Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit dem - auch den Schuldspruch eines anderen Angeklagten enthaltenden - Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 9. Mai 2006 (ON 177) wurde Gertrud B***** im zweiten Rechtsgang der Verbrechen der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB als Beteiligte nach § 12 zweiter Fall StGB (I.) sowie des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (II.) schuldig erkannt.
Danach hat sie
I. Karl-Heinz Z***** sowie unbekannt gebliebene unmittelbare Täter dadurch, dass sie Ersteren zur Kontaktaufnahme und zur Führung von Verhandlungen mit Letzteren sowie zu deren Unterstützung bei der Tatausführung überredete und den unmittelbaren Tätern 100.000 S (7.267,28 Euro) Bargeld versprach, dazu bestimmt, an dem in Predlitz-Turrach gelegenen Ferienhaus des Gasthofs B***** durch Verschütten sowie Entzünden von Benzin ohne Einwilligung des (Mit-)Eigentümers Michael B***** eine Feuersbrunst zu verursachen,
II. mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Angestellte der I*****-AG durch Abgabe einer Schadensmeldung betreffend das Ferienhaus des Gasthofs B*****, in der sie die oben bezeichnete Tathandlung verschwieg, zur Auszahlung eines Entschädigungsbetrags von 850.000 S (61.771,91 Euro) verleitet. Mit Beschluss vom 15. Februar 2007, AZ 12 Os 92/06f (ON 190 der Hv-Akten), wies der Oberste Gerichtshof die dagegen erhobene, auf Z 5, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Gertrud B***** zurück.
Über die Berufung der (beiden) Angeklagten wurde vom Oberlandesgericht Graz zu AZ 9 Bs 135/07g nach Durchführung eines Gerichtstags am 30. Mai 2007 erkannt (ON 194).
Ein Antrag der Verurteilten Gertrud B***** auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 353 StPO (ON 203) wurde mit Beschluss des Landesgerichts Leoben vom 8. Oktober 2007 (ON 213) abgewiesen, einer dagegen erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Graz mit Beschluss vom 15. November 2007, AZ 11 Bs 423/07z (ON 220), nicht Folge.
Gestützt auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 1. August 2007, AZ 13 Os 135/06m, beantragt die Verurteilte die Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO wegen Verletzung des im Art 6 MRK normierten Grundrechts auf ein faires Verfahren.
Im Antrag wird hiezu ausgeführt, der Inhalt der Protokolle vorangegangener Hauptverhandlungen sei trotz deren Verlesung in der Hauptverhandlung vom 9. Mai 2006 (S 287/IV) „dem erkennenden Schöffensenat nicht zur Zeit zur Kenntnis gebracht bzw (seien) diese nicht im gesamten Umfang erörtert" worden. Dies ergebe sich aus der Tatsache, dass im Urteil „auf keine dieser angeblich verlesenen Hauptverhandlungsprotokolle bzw Urkunden Bedacht genommen wurde". Überdies sei der Verurteilten ein faires Verfahren vor dem erkennenden Gericht deshalb verwehrt worden, weil „die im ersten Rechtsgang beantragten Zeugen für die nachfolgende Hauptverhandlung nicht mehr geladen wurden". Schließlich sei im Wiederaufnahmeverfahren der „zunächst als zentraler Belastungszeuge angesehene Josef H***** nunmehr als von bloß untergeordneter Bedeutung eingestuft" worden.
Der Antrag ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
In Ansehung des relevierten Verstoßes gegen den Grundsatz des fair trial durch - nach Ansicht der Einschreiterin - unzureichendes Zur-Kenntnis-Bringen von früheren Verfahrensergebnissen an den Schöffensenat und Nichtladung im ersten Rechtsgang beantragter Zeugen ist der Instanzenzug nicht erschöpft, weil ein entsprechender Vorwurf im Rahmen der gegen das Ersturteil ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde (ON 183) nicht erhoben worden ist (Art 35 Abs 1 MRK; 15 Os 156/07s, 157/07p). Anzumerken bleibt, dass das Vorbringen der Antragstellerin hiezu spekulativ bleibt und eine Verletzung des Grundsatzes des beiderseitigen Gehörs nicht erkennbar ist.
Dem sich gegen die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts Graz vom 15. November 2007, AZ 11 Bs 423/07z, wendenden Erneuerungsantrag ist zu entgegnen, dass Art 6 MRK keine Anwendung auf Verfahren findet, in denen über die Wiederaufnahme entschieden wird (ÖJZ-MRK 1994/62; Villiger, Handbuch EMRK2, § 18 Rz 406).
Im Übrigen orientiert sich die Behauptung, dem „zunächst als zentraler Belastungszeuge angesehenen" Josef H***** wäre im Wiederaufnahmeverfahren „bloß untergeordnete Bedeutung" zuerkannt worden, im Besonderen gehe das Oberlandesgericht Graz von einer geringeren „inneren Glaubwürdigkeit dieses Zeugen" aus, es sei „jedoch nicht gewillt, die sich daraus ergebende Konsequenz, nämlich die neuerliche Aufrollung dieser Angelegenheit zu ziehen", nicht am Akteninhalt. Die Tatrichter bezogen nämlich eine Feindschaft zwischen dem genannten Zeugen und der Angeklagten in ihre Erwägungen mit ein (US 21 in ON 177) und gründeten ihre die Anstiftung Unbekannter durch Gertrud B***** betreffenden Feststellungen erst auf eine kritische Gesamtschau der Angaben des Josef H***** und der belastenden Depositionen des Zeugen B***** sowie des Angeklagten Z***** (US 22f in ON 177).
Der Antrag war daher - auch entgegen der gemäß § 24 StPO erstatteten Äußerung des Verteidigers - bereits bei nichtöffentlicher Beratung als unzulässig zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 Z 2 StPO).
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