OGH 2Ob58/08f

OGH2Ob58/08f27.3.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Marcel M*****, geboren am 5. Jänner 1989, *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters Markus T*****, vertreten durch Dr. Robert Eiter, Rechtsanwalt in Landeck, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 31. Mai 2007, GZ 51 R 57/07t-U120, womit infolge Rekurses des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichts Landeck vom 11. April 2007, GZ 1 P 61/00y-U115, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Vater des am 5. 1. 1989 geborenen und damit inzwischen volljährig gewordenen ehelichen Sohnes Marcel M***** erklärte sich (im Beisein seines Rechtsvertreters) am 22. 9. 2004 vor dem Pflegschaftsgericht zu einer monatlichen Unterhaltszahlung von 350 EUR ab 1. 8. 2004 bereit (ON U73). Sein Sohn wird (nach wie vor) im Haushalt der vom Vater geschiedenen Mutter altersgemäß versorgt und betreut. Mit Beschluss des Erstgerichts vom 11. 4. 2007 wurde diese Unterhaltsverpflichtung aufgrund eines vom damals noch mj Sohn, vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger, am 28. 7. 2006 gestellten Antrags (ON U94) rückwirkend ab 1. 8. 2003 auf monatlich 400 EUR (bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes) erhöht und gleichzeitig der am 7. 4. 2006 gestellte (ON U76) Antrag des Vaters, ihn ab 1. 8. 2005 von seiner Unterhaltsverpflichtung zur Gänze zu entheben, abgewiesen (ON U115). Nachdem der Vater dem vom Erstgericht bestellten Sachverständigen zur Ermittlung seiner Einkünfte aus der gewerblichen Vermietung eines Appartementhauses und aus einem Rauchfangkehrerbetrieb keine Unterlagen vorgelegt hatte, ging das Erstgericht von einem monatlichen Nettoeinkommen von zumindest 4.500 EUR sowie einer weiteren Sorgepflicht für den mj Michael T*****, geboren am 18. 12. 1993, nicht jedoch für seine (zweite) Ehegattin (die ebenfalls einen Rauchfangkehrerbetrieb führt) aus. Daraus ergäbe sich ein prozentueller Unterhaltsanspruch des Sohnes Marcel von 20 % = 900 EUR monatlich; unter Abzug der Berufsschulkosten bringe der Unterhaltsberechtigte für die Zeit vom 8. 11. 2004 bis 7. 11. 2005 monatlich 383,81 EUR, vom 8. 11. 2005 bis 7. 11. 2006 monatlich 550 EUR und ab 8. 11. 2006 monatlich netto 724,36 EUR ins Verdienen. Damit lägen seine Einkünfte jedenfalls unter den Ausgleichszulagenrichtsatzbeträgen für die entsprechenden Zeiträume; er sei daher noch nicht als selbsterhaltungsfähig anzusehen. Unter Berücksichtigung der außerordentlich günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse, in denen der Vater lebe und an denen sein Sohn angemessen teilhaben dürfe, sei daher eine monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters von 400 EUR angemessen festzusetzen. Der Unterhaltsenthebungsantrag des Vaters sei folglich abzuweisen.

Das Rekursgericht gab dem vom Vater erhobenen Rekurs keine Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei (ON U120). Das Rekursgericht bestätigte die Auffassung des Erstgerichts, wonach Marcel in den entscheidungswesentlichen Zeiträumen nicht als selbsterhaltungsfähig anzusehen sei, habe er doch kein Einkommen erzielt, das über dem Ausgleichszulagenrichtsatzbetrag gelegen wäre. Wenn seit der letzten Unterhaltsfestsetzung (hier mit „Vergleich" vom 22. 9. 2004) nach Verstreichen eines Zeitraums von mehr als einem Jahr aufgrund der seither eingetretenen altersbedingten Bedürfniserhöhung eines Minderjährigen eine wesentliche Änderung der Umstände anzunehmen sei, wovon hier auszugehen wäre, werde nach der Rechtsprechung eine Unterhaltsneubemessung wegen geänderter Verhältnisse als jedenfalls zulässig erachtet. Darüber hinaus komme eine Neubemessung auch dann in Betracht, wenn eine der Parteien des Unterhaltsvergleichs über eine wesentliche Bemessungsgrundlage in Irrtum befangen gewesen sei. Anders als im Rekurs vertreten habe das Erstgericht im Sinne des Antragsvorbringens des Jugendwohlfahrtsträgers angenommen, dass der Vater zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses ein Nettoeinkommen von höchstens 3.000 EUR ins Verdienen gebracht habe. Auch aus dessen rechtlicher Beurteilung ergebe sich klar, dass anlässlich der vergleichsweisen Unterhaltsfestsetzung vor dem Jugendwohlfahrtsträger von einem weitaus geringeren als dem vom Vater tatsächlich ins Verdienen gebrachten Nettoeinkommen von zumindest 4.500 EUR ausgegangen worden sei. Die vom Erstgericht vorgenommene Neubemessung

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts (§ 71 Abs 1 AußStrG) mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

Entgegen dem Vorwurf im Revisionsrekurs hat das Erstgericht (vom Rekursgericht gebilligt) keineswegs maßgebliche Feststellungen unterlassen bzw aufgrund bloß unsubstantiierter, auf den seinerzeitigen Vergleich (aus dem Jahre 2004) gar nicht Bedacht nehmender Behauptungen Feststellungen getroffen. Dies wird - unter Wiederholung der im Wesentlichen identen Argumente - sowohl als Mangelhaftigkeit als auch als unrichtige rechtliche Beurteilung gerügt. Er habe auch nur deshalb dem Sachverständigen keine Unterlagen überlassen, weil die Kosten desselben mehr ausgemacht hätten als die Beträge, um die es hier gehe, sodass er (der Vater) „keinen Sinn" darin gesehen habe, „weitere Kosten zu produzieren". Zufolge Verpflegung und Verköstigung durch die Mutter liege beim Bezug der festgestellten Lehrlingsentschädigung eine Überalimentierung vor, die nicht gerechtfertigt wäre. Dem ist - in Kürze (§ 71 Abs 3 letzter Satz AußStrG) - Folgendes entgegenzuhalten:

Der als Vertreter des damals noch mj Unterhaltsberechtigten auftretende Jugendwohlfahrtsträger hat in seinem eindreiviertel Jahre nach dem „Unterhaltsvergleich" des Vaters vom September 2004 gestellten Erhöhungsantrag zwar knapp, jedoch durchaus erkennbar und damit ausreichend auf eine Änderung der vormaligen Vergleichsausgangsgrundlage im Zusammenhang mit dem (gestiegenen und damit geänderten) Einkommen des Vaters - als selbständiger Rauchfangkehrermeister und Eigentümer eines gewerblich genützten Appartementhauses in bester Fremdenverkehrslage - hingewiesen (ON U94). Die Auslegung einzelner Prozessbehauptungen auf ihre (ausreichende) Behauptungstauglichkeit in Bezug auf einen geltend gemachten Anspruch ist typisch einzelfallabhängig, sodass ihr insoweit keine darüber hinausgehende - erhebliche - Bedeutung zukommt (RIS-Justiz RS0042828). Im Übrigen hat bereits das Rekursgericht - soweit dies als Verfahrensmangel des erstinstanzlichen Verfahrens moniert wird - einen solchen ausdrücklich (und mit ausführlicher Begründung) verneint, sodass er auch nach neuem Recht des Außerstreitverfahrens im Revisionsrekurs nicht mehr mit Erfolg aufgegriffen werden könnte (Fucik/Kloiber, AußStrG § 66 Rz 3; RIS-Justiz RS0050037 [T7]). Dass bei geänderter Sachlage bzw entscheidungsrelevanten Umständen eine Neufestsetzung des gesetzlichen Unterhalts im Wege einer Abänderung einer bestehenden Entscheidung (oder vergleichsweisen Regelung) - auch unter Umständen rückwirkend - zulässig ist, entspricht der ständigen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0047398); dass den Unterhaltsschuldner hiebei eine Mitwirkungspflicht an der Erhebung der maßgeblichen Unterhaltsbemessungsrundlage trifft, ebenso (RIS-Justiz RS0047430; RS0047432; RS0106533). Die hiezu im Revisionsrekurs vorgebrachte „Rechtfertigung" vermag die Beurteilung der Vorinstanzen, seine (mehrfache) Weigerung, erforderliche Unterlagen dem Sachverständigen vorzulegen, sei ungerechtfertigt und habe daher eine Einschätzung gerechtfertigt, keineswegs als krass falsch zu qualifizieren. Gegen die vom Rekursgericht nach den herrschenden Bemessungsparametern ausführlich dargestellte rechnerische Ermittlung wird im Revisionsrekurs nichts inhaltlich Substantielles vorgebracht; ob ein „Unterhaltsstopp" im Einzelfall niedriger anzusetzen wäre, begründet ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0007138). Mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen war das Rechtsmittel sohin als unzulässig zurückzuweisen.

Stichworte