Spruch:
- 1. Der Ablehnungsantrag wird zurückgewiesen.
- 2. Der Delegierungsantrag wird abgewiesen.
Text
Begründung
Im Verfahren 44 C 394/05d des Bezirksgerichts Graz änderte das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht einen den Unterbrechungsantrag des dort Beklagten (des nunmehrigen Amtshaftungsklägers und Ablehnungswerbers) abweisenden Beschluss des Erstgerichts ab.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hob den Beschluss des Rechtsmittelgerichts als nichtig auf, wies den Rekurs zurück und verpflichtete den dort Beklagten zum Ersatz der mit 665,66 EUR bestimmten Kosten des Zwischenstreits.
Der Ablehnungswerber nahm daraufhin mit seiner beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz eingebrachten Amtshaftungsklage den Bund auf Zahlung von 665,66 EUR sA in Anspruch. Mit Beschluss vom 10. 1. 2007 delegierte das Oberlandesgericht Graz diese Rechtssache an das Landesgericht Leoben. Dort wurde der Akt vom Richter ***** bearbeitet. Dieser wies mit Urteil vom 7. 9. 2007 das Klagebegehren ab. In seiner Berufung machte der Amtshaftungskläger unter anderem Nichtigkeit wegen Befangenheit des Erstrichters geltend. Der Ablehnungssenat des Landesgerichts Leoben wies diesen Ablehnungsantrag mit Beschluss vom 18. 12. 2007 ab. Gegen diesen Beschluss erhob der Kläger Rekurs; zugleich lehnte er nunmehr sämtliche beim Landesgericht Leoben tätigen (namentlich angeführten) Richter einschließlich der Präsidentin des Landesgerichts ab; weiters lehnte er sämtliche (ebenfalls namentlich angeführten) Richter des Oberlandesgerichts Graz einschließlich dessen Präsidenten und Vizepräsidenten ab. Unter einem beantragte er die Delegierung der Rechtssache „in den Sprengel des Oberlandesgerichts Linz". Die Richter des Oberlandesgerichts Graz seien deshalb befangen, „da sie sich persönlich durch die nichtige Rechtsmittelentscheidung" und eine von ***** in der Verhandlung getätigte Äußerung „betroffen" fühlten. Da begründete Zweifel am Anschein der Unbefangenheit gegeben seien, werde der Antrag gestellt, sämtliche Richter des Oberlandesgerichts Graz vom gegenständlichen Verfahren zu entbinden und die Rechtssache „in den Sprengel des Oberlandesgerichts Linz zu delegieren".
Das Oberlandesgericht Graz zeigte seine Behinderung zur Entscheidung über den gegen sämtliche Richter des Oberlandesgerichts gerichteten Ablehnungsantrag unter Hinweis auf § 30 JN an.
1. Gemäß § 23 JN entscheidet über die Ablehnung, falls ein Gerichtshof beschlussunfähig werden sollte, der zunächst übergeordnete Gerichtshof. Das Oberlandesgericht Graz wurde durch die Ablehnung sämtlicher Richter dieses Gerichtshofs beschlussunfähig. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Ablehnung pauschal erfolgte. Zur Entscheidung ist daher der Oberste Gerichtshof berufen (vgl 1 Ob 299/97w).
Der in Ansehung der Richter des Oberlandesgerichts Graz erhobene Ablehnungsantrag ist jedoch unzulässig.
Nach gesicherter Lehre und Rechtsprechung ist die Ablehnung eines ganzen Gerichts nur durch die Ablehnung eines jeden einzelnen seiner Richter unter Angabe detaillierter (konkreter) Ablehnungsgründe gegen jeden dieser Richter möglich (Fasching, Lehrbuch² Rz 165; 1 Ob 299/97w uva). Inwieweit die vom Antragsteller befürchtete Befangenheit hinsichtlich jedes einzelnen Richters des Oberlandesgerichts Graz vorgelegen sein könnte, wird aber nicht konkret ausgeführt. Das Bestehen eines kollegialen Verhältnisses der Richter des zur Entscheidung berufenen Gerichtshofs zu einem abgelehnten Richterkollegen allein vermag die Befangenheit der Richter des Gerichtshofs nicht zu begründen. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Gesetzgeber selbst in § 23 JN die Entscheidungspflicht des Gerichtshofs, welchem der abgelehnte Richter angehört, normiert und damit das Vorliegen eines kollegialen Verhältnisses nicht als entscheidungshindernd ansieht (8 N 15/99; RIS-Justiz RS0108696).
2. Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
Der Antragsteller strebt im Ergebnis eine notwendige Delegation gemäß § 30 JN an und stützt sich dabei auf die Befangenheit generell aller Richter im Sprengel des übergeordneten Oberlandesgerichts Graz. Für eine Delegation nach § 30 JN liegen aber die notwendigen Voraussetzungen nicht vor. Über Befangenheiten von Richtern und ihre Ablehnung ist allein auf dem in § 23 JN vorgeschriebenen Weg zu entscheiden. Erst nach erfolgreicher Ablehnung aller Richter des Oberlandesgerichts Graz hätte der Oberste Gerichtshof über eine Delegierung an ein außerhalb des Oberlandesgerichtssprengels Graz gelegenes Gericht zu entscheiden. Somit beschreitet der Antragsteller nicht den im Gesetz vorgeschriebenen Weg. Zudem kann ein Antrag auf Delegierung mit Aussicht auf Erfolg nicht auf Ablehnungsgründe gestützt werden (7 Nc 16/05w; RIS-Justiz RS0073042; Ballon in Fasching² I § 31 JN Rz 8). Allein aus der Erklärung, alle Richter des Oberlandesgerichts Graz abzulehnen, lässt sich die Voraussetzung für die amtswegige Delegation nicht ableiten. Dies gilt gleichermaßen für die Delegation nach § 31 JN (6 Nd 2/01). Der Delegierungsantrag ist somit abzuweisen.
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