation des Klägers als „erhebliches Sicherheitsrisiko" indiziert und die Haftung der Beklagten zu bejahen. Da der Kläger bei seinem ehemaligen Dienstgeber mit Ausnahme der ihm seinerzeit zugeordneten Arbeit im luftseitigen Cateringbereich für keine andere Arbeitsstelle qualifiziert gewesen und die seinerzeitige Entlassung in eine einvernehmliche Arbeitsbeendigung umgewandelt worden sei, könne ihm kein anspruchsminderndes Mitverschulden angelastet werden. Die Notwendigkeit der Unterbrechung des Verfahrens nach § 11 Abs 1 AHG bestehe nicht, weil sich der Kläger primär auf die faktische Amtshandlung durch das Telefonat des BMVIT mit dem Flughafenbetreiber und die damit verbundene Aufforderung, dem Kläger den Sicherheitsausweis zu entziehen, und weiters auf das nicht als Bescheid zu qualifizierende Schreiben des BVT an das BMVIT mit der Einstufung als „erhebliches Sicherheitsrisiko" beziehe und nicht auf den Bescheid des BMVIT vom 23. 12. 2005, der nur auf die Unzulässigkeit der Akteneinsicht des Klägers Bezug nehme.
Das Berufungsgericht gab der gegen den klagsstattgebenden Teil dieser Entscheidung erhobenen Berufung der Beklagten nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht jedoch 20.000 EUR übersteige, und dass die Revision zulässig sei. Die durch Organe der Beklagten erfolgte Mitteilung, der Kläger sei als Sicherheitsrisiko einzustufen, und die in Gegenwart eines Polizisten erfolgte Abnahme des Flughafenausweises stellten hoheitliche faktische Amtshandlungen dar, die dem Kläger die Ausübung seines bisherigen Berufs unmöglich gemacht und ihn in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Erwerbsfreiheit nach Art 18 StGG verletzt hätten. Gleichzeitig sei er auch in seiner Ehre beeinträchtigt worden, weil ihm die Neigung zu gesetzwidrigem Verhalten unterstellt worden sei. Sowohl das Recht der Ehre als auch jenes auf Wahrung des wirtschaftlichen Rufs seien absolute Rechte, deren Verletzung auch durch hoheitliches Handeln besonderer Rechtfertigung bedürfe. Nachdem der Beklagten eine objektive Verletzung von absoluten Rechten des Klägers vorzuwerfen sei, müsste sie darlegen und beweisen, dass dies durch besondere Umstände gerechtfertigt gewesen sei. Die Beklagte berufe sich „zur Gänze" auf das öffentliche Interesse an der Geheimhaltung von sicherheitsrelevanten Erhebungen und vor allem deren Quellen. Der „Quellenschutz" könne aber nicht mit dem Schutz der Erhebungsergebnisse gleichgestellt werden. Es sei nicht selbstverständlich, dass durch die Mitteilung der Erhebungsergebnisse allein schon die Quelle bekannt und deren Erkenntniswert und Schutz beeinträchtigt werde. Eine solche Verknüpfung habe die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren auch nicht behauptet. Nach den Feststellungen über die Persönlichkeit des Klägers habe kein Anhaltspunkt dafür bestanden, ihn als Sicherheitsrisiko einzustufen, weshalb eine unvertretbar unrichtige Durchführung der Erhebungen unterstellt werden müsse. Es sei daher davon auszugehen, dass der vom Kläger geltend gemachte Verdienstentgang durch rechtswidriges und schuldhaftes hoheitliches Vorgehen von Organen der beklagten Partei verursacht worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht berechtigt.
1. Rechtliche Grundlagen:
1.1. Bereits gegen Ende des Zweiten Weltkriegs gab es Bestrebungen zur Vereinheitlichung internationaler Standards der zivilen Luftfahrt. So wurde durch die Chicago Convention 1944, ein völkerrechtliches Abkommen, die Errichtung der International Civil Aviation Organisation (ICAO) - eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen - vorgesehen. Im Anhang 17 der Chicago Convention finden sich Richtlinien, die ua als Reaktion auf die Ereignisse des 11. 9. 2001 die Einführung von „Background-Checks" für Personen vorsehen, die unbegleiteten Zugang zu den eingerichteten Sicherheitsbereichen haben.
1.2. Weitere internationale Abkommen, denen Österreich beigetreten ist, sind die Tokyo-Konvention 1963, deren sachlicher Anwendungsbereich sich auf die Zuwiderhandlung gegen Strafgesetze erstreckt, die Haager Konvention 1970, mit der ein einheitlicher Straftatbestand der Flugzeugentführung festgelegt wurde, der die Bestrafung der Entführer unabhängig von Tatort und Staatsangehörigkeit der involvierten Personen sicherstellen soll, die Montreal-Konvention 1971 als Erweiterung der vorgenannten Abkommen im Kampf gegen die gestiegene Anzahl von Sabotageakten, und das Montreal-Zusatzprotokoll von 1988, das Gewaltanwendungen auf dem Gebiet des Flughafens pönalisiert.
Diese Abkommen verpflichten Österreich nicht zur Mitteilung über Sicherheitsbedenken hinsichtlich des Flughafenpersonals und beinhalten insoweit auch keine Geheimhaltungsverpflichtungen (zu allem: Schäffer, Der Schutz des zivilen Luftverkehrs vor Terrorismus, 42 ff).
1.3. Im europäischen Bereich wurde die Verordnung (EG) Nr 2320/2002 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 16. 12. 2002 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt beschlossen, die ausdrücklich auf die Anschläge vom 11. 9. 2001 Bezug nimmt und die Bedrohung, die der Terrorismus für Demokratie, Freiheit und Frieden darstellt, zum Anlass nimmt, Vorkehrungen zum Schutz der Bürger in der Zivilluftfahrt zu treffen. Nach dieser Verordnung hat jeder Mitgliedstaat ein innerstaatliches Programm für die Sicherheit und ein angemessenes Qualitätssicherungssystem zu schaffen und eine einzige zuständige Behörde festzulegen, um unrechtmäßige Eingriffe in die Zivilluftfahrt zu verhindern und für eine gemeinsame Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des Abkommens von Chicago, insbesondere seines Anh 17, zu sorgen.
In ihrem Anhang (Punkt 2. „Flughafensicherheit") enthält die VO Bestimmungen über die Zugangskontrolle zu Sicherheitsbereichen und anderen luftseitigen Bereichen und legt fest, dass der Zugang dorthin jederzeit zu kontrollieren ist, um den Zutritt Unbefugter zu verhindern und sicherzustellen, dass kein verbotener Gegenstand dorthin oder an Bord eines Luftfahrzeugs gelangen kann. Personal, das Zugang zu Sicherheitsbereichen haben muss, ist einer Zuverlässigkeitsüberprüfung zu unterziehen, die sich mindestens auf die fünf vorangegangenen Jahre erstreckt. Die Überprüfung ist in regelmäßigen Abständen von höchstens fünf Jahren zu wiederholen. Das gesamte am Flughafen beschäftigte oder häufig am Flughafen verkehrende Personal ist mit Flughafenausweisen auszustatten, die eine begrenzte Gültigkeitsdauer haben. Unter Zuverlässigkeitsüberprüfung verstehen die Begriffsbestimmungen des Anhangs die Überprüfung der Identität einer Person und ihres Werdegangs, einschließlich etwaiger Vorstrafen, als Teil der Beurteilung der persönlichen Eignung für den unbegleiteten Zugang zu Sicherheitsbereichen.
1.4. Unter Berufung auf diese Verordnung regelt § 134a Luftfahrtgesetz (LFG) neben der Zuständigkeit für Genehmigungen nach dieser Verordnung und für die Aufsicht über alle natürlichen und juristischen Personen, die mit der Umsetzung bzw Einhaltung der Verordnung und deren Durchführungsvorschriften befasst sind, in seinem Abs 4, dass der Flughafenausweis für Personal, das Zugang zu den Sicherheitsbereichen eines Flughafens haben muss, nur jenen Personen ausgestellt werden darf, die sich einer Zuverlässigkeitsüberprüfung im Sinne der Verordnung unterzogen haben. Zu diesem Zweck hat der Zivilflugplatzhalter die Daten jener Personen, die sich bei ihm um die Ausstellung eines Flughafenausweises beworben haben, mindestens vier Wochen vor der beabsichtigten Aufnahme der Tätigkeit dem BMVIT vorzulegen. Diese Daten haben den Vor- und Familiennamen, das Geburtsdatum, den Geburtsort, die Staatsangehörigkeit, den Hauptwohnsitz und die Zustimmung zur Überprüfung der Zuverlässigkeit zu enthalten. Das BMVIT hat diese Daten unverzüglich den Sicherheitsbehörden zu übermitteln. Der Zivilflugplatzhalter darf den Flughafenausweis nur ausstellen, wenn das BMVIT nicht spätestens bis zum Zeitpunkt der beabsichtigten Aufnahme der Tätigkeit mitgeteilt hat, dass gegen die überprüfte Person Bedenken im Sinne der genannten Verordnung bestehen. Bei Vorliegen von Anhaltspunkten, wonach eine Person nicht mehr zuverlässig sein könnte, ist die Überprüfung der Zuverlässigkeit zu wiederholen. Nach Abs 5 der zitierten Bestimmung ist der Flughafenausweis auf höchstens fünf Jahre befristet auszustellen und eine Verlängerung nur zulässig, wenn sich die betreffende Person einer erneuten Zuverlässigkeitsüberprüfung unterzogen hat. Bei Beendigung der Tätigkeit ist der Flughafenausweis dem Zivilflugplatzhalter unverzüglich zurückzustellen. Letztlich sind nach § 140d LFG die Sicherheitsbehörden im Sinne des § 4 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) verpflichtet, bei der Zuverlässigkeitsüberprüfung einer Person im Sinne der Verordnung Nr 2320/2002 mitzuwirken, und ermächtigt, in diesem Rahmen personenbezogene Daten, die sie bei der Vollziehung von Bundes- oder Landesgesetzen über die Person ermittelt haben, zu verwenden und das Ergebnis der Überprüfung dem BMVIT zu übermitteln.
Zu den Abs 4 und 5 des § 134a LFG, die durch einen Abänderungsantrag in das Gesetz Eingang fanden, enthält die Regierungsvorlage keine Erläuterungen. Im Bericht des Verkehrsausschusses (750 BlgNR 22. GP) wird dargelegt, dass damit die notwendigen näheren Bestimmungen über die nach der Verordnung Nr 2320/2002 erforderliche Zuverlässigkeitsüberprüfung festgelegt werden und die Beurteilung der persönlichen Eignung für den unbegleiteten Zugang zu den Sicherheitsbereichen im Sinne dieser Verordnung mittels des sogenannten „Background-Checks" erfolgen soll.
1.5. Das LFG sieht daher - wie dem Wortlaut des § 134a Abs 4 zu entnehmen ist - im Rahmen der Zuverlässigkeitsüberprüfung keine Genehmigung oder Zustimmung des BMVIT vor, sondern lediglich die Mitteilung, dass und wenn Bedenken bestehen. Diese Mitteilung muss nach dem Gesetzeswortlaut weder schriftlich, noch in Bescheidform ergehen.
2. Zum Vorliegen eines Bescheids:
2.1. Tatsächlich erfolgte die Mitteilung im vorliegenden Fall telefonisch. Zwar können Bescheide sowohl schriftlich als auch mündlich erlassen werden (§ 62 AVG), beim mündlichen Bescheid sind aber der Inhalt und die Tatsache seiner Verkündung zu beurkunden. Eine derartige Vorgangsweise ist hier nicht hervorgekommen. Entgegen den Ausführungen der Revision kann daher insoweit keinesfalls von der Erlassung eines mündlichen Bescheids ausgegangen werden. Dass ein Telefonat keinen schriftlichen Bescheid darstellt, bedarf keiner weiteren Begründung.
2.2. Im Rahmen des AHG sind aber nicht nur Bescheide und Akte unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt als Formen der Hoheitsverwaltung anzusehen, sondern auch sogenannte „faktische Amtshandlungen" bzw „verfahrensfreie Verwaltungsakte", die nicht behördliche Befehls- und Zwangsgewalt beinhalten, sondern im Gegenteil Rechtsfolgen, die vielfach in Form von Bewilligungen oder Genehmigungen von den Beteiligten sogar gewünscht sind, nach sich ziehen (Schragel AHG3 Rz 73). Davon zu unterscheiden sind rein unverbindliche Handlungen in der Hoheitsverwaltung im Sinne einer korrigierbaren Absichtserklärung oder unverbindlichen Äußerung (Schragel aaO Rz 74). Eine solche liegt hier nicht vor, weil nach den Feststellungen Inhalt des Telefonats die Aufforderung war, dem Kläger den Flughafenausweis unverzüglich zu entziehen, keinesfalls hingegen eine unverbindliche Absichtserklärung in dieser Richtung.
Die (telefonische) Mitteilung des BMVIT ist daher als faktische Amtshandlung zu qualifizieren. Damit erübrigte sich entgegen dem Revisionsvorbringen ein Vorgehen nach § 11 AHG.
2.3. Soweit die Revisionswerberin das nachfolgende Schreiben des BMVIT vom 20. 9. 2005 als Bescheid qualifiziert, kommt es auf dessen Einordnung nicht mehr an, weil die Entziehung des Flughafenausweises und die Entlassung des Klägers nach den Feststellungen bereits aufgrund des Telefonats erfolgt und das nachfolgende Schreiben vom September 2005 durch den Ablauf der Ereignisse bereits überholt war.
2.4. Da es sich bei der telefonischen Mitteilung auch um keine Anwendung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gehandelt hat, weil der Ausweis erst in der Folge vom Arbeitgeber - wenn auch im Beisein eines Polizisten - abgenommen wurde, geht auch der Hinweis der Revision auf Art 129a B-VG ins Leere.
3. Zur Beweislast:
3.1. Die Revisionswerberin hat sich im erstinstanzlichen Verfahren darauf beschränkt, auf die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen des § 134a bzw § 140d LFG durch die zuständigen Behörden zu verweisen. Eine andere Vorgehensweise sei weder möglich noch denkbar gewesen, weshalb Rechtswidrigkeit im Sinne des AHG nicht vorliege. Daneben hat die Beklagte noch auf die Verletzung der „Rettungspflicht" durch den Kläger abgestellt, aber nie Vorbringen zum Inhalt der Sicherheitsbedenken gegen den Kläger und damit zur Rechtmäßigkeit der Mitteilung von Bedenken durch das BMVIT erstattet. Die Beklagte hat sich dazu im erstinstanzlichen Verfahren auch weder allgemein noch konkret auf bestehende Verschwiegenheitspflichten berufen.
Dem gegenüber hat der Kläger vorgebracht, dass für das BVT zu keiner Zeit eine Verdachtslage gegen ihn bestanden habe, insbesondere dass er nach den Terroranschlägen vom 11. 9. 2001 nicht mit Transparenten in der Abflughalle eines Flughafens für die Ziele der Attentäter eingetreten sei. Er hat daraus den Schluss gezogen, dass die durchgeführte Sicherheitsüberprüfung durch die Organe der Republik unrichtig gewesen sein müsse.
3.2. Nach § 1 Abs 1 AHG haftet der Bund nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts für den Schaden am Vermögen oder an der Person, den die als seine Organe handelnden Personen in Vollziehung der Gesetze durch ein rechtswidriges Verhalten wem immer schuldhaft zugefügt haben. Anspruchsvoraussetzungen sind daher das „Verhalten" eines Organs, die Rechtswidrigkeit dieses Verhaltens, ein Verschulden des schädigenden Organs, ein Schaden am Vermögen oder an der Person, und ein ursächlicher Zusammenhang zwischen rechtswidrigem Verhalten und eingetretenem Schaden (Schragel aaO Rz 140).
Dass durch das in Rede stehende Telefonat ein Verhalten eines Organs der Beklagten gesetzt wurde, wird von der Beklagten ebensowenig bezweifelt, wie dass durch die Entlassung ein Schaden in Form eines Einkommensverlusts eingetreten ist. Da die Organe des Rechtsträgers ausnahmslos verpflichtet sind, sich rechtmäßig zu verhalten, trifft nach der Judikatur die Behauptungs- und Beweislast für mangelndes Verschulden sich rechtswidrig verhaltender Organe stets den beklagten Rechtsträger (Schragel aaO Rz 161 mwN).
Rechtswidrigkeit im Sinne des AHG bedeutet, dass das Verhalten eines Organs gegen Gebote oder Verbote der Rechtsordnung verstößt. Es ist im konkreten Zusammenhang am Inhalt und Sinn der anzuwendenden Vorschriften zu messen. Unter den Begriff der Rechtswidrigkeit im Sinne des AHG fällt nicht nur die gesetzwidrige Anwendung materieller oder verfahrensrechtlicher Vorschriften den Betroffenen und Beteiligten des konkreten Verfahrens gegenüber, sondern auch die Verletzung aller öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Rechtsvorschriften, die eine Schädigung von Personen oder Sachen verhindern sollen. Inwieweit nicht unmittelbar von einer Amtshandlung Betroffene aus rechtswidrigem und schuldhaftem Organverhalten Amtshaftungsansprüche ableiten können, ist nach dem Schutzzweck der verletzten Norm zu beurteilen. Als nicht rechtswidrig wird im hoheitlichen Bereich ein an sich rechtswidriges Verhalten angesehen, das durch eine auf den Hoheitsbereich beschränkte Ausnahmeregelung gerechtfertigt wird, wie etwa der Schusswaffengebrauch, soweit er durch das Waffengebrauchsgesetz gedeckt ist. Die Behauptungs- und Beweislast für einen solchen Rechtfertigungsgrund trifft allerdings denjenigen, der in fremdes Rechtsgut eingreift, im Amtshaftungsrecht also den beklagten Rechtsträger (Schragel aaO Rz 142).
3.3. Wie bereits dargelegt kann nach § 134a LFG vom Zivilflugplatzhalter grundsätzlich ein Flughafenausweis ausgestellt werden, es sei denn, es läge eine Mitteilung des BMVIT über (begründete) Bedenken vor. Für das Vorliegen einer Mitteilung mit begründeten Bedenken - also für das Bestehen einer Ausnahme vom dargelegten Grundsatz - wäre im Amtshaftungsverfahren im Sinne des oben Gesagten und entgegen der Ansicht der Revisionswerberin, die Beklagte beweispflichtig.
Dies hat im vorliegenden Fall umso mehr zu gelten, als auch die allgemeinen Beweislastregeln ihre Einschränkung dort finden, wo eine Beweisführung von der an sich dazu verpflichteten Partei billigerweise nicht erwartet werden kann, weil es sich um Umstände handelt, die allein in der Sphäre der Gegenseite liegen und daher nur ihr bekannt und damit auch nur durch sie beweisbar sind (RIS-Justiz RS0040182). Da dem Kläger unbestrittenermaßen niemals Auskunft über den Inhalt der gegen ihn gehegten Bedenken erteilt wurde, war es ihm von vornherein unmöglich, die Unrichtigkeit dieser Bedenken nachzuweisen. Letztlich sei darauf verwiesen, dass der Kläger, soweit er Gründe vermutete, nämlich im Zusammenhang mit einer allfälligen Demonstration auf einem Flughafen zur Unterstützung der Terroranschläge vom 11. 9. 2001, diese ohnehin entkräftete.
4. Zum Geheimnisschutz bzw Quellenschutz:
4.1. Wie bereits dargelegt hat die Beklagte dazu in erster Instanz kein Vorbringen erstattet. Das nunmehrige Vorbringen ist, soweit es Tatsachen enthält, daher als unzulässige Neuerung zu qualifizieren.
Auch in der Revision behauptet die Beklagte eine Verpflichtung zur Geheimhaltung nur allgemein, ohne sich auf eine konkrete gesetzliche Regelung zu beziehen. Im Amtshaftungsverfahren gelten aber im Hinblick auf § 13 AHG die allgemeinen Bestimmungen über die Wahrung des Amtsgeheimnisses nicht. Auch das LFG enthält im Zusammenhang mit der Sicherheitsüberprüfung - ebensowenig wie die Verordnung Nr 2320/2002, auf die die entsprechende gesetzliche Bestimmung zurückgeht - keine konkreten Geheimhaltungspflichten oder -rechte des Staates und umgekehrt auch keine Normen zur Wahrung der Rechte der von allfälligen Geheimhaltungspflichten Betroffenen.
4.2. Dies ist keineswegs zwingend, wie ein Blick auf die Sicherheitsüberprüfung nach den §§ 55 ff Sicherheitspolizeigesetz (SPG) zeigt. Dort regelt § 88 SPG ausdrücklich die Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate für Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder auf andere Weise durch die Besorgung der Sicherheitsverwaltung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sofern dies nicht in Form eines Bescheids erfolgte. Im § 90 SPG ist darüber hinaus die Zuständigkeit der Datenschutzkommission zur Entscheidung über Beschwerden wegen Verletzung von Rechten durch Verwendung personenbezogener Daten in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung entgegen den Bestimmungen des Datenschutzgesetzes vorgesehen.
4.3. Das EuG hat in mehreren Entscheidungen zum sogenannten „Listing" in Verfahren über Nichtigkeitsklagen betreffend den Zugang zu Dokumenten und zu Beschlüssen des Rats der EU über die Aufnahme bestimmter Personen und Einrichtungen in Terroristenlisten ausgesprochen, dass die UN-Charta zwar Vorrang vor dem Gemeinschaftsrecht habe, weshalb die Gemeinschaftsgrundrechte unanwendbar seien. Resolutionen des Sicherheitsrats wurden aber am Mindeststandard des ius cogens - und hier vor allem an den prozessualen Garantien des rechtlichen Gehörs und des effektiven Rechtsschutzes - gemessen. Das EuG vertrat die Ansicht, der effektive Rechtsschutz sei durch die Möglichkeit der Erwirkung der Streichung von der Liste, das sogenannte „delisting", gewahrt gewesen. Die Klagen blieben im Ergebnis erfolglos, wobei von der Notwendigkeit der Geheimhaltung von Informationen über terrorismusverdächtige Personen aufgrund „überwiegender öffentlicher Sicherheitsinteressen" ausgegangen wurde. Eine ähnliche Rechtsansicht vertritt auch der Europäische Gerichtshof (siehe hiezu Landesgruppe Österreich der Internationalen Strafrechtsgesellschaft und Österreichischer Juristenverband, Terrorismus und Menschenrechte, Symposium am 11. 5. 2007, 43 f).
4.4. Das Gesetz sieht kein rechtliches Gehör und keinen effektiven Rechtsschutz eines Betroffenen bei der Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 134a LFG vor. Die völlig allgemein gebliebene Behauptung eines „Quellen- und Erkenntnisschutzes" ohne konkrete gesetzliche Normierung ist nicht geeignet, die Beklagte von ihren Behauptungs- und Beweispflichten im Amtshaftungsverfahren zu befreien, zumal bei gegenteiliger Ansicht keine Möglichkeit und Veranlassung zur Prüfung bestünde, ob eine Geheimhaltung notwendig sei, weil die öffentlichen Sicherheitsinteressen überwögen. Es kann und darf nicht rechtens sein, dass sich ein Rechtsträger nur ganz abstrakt auf die Notwendigkeit einer Geheimhaltung beruft. Tut er dies aber, dann hat er den Nachteil einer zu seinen Ungunsten ausschlagenden Beweislastregel zu tragen.
Da die Beklagte ihren prozessualen Pflichten nicht nachgekommen ist und demzufolge auch keine Feststellungen über Ermittlungsergebnisse getroffen werden konnten, die zu berechtigten Bedenken im Sinne des § 134a Abs 4 LFG hätten Anlass geben können, sind die Vorinstanzen auf Basis der tatsächlich möglichen Feststellungen zu Recht von der Gesetzwidrigkeit der Mitteilung von Bedenken und damit von einem rechtswidrigen und schuldhaften Organhandeln seitens der Beklagten ausgegangen.
4.5. Wenn die Revisionswerberin abschließend meint, dass der Kläger auch bei Berücksichtigung des Quellenschutzes nicht rechtlos sei, weil er nach dem Datenschutzgesetz von der Datenschutzkommission überprüfen und entscheiden lassen könne, ob die Verschweigung von Daten rechtens gewesen sei, ist die Richtigkeit dieser Behauptung nicht weiter zu überprüfen. Der Kläger hätte dadurch weder den Entzug des Flughafenausweises verhindern noch dessen Wiederausstellung und damit die Erhaltung bzw Wiedererlangung seines Arbeitsplatzes ohne Eintritt eines Vermögensschadens erreichen können. Sohin wäre damit kein dem Amtshaftungsverfahren vergleichbarer effektiver Rechtsschutz gewährleistet, weil der Ersatz des bereits eingetretenen Schadens nicht erreicht werden könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.
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