OGH 3Ob105/08z

OGH3Ob105/08z3.9.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.‑Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eva W*****, vertreten durch Michael F. Feuerberg, Rechtsanwalt in Kitzbühel, und die Einvernehmensanwältin Dr. Andrea Gesinger, Rechtsanwältin in Salzburg, wider die beklagte Partei Johann Georg Bernd W*****, vertreten durch Rechtsanwälte Brüggl & Harasser OEG in Kitzbühel, wegen 22.700 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 17. März 2008, GZ 6 R 223/07t‑52, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 12. September 2007, GZ 1 Cg 121/05v‑41, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0030OB00105.08Z.0903.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Berufungsgericht zurückverwiesen und diesem die ergänzende Verhandlung und die neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Begründung

Beide Streitteile sind derzeit in Österreich wohnhafte deutsche Staatsbürger und seit 2005 getrennt lebende Eheleute. Als der Beklagte im Jahr 2003 in Österreich eine Liegenschaft erwarb, bezahlte die Klägerin die Grunderwerbssteuer, die Eintragungsgebühr und die Maklerprovision. Am 24. August 2003 schlossen die Streitteile eine - nicht in notarieller Form errichtete - schriftliche Vereinbarung folgenden Inhalts:

Schuldschein

Hiemit erkläre ich ...[Beklagter], von meiner Ehefrau ... [Klägerin], in der Zeit vom 1. August 2003 bis 24. August 2003 einen Betrag in Höhe von 37.000 EUR (...) erhalten zu haben.

Dieser Betrag ist bei einer Trennung oder Scheidung von mir mit einem Zinssatz von 3,5 % ab 1. September 2003 an meine Frau zurückzuführen und wird vom Zugewinn ausgeschlossen.

Dies innerhalb von 3 Monaten nach Trennung.

Ebenso ist dieser Betrag aus meinem Erbe auszuschließen und steht im Fall meines Ablebens ihr alleine zu.

L*****, den 24. 8. 2003

... (Beklagter)

Die Klägerin begehrte vom Beklagten die Zahlung von 37.000 EUR sA mit dem Vorbringen, im Hinblick auf das zugesagte Darlehen die Grunderwerbssteuer sowie die Eintragungs- und Maklergebühr entrichtet und dem Beklagten den Restbetrag in bar ausgehändigt zu haben. Dafür habe der Beklagte den Schuldschein unterschrieben; diesen habe er ihr jedoch später wieder entwendet. Die Zahlung der Grunderwerbssteuer und der Eintragungsgebühr durch sie sei allein im Vertrauen auf den Darlehensvertrag erfolgt. Keinesfalls habe es sich um sogenannte „ungenannte oder ehebedingte" Zuwendungen gehandelt. Ein besonderer familienrechtlicher Vertrag sei nicht vorgelegen. Richtig sei, dass der Ausschluss des Zugewinnausgleichs oder dessen Abänderung der zwingenden notariellen Form bedurft hätte. Der Formzwang gelte jedoch nur, wenn mehrere Teile einer Erklärung nach dem Parteiwillen ein einheitliches Rechtsgeschäft bilden sollen. Dies sei jedoch hier nicht der Fall, weil die Darlehensregelung unabhängig vom Ausschluss des Zugewinns an eine Fälligkeit bei Trennung oder Scheidung geknüpft sei. Der Beklagte sei an der Gestaltung des Schuldscheins nicht beteiligt gewesen. Nach der Vorstellung der Klägerin hätten dessen einzelne Teile nicht unweigerlich miteinander verbunden sein sollen, sondern jeder einzelne Vertragsteil hätte ihr dazu verhelfen sollen, den Darlehensbetrag im Falle der Trennung zurückzuerlangen. Da sie als Miteigentümerin nicht im Grundbuch eingetragen sei, habe sie - abgesehen vom Darlehen - gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf Zahlung einer Nichtschuld.

Der Beklagte wendete ein, die Klägerin habe sich am 24. August 2003 gegen Unterfertigung einer Schuldurkunde bereit erklärt, ihm zur teilweisen Finanzierung des Kaufpreises der Liegenschaft 37.000 EUR zur Verfügung zu stellen. Da der Verkäufer der Liegenschaft und er (als Käufer) am Tage der Vertragsunterfertigung von der zunächst vereinbarten Akontozahlung von 40.500 EUR abgekommen seien, seien sowohl der Finanzierungsaufwand als auch die Zuzählung des Darlehens entfallen. Dies sei der Grund dafür, dass die Klägerin ihm die Schuldurkunde wiederum ausgehändigt habe. Wenngleich die Klägerin beim Ankauf der Liegenschaft die Grunderwerbssteuer und Eintragungsgebühr gezahlt habe, stünden diese Zahlungen nicht im Zusammenhang mit dem ursprünglich zugesicherten, aber nicht zugezählten Darlehen, sondern habe es sich dabei um sogenannte „unbenannte oder ehebedingte Zuwendungen" gehandelt, deren Rechtsgrund ein besonderer familienrechtlicher Vertrag sei. Verfügungen der Ehegatten während intakter Ehe verpflichteten beide Ehegatten nach den Umständen regelmäßig zu gleichen Teilen (§ 426 Abs 1 Satz 1 erster Halbsatz BGB). Es könnte somit nur ein Gesamtschuldnerausgleich im Innenverhältnis in Höhe der Hälfte der anteiligen Kosten erfolgen. Ausgleichsmaßstab sei das Verhältnis der Miteigentumsanteile der Ehegatten zueinander. Habe die Klägerin gezahlt, ohne Miteigentümerin zu sein, wäre kein Ausgleichsanspruch begründet, weil dann durch die freiwillige Leistung etwas „anderes bestimmt" sei (§ 426 Abs 1 Satz 1 zweiter Halbsatz BGB). Die Zahlung eines Nichtschuldners löse in einem solchen Fall weder eine Ausgleichspflicht noch bereicherungsrechtliche Rückforderungsansprüche aus. Die Regelung, wonach der Darlehensbetrag vom Zugewinn ausgeschlossen sein solle, stelle eine güterrechtliche Vereinbarung dar, nach der der angeblich rückzahlbare Betrag bei der Berechnung des Zugewinnausgleichsanspruchs außer Betracht bleiben sollte. Derartige Regelungen unterlägen der gesetzlich zwingenden notariellen Form; dies auch, wenn sie von den Eheparteien durch Ehevertrag geregelt werden. Der Formzwang gelte auch für Nebenabreden; die Nichtigkeit eines Teiles einer Vereinbarung habe die Nichtigkeit auch des formwirksamen Teiles, somit der Vereinbarung insgesamt zur Folge. Nach dem Willen der Vertragsparteien sei die Rückzahlungsverpflichtung untrennbar mit dem Zugewinnausschluss verbunden gewesen. Beide Regelungen sollten miteinander „stehen und fallen". Auch sei die Regelung in einer Vertragsurkunde ein typisches Kriterium für das Vorliegen eines einheitlichen Rechtsgeschäfts. Der Vereinbarung komme zugleich eine erbvertragliche Qualifikation zu, weil in Bezug auf seinen Nachlass eine rechtlich benachteiligende Regelung zu Lasten seiner Tochter enthalten sei. Für eine derartige Regelung hätte es ebenfalls der Errichtung eines Notariatsakts bedurft. Auch deshalb sei der (gesamte) Vertrag nichtig.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf nach Einvernahme der Streitteile als Parteien sowie von Zeugen und nach Einsichtnahme in Urkunden folgende weitere Feststellungen:

Die Vertragsparteien schlossen die Vereinbarung vom 24. August 2003 in Ergänzung zu vertraglich vereinbarten und tatsächlich realisierten Darlehensgewährungen und -zuzählungen der Klägerin an den Beklagten. Sowohl die Darlehensgewährungen und -zuzählungen (soweit letztere positiv feststellbar sind), als auch die Vertragsklauseln, wonach 37.000 EUR bei einer Trennung oder Scheidung vom Beklagten mit einem Zinssatz von 3,5 % ab dem 1. September 2003 zurückzuzahlen und der Zugewinn ausgeschlossen sei, erfolgten zu dem von den Vertragsparteien gemeinsam gewollten Zweck, dem Beklagten die Geldmittel zur Tilgung der für den Erwerb der näher bezeichneten Liegenschaft anfallenden Nebengebühren sowie der Maklergebühren zur Verfügung zu stellen. Die Klauseln betreffend die Fälligkeit der Darlehensrückzahlung bei Trennung oder Scheidung sowie betreffend den Zugewinnausschluss entsprachen dem einheitlichen und einvernehmlichen Willen der Klägerin wie auch des Beklagten. Die Klägerin leistete für den Beklagten die Grunderwerbssteuer und die Eintragungsgebühr von insgesamt 14.000 EUR an den vertragserrichtenden Notar. Des Weiteren bezahlte sie für den Beklagten 8.700 EUR an Maklerprovision an eine Immobilienmaklerin. Beide Zahlungen erfolgten in Erfüllung der Darlehenszusage. Ob und zu welchem Zweck die Klägerin dem Beklagten einen weiteren Darlehensbetrag von 14.300 EUR tatsächlich zuzählte, ist nicht feststellbar.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass die Vereinbarung vom 24. August 2003, soweit sie ehegüterrechtliche Regelungen enthalte, nach dem durch die Staatsbürgerschaft der Parteien bestimmten Personalstatut zu beurteilen sei, sodass im Hinblick auf die deutsche Staatsangehörigkeit beider Parteien deutsches Recht anzuwenden sei. Die Vereinbarung sei - soweit sie den Ausschluss der Darlehensforderung der Klägerin vom Zugewinn regle ‑ als Ehevertrag gemäß § 1408 BGB zu werten. Für die Beurteilung dessen Formbedürftigkeit sei § 8 IPRG maßgeblich. Da die Parteien keine Rechtswahl getroffen hätten und ein Vorbringen zur Frage, in welchem Staat die Rechtshandlung vorgenommen worden sei, fehle, komme § 8 erste Alternative IPRG zur Anwendung. Wiederum sei das Personalstatut der Parteien für die Frage der Formbedürftigkeit relevant, sodass auch insoweit deutsches Recht anzuwenden sei. Für Eheverträge sei gemäß § 1410 BGB die notarielle Form zwingend vorgeschrieben. Da die Vertragsparteien ein einheitliches Rechtsgeschäft abschließen wollten und die Vereinbarung der Gewährung und Zuzählung des Darlehens nach dem Willen beider Vertragsparteien untrennbar mit der Vereinbarung des Zugewinnausschlusses verbunden gewesen sei, liege mangels Einhaltung der notariellen Form nicht nur Teilnichtigkeit, sondern Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäfts vor. Da die Klägerin die Grunderwerbssteuer und die Eintragungsgebühr im Rahmen und in Erfüllung der Darlehensgewährung und Zuzählung bezahlt habe, seien Rechtsausführungen zur Frage, ob es sich dabei um „unbenannte und ehebedingte Zuwendungen" handle, entbehrlich.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, dass es den Beklagten schuldig erkannte, der Klägerin 22.700 EUR sA sowie die anteiligen Prozesskosten zu ersetzen; das Mehrbegehren im Umfang von weiteren 14.300 EUR sA wies es - unangefochten - ab. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Rechtlich ging es davon aus, es liege kein einheitliches Rechtsgeschäft vor, weil der Abschluss des Darlehensvertrags und der Abschluss der ehegüterrechtlichen Regelung zeitlich auseinander fielen. Im Schuldschein werde auf einen bereits erhaltenen Geldbetrag Bezug genommen, der im Falle der Trennung oder Scheidung mit Zinsen an die Klägerin zurückzuzahlen sei. Darin zeige sich, dass der Darlehensvertrag (zeitlich gesehen) vor der Regelung über den Ausschluss vom Zugewinnausgleich geschlossen worden sei, welcher Umstand gegen den Einheitlichkeitswillen der Parteien spreche. Zudem seien für den Rückzahlungszeitpunkt zwei Varianten vorgesehen, nämlich die Trennung oder die Scheidung, woraus ersichtlich werde, dass die Rückzahlung nicht unbedingt an die Scheidung und somit an den Zeitpunkt gekoppelt worden sei, zu welchem nach dem Gesetz der Zugewinnausgleich zwischen Ehegatten durchzuführen sei. Darin manifestiere sich das dem Darlehensnehmer erkennbare Interesse der Darlehensgeberin an der Rückzahlung des Darlehens bereits im Falle der Trennung der Ehegatten; dieses sei somit losgelöst von der Scheidung. Diesen Willen der Klägerin habe der Beklagte offensichtlich gebilligt, weil nur so erklärlich sei, dass der Beklagte in die Rückzahlungsbedingungen eingewilligt habe. Eine untrennbare Verbindung zwischen Darlehensgewährung und ehegüterrechtlicher Regelung sei daher nicht indiziert. Anzunehmen sei, dass die Parteien den Darlehensvertrag auch ohne die nichtige ehegüterrechtliche Vereinbarung getroffen hätten. Angesichts der aufgezeigten Umstände sei dem Beklagten der Nachweis für die Einheitlichkeit des Geschäfts nicht gelungen. Daraus folge, dass aus der Teilnichtigkeit der Vereinbarung über den Zugewinnausschluss nicht auch die Nichtigkeit des Darlehensvertrags abgeleitet werden könne. Der Darlehensvertrag sei nach deutschem Recht formgültig zustandegekommen. Nach österreichischem Recht sei der Darlehensvertrag im Hinblick auf die Notariatsaktspflicht formungültig. Auf die Nichteinhaltung der Formvorschriften nach österreichischem Recht für Darlehen zwischen Ehegatten habe sich der Beklagte jedoch nicht berufen. Sein erstmals im Berufungsverfahren diesbezüglich erhobener Einwand sei verspätet und könne die Rückforderung des hingegebenen Geldes aus dem Titel des Darlehensvertrags nicht hindern. Sei auch nach österreichischem Recht die Rückforderbarkeit des als Darlehen gewährten Betrags zu bejahen, könne die Frage des anzuwendenden Rechts offen bleiben. Im Umfang der tatsächlich zugezählten Darlehenssumme von insgesamt 22.700 EUR sei das Klagebegehren somit berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Beklagten ist zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

a) Zur Zulässigkeit: Bei der Beurteilung, ob ein tatsächlicher oder rechtlicher Zusammenhang zwischen mehreren geltend gemachten Forderungen zu bejahen und eine Zusammenrechnung vorzunehmen ist (§ 55 JN), ist von den Klageangaben auszugehen (RIS‑Justiz RS0042741). Im vorliegenden Fall liegt der Klage „die Zuzählung diverser Geldbeträge als Darlehen in der Zeit vom 1. August 2003 bis 24. August 2003" zugrunde. Nach der Klageerzählung wurde in Ansehung des gesamten Betrags ein Schuldschein unterfertigt. In diesem Schuldschein sind die Rückzahlungsmodalitäten in Ansehung der gesamten Darlehenssumme festgelegt. Im Hinblick auf diese Umstände sind die Darlehensbeträge zusammen zu rechnen, selbst wenn man von mehreren gesondert zugezählten Darlehen ausgehen wollte (1 Ob 61/75; RIS‑Justiz RS0037905 [T4]).

b) Wie der Revisionswerber zutreffend aufzeigt, ist das Berufungsverfahren mit einem Verfahrensmangel behaftet:

Nach ständiger Rechtsprechung und Lehre bilden alle Tatsachen, die das Umfeld, die Voraussetzungen und den Wortlaut rechtlich relevanter Willenserklärungen sowie von Rechtsgeschäften umschreiben, die Tatfrage. Feststellungen über eine einhellige Absicht der Parteien eines Vertrags, die nicht nur durch Urkundenauslegung ermittelt wurde, fallen somit in den Tatsachenbereich (7 Ob 123/99kuva; Zechner in Fasching/Konecny2 § 503 ZPO Rz 215; E. Kodek in Rechberger3 § 498 ZPO Rz 3, je mwN). Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht nach Einvernahme der beiden Parteien (und von Zeugen) deren Vertragswillen dahingehend festgestellt, dass die Darlehensgewährungen und die im Schuldschein getroffene Rückzahlungsvereinbarung „dem einheitlichen und einvernehmlichen Willen" beider Streitteile entsprochen habe. Diese Einheitlichkeit im Tatsachenbereich hat der Erstrichter in seiner rechtlichen Beurteilung wiederholt. Es handelt sich somit um eine im Beweisverfahren geklärte Feststellung über die konkrete Absicht der Streitteile, die in deren Vereinbarung Niederschlag gefunden hat. Dieser Feststellung kommt nach den bisherigen Verfahrensergebnissen entscheidungswesentliche Bedeutung zu, hat doch das Erstgericht - ausgehend von der Anwendbarkeit deutschen Rechts - die Klageabweisung damit begründet, dass das Vorliegen eines einheitlichen Vertrags zu dessen gänzlicher Nichtigkeit wegen Formungültigkeit führe. Von der Feststellung des einheitlichen Vertragswillens hätte das Berufungsgericht ausschließlich nach Beweiswiederholung abgehen dürfen. Nur wenn diese Beweiswiederholung zu gegenteiligen Feststellungen geführt hätte, hätte ein einheitlicher Vertragswillen (doch) verneint werden dürfen. Ist das Berufungsgericht also nicht aus rein rechtlichen Überlegungen zu einer abweichenden Vertragsauslegung gekommen, bewirkt seine Vorgangsweise einen Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz und damit eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens (RIS‑Justiz RS0043057). Diese muss zur Aufhebung und Zurückverweisung der Rechtssache an das Berufungsgericht führen (RS0043461).

Vorbehaltlich der Ergebnisse des fortzusetzenden Verfahrens kann in der Sache aber bereits jetzt Folgendes festgehalten werden:

Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, besteht für Darlehensverträge zwischen Ehegatten nach deutschem Recht keine besondere Formvorschrift (Kanzleiter in MünchKommBGB4, Vor § 1408 Rn 13 iVm Rn 11). Geht man - entsprechend dem Standpunkt des Revisionswerbers - vom Vorliegen (auch) einer ehegüterrechtlichen Vereinbarung aus und legt die erstgerichtlichen Feststellungen zum einheitlichen Vertragswillen zu Grunde, scheidet bei Anwendung deutschen Rechts eine Teilwirksamkeit des Vertrags nach § 139 BGB aus; der Vertrag wäre als gänzlich nichtig anzusehen.

Selbst bei einer wegen Formungültigkeit gegebenen gänzlichen Nichtigkeit ist ein Bereicherungsanspruch der Klägerin nach § 812 BGB jedoch nicht ausgeschlossen (Sprau in Pallandt67 § 812 BGB Rn 73 f; Lieb in MünchKommBGB4, § 812 Rn 182). Einen solchen hat die Klägerin bereits im Verfahren erster Instanz geltend gemacht, indem sie vorbrachte - abgesehen vom Darlehensvertrag - einen Anspruch gegen den Beklagten wegen Zahlung einer Nichtschuld zu haben (ON 33 AS 147). Der Revisionswerber hat zu dieser Anspruchsgrundlage bisher kein konkretes Vorbringen erstattet, weil er - wie aus der Aktenlage erkennbar - dieses Vorbringen offenbar übersehen oder für unerheblich erachtet hat. Sollte der Entscheidung im fortgesetzten Verfahren die Anwendbarkeit deutschen Rechts, das Vorliegen (auch) einer ehegüterrechtlichen Vereinbarung und eines einheitlichen Vertragswillens zugrunde gelegt werden, wird dem Beklagten zur Vermeidung einer „Überraschungsentscheidung" (dazu 1 Ob 144/97a = SZ 70/199 uva; RIS‑Justiz RS0037300) Gelegenheit zur Erstattung eines ergänzenden Vorbringens in dieser Richtung einzuräumen sein.

Nach österreichischem Recht sind sowohl Ehepakte als auch Darlehensverträge zwischen Ehegatten notariatsaktspflichtig (§ 1 lit a und b NotAktsG). Ebenso wie im deutschen Recht können die sich aus der Nichtigkeit des Vertrags ergebenden Rückforderungsansprüche aus dem Titel der Bereicherung geltend gemacht werden; die Rückforderung eines von einem Ehegatten dem anderen gegebenen formungültigen Darlehens aus dem Grunde der Bereicherung ist zulässig (stRsp, zuletzt 7 Ob 274/04a mwN; RIS‑Justiz RS0033684). Auch wenn im fortgesetzten Verfahren von der Anwendbarkeit österreichischen Rechts ausgegangen werden sollte, bedürfte es vorerst zur Vermeidung einer „Überraschungsentscheidung" der Erörterung mit den Parteien im oben aufgezeigten Sinn.

Die Aufhebung des Berufungsurteils erweist sich demnach als unumgänglich.

Der Kostenvorbehalt beruht auf den §§ 50, 52 Abs 1 ZPO.

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