Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekurses sind weitere Verfahrenskosten. Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf den im ersten Rechtsgang gefassten Aufhebungsbeschluss des Obersten Gerichtshofs vom 7. 3. 2006, 10 ObS 22/06t (= SSV-NF 20/16) verwiesen.
Im dritten Rechtsgang konkretisierte der Kläger sein Klagebegehren dahin, dass die beklagte Partei schuldig sei, die Kosten für das Arzneimittel „Caverject" 20 mg-Ampullen mit Lösungsmittel für eine einmalige wöchentliche intrakavernöse Anwendung ab 8. 11. 2004 zu übernehmen.
Das Erstgericht verpflichtete die beklagte Partei im dritten Rechtsgang, dem Kläger das Arzneimittel „Caverject 20 mg-Ampullen mit Lösungsmittel" einmal wöchentlich über den Zeitraum 8. 11. 2004 bis einschließlich 31. 12. 2007 zu bezahlen. Eine ausdrückliche Abweisung des Klagebegehrens für den Zeitraum ab 1. 1. 2008 durch das Erstgericht unterblieb. Es traf im Wesentlichen folgende Feststellungen:
Der am 10. 5. 1946 geborene Kläger leidet seit dem Jahr 1995 als Folge einer Pancreatektomie an Diabetes mellitus. Weiters litt er an einer Induratio penis plastica, die mittels Nesbit-Plastik im Jahr 2000 korrigiert wurde. Ebenfalls seit dem Jahr 2000 leidet der Kläger auch an einer erektilen Dysfunktion, die anfänglich mit „Alprostadil" und später mit „Caverject" therapiert wurde, wobei die Kosten zunächst von der beklagten Partei übernommen wurden. Mit dem Medikament „Caverject" wird eine chronische erektile Dysfunktion neurogener, vaskulärer, psychogener oder kombinierter Ätiologie therapiert. Die Grunderkrankung des Klägers (insulinpflichtiger Diabetes mellitus seit mehr als 10 Jahren mit arteriossklerotischen Gefäßveränderungen mit Bluthochdruck sowie Zustand nach Aushobelung der Prostata bei gutartiger Prostatavergrößerung) wird mit dieser Therapie nicht behandelt, wohl aber eine direkte Folge der Gefäßveränderungen, nämlich der daraus resultierenden erektilen Dysfunktion. Diese Therapie ermöglicht einem impotenten Mann, das periodisch auftretende Bedürfnis der sexuellen Aktivität mit Vollzug des Geschlechtsverkehrs wahrzunehmen, was ihm sonst unmöglich wäre.
Aus neurologisch-psychiatrischer Sicht leidet der Kläger an Multimorbidität, einem depressiven Syndrom sowie an erektiler Dysfunktion. Die derzeitige psychische Symptomatik weist depressive Züge, zum Teil auch mit leicht paranoiden Tendenzen auf. Dies äußerst sich vorwiegend in Ängsten, die die Partnerschaft betreffen. Der Kläger, ein Pensionist, ist seit 13 Jahren mit einer um 6 Jahre jüngeren Frau verheiratet. Es ist für ihn belastend, dass sein Sexualleben nicht mehr funktioniert und er hat deshalb Angst vor einem Scheitern seiner Beziehung. Zur Durchführung des Geschlechtsverkehrs kauft sich der Kläger nach wie vor Spritzampullen. Sehr wesentlich für seine psychische Entwicklung ist der Umstand der vielfältigen körperlichen Einschränkungen, die sich durch die Krankheitsentwicklung der letzten mehr als zehn Jahre ergeben haben. Eine positive Krankheitsverarbeitung ist eher nicht erkennbar. Unter dieser - auch von depressiven Anteilen geprägten - Entwicklung haben sich Alltagstendenzen entwickelt, die unter anderem die Abhängigkeit von der Partnerin und damit verbunden eine eingeschränkte eigene Krankheitsbewältigung begünstigt haben. Eine depressive Symptomatik begünstigt zudem solche Entwicklungen und wird durch eine solche Entwicklung auch selbst begünstigt. In der Vorgeschichte des Klägers lassen sich auch eine Medikation mit Antidepressiva (Seroxat) sowie eine Phase von eindeutig depressiver Antriebsstörung und Krankheitswertigkeit feststellen. Das wiederholte Auftreten von sexuellem Versagen führt bei ihm zur Begünstigung depressiver Entwicklungen mit Krankheitswertigkeit. Beim Kläger liegt somit als behandlungsbedürftige Erkrankung ein depressives Syndrom vor, das zeitlich durch eine zunehmend sensitive Komponente verstärkt wird. Ursache für die vorliegende depressive Symptomatik ist ein komplexes Krankheitsgeschehen. Die Erkrankung ist aber sehr wesentlich durch die erektile Dysfunktion mitbedingt und haben vor allem depressive Inhalte dieses Problem sehr wesentlich in den Vordergrund gerückt. Die erektile Dysfunktion ist für den Kläger ein deutlich wahrnehmbarer Anteil, sein depressives Denken hat sich darauf sehr eingeengt, subjektiv sind die anderen mitwirkenden Ursachen daher in den Hintergrund gedrängt.
Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass das depressive Syndrom zumindest seit Antragstellung im November 2004 vorliegt. Die Intensität dieser Erkrankung ist naturgemäß wechselnd, da sie bereits chronisch ist. Es ist aber sicherlich für den überwiegenden Zeitraum Behandlungsbedürftigkeit anzunehmen. Diese Art des Krankheitsbildes wird auch durchgehend behandelt.
Aufgrund der inhaltlichen Ausprägung der Depression erscheint die Therapie mit „Caverject" als eine geeignete Maßnahme, die Symptomatik der Depression zu lindern bzw die Schwere zu reduzieren. In der konkreten Situation des Klägers führt auch die alleinige Verabreichung des Medikaments „Caverject" zu einer Verbesserung des psychischen Zustands. Es ist medizinisch nachvollziehbar, dem Kläger ab November 2004 einmal wöchentlich das Medikament „Caverject" zu verabreichen.
Die Behandlung des Klägers mit „Caverject" müsste nach einer kontrollierten Behandlungsphase von ca 6 Monaten bewertet werden. Sollte sich zeigen, dass in dieser Zeit keinerlei Verbesserung der psychischen Symptomatik registriert wird, ist das Weiterführen einer solchen Therapie medizinisch nicht mehr indiziert.
Der Kläger hat sich bisher - abgesehen von einer Familienaufstellung - keiner psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlung unterzogen. Für die Behandlung seiner depressiven Symptomatik gibt es auch die Möglichkeit einer psychotherapeutischen oder einer psychopharmakologischen Behandlung. Die Effizienz einer solchen Behandlung kann jedoch insbesondere im Hinblick auf das Alter des Klägers und die bereits länger dauernde Vorgeschichte sowie die komplexe Problematik nicht mit hoher Sicherheit angenommen werden. Ein rein psychopharmakologisches oder psychotherapeutisches Vorgehen ist daher mit geringeren Erfolgsaussichten verbunden. Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht ausgehend von der vom Obersten Gerichtshof im Aufhebungsbeschluss vom 7. 3. 2006, 10 ObS 22/06t, vertretenen Rechtsansicht dahin, dass der Kläger an einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung leide, welche durch die erektile Dysfunktion wesentlich mitbedingt sei. Dass die Verabreichung des Potenzmittels „Caverject" die Schwere der psychischen Erkrankung des Klägers lindere, sei über einen gewissen Zeitraum (einmal wöchentlich verabreicht) medizinisch indiziert. Die Verabreichung dieses Heilmittels stelle daher im Umfang der Klagsstattgebung eine notwendige Krankenbehandlung für die psychischen Probleme des Klägers dar.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Es hielt den Sachverhalt insoweit für klärungsbedürftig, als das Erstgericht entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen davon ausgehe, dass das behandlungsbedürftige depressive Syndrom des Klägers zumindest seit der Antragstellung im November 2004 vorliege, andererseits aber auch festgestellt habe, dass sicherlich (nur) für den überwiegenden Zeitraum Behandlungsbedürftigkeit anzunehmen sei. Weiters sei nach den Feststellungen des Erstgerichts davon auszugehen, dass in der konkreten Situation des Klägers auch die alleinige Verabreichung des Medikaments „Caverject" zu einer Verbesserung des psychischen Zustands des Klägers führe (geführt habe?). Obwohl seit der Antragstellung im November 2004 bereits mehr als zwei Jahre vergangen seien, habe das Erstgericht nicht festgestellt, welche konkrete Behandlung mit „Caverject" beim Kläger bisher erfolgt sei und wie sich diese Behandlung auf die Krankheit ausgewirkt habe. Diese Feststellungen seien insbesondere auch im Hinblick auf die weitere Feststellung des Erstgerichts erforderlich, wonach nach einer kontrollierten Behandlungsphase von 6 Monaten die Behandlung des Klägers mit „Caverject" bewertet werden müsse und, falls sich zeigen sollte, dass in dieser Zeit keinerlei Verbesserung der psychischen Symptomatik eingetreten sei, die Weiterführung einer solchen Therapie medizinisch nicht mehr indiziert sei. Schließlich sei mit dem Kläger auch die Fassung seines Klagebegehrens zu erörtern. Möglich wäre ein Klagebegehren auf Übernahme von Kosten durch den Krankenversicherungsträger für die Zukunft, für die Vergangenheit komme nur eine Leistungsklage auf Kostenerstattung in Betracht, welche allerdings voraussetze, dass die Kosten vorher vom Versicherten oder Anspruchsberechtigten getragen worden seien. Das Berufungsgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zur Klärung der Frage, ob auch eine Behandlung mit dem Arzneimittel „Caverject" über einen längeren Zeitraum zur Hintanhaltung einer Verschlimmerung eines psychischen Leidens als ausreichende und zweckmäßige Krankenbehandlung angesehen werden könne, für zulässig. Gegen diese Entscheidung richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss im Sinne einer Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteils abzuändern. Hilfsweise wird die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückverweisung der Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung beantragt.
Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, das Rechtsmittel des Klägers als unzulässig zurückzuweisen und hilfsweise es abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, weil eine weitere Klarstellung der Rechtslage durch den Obersten Gerichtshof für die Fortsetzung des Verfahrens geboten erscheint. Er ist aber nicht berechtigt. Der Kläger strebt in seinen Rechtsmittelausführungen die Wiederherstellung des Ersturteils an. Er vertritt dazu im Wesentlichen die Ansicht, dass aufgrund der vom Erstgericht bereits getroffenen Feststellungen kein Zweifel daran bestehen könne, dass in seinem Fall die Behandlung mit „Caverject" einmal wöchentlich zu einer Verbesserung seines Gesundheitszustands führe, weshalb es sich um eine geeignete Heilmittelbehandlung handle, für deren Kosten die Beklagte aufzukommen habe. So sei die Feststellung des Erstgerichts, es sei „sicherlich für den überwiegenden Zeitraum Behandlungsbedürftigkeit anzunehmen", im Zusammenhang mit der weiteren Feststellung zu sehen, wonach diese Art des Krankheitsbildes durchgehend behandelt werde. Richtig sei, dass das Medikament vom Kläger nur in jenem Umfang auf Kosten der Beklagten bezogen werden könne, als dies auch medizinisch indiziert sei. Der Sachverständige habe aber keinen Zweifel darüber offen gelassen, dass beim Kläger die Behandlungsbedürftigkeit mit dem Medikament „Caverject" bereits seit der Antragstellung ab 8. 11. 2004 bestehe. Hinsichtlich der Formulierung des Klagebegehrens vertritt der Kläger die Auffassung, dass ein Kostenübernahmebegehren auch für die Vergangenheit möglich sein müsse.
Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:
Wie bereits in dem in diesem Verfahren ergangenen Aufhebungsbeschluss vom 7. 3. 2006, 10 ObS 22/06t (= SSV-NF 20/16), näher dargelegt wurde, kann die Verabreichung von Potenzmitteln dann, wenn eine erektile Dysfunktion psychische Probleme mit Krankheitswert auslöst, auch als notwendige Krankenbehandlung der psychischen Probleme gesehen werden, sofern davon ausgegangen werden kann, dass mit erfolgreicher Behandlung der erektilen Dysfunktion auch die psychischen Probleme des Versicherten behoben oder verbessert werden können (vgl auch 10 ObS 12/06x = JBl 2006, 597; 10 ObS 160/06m = ZAS 2008/5, 36 [Kietaibl]). Damit allein ist aber der Anspruch auf Krankenbehandlung noch nicht gewährleistet, weil vom Versicherten auch der Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen erektiler Dysfunktion und psychischer (Folge-)Erkrankung zu führen und mit Blick auf die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Behandlung (§ 133 Abs 2 ASVG) auch die Frage nach dem Vorrang anderer Therapieformen zu prüfen ist (insoweit zutreffend Radics, Die Leistungspflicht der Krankenversicherung für die Behandlung psychischer Krankheiten, die durch regelwidrige Körperzustände entstehen, SozSi 2006, 277 ff [281]).
In der Entscheidung 10 ObS 160/06m (= ZAS 2008/5, 36 [Kietaibl]) hat der erkennende Senat diese zur erektilen Dysfunktion entwickelte „Folgeerkrankungs-Judikatur" auch auf die Frage nach der Kostenübernahme von Haarwuchsmitteln übertragen und daher ausgesprochen, dass eine Kostenübernahme für Haarwuchsmittel durch die gesetzliche Krankenversicherung dann in Betracht kommt, wenn der Haarausfall zu einem psychischen Leiden führt, das seinerseits als eigenes Grundleiden die Krankenbehandlung erforderlich macht. Zum Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen Haarausfall und psychischer Erkrankung führte der erkennende Senat im Hinblick auf die beim damaligen Kläger auch vorliegende Krebserkrankung aus, dass der Versicherte nachweisen muss, dass der durch die Strahlenbehandlung hervorgerufene Haarverlust der einzige Grund für den Eintritt der psychischen Erkrankung ist. Während die durch Haarverlust hervorgerufene psychische Beeinträchtigung regelmäßig schon deshalb weniger gravierend einzuschätzen sein wird, weil der Haarausfall keinen permanent spürbaren Entfall von Körperfunktionen bewirkt, ist die erektile Dysfunktion von der Schulmedizin schon sehr lange als Ursache gravierender psychischer Beeinträchtigung anerkannt (vgl dazu die Ausführungen der medizinischen Sachverständigen im vorliegenden Verfahren; Kietaibl in seiner Entscheidungsbesprechung in ZAS 2008/5, 36 [41]).
Im vorliegenden Fall steht nach den Feststellungen der Vorinstanzen fest, dass die beim Kläger bestehende behandlungsbedürftige depressive Symptomatik mit Krankheitswert jedenfalls überwiegend auf die mit der erektilen Dysfunktion verbundene Problematik zurückzuführen ist und die Therapie mit „Caverject" daher eine geeignete medizinische Maßnahme darstellt, um die Symptomatik der Depression zu lindern. Der notwendige Kausalzusammenhang zwischen erektiler Dysfunktion und der psychischen Erkrankung des Klägers ist somit gegeben. Der Umstand, dass eine psychotherapeutische oder psychopharmakologische Behandlung des Klägers gegenüber der vom Kläger begehrten Krankenbehandlung im konkreten Fall eine weniger geeignete Therapieform darstellt, wird auch von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen.
Das ASVG sieht den Versicherungsfall der Krankheit mit dem Beginn eines „regelwidrigen Körper- oder Geisteszustands" als eingetreten an, „der die Krankenbehandlung notwendig macht" (§ 120 Abs 1 Z 1 ASVG). Für das Vorliegen einer Krankheit, die einen Anspruch auf Krankenbehandlung auslöst, muss daher nach dieser Legaldefinition zur Regelwidrigkeit die Notwendigkeit einer Krankenbehandlung (Behandlungsbedürftigkeit) treten. Die Voraussetzung der Behandlungsbedürftigkeit ist nach herrschender Ansicht dann erfüllt, wenn der regelwidrige Zustand ohne ärztliche Hilfe nicht mit Aussicht auf Erfolg behoben, zumindest aber gebessert oder vor einer Verschlimmerung bewahrt werden kann oder wenn die ärztliche Behandlung erforderlich ist, um Schmerzen oder sonstige Beschwerden zu lindern (B. Karl, Der praktische Fall: Der krankenversicherungsrechtliche Leistungsanspruch psychisch Kranker, DRdA 2006, 152 ff [155] mwN). Die Notwendigkeit der Krankenbehandlung ist stets losgelöst vom Erfolg bzw Nichterfolg der tatsächlichen Krankenbehandlung ex ante zu beurteilen. Kann ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft durch ärztliche Hilfe, Heilmittel oder Heilbehelfe gebessert oder vor einer Verschlimmerung bewahrt werden, so ist damit stets auch die Notwendigkeit der Krankenbehandlung indiziert (Schrammel, Veränderungen des Krankenbehandlungsanspruchs durch Vertragspartner? ZAS 1986, 145 ff [151]). Mit Recht hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass die Feststellungen des Erstgerichts zur Frage der Behandlungsbedürftigkeit des depressiven Syndroms insofern widersprüchlich und daher aufklärungsbedürftig erscheinen, als es in seinen Feststellungen einerseits davon ausgeht, dass das - behandlungsbedürftige - depressive Syndrom des Klägers zumindest seit der Antragstellung im November 2004 vorliege und die Art dieses Krankheitsbildes eine durchgehende Behandlung erfordere, während es andererseits auch die Feststellung traf, dass „sicherlich für den überwiegenden Zeitraum Behandlungsbedürftigkeit anzunehmen" sei.
Zur Behandlung des Versicherungsfalls der Krankheit (und damit auch zur Beseitigung bzw Linderung von psychischen Leidenszuständen mit Krankheitswert) sieht § 133 Abs 1 ASVG ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe vor, wobei die Krankenbehandlung nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle ausreichend und zweckmäßig sein muss, jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten darf. Eine Krankenbehandlung ist zweckmäßig, wenn sie den Zielen der Krankenbehandlung dient und zumindest erfolgversprechend ist, das heißt eine Behandlung nach den Erfahrungssätzen der medizinischen Wissenschaft mit hinreichender Sicherheit objektiv geeignet ist, die beabsichtigte Wirkung zu erzielen (SSV-NF 7/112 ua).
Nach den Feststellungen stellt die Verabreichung des Heilmittels „Caverject 20 mg-Ampullen mit Lösungsmittel" einmal wöchentlich grundsätzlich eine notwendige und zweckmäßige Krankenbehandlung für die psychische Erkrankung des Klägers dar. Sollte sich allerdings herausstellen, dass die Behandlung des Klägers in dieser Form nach einer kontrollierten Behandlungsphase von ca 6 Monaten zu keinerlei Verbesserung der psychischen Symptomatik geführt hat, erscheint eine Weiterführung einer solchen Therapie nicht mehr erfolgversprechend und wäre daher medizinisch nicht mehr indiziert. Nach zutreffender Rechtsansicht des Berufungsgerichts wird daher das Erstgericht im fortzusetzenden Verfahren Feststellungen darüber zu treffen haben, welche konkrete Behandlung mit diesem Heilmittel beim Kläger bisher erfolgt ist, ob die Verabreichung des Heilmittels in dem vom Sachverständigen als notwendig erachteten Ausmaß (einmal wöchentlich) erfolgt ist und wie sich eine solche Behandlung auf die psychische Symptomatik des Klägers ausgewirkt hat. Dabei wird das Erstgericht für den noch verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 8. 11. 2004 bis einschließlich 31. 12. 2007 gegebenenfalls auf der Grundlage der vorausgegangenen Behandlung und eines dabei erzielten Therapiefortschritts eine ex ante-Betrachtung anzustellen haben, ob eine weitere Behandlung mit dem Heilmittel „Caverject" beim Kläger noch erfolgversprechend vorgenommen werden konnte.
Schließlich ist mit dem Kläger auch die Fassung seines Klagebegehrens zu erörtern. Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend dargestellt hat, kommt ein Klagebegehren auf Übernahme von Kosten für ein Heilmittel durch den beklagten Krankenversicherungsträger nur für die Zukunft in Betracht, während eine Leistungsklage auf Kostenerstattung für die Vergangenheit, nämlich bis spätestens Schluss der Verhandlung erster Instanz, voraussetzt, dass die Kosten vorher vom Versicherten oder Anspruchsberechtigten getragen wurden (vgl 10 ObS 160/06m = ZAS 2008/5, 36 [Kietaibl]: SSV-NF 10/30 ua).
Aus diesen Gründen war dem Rekurs des Klägers keine Folge zu geben und der Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts zu bestätigen. Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Rechtsmittelkosten des Klägers gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung gemäß § 77 Abs 1 Z 1 ASGG unabhängig vom Verfahrensausgang selbst zu tragen.
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