Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1.1. Die Beklagte beruft sich auf die von ihr geltend gemachte Härteklausel des § 54 EheG. Diesen „Sachantrag" hätten die Vorinstanzen formell im Urteilsspruch entscheiden müssen und nicht bloß inhaltlich in den Entscheidungsgründen behandeln dürfen. Dieses Vorgehen begründe einen Mangel des Verfahrens im Sinn des § 496 Abs 1 Z 1 ZPO.
1.2. Dass die Vorinstanzen den Einwand der Beklagten nach § 54 EheG inhaltlich - wenngleich abschlägig - behandelt haben, erkennt die Beklagte selbst. Im Übrigen hat das Berufungsgericht in der formellen Behandlung dieses Einwands durch das Erstgericht (nur) in den Entscheidungsgründen (zum Härtefall als Klageabweisungsgrund s auch RIS-Justiz RS0056809; 5 Ob 528/88 = EFSlg 57.153; OLG Wien EFSlg
41.222) keinen Verfahrensmangel erkannt. Ein (vermeintlicher) Mangel des Verfahrens erster Instanz, den das Berufungsgericht verneint hat, kann im Revisionsverfahren nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963; RS0044273 [T3]).
2.1. Die Beklagte meint, sie sei aufgrund ihrer intellektuellen Minderbegabung nicht in der Lage gewesen, den Alkoholismus des Klägers als ehezerstörend zu empfinden. Für einen erfolgreichen Verschuldensantrag im Anwendungsbereich des § 51 EheG sei es nach Rechtsprechung und Lehre nicht erforderlich, dass die Beklagte die Verfehlung des Klägers als ehezerstörend empfinde. Diese Ansicht müsse - entgegen der Meinung des Berufungsgerichts - auch für den - hier vorliegenden - Fall der Scheidung nach § 50 EheG gelten. Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs fehle zu dieser Frage. Soweit das Erstgericht den Alkoholismus des Klägers als ein in den Hintergrund tretendes Fehlverhalten gewertet habe, dessen Wahrnehmung sittlich nicht gerechtfertigt erscheine, sei eine solche Güterabwägung im Gesetz nicht vorgesehen.
2.2. Die von der Beklagten relevierte Bedeutung des Alkoholkonsums des Klägers und dessen subjektive Bewertung durch die Beklagte im Lichte der §§ 50, 61 Abs 2 EheG stellt keine erhebliche Rechtsfrage dar. Das Berufungsgericht hat nämlich im festgestellten Alkoholkonsum des Klägers schon in objektiver Hinsicht das Vorliegen einer Eheverfehlung im Sinn des § 49 EheG verneint (Berufungsurteil S 24). Diese Einzelfallbeurteilung (vgl RIS-Justiz RS0056369) ist nicht unvertretbar und wird in der Revision auch nicht konkret bekämpft. Die Fragen nach der subjektiven Beurteilung dieses Verhaltens des Klägers durch die Beklagte und nach der Zulässigkeit einer allfälligen Verhaltensabwägung unter dem Gesichtspunkt sittlicher Rechtfertigung stellen sich dann nicht mehr.
3.1. Die Beklagte ist der Ansicht, der vom Kläger veranlasste Scheidungsfolgenvergleich stelle eine schwere Eheverfehlung dar, die auch noch nach eingetretener Zerrüttung der Ehe beachtlich sei. Der Kläger habe nämlich die geistig minderbemittelte Beklagte mit diesem - insbesondere einen Unterhaltsverzicht enthaltenden - Vergleich um ihre wirtschaftliche Existenz bringen wollen und dadurch in ihrer Menschenwürde angegriffen, wodurch jedenfalls eine weitere Zerrüttung möglich gewesen sei.
3.2. Die Vorinstanzen habe die Ansicht der Beklagten, der Kläger habe den Scheidungsfolgenvergleich „dolos" erwirken wollen, verneint. Diese Einzelfallbeurteilung stellt auf der Grundlage der erstgerichtlichen Feststellungen keine aufzugreifende Fehlbeurteilung dar, sind doch die intellektuellen Schwächen der Beklagten dem Kläger verborgen geblieben. Im Übrigen war die Beklagte während der Ehe auch in der Lage, einer beruflichen Tätigkeit (als Hausbesorgerin) nachzugehen und damit selbstständig eigenes Einkommen zu erwirtschaften.
4.1. Die Beklagte macht geltend, die Vorinstanzen hätten aus dem Wunsch der Streitteile nach einer kirchlichen Eheschließung abgeleitet, dass der Kläger keine Eheverfehlungen begangen habe. Tatsächlich hätten aber die intellektuellen Defizite der Beklagten einen wirksamen Ehekonsens nach kanonischem Recht ausgeschlossen.
4.2. Ob der Kläger Eheverfehlungen begangen hat oder nicht, ist zunächst eine Tatfrage, die im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg aufgegriffen werden kann. Ob eine Eheschließung der Streitteile nach kanonischem Recht wirksam zustande hätte kommen können, ist im Übrigen belanglos für die Frage, was aus dem Wunsch nach einer solchen Eheschließung für die Qualität des ehelichen Verhältnisses der Streitteile abgeleitet werden kann. Die Beklagte macht demnach keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO geltend; ihre außerordentliche Revision ist somit unzulässig und zurückzuweisen.
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