OGH 11Os54/08p

OGH11Os54/08p27.5.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Mai 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab, Mag. Lendl und Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Puttinger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Ernst B***** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall und 15 StGB, AZ 091 Hv 154/07v des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über die von der Generalprokuratur gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14. Dezember 2007 erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nordmeyer, und der Verteidigerin Mag. Moser-Marzi zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 14. Dezember 2007, GZ 091 Hv 154/07v-15, verletzt in der rechtlichen Unterstellung der festgestellten Taten auch unter §§ 147 Abs 1 Z 1 und 148 zweiter Fall StGB das Gesetz in diesen Bestimmungen.

Dieses Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, wird in der rechtlichen Unterstellung der Taten unter §§ 147 Abs 1 Z 1 und 148 zweiter Fall StGB und demnach auch im Strafausspruch aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Staatsanwaltschaft wird mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Ernst B***** wurde im Verfahren des Landesgerichts für Strafsachen Wien AZ 091 Hv 154/07v mit Urteil vom 14. Dezember 2007 (ON 15) - anklagekonform - des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall und 15 StGB (I./ und II./) schuldig erkannt. Danach hat er (zusammengefasst wiedergegeben) im Zeitraum 6. September bis 12. Oktober 2007 in W***** gewerbsmäßig (§ 70 StGB) mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Mitarbeiter von Beherbergungsbetrieben durch die wahrheitswidrige Vorgabe seiner Zahlungswilligkeit und -fähigkeit sowie unter Angabe jeweils falscher Namen, wobei er diese nebst falschen Adressen in vier von sechs Fällen (I./1./, 2./ und 4./ sowie II./) ins Gästeblatt eintrug, mithin durch Täuschung über Tatsachen, zum Teil unter Benützung von „falschen Urkunden", zu Handlungen, nämlich der Überlassung von Zimmern verleitet (zu II./ zu verleiten versucht), wodurch die Verfügungsberechtigten der Beherbergungsbetriebe am Vermögen im Ausmaß von insgesamt 1.835,20 Euro geschädigt wurden (I./) bzw darüber hinaus noch geschädigt werden sollten (II./).

Dieses Urteil wurde lediglich von der Staatsanwaltschaft mit Strafberufung zum Nachteil des Angeklagten bekämpft. Das Oberlandesgericht Wien vertagte die Berufungsverhandlung vom 18. März 2008 (AZ 22 Bs 52/08w) über Antrag der Oberstaatsanwaltschaft Wien, um dieser die Anregung einer Maßnahme gemäß § 23 Abs 2 StPO zu ermöglichen.

Rechtliche Beurteilung

Der Schuldspruch (auch) nach §§ 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall StGB steht - wie die Generalprokuratur zutreffend aufzeigt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.

Nach § 147 Abs 1 Z 1 vierter Fall StGB ist nämlich nur derjenige strafbar, welcher eines oder mehrere der dort genannten Beweismittel nicht bloß anlässlich, sondern gerade zum Zweck der Täuschung benützt (s 13 Os 123/07y). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der in concreto schadenskausale Irrtum des Getäuschten tatsächlich auf die Benützung des Falsifikats zurückzuführen ist. Es genügt, dass der Täter dem zu Täuschenden die Urkunde mit einer darauf gerichteten Zielvorstellung zugänglich macht, mag dieser auch vom Urkundeninhalt gar keine Kenntnis nehmen (RIS-Justiz RS0094510).

Zu einer solchen Verknüpfung der Benützung des Gästeblattfalsifikats mit der betrugsbegründenden Täuschungshandlung und zu einem auf Einsatz der falschen Urkunde als Mittel zur tatbestandrelevanten Täuschung gerichteten Vorsatz des Angeklagten (vgl Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 147 Rz 14) sind dem Urteil aber keinerlei Feststellungen zu entnehmen.

Mangels Vorliegens den Qualifikationstatbestand des schweren Betrugs nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB tragender Konstatierungen ist auch die Annahme der Qualifikation des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach § 148 zweiter Fall StGB verfehlt.

Da dieser Rechtsfehler dem Angeklagten zum Nachteil gereicht, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, das Urteil in diesem Umfang aufzuheben und die Verfahrenserneuerung anzuordnen (§ 292 letzter Satz StPO).

Die Staatsanwaltschaft war mit ihrer Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anzumerken bleibt, dass mit der Verwendung eines Falschnamens beim Ausfüllen und Unterfertigen eines zur Erfüllung der Meldepflicht nach dem MeldeG vorgesehenen Gästeblatts (§§ 5 Abs 1, 10 MeldeG) jedenfalls eine falsche Urkunde iSd § 223 Abs 1 StGB hergestellt wird. Deren Weitergabe an den Unterkunftgeber, die Meldebehörde oder den Inhaber eines Beherbergungsbetriebes ist - bei Vorliegen des deliktsspezifischen Vorsatzes - ein Gebrauch derselben iSd § 223 Abs 2 StGB (vgl Kienapfel/Schroll in WK2 [2006] § 223 Rz 269; Kirchbacher/Presslauer in WK2 [2006] § 147 Rz 22a; 15 Os 52/04).

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