Spruch:
In teilweiser Stattgebung und aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch B. und in dem diesen Schuldspruch betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Zur Entscheidung über die den Schuldspruch A. betreffende Berufung werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet. Mit seiner den Schuldspruch B. betreffenden Berufung wird der Angeklagte auf die kassatorische Entscheidung verwiesen. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wolfgang H***** des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1 und Abs 2, 161 Abs 1 und 15 StGB, teils als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB (A.), sowie der Vergehen der teils vollendeten, teils versuchten Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1 und 13 FinStrG (B.I.) und der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG (B.II.) schuldig erkannt.
Danach hat er
A. Bestandteile des Vermögens der B***** GmbH und der nicht protokollierten Einzelfirma Wolfgang H***** verheimlicht und beiseite geschafft und dadurch die Befriedigung deren Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder geschmälert bzw dies versucht, wobei durch die Tat ein 50.000 Euro übersteigender Schaden herbeigeführt wurde, und zwar „als Alleingeschäftsführer der GmbH und Inhaber der nicht protokollierten Einzelfirma
1. zwischen Anfang 1994 und 14. Juni 1999 zumindest 391.231,22 Euro, wobei der Schaden zumindest auch diesem Betrag entspricht, indem er die Kunden der genannten Unternehmen anwies, Zahlungen für die an sie erbrachten Leistungen nicht auf die offiziellen Geschäftskonten, sondern auf in seinem Eigentum stehende anonyme Sparbücher bzw Sparbuchkonten vorzunehmen,"
2. im Juni 2002 ein Sparbuch mit einem Einlagestand von 112.900 Euro sowie zwei Fahrzeuge der Marke BMW in einem 50.000 Euro übersteigenden Wert, „wobei der Schaden jedenfalls 152.962,52 Euro überstieg", indem er Mag. Katharina L***** dazu bestimmte, „das Sparbuch aufzulösen, das Sparbuchguthaben weiter zu veranlagen und zu verwahren und darüber hinaus wahrheitswidrig zu behaupten, die beiden genannten Fahrzeuge stünden in ihren Eigentum und dazu einen auf den 7. November 2001 zurückdatierten Kaufvertrag zu unterfertigen, wobei die Tat beim Versuch blieb;"
B.I. vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-,
Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt,
und zwar
1. als Alleingeschäftsführer der Firma B***** GmbH
Umsatzsteuer für 1993 bis 1999 Euro 230.399,92
Körperschaftssteuer für 1993 bis 1995
Euro 9.886,50
Kapitalertragssteuer für 1993 bis 1995
Euro 35.860,05;
2. als Inhaber der nicht protokollierten Einzelfirma Wolfgang H*****
Einkommenssteuer für 1993 bis 1995 Euro 4.814,52
Umsatzsteuer für 1999 Euro 1.501,04
Umsatzsteuer für 2000 bis 2002 Euro 28.469,10,
wobei es hinsichtlich des zuletzt genannten Betrages beim Versuch blieb;
II. vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, und zwar
1. als Alleingeschäftsführer der Firma B***** GmbH für 07/1996, 03/1997, 07 bis 08/1997, 04/1998,
07/1998 und 09 bis 10/1998 Euro 41.482,22;
2. als Inhaber der nicht protokollierten Einzelfirma Wolfgang H***** für
01 bis 12/1997, 01 bis 12/1998, 01 bis 12/1999, 01 bis 12/2000, 01 bis 12/2001 und 01 bis 12/2002
Euro 89.757,47.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf Z 5, 9 lit a und lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der teilweise Berechtigung zukommt.
Der eine Undeutlichkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen monierenden Mängelrüge (Z 5 erster Fall) zuwider war eine Differenzierung zwischen dem Vermögen der H***** GmbH und der nicht protokollierten Einzelfirma des Angeklagten fallaktuell nicht erforderlich, weil nach den Annahmen des Erstgerichts von einer Verflechtung der beiden Unternehmen auszugehen ist, bei der die Ausübung der Geschäfte der GmbH weitgehend über die Einzelfirma erfolgte (US 7). Ersichtlich sind die Tatrichter daher zu A.1. von einem Gesamtschaden von (zumindest) 391.231,22 Euro ausgegangen (US 3, 8, 12), eine doppelte Zurechnung dieses Betrages (sowohl der GmbH als auch der Einzelfirma) lässt sich dem Urteil nicht entnehmen. Soweit die Mängelrüge die Urteilskonstatierungen zu A.1. dahin interpretiert, dass das Vermögen der GmbH und des Einzelunternehmens jeweils um 391.231,22 Euro verringert worden sei, was im Widerspruch zum Schuldspruch wegen eines Betrags in dieser Höhe stehe, ist die Beschwerde im Übrigen nicht zum Vorteil des Angeklagten ausgeführt. Tathandlungen nach Konkurseröffnung wurden dem Angeklagten nicht angelastet, sodass der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand mangelnder Entscheidungsrelevanz von vornhinein ins Leere geht. Mit dem Argument, über das Vermögen des Einzelunternehmens sei nie ein Konkursverfahren eröffnet worden, wird keine entscheidende Tatsache angesprochen, stellt der Tatbestand der betrügerischen Krida nach § 156 StGB doch nicht auf die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Schuldners ab (RIS-Justiz RS0094831).
Gleiches gilt für den Einwand (der Sache nach Z 9 lit a), durch die Einzahlung auf in seinem Eigentum stehende Sparbücher bzw Sparkonten habe der Angeklagte den Gläubigern kein Vermögen entziehen können, weil der Einzelunternehmer ohnehin mit seinem gesamten Vermögen hafte. Denn zur Erfüllung des Tatbestands der betrügerischen Krida reicht es hin, dass Vermögenswerte dem Zugriff der Gläubiger entzogen werden und dadurch zumindest einer von ihnen einen - nicht unbedingt endgültigen - Befriedigungsausfall erleidet (Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 156 Rz 19 ff). Überdies lässt der Beschwerdeführer außer Acht, dass es sich nach den Urteilsannahmen um anonyme Sparbücher und -konten gehandelt hat (US 7), womit er die Orientierung am gesamten Urteilssachverhalt verfehlt.
Gegründet hat das Erstgericht die Feststellungen zu den Tathandlungen und zur Schadenshöhe auf das eingeholte Sachverständigengutachten und die dem Grunde nach geständige Verantwortung des Angeklagten (US 9 f, 12). Von einer offenbar unzureichenden Begründung (Z 5 vierter Fall) kann daher nicht die Rede sein.
Zwar ist die Beschwerde im Recht, wenn sie die Berechnung des angeführten Differenzbetrages zwischen Eingängen und Auszahlungen auf den Sparbüchern und Sparkonten als rechnerisch falsch kritisiert (US 8), doch fehlt es an der gebotenen deutlichen und bestimmten Bezeichnung der nach Ansicht des Beschwerdeführers Nichtigkeit bewirkenden Umstände, weil auch der vom Beschwerdeführer errechnete Differenzbetrag von (nur) 145.502,24 Euro die Qualifikationsschwelle des § 156 Abs 2 StGB bei weitem übersteigen würde. Im Übrigen lässt sich diese missverständliche Kalkulation an Hand der, die fehlenden Feststellungen im Rahmen der Beweiswürdigung nachholenden Aufstellung US 12 aufklären, aus der sich ergibt, dass in der fraglichen Textpassage offenbar irrtümlich die Bareingänge in der Höhe von 55.864,82 Euro nicht aufgenommen worden waren.
Es trifft auch zu, dass das Urteil weder konkrete Feststellungen zum Wert der unter A.2. inkriminierten PKW noch eine Begründung dafür enthält, weshalb das Erstgericht von einem 50.000 Euro übersteigenden Wert ausging, doch zeigt die Beschwerde schon mit Blick auf den zu A.1. festgestellten Schaden von 391.231,22 Euro einmal mehr keinen für die Lösung der Schuld- oder Subsumtionsfrage bedeutsamen Umstand auf.
Für die Behauptung der Rechtsrüge, die den Gegenstand des Schuldspruches A.II. bildenden zwei Fahrzeuge sowie das Sparbuch würden nur Vermögensbestandteile repräsentieren, hinsichtlich deren Entzug aus dem Befriedigungsfonds der Angeklagte bereits zu A.I. verurteilt worden sei, findet sich in den erstgerichtlichen Feststellungen, die keineswegs von einer Identität der Vermögenswerte ausgehen, kein Anhaltspunkt. Insoweit verfehlt die Beschwerde die gebotene Orientierung am Urteilssachverhalt.
In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen.
Zutreffend zeigt die Beschwerde aber zum Schuldspruch B. das Fehlen von Feststellungen zu den pro Geschäftsjahr entzogenen Beträgen an Umsatzsteuer, Körperschaftssteuer und Kapitalertragssteuer (B.I.) sowie zu der durch unterbliebene unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen pro Monat bewirkten Verkürzung an Umsatzsteuer (B.II.) auf, wodurch eine abschließende rechtliche Beurteilung gehindert wird (nominell Z 5, inhaltlich Z 9 lit a). Tatsächlich - und zum Teil ein Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO erfordernd - ist dem Urteilssachverhalt weder zu entnehmen, hinsichtlich welcher Abgaben der Angeklagte eine Verkürzung bewirkt hat, noch welche konkreten Tathandlungen des Angeklagten in welchen steuerrechtlich relevanten Zeiträumen (Geschäftsjahren bzw Kalendermonaten) dazu geführt haben. Darüber hinaus mangelt es an jeglichen Konstatierungen zur Höhe der Abgabenverkürzung. Der Urteilsspruch, der im Übrigen hinsichtlich der Begehungsweise und der in den einzelnen Veranlagungs- bzw Voranmeldungszeiträumen hinterzogenen Steuern ebenfalls weitgehend eine entsprechende Konkretisierung vermissen lässt, kann zwar zur Verdeutlichung des Urteilssachverhalts herangezogen werden, vermag aber fehlende Feststellungen nicht zu ersetzen (Lendl, WK-StPO § 260 Rz 8). Darüber hinaus war aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO ebenfalls von Amts wegen wahrzunehmen (§ 290 Abs 1 StPO), dass das Erstgericht keine klärenden Feststellungen betreffend die dem Angeklagten vorgeworfene Hinterziehung von Umsatzsteuer (B.I.) und die Verkürzung von Umsatzsteuervorauszahlungen (B.II.) in den sich zum Teil überschneidenden Tatzeiträumen getroffen hat. Es kann daher nicht verlässlich beurteilt werden, ob diese verkürzten Umsatzsteuervorauszahlungen nicht zum Teil in den hinterzogenen Jahresumsatzsteuerbeträgen enthalten sind. Die Strafbarkeit nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG ist nämlich jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn einer Bestrafung wegen der nachfolgenden Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs 1 FinStrG wegen des gleichen Umsatzsteuerbetrags für denselben Zeitraum kein Hindernis entgegensteht, weil in einem solchen Fall die Tathandlung nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG als eine mit der Ahndung gemäß § 33 Abs 1 FinStrG nachbestrafte Vortat zu betrachten ist. Das gilt auch für solche Fälle, in denen sowohl die Vorauszahlungsverkürzung als auch die Jahressteuerverkürzung durch Unterlassung der Voranmeldung und der Jahressteuererklärung bewirkt oder versucht wurden (RIS-Justiz RS0087072).
Lediglich der Vollständigkeit halber sei bemerkt, dass es auch an Feststellungen zu dem nach § 33 Abs 2 lit a FinStrG erforderlichen qualifizierten Vorsatz in Form der Wissentlichkeit mangelt (SSt 57/68).
Diese Mängel machen die Aufhebung des Schuldspruchs B. und die Anordnung der Erneuerung des Verfahrens in diesem Umfang notwendig. Ein Eingehen auf das weitere zu diesem Schuldspruch erstattete Vorbringen erübrigt sich daher.
Zur Entscheidung über die den Schuldspruch A. betreffende Berufung werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet (§ 285i StPO). Dieses wird zu beachten haben, dass das Zusammentreffen des Verbrechens der betrügerischen Krida mit Vergehen nach dem FinStrG (US 20) nicht als erschwerend gewertet werden darf (RIS-Justiz RS0086221).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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