OGH 3Ob143/08p

OGH3Ob143/08p3.9.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.-Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Stephan Riel, Rechtsanwalt, Wien 3, Landstraßer Hauptstraße 1/2, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der H*****gmbH (14 S 65/06h des Landesgerichts St. Pölten) wider die beklagte Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen 44.334,65 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 28. Mai 2008, GZ 4 R 75/08i-12, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 26. Februar 2008, GZ 7 Cg 143/07a-8, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der beklagten Partei waren von der späteren Gemeinschuldnerin vor der am 13. April 2006 erfolgten Eröffnung des Konkursverfahrens Arbeitskräfte überlassen worden. Die Gemeinschuldnerin bezahlte die von ihr als Arbeitgeberin zu zahlenden Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung nicht, für welche die beklagte Partei gemäß § 14 Abs 1 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) wegen ihrer Eigenschaft als Beschäftiger als Bürgin haftet. Der Masseverwalter begehrte mit seiner am 25. Juli 2007 beim Erstgericht eingelangten Klage das Entgelt von 74.074,54 EUR für die Überlassung der Arbeitskräfte. Die beklagte Partei wandte dagegen zunächst ein Zurückbehaltungsrecht wegen der drohenden Inanspruchnahme als Bürgin durch die Gebietskrankenkasse (Einrede der Unsicherheit) und in der Folge eine Gegenforderung in Höhe des von der Gebietskrankenkasse geforderten Betrags von 52.158,50 EUR ein. Im Konkursverfahren erhielt die Gebietskrankenkasse im Rahmen einer Zwischenverteilung 15 % ihrer Forderung, wodurch sich der Haftungsbetrag der beklagten Partei auf 44.334,65 EUR reduzierte. Diesen Betrag bezahlte die beklagte Partei an die Gebietskrankenkasse und überwies den Differenzbetrag von 29.739,88 EUR auf die offene Klageforderung am 7. November 2007 an den Kläger, worauf dieser das Klagebegehren auf 44.334,65 EUR einschränkte.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab.

Rechtliche Beurteilung

Mit seiner außerordentlichen Revision vermag der Kläger keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen:

Die angefochtene Entscheidung des Berufungsgerichts steht im Einklang mit der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung und der im Schrifttum ganz überwiegend vertretenen Auffassung, dass im Konkurs des Hauptschuldners ein Bürge zur Aufrechnung gegen Forderungen des Gemeinschuldners auch mit seiner aufschiebend bedingten Regressforderung berechtigt ist, wenn nur das den Rückgriff begründende Rechtsgeschäft (die Bürgschaft) vor der Konkurseröffnung außerhalb der Sechsmonatsfrist des § 20 Abs 1 KO begründet wurde oder bei späterer Begründung der Bürge von der Zahlungsunfähigkeit weder Kenntnis hatte oder Kenntnis haben musste. Bereits mit Eingehen der Bürgschaft erwirbt der Bürge einen gesetzlich bedingten

Rückgriffsanspruch gegen den späteren Gemeinschuldner (6 Ob 91/73 =

SZ 46/48; 1 Ob 738/76 = SZ 49/137; 5 Ob 306/76 = EvBl 1978/4; obiter

6 Ob 16/02z uva; zum vergleichbaren Fall des für den nichtzahlenden Wechselakzeptanten haftenden Wechselaussteller: 8 Ob 32/94; Schubert in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, §§ 19, 20 KO Rz 68; Gamerith in Buchegger, InsR, § 19 KO Rz 23, je mwN). Im Insolvenzrecht wird also unter Ableitung aus den §§ 17 und 20 KO ein weiter „Bedingungsbegriff" vertreten und ein bloß potentieller Rückgriffsanspruch als existent erachtet (Gamerith aaO; 8 Ob 47/04a = SZ 2004/158).

Die dagegen in der außerordentlichen Revision vorgetragenen Argumente überzeugen nicht. Gegen die relevierte Gefahr der Verdoppelung der Verbindlichkeit des Gemeinschuldners (Hauptschuldners) wurde zutreffend auf Sicherstellungsmöglichkeiten des § 19 Abs 2 KO verwiesen (Schubert aaO Rz 76). Insoweit die Revisionswerberin für ihren Standpunkt auf das gemäß § 17 Abs 2 KO dem Bürgen nur bedingt zustehende Teilnahmerecht im Konkursverfahren verweist (nur bedingte Anmeldung künftiger = bedingter Regressansprüche für den Fall, dass der Gläubiger im Konkurs nicht anmeldet; dazu Gamerith aaO § 17 KO Rz 5), und von einer gesetzlichen Wertung ausgeht, dass ein Bürge das Insolvenzrisiko des Schuldners übernommen hat und sich dem nicht durch Anmelden oder Aufrechnen entziehen dürfe und sich bei dieser Ansicht auf ein vom Bundesgerichtshof judiziertes Aufrechnungsverbot stützt, ist ihr bloß die unterschiedliche Rechtslage in Österreich und Deutschland (vgl § 95 dInsO) entgegenzuhalten, ein Umstand, den der Revisionswerber selbst einräumt.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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