OGH 6Ob36/08z

OGH6Ob36/08z8.5.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk, sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Schramm und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und gefährdeten Partei sowie der widerbeklagten Partei und des Gegners der gefährdeten Partei Dr. Georg D*****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei und Gegner der gefährdeten Partei sowie widerklagende und gefährdete Partei Dr. Christoph K*****, vertreten durch Kerres Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen Abberufung als Geschäftsführer (Streitwert 35.000 EUR), über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 27. November 2007, GZ 4 R 124/07w-37, womit die einstweilige Verfügung des Handelsgerichts Wien vom 11. Mai 2007, GZ 10 Cg 115/06a-29 und 10 Cg 136/06i-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Der Schriftsatz der beklagten Partei vom 7. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

2. Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

3. Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Beteiligung am Revisionsrekursverfahren vorläufig selbst zu tragen; die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Beteiligung am Revisionsrekursverfahren endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Streitteile waren zu je 50 % Gesellschafter und selbstständig vertretungsbefugte Geschäftsführer der zu FN ***** des Handelsgerichts Wien eingetragenen K***** Rechtsanwälte GmbH.

Der Kläger begehrte im führenden Verfahren 10 Cg 115/06a des Handelsgerichts Wien die Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer sowie die Entziehung seiner Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis betreffend die Gesellschaft. Er brachte dazu im Wesentlichen vor, der Beklagte habe unrechtmäßig Honorarverrechnungen an Klienten im Ausmaß von 15.901,20 EUR und 107.722,62 EUR, insbesondere durch das Fingieren von eigenen Anwaltsleistungen, vorgenommen. Er habe weiters nicht im Rahmen anwaltlicher Beratungsleistungen verursachte Flugkosten eines Mitarbeiters seinem Mandanten zu Unrecht verrechnet. Er habe im Juni 2006 der Presse gegenüber vorsätzlich unrichtige rufschädigende Behauptungen getätigt.

Zur Sicherung des Klagebegehrens beantragte der Kläger die einstweilige Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des Beklagten bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreits.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Dem Kläger sei der Nachweis gelungen, dass der Gesellschaft ein unwiederbringlicher Nachteil drohe. Der Beklagte habe es unterlassen, seit 1. 7. 2006 der Gesellschaft liquide Mittel zuzuführen. In der Abrechnung der von ihm und seinen ihm zugeordneten Mitarbeitern erbrachten rechtsanwaltlichen Leistungen nicht mehr über das bis 1. 7. 2006 genutzte gemeinsame Verrechnungskonto der Gesellschaft sei eine grobe Pflichtverletzung zu erblicken, die einen wichtigen Grund zur Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer bilde. Dem Beklagten seien auch unzutreffende Honorarabrechnungen zur Last zu legen. Es sei davon auszugehen, dass durch das Bekanntwerden dieses gesellschaftsschädigenden Verhaltens des Beklagten in der Öffentlichkeit der Gesellschaft schwerer Schaden erwachse, sodass der dauerhafte Verlust von Klienten drohe.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Eine Entscheidung im Provisorialverfahren sei eine unaufschiebbare Handlung im Sinne des § 25 JN und damit als dringend gebotene Maßnahme auch von einem abgelehnten Richter zu treffen. Daran vermöge auch eine einjährige Verfahrensdauer nichts zu ändern.

Nach Verwerfung einer Beweis- und Mängelrüge erwog es in rechtlicher Sicht, der drohende Verlust von Klienten bilde einen unwiederbringlichen Schaden im Sinne des § 381 Z 2 EO (4 Ob 20/92). Nach § 16 Abs 2 GmbHG könne ein Geschäftsführer, der Gesellschafter ist, aus einem wichtigen Grund durch gerichtliche Entscheidung abberufen werden; dabei seien §§ 117 und 127 UGB sinngemäß anzuwenden. Nach § 21c Z 2 RAO müsse allerdings jeder Rechtsanwalts-Gesellschafter, dessen Berufsbefugnis nicht ruhe, im Außenverhältnis zur Vertretung und Geschäftsführung befugt sein. Eine Einschränkung des Grundsatzes der Möglichkeit der Beendigung von Dauerschuldverhältnissen (hier: der Geschäftsführerstellung) aus wichtigem Grund auf lediglich jene Umstände, die gleichzeitig Disziplinarmaßnahmen durch die zuständige Rechtsanwaltskammer rechtfertigten, sei auch bei der Rechtsanwaltsgesellschaft im Krisenfall nicht gerechtfertigt. Daher sei § 16 Abs 2 GmbHG durch § 21c RAO nicht derogiert.

Die in § 16 Abs 2 GmbHG angeordnete sinngemäße Anwendung der §§ 117 und 127 UGB entspreche dem personalistischen Prinzip der GmbH. Dem Beklagten falle neben der Verrechnung von überhöhtem Honorar die Eröffnung eines eigenen Kanzleikontos und die Einhebung zumindest einer Rechnung der Gesellschaft auf dieses Konto, ohne den Kläger davon in Kenntnis zu setzen, zur Last. Dies sei als schwerwiegende Verfehlung des Beklagten im Sinne des § 16 Abs 2 GmbHG, § 117 UGB anzusehen. In der Vorgangsweise des Beklagten sei eine eigenmächtige, auch im Krisenfall nicht zu tolerierende Pflichtverletzung zu erblicken, werde doch dadurch eine Überprüfung der finanziellen Gebarung durch die Gesellschaft gänzlich unmöglich.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung zur Frage der Anwendbarkeit des § 16 Abs 2 GmbHG im Hinblick auf § 21c Z 2 RAO bei Rechtsanwalts-Gesellschaften fehle. Ebenso fehle eine höchstrichterliche Judikatur zur Frage der Zulässigkeit der Entscheidung über Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung als keinen Aufschub gestattende Handlung im Sinne des § 25 JN trotz Ablehnung des Erstrichters sowie zur allfälligen Notwendigkeit der Unterbrechung des Rechtsmittelverfahrens aufgrund der Erhebung eines Rekurses gegen die Entscheidung im Provisorialverfahren (RIS-Justiz RS0042028).

Nach Erlassung der angefochtenen einstweiligen Verfügung erster Instanz wurde mit Generalversammlungsbeschluss vom 28. 6. 2007 die Spaltung der K***** Rechtsanwälte GmbH unter Übertragung des Teilbetriebs Rechtsanwaltstätigkeit des Klägers auf die neu gegründete D***** Rechtsanwalts GmbH, FN *****, beschlossen. Dies wurde am 28. 11. 2007 im Firmenbuch eingetragen. Durch den Spaltungsvorgang ist der Kläger an der K***** Rechtsanwälte GmbH, welche nunmehr die Firma K***** Rechtsanwalts GmbH führt, nicht mehr als Gesellschafter beteiligt.

Im Hinblick auf diesen Umstand schränkte der Kläger im Hauptverfahren sein Klagebegehren auf Kosten ein und beantragte die Aufhebung der einstweiligen Verfügung (ON 39).

Mit Beschluss vom 8. 1. 2008 trug das Erstgericht der beklagten Partei eine Äußerung binnen vierzehn Tagen auf. Daraufhin beantragte die beklagte Partei, die Frist zur Äußerung um weitere vier Wochen zu erstrecken (ON 41). Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag.

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

1. Entgegen der Rechtsansicht der klagenden Partei ist das Revisionsrekursverfahren zweiseitig (§ 402 Abs 1 EO; G. Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 402 Rz 4 ff; Zechner, Sicherungsexekution und einstweilige Verfügung, 276 ff).

2.1. Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung kann auch noch im Rechtsmittelverfahren einseitig und ohne Verzicht auf den Anspruch zurückgenommen werden (EvBl 1988/41; G. Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 402 Rz 49). Der Oberste Gerichtshof leitete dies in der Entscheidung EvBl 1988/41 aus § 483 Abs 3 ZPO ab, der mit der Maßgabe anzuwenden sei, dass zur Antragsrücknahme weder ein Anspruchsverzicht noch eine Zustimmung des Gegners der gefährdeten Partei erforderlich sei. Das Rekursgericht habe auszusprechen, dass die einstweilige Verfügung „wirkungslos geworden" sei.

Dagegen wendet König, Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren3 Rz 6/94 ein, der Rückgriff auf § 483 ZPO sei unzutreffend. § 402 Abs 4 EO verweise primär auf die Regelungen der EO, die aber in § 39 Abs 1 Z 6 EO eine die §§ 237, 483 ZPO verdrängende Sonderregelung enthalte. Da das Provisorialverfahren keine Einstellung vorsehe, sei die einstweilige Verfügung nicht für wirkungslos zu erklären, sondern aufzuheben.

Diesen Überlegungen stimmt G. Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 402 Rz 50) zu. Beim Aufhebungsantrag handle es sich um die spezifische Beendigungsmöglichkeit des Provisorialverfahrens. Die Möglichkeit eines Aufhebungsantrags der gefährdeten Partei hänge nicht davon ab, ob die einstweilige Verfügung rechtskräftig sei oder nicht. Vielmehr sei in jeder Lage des Verfahrens auch nach Rechtskraft der einstweiligen Verfügung ein Aufhebungsantrag möglich, sodass es der Konstruktion einer „Rückziehung des Antrags" gar nicht bedürfe. Darin liege ein grundlegender Unterschied zum Erkenntnisverfahren, das die Klagsrücknahme - wegen der darin liegenden Disposition - ursprünglich nur im Verfahren erster Instanz zugelassen habe und dies zwar seit der ZVN 1983 auf das Rechtsmittelverfahren ausdehne, aber immer noch auf den Umfang der Anfechtung (§ 483 Abs 3 ZPO) beschränke. Daher sei auch eine Rückziehung des Antrags auf Erlassung der einstweiligen Verfügung in einen Aufhebungsantrag umzudeuten. Auch die Möglichkeit einer Antragsrückziehung ohne Zustimmung des Gegners und ohne Verzicht auf den Anspruch lasse sich leichter durch „sinngemäße" Anwendung des § 39 Abs 1 Z 6 EO begründen, als bei Heranziehung der §§ 237, 483 ZPO. Eine analoge Anwendbarkeit des § 483 Abs 4 ZPO könnte jedoch allenfalls dafür sprechen, dass aus verfahrensökonomischen Gründen für die Aufhebung der einstweiligen Verfügung aufgrund einer im Zuge des Rechtsmittelverfahrens erfolgten Rückziehung des Sicherungsantrags ausnahmsweise (nicht das Erstgericht, sondern) das Rechtsmittelgericht funktionell zuständig ist. Dogmatisch konsequent erscheine allerdings die Zuständigkeit des Erstgerichts.

2.2. Im vorliegenden Fall hat der Kläger nicht nur seinen Sicherungsantrag zurückgezogen, sondern ausdrücklich die Aufhebung der einstweiligen Verfügung beantragt. Voraussetzung jedes Rechtsmittels ist aber das Vorliegen einer Beschwer. Dabei handelt es sich um das in höherer Instanz vorausgesetzte Rechtsschutzbedürfnis des Rechtsmittelwerbers. Das Fehlen einer Beschwer macht ein Rechtsmittel unzulässig (RIS-Justiz RS0043815, RS0037615, RS0002495). Die Beschwer muss auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel bestehen (EvBl 1963, 346 = JBl 1963, 432; 3 Ob 71/03t uva). Es ist nicht Aufgabe der Rechtsmittelinstanz, über bloß theoretische Fragen zu entscheiden (ÖBl-LS 2001/27 uva).

2.3. Zur vergleichbaren Bestimmung des § 39 Abs 1 Z 6 EO vertritt die ständige Rechtsprechung, dass grundsätzlich durch einen nach der angefochtenen Entscheidung und nach Erhebung des außerordentlichen Revisionsrekurses eingebrachten Einstellungsantrag, über den noch entschieden wurde, die Beschwer noch nicht, auch nicht teilweise, wegfällt (RIS-Justiz RS0001611). Anderes gelte allerdings in jenen Fällen, in denen eine andere Entscheidung als die Bewilligung denkunmöglich sei. Dies wurde seit jeher für einen von beiden Parteien gemeinsam gestellten Einstellungsantrag bejaht (3 Ob 119/92, 3 Ob 100/92).

2.4. In der Entscheidung 3 Ob 254/97t erstreckte der Oberste Gerichtshof diese Rechtsauffassung auf Einstellungsanträge der betreibenden Partei nach § 39 Abs 1 Z 6 EO. Anders als bei Einstellungsanträgen des Verpflichteten sei bei einem von beiden Parteien gemeinsam gestellten Einstellungsantrag, aber auch bei Anträgen der betreibenden Partei nach § 39 Abs 1 Z 6 EO, die einen Exekutions-(teil-)verzicht bedeuteten, eine andere Entscheidung als eine Bewilligung denkunmöglich. Daher sei der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

2.5. Die gleiche Erwägung gilt jedoch auch für das Provisorialverfahren, weil hier § 39 Abs 1 Z 6 EO iVm § 402 Abs 4 EO sinngemäß anzuwenden ist. Durch den Antrag auf Aufhebung der einstwilligen Verfügung, der vom Antragsteller nicht mehr einseitig zurückgezogen werden kann (vgl zum Exekutionsverfahren EvBl 1967/120), ist eine andere Entscheidung als die Aufhebung des Sicherungsantrags denkunmöglich.

2.6. Das Erstgericht hätte in diesem Fall den Beklagten auch gar nicht anhören müssen (König, Einstweilige Verfügungen³ Rz 8/29; Zechner, Sicherungsexekution und einstweilige Verfügung, 266; G. Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 399 Rz 59 mwN). Wenngleich das Erstgericht im vorliegenden Fall gleichwohl eine Äußerung eingeräumt hat, hat der Beklagte nur durch seinen Antrag auf Verlängerung der Äußerungsfrist die zeitnahe Aufhebung der einstweiligen Verfügung verhindert. Der Beklagte hatte es jedenfalls in der Hand, im Hinblick auf den vom Kläger gestellten Aufhebungsantrag jederzeit die Aufhebung der einstweiligen Verfügung zu erreichen. Bei dieser Sachlage ist aber ein Rechtsschutzinteresse des Beklagten an der Überprüfung der Richtigkeit der Entscheidungen der Vorinstanzen nicht mehr zu erkennen.

2.7. Nach einigen Entscheidungen soll allerdings im Hinblick auf die Möglichkeit von Schadenersatzansprüchen nach § 394 EO die Rekurslegitimation auch nach Aufhebung der einstweiligen Verfügung fortbestehen (JBl 1996, 599 [ablehnend König]; 6 Ob 250/99d; ebenso Zechner, Sicherungsexekution und einstweilige Verfügung 248). Von Teilen der Lehre wird diese Auffassung abgelehnt (König, Einstweilige Verfügungen³ Rz 6/86; G. Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 402 Rz 25). Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die Anrufung der Rechtsmittelinstanz müsse sich aus dem Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ergeben und könne nicht aus möglichen Folgeansprüchen abgeleitet werden. Dagegen spreche auch nicht der von Zechner (aaO 248 f) ins Treffen geführte „enge Sachzusammenhang", zumal das Ersatzverfahren nach § 394 EO ein selbstständiges Verfahren darstelle (SZ 68/32).

In derartigen Fällen habe vielmehr das Gericht im Ersatzverfahren die Berechtigung der Provisorialmaßnahme inzidenter zu prüfen. Außerdem müssten sich das Rechtsschutzinteresse an der Bekämpfung der Provisorialentscheidung und die Höhe des begehrten Schadenersatzanspruchs nicht decken. So müsse vielleicht der Oberste Gerichtshof, nur um die Grundlage für die Erhebung von Schadenersatzansprüchen zu schaffen, auch dann mit der einstweiligen Verfügung befasst werden, wenn der Schaden 4.000 EUR nicht übersteige und der Oberste Gerichtshof daher nach allgemeinen Grundsätzen nicht angerufen werden könne. Daher sei es auch nicht ökonomischer, die Frage der Rechtmäßigkeit auch einer bereits aufgehobenen einstweiligen Verfügung jedenfalls im Rekursverfahren klären zu lassen. Dies gelte vielmehr nur dann, wenn ohnedies über den Rekurs erkannt werden müsse (G. Kodek aaO).

2.8. Der erkennende Senat tritt dieser zutreffenden Auffassung bei. Allerdings ist nach § 50 Abs 2 ZPO, wenn bei einem Rechtsmittel das Rechtsschutzinteresse nachträglich wegfällt, dies bei der Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels nicht zu berücksichtigen. Dabei ist der Erfolg des Rechtsmittels hypothetisch nachzuvollziehen (RIS-Justiz RS0036102). Die Prüfung des hypothetischen Rechtsmittelerfolgs hat allerdings nicht streng zu erfolgen (3 Ob 78/02w ua).

3.1. Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabs wäre dem Rekurs aber auch bei meritorischer Behandlung kein Erfolg beschieden gewesen: Die vom Rekursgericht verneinte Nichtigkeit kann nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden. Abgesehen davon, dass der Ablehnungsantrag gegen den Erstrichter zum Zeitpunkt der Fällung der Rekursentscheidung bereits rechtskräftig zurückgewiesen war (ON 34), ist ergänzend darauf zu verweisen, dass Entscheidungen im Provisorialverfahren auch von einem abgelehnten Richter gefällt werden können (Ballon in Fasching² § 25 JN Rz 1; vgl auch LGZ Wien EFSlg 43.945 und 57.668). Andernfalls hätte es der Gegner der gefährdeten Partei in der Hand, durch allenfalls unbegründete Ablehnungsanträge eine Entscheidung im Provisorialverfahren zu verzögern. Dies entspricht im Übrigen - wie bereits das Rekursgericht zutreffend hervorgehoben hat - auch der Rechtslage nach deutschem Recht (Niemann in Wieczorek/Schütze, ZPO³ § 47 Rz 3; Bork in Stein/Jonas, ZPO22 § 47 Rz 2; Heinrich in Musielak, ZPO5 [2007] § 47 Rz 4; Vollkommer in Zöller, ZPO26 [2007] § 47 Rz 3; Gehrlein in MünchKomm ZPO³ [2008] § 47 Rz 4).

3.2. Hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 16 Abs 2 GmbHG billigt der Oberste Gerichtshof die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts sowohl im Ergebnis als auch in der methodischen Ableitung, sodass vollinhaltlich darauf verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 iVm § 528a ZPO).

3.3. Weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus den Gesetzesmaterialien ergeben sich Anhaltspunkte, dass der Gesetzgeber durch Einführung des § 21c RAO grundlegende Wertungen des allgemeinen Gesellschaftsrechts aufheben wollte. Vielmehr spricht gerade der Verweis des § 21c Z 9 letzter Satz RAO auf § 117 UGB dafür, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers eine Entziehung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse möglich ist. Entgegen der Rechtsansicht des Beklagten kann der Rechtsschutz hier nicht ausschließlich dem Disziplinarverfahren überlassen werden, zumal die anderen Gesellschafter in einem derartigen Verfahren keine Parteistellung genießen und auf dessen Gang daher keinen Einfluss nehmen können.

4. Damit wäre dem Revisionsrekurs aber ohne den mittlerweile eingetretenen Wegfall der Beschwer inhaltlich kein Erfolg beschieden gewesen, sodass auszusprechen war, dass der Kläger seine Kosten vorläufig (§ 393 Abs 1 EO), der Beklagte hingegen endgültig (§§ 41, 50 ZPO) selbst zu tragen hat.

5. Der weitere - als „Äußerung" bezeichnete - Schriftsatz des Beklagten vom 7. 2. 2008 verstößt gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels (SZ 73/42 ua; G. Kodek in Fasching/Konecny² §§ 84, 85 ZPO Rz 141 mwN). Die ausdrücklich als „Ergänzung" des Revisionsrekurses erstattete Äußerung, mit welcher der Beklagte „zum besseren Verständnis der ganz entscheidungswesentlichen Fragen des Standesrechts" beitragen wollte, war daher spruchgemäß zurückzuweisen.

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