European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0050OB00122.08I.0714.000
Spruch:
Die Akten werden an das Erstgericht zurückgestellt.
Begründung
Das Erstgericht wies den Antrag, die Zweitantragsgegnerin als Verwalterin abzuberufen und statt ihrer einen Verwalter im Sinn des § 19 WEG 2002 zu bestellen, ab. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung mit dem angefochtenen Sachbeschluss; es sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige nicht 10.000 EUR und der Revisionsrekurs sei nicht zulässig. Dagegen richtet sich der als „I. a.o. Revisionsrekurs der Antragstellerin" bezeichnetes Rechtsmittel verbunden mit einer Zulassungsvorstellung „II. Eventualantrag nach § 63 AußStrG".
Rechtliche Beurteilung
1. Der Bewertungsausspruch des Gerichts zweiter Instanz ist - auch im Verfahren außer Streitsachen - unanfechtbar und für den Obersten Gerichtshof bindend, wenn zwingende Bewertungsvorschriften nicht verletzt wurden, eine offenkundige Unterbewertung oder Überbewertung nicht vorliegt oder eine Bewertung nicht überhaupt hätte unterbleiben müssen (RIS‑Justiz RS0042450 [T8]; RS0109332; RS0042410 [T18, T23, T26, T27]; 5 Ob 91/08f; Fucik/Kloiber, AußStrG § 59 Rz 5; Rechberger, AußStrG § 59 Rz 5 mwN).
Davon kann hier keine Rede sein:
2. Im Rechtsmittel wird primär das Ausmaß der Bewertung als offenbar gesetzwidrig zu gering bemängelt; es sei unbeachtet geblieben, dass die Stellung des Verwalters durch die WRN 2006 neuerlich aufgewertet worden sei, Verwalterin und Wohnungseigentums‑Dominator in einem konzernähnlichen Naheverhältnis stünden und der Wert der „durch den Verwalter zu besorgenden Gebrauchsharmonie" der Summe der Werte der einzelnen Wohnungseigentumsobjekte entspreche.
2.1. Damit wird ein Verstoß gegen die zwingende, hier offensichtlich angesprochene Bewertungsvorschrift nach § 60 Abs 2 JN (Wert einer grundsteuerpflichtigen unbeweglichen Sache) nicht aufgezeigt, weil deren Anwendung voraussetzt, dass die Liegenschaft selbst streitverfangen ist (RIS‑Justiz RS0046509) oder das Streitinteresse ausschließlich vom Wert der Liegenschaft bestimmt wird (RIS‑Justiz RS0053191). Das ist hier jedoch nicht der Fall, geht es doch (nur) um die Abberufung und Neubestellung eines Verwalters.
2.2. Welchen konkreten, in Ziffern nachvollziehbaren Einfluss eine gesetzliche Aufwertung der Stellung des Verwalters und ein „konzernähnliches" Naheverhältnis zwischen Verwalter und Mehrheitswohnungseigentümer auf die Bewertung des Gegenstands der hier zu treffenden Entscheidung über die Abberufung und Neubestellung der Drittantragsgegnerin haben soll, vermag die Antragstellerin gar nicht darzulegen; ein solcher Zusammenhang ist auch nicht offenkundig.
Ebenso wenig nachvollziehbar ist die Ansicht, der Wert „der durch den Verwalter zu besorgenden Gebrauchsharmonie" entspreche der Summe der Werte der einzelnen Wohnungseigentumsobjekte; die Verpflichtung des Verwalters nach § 20 Abs 1 WEG besteht nämlich darin, die gemeinschaftsbezogenen Interessen aller Wohnungseigentümer zu wahren und Weisungen der Mehrheit der Wohnungseigentümer zu befolgen, soweit diese nicht gesetzwidrig sind. Die von der Antragstellerin als Aufgabe angesehene Herstellung/Wahrung der „Gebrauchsharmonie" (unter den Wohnungseigentümern) steht aber mit der Pflicht, die gesetzmäßigen Weisungen der Mehrheit zu befolgen, die zwingend mit dem Übergehen der (unterlegenen) Minderheit einhergeht, im Widerspruch. Daher erweist sich die Überlegung der Antragstellerin schon vom Ansatz her als unzutreffend.
Es gelingt ihr damit jedenfalls nicht, eine vom Obersten Gerichtshof zu korrigierende Unterschreitung des Ermessensspielraums durch das Rekursgericht aufzuzeigen.
2.3. Schließlich gelten nach § 52 Abs 2 WEG für die in § 52 Abs 1 WEG 2002 genannten Verfahren die allgemeinen Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen unter anderem mit den in § 37 Abs 3 Z 1, 6, 8, 10 bis 19 sowie Abs 4 MRG genannten Besonderheiten, darunter jener (Z 16 leg cit), dass die in § 37 Abs 1 MRG genannten Entscheidungsgegenstände rein vermögensrechtlicher Natur sind und die maßgebliche Wertgrenze 10.000 EUR beträgt. Für das außerstreitige Wohnverfahren bedeutet dies, dass der hier erhobene, ex lege als rein vermögensrechtlicher Natur qualifizierte Anspruch (5 Ob 19/08t mwN) vom Rekursgericht zu bewerten war.
3. Da somit keine der vom Obersten Gerichtshof anerkannten Ausnahmen von dessen Bindung an den Bewertungsausspruch des Rekursgerichts vorliegen, erweist sich der primär erhobene außerordentliche Revisionsrekurs als absolut unzulässig. Ein Rechtsmittel der Antragstellerin ist überhaupt nur zulässig, wenn das Rekursgericht die hilfsweise erhobene Zulassungsvorstellung für stichhältig erachtet und seinen Ausspruch dahin abändert, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch nach § 62 AußStrG zulässig ist. Diese Entscheidung steht noch aus und wird vom Rekursgericht zu treffen sein. Erachtet das Rekursgericht die Zulassungsvorstellung für nicht stichhältig, so hat es diese samt dem Revisionsrekurs mit Beschluss zurückzuweisen.
Eine Entscheidungskompetenz des Obersten Gerichtshofs über das Rechtsmittel der Antragstellerin liegt jedenfalls derzeit nicht vor, sodass der Akt an das Erstgericht zur Vorlage an das Rekursgericht zurückzustellen war.
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