OGH 12Os163/07y

OGH12Os163/07y13.3.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. März 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll, Dr. Schwab, Dr. Lässig und Dr. T. Solé als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pulker als Schriftführerin in der Strafsache gegen Josef G***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 und 2 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 27. September 2007, GZ 603 Hv 20/07t-22, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Bauer, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Mahrer zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Josef G***** des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 und Abs 2 StGB (I) und des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (II) schuldig erkannt. Danach hat er

I. mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, andere durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, die sie mit 4.526,60 EUR am Vermögen schädigten und mit weiteren 15.246 EUR am Vermögen schädigen sollten,

1) verleitet, und zwar im März 2003 Mitarbeiter der Agentur ***** darüber, zahlungswillig und -fähig zu sein, zur Untersuchung von Grundstücken der KG P***** auf die Tauglichkeit zur Aufbringung von Klärschlamm, wodurch die zuvor genannte Agentur um den Werklohn von 4.526,60 EUR am Vermögen geschädigt wurde;

2) zu verleiten versucht (§ 15 StGB), nämlich am 24. Oktober 2005 Mitarbeiter der S***** AG durch die Behauptung, die von Erwin N***** ausgestellte und an ihn (N*****) bezahlte Rechnung vom 20. Jänner 2005 über die Lieferung von 328,12 t Klärschlamm (an N*****) sei nicht mit seinem Willen ausgestellt worden, somit durch Täuschung über Tatsachen, zu einer neuerlichen Zahlung von 15.246 EUR;

II. am 16. November 2005 versucht (§ 15 StGB), eine ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, nämlich das Recht, im Fall des Vertragsbruchs die von der S***** AG bei der Sü***** AG zur Sicherung der Ansprüche G*****s aus dem Vertrag über die Entsorgung von 1.500 bis 2.000 t Klärschlamm am 30. September 2005 eingeräumte Bankgarantie von 69.300 EUR zu realisieren, wissentlich zu missbrauchen, indem er gegenüber der Sü***** AG behauptete, die S***** AG würde die Rechnung vom 24. Oktober 2005 über die erste Teillieferung nicht bezahlen und somit einen Vertragsbruch begehen.

Hingegen wurde er von der weiters gegen ihn erhobenen Anklage, er habe am 1. Dezember 2005 in H***** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Mitarbeiter der H***** GmbH durch Täuschung über Tatsachen, nämlich darüber, ca 1.500 t Klärschlamm entsprechend den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere dem niederösterreichischen Bodenschutzgesetz und der niederösterreichsichen Klärschlammverordnung, zu entsorgen, zum Abschluss eines Vertrags über Klärschlammübernahme und zur Zahlung von insgesamt 51.052,92 EUR verleitet, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Die sich nur gegen den freisprechenden Teil des Urteils richtende und auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist nicht im Recht.

Soweit die Rechtsrüge die Behauptung aufstellt, der Angeklagte habe Mitarbeiter der H***** GmbH (auch) über seine Absicht getäuscht, den Klärschlamm ordnungsgemäß zu entsorgen, und seine Bereicherung bzw die Schädigung der „öffentlichen Hand" bereits in seinen Tatplan aufgenommen, argumentiert sie nicht auf der Basis des festgestellten Sachverhalts (US 9 f) und verfehlt damit ihren gesetzlichen Bezugspunkt (RIS-Justiz RS0099810; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581).

Die Beschwerdeführerin geht im Übrigen - hier in Übereinstimmung mit den Urteilsannahmen, wonach der Angeklagte dem behördlichen Auftrag, den auf einem von ihm gepachteten Rübenplatz in P***** zwischengelagerten Klärschlamm zu entsorgen, nicht nachkam sei, weshalb dieser von der Bezirkshauptmannschaft M***** im Wege einer Ersatzvornahme beseitigt werden musste (US 10) - zutreffend davon aus, dass aufgrund der daraus entstandenen Kosten bei der „öffentlichen Hand" ein Vermögensschaden eingetreten ist (US 11).

Dazu ist anzumerken, dass es für die Beurteilung der Strafbarkeit nach § 146 StGB dahingestellt bleiben kann, ob dieser Schaden endgültig beim öffentlichen Rechtsträger - letztlich bei der Republik Österreich (S 573 ff/I) - eintritt, oder allenfalls bloß vorübergehender Natur ist (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 146 [2006] Rz 74; Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 146 Rz 146).

Mit ihrer Argumentation übersieht die Rechtsmittelwerberin jedoch, dass der Tatbestand des Betrugs nur den unmittelbar aus der Vermögensverfügung resultierenden Schaden erfasst, mag dieser auch bei einem Dritten eintreten, nicht aber bloß mittelbar bewirkte (Folge-)Schäden (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 146 [2006] Rz 71; Kienapfel/Schmoller StudB BT II § 146 Rz 152 f und § 147 Rz 86; RIS-Justiz RS0094410).

Gerade auf einen solchen mittelbaren Folgeschaden wird in der Nichtigkeitsbeschwerde aber Bezug genommen. Denn die durch Täuschung bewirkte Ablieferung des Klärschlamms am Rübenplatz in P***** hatte ebenso wenig eine Verminderung des Vermögens der „öffentlichen Hand" bewirkt, wie die Bezahlung des vereinbarten Entgelts in der Höhe von 51.052,09 EUR durch die H***** GmbH, der dadurch - den unbestrittenen Feststellungen des erkennenden Gerichts zufolge (US 10) - gerade kein Schaden entstanden ist.

Beim Tatbestand des Betrugs muss sich der unmittelbar aus der Verfügung des Getäuschten entstandene Schaden als effektiver Verlust an Vermögenssubstanz darstellen, der durch einen Vergleich der Vermögenslage vor und nach der durch die Täuschung bewirkten Verfügungshandlung zu ermitteln ist (vgl 15 Os 72/02). Eine solche effektive Vermögensminderung konnte bei der geschädigten Gebietskörperschaft fallbezogen aber erst nach Unterlassung der mit Bescheid aufgetragenen Entsorgung des rechtswidrig ausgebrachten Klärschlamms durch den Angeklagten, somit frühestens mit der tatsächlichen Durchführung der Ersatzvornahme eintreten, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den Verfügungshandlungen der Verantwortlichen der H***** GmbH steht, sondern ein zwar gesetzlich angeordnetes (§ 73 Abs 2 AWG 2002), aber dennoch eigenständiges vewaltungsbehördliches Tätigwerden der Bezirkshauptmannschaft M***** voraussetzt (vgl S 537 ff/I, insbesondere S 557/I).

Damit erübrigen sich aber auch die von der Nichtigkeitswerberin vermissten Feststellungen darüber, ob sich der Tatplan des Angeklagten bereits zum Zeitpunkt der Täuschungshandlung darauf erstreckt hat, sich durch Nichtvornahme der ordnungsgemäßen Entsorgung des Klärschlamms unrechtmäßig zu bereichern und dadurch Dritte entsprechend zu schädigen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über Josef G***** nach § 153 Abs 2 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten.

Gemäß § 43a Abs 3 StGB wurde ein Teil der Freiheitsstrafe von 14 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

Dabei wertete das Schöffengericht als erschwerend die Vorstrafen des Angeklagten, den Rückfall während offener Probezeit und das Zusammentreffen von zwei Verbrechen, als mildernd demgegenüber, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und der Angeklagte ein zuletzt umfassendes reumütiges Geständnis abgelegt hat.

Entgegen der generell eine stärkere Gewichtung der angeführten Erschwerungsumstände vorbringenden Berufung liegt - wie der Umstand beweist, dass die Taten überwiegend beim Versuch geblieben sind (vgl dazu US 8 f) - keine wohldurchdachte (iS einer gemäß § 32 Abs 3 StGB überlegten und sorgfältig vorbereiteten) Tatausführung vor. Angesichts dessen sieht sich der Oberste Gerichtshof nicht veranlasst, die über den Angeklagten verhängte Strafe zu erhöhen.

Die Kritik der Staatsanwaltschaft am Ausmaß des bedingt nachgesehen Strafteils nach § 43a Abs 3 StGB, mit der die Anklägerin unter Hinweis auf die einschlägigen Vorstrafen und den raschen Rückfall eine Anhebung des unbedingten Strafteils auf sechs Monate anstrebt, vermag gleichfalls nicht zur überzeugen, besteht doch angesichts der nunmehr bereits zwischen fünf und zweieinhalb Jahren zurückliegenden Taten keine erkennbare, spezialpräventiv gebotene Notwendigkeit zu einem mehr als vier Monate dauernden unbedingten Strafvollzug.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft war daher keine Folge zu geben.

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