Spruch:
Richard D***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Insoweit sie sich gegen die Fortsetzung der Untersuchungshaft durch den Einzelrichter des Landesgerichts für Strafsachen Graz richtet, wird sie zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit der angefochtenen Entscheidung gab das Oberlandesgericht Graz der Beschwerde des Angeklagten Richard D***** gegen den Haftbeschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 16. Juli 2008 (ON 38) nicht Folge und setzte die Untersuchungshaft aus dem Haftgrund des § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO fort.
Dabei nahm das Beschwerdegericht auf der Ebene des dringenden Tatverdachts (§ 173 Abs 1 StPO) die im Strafantrag vom 21. Februar 2008 (ON 4) enthaltenen und in der Hauptverhandlung vom 23. Juni 2008 (ON 26 S 6) ausgedehnten Vorwürfe als hafttragend an, wonach Richard D***** einerseits in der Zeit von November 2007 bis 10. Februar 2008 in Graz vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er mindesten 180 Stück Substitol-Kapseln á 200 mg an Amela C*****, Bianca-Racula P***** und weitere unbekannte Abnehmer gewinnbringend verkauft und andererseits - zusammengefasst - in der Zeit von Februar 2007 bis 23. Oktober 2007 in mehreren Angriffen jeweils in Wien Suchtgift erworben und besessen sowie an andere weitergegeben und weiterzugeben versucht habe.
Rechtliche Beurteilung
Die fristgerecht erhobene Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.
Soweit sie explizit auch hinsichtlich des erstgerichtlichen Fortsetzungsbeschlusses eine Grundrechtsverletzung rügt (ON 51 S 3), war sie zurückzuweisen, weil Gegenstand des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens allein die im Instanzenzug vorgesehene Entscheidung des Oberlandesgerichts ist (§ 1 GRBG; Hager/Holzweber GRBG § 1 E 21).
Da - anders als bei einer Haftbeschwerde an das Oberlandesgericht - nicht die Haft, sondern die Entscheidung über die Haft den Gegenstand des Erkenntnisses über eine Grundrechtsbeschwerde bildet und § 3 Abs 1 GRBG hinsichtlich der dort angeordneten Begründungspflicht des Beschwerdeführers nichts anderes vorsieht (vgl § 10 GRBG), kann nach ständiger Rechtsprechung im Verfahren über eine Grundrechtsbeschwerde die Sachverhaltsgrundlage des dringenden Tatverdachts nur nach Maßgabe der Voraussetzungen der Mängel- und Tatsachenrüge (§ 281 Abs 1 Z 5 und Z 5a StPO) in Frage gestellt werden (RIS-Justiz RS0112012, RS0110146).
Diesen Anfechtungskriterien wird die Beschwerde nicht gerecht, weil sie einerseits den Sachverhaltsannahmen des Oberlandesgerichts die - unsubstantiierte - Behauptung entgegensetzt, der Beschwerdeführer habe sein später widerrufenes Geständnis vor der Polizei unter dem Einfluss der zuvor bei einem zu seinem Nachteil verübten Raubüberfall erlittenen Verletzungen sowie deshalb abgelegt, weil er durch die vernehmenden Beamten weder mit Nahrung noch mit Getränken versorgt worden war, und andererseits eigene Beweiswerterwägungen zu den Angaben vernommener Zeugen anstellt. Durch die bloße Wiederholung der bereits in der Haftbeschwerde dargelegten Bewertung des Sachverhalts durch den Angeklagten zeigt sie weder einen Begründungsmangel auf noch vermag sie auf Aktenbasis erhebliche Bedenken gegen die Sachverhaltsannahmen des Oberlandesgerichts zu erwecken. Die rechtliche Annahme einer der von § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahren wird vom Obersten Gerichtshof im Rahmen des Grundrechtsbeschwerdeverfahrens dahin geprüft, ob sie aus den in der angefochtenen Entscheidung angeführten bestimmten Tatsachen abgeleitet werden durfte, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als unvertretbar („willkürlich") angesehen werden müsste (RIS-Justiz RS0117806).
Die vom Oberlandesgericht ins Treffen geführte Vorbelastung des Beschwerdeführers durch eine einschlägige Verurteilung und die über mehrere Monate hinweg wiederholten Tathandlungen, obwohl er seit längerer Zeit in Substitutionsbehandlung war, lassen einen formal einwandfreien Schluss auf das Vorliegen der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit b StPO zu. Der Umstand, dass zwischen der zeitlich letzten präsumtiven Tathandlung und der Inhaftierung rund dreieinhalb Monate verstrichen sind, die „soziale Integration im Familienkreis" und das Bestreben des Beschwerdeführers, eine (durch das Gutachten des psychologischen Sachverständigen zwischenzeitig für unzureichend eingeschätzte, ON 52) ambulante Therapie zu absolvieren, sprechen ebensowenig gegen die - mängelfrei begründete - Annahme der Tatbegehungsgefahr wie seine Ankündigung, eine Arbeitsstelle antreten zu wollen.
Der Einwand der Verletzung der Garantien des Art 6 Abs 1 MRK geht fehl, weil nur Entscheidungen über die strafrechtliche Anklage selbst in den Anwendungsbereich der angeführten Norm fallen und Art 5 Abs 4 MRK für Haftprüfungsverfahren kein allgemeines Recht auf (Volks-)Öffentlichkeit gewährt (Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 § 24 Rz 26 und § 21 Rz 36). Mangels Verletzung des Richard D***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts war die unbegründete Beschwerde - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.
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