OGH 1Ob91/08a

OGH1Ob91/08a10.6.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. E. Solé und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ulrike S*****, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 31.337,78 EUR sA und Feststellung (Streitwert 5.000 EUR), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. Februar 2008, GZ 14 R 185/07i-14, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.) Vermeintliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Berufungsgericht nicht als solche erkannt wurden, können im Revisionsverfahren nicht neuerlich geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963). Ebensowenig kann ein Mangel des Berufungsverfahrens im Sinne des § 503 Z 2 ZPO vorliegen, wenn ein bestimmter (vermeintlicher) Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens in der Berufung gar nicht beanstandet wurde (RIS-Justiz RS0043111). Auf die Vorwürfe der Revisionswerberin, dem Erstgericht wäre eine unzulässige vorgreifende Beweiswürdigung vorzuwerfen bzw es hätte zu Unrecht bestimmte beantragte Beweise nicht aufgenommen, kann das Revisionsgericht daher nicht eingehen.

2.) Umfang und Intensität der Aufsichtspflicht (hier: einer Lehrerin) über zur Betreuung anvertraute Kinder bestimmen sich stets nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse (Alter und Entwicklung) sowie der jeweiligen Tätigkeit des zu beaufsichtigenden Kindes; höhere Anforderungen an die Aufsichtspflicht sind dann zu stellen, wenn nach den konkreten Verhältnissen, sei es nach den Eigenschaften des Aufsichtsbefohlenen, sei es nach der konkreten Gefahrenlage, mit der Möglichkeit eines schädigenden Verhaltens des Aufsichtsbefohlenen gerechnet werden muss (RIS-Justiz RS0027463).

Das Berufungsgericht ist von diesen Grundsätzen ausgegangen und hat sie auf den konkreten Einzelfall angewendet. Da ihm keine erhebliche Fehlbeurteilung vorzuwerfen ist, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit oder der Einzelfallgerechtigkeit korrigiert werden müsste, liegt insoweit keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vor.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen war der 12-jährige Schüler ein unauffälliges Kind, angenehm im Umgang, bei seinen Mitschülern beliebt und von seinem Verhalten her völlig unproblematisch. Er war sehr sportlich, ein guter Eisläufer, und hatte keine Probleme, Spielregeln beim Sport einzuhalten. Die Auffassung des Berufungsgerichts, für die Lehrerin hätte kein besonderer Anlass bestanden, mit einer Gefährdung anderer Benützer des Eislaufplatzes durch den betreffenden Schüler zu rechnen, stellt keine Fehlbeurteilung dar. Angesichts der konkreten Feststellungen des Erstgerichts über das Verhalten des Schülers bei gemeinsamen Aktivitäten, insbesondere beim Sport, erscheint es auch nicht bedenklich, dass die Vorinstanzen sich mit der Behauptung der Klägerin, der Schüler leide an Konzentrationsschwäche, Aufmerksamkeitsdefizit und Ablenkbarkeit, nicht auseinandergesetzt haben, zumal sich diese Defizite in erster Linie beim „eigentlichen" Lernen bemerkbar machen. Letztlich übersieht die Revisionswerberin offenbar auch, dass Ursache des Unfalls keineswegs ein „fehlerhaftes Verhalten als Folge seines Aufmerksamkeitsdefizits" war. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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