OGH 7Ob44/08h

OGH7Ob44/08h12.3.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte-GmbH in Zell am See, gegen die beklagte Partei Ing. Josef S*****, vertreten durch Dr. Gerald Fürst, Rechtsanwalt in Strasswalchen, wegen 20.614,66 EUR (sA), über die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 3. Dezember 2007, GZ 4 R 121/07b-50, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 30. April 2007, GZ 2 Cg 143/03h-45, infolge Berufung der Klägerin abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit 1.257,48 EUR (darin enthalten 209,58 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Beklagte war mit Bauarbeiten im S*****tunnel in Z***** beauftragt und vergab die Schneide- und Vergussarbeiten an die Klägerin. Da der Beklagte befürchtete, diese werde mit den Arbeiten nicht rechtzeitig fertig werden und er werde deshalb seinem Auftraggeber Pönalezahlungen leisten müssen, beauftragte er zusätzlich Drittfirmen mit an die Klägerin vergebenen Arbeiten.

Die Klägerin begehrt die Bezahlung der von ihr tatsächlich geleisteten Arbeiten. Nicht sie, sondern der Beklagte selbst habe durch Koordinierungsmängel Verzögerungen verursacht, die sie aber durch vermehrten Einsatz ohnehin kompensieren hätte können. Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Die Klägerin habe die Arbeiten mangelhaft und mit Verzögerungen durchgeführt, weshalb er zur Vermeidung von Pönalezahlungen Drittfirmen beauftragen habe müssen. Dadurch seien ihm zusätzliche Kosten entstanden, deren Höhe die Klagsforderung überstiegen. Die Forderung auf Ersatz dieser Kosten werde kompensando gegen die Klagsforderung eingewendet. Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit 20.614,66 EUR sA und die Gegenforderung des Beklagten mit zumindest diesem Betrag als zu Recht bestehend und wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung der ersten Instanz dahin ab, dass es die Gegenforderung des Beklagten als nicht zu Recht bestehend feststellte und dem Klagebegehren daher zur Gänze stattgab. Die Besonderheit des Falles liege darin, dass der Beklagte schon vor Ablauf der vereinbarten Bauzeit Drittfirmen mit Arbeiten, die er an die Klägerin vergeben habe, beauftragt habe. Grundsätzlich könne zwar eine wirksame Rücktrittserklärung erst nach Verzugseintritt abgegeben werden. Kündige sich jedoch der Verzug schon vor Fälligkeit ernsthaft an, so seien Ausnahmekonstellationen denkbar. Ein solcher, eine Rücktrittserklärung vor Fälligkeit eröffnende Fall liege indes nicht vor. Eine Überschreitung der ursprünglich veranschlagten Zeiten für einzelne Leistungen habe nicht ohne weiteres den Schluss darauf zugelassen, die Klägerin werde ihre Arbeiten nicht rechtzeitig beenden können. Für den Beklagten habe daher kein Anlass für einen Rücktritt bestanden. Er habe auch keine Rücktrittserklärung abgegeben und auch keine Nachfrist gesetzt. Die Gegenforderung des Beklagten bestehe daher nicht zu Recht.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Zwar liege eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu den Voraussetzungen eines wirksamen Rücktritts von einem Vertrag ebenso vor wie zu jenen eines damit im Zusammenhang stehenden Schadenersatzanspruchs. Einen vergleichbaren Fall habe der Oberste Gerichtshof jedoch noch nicht zu lösen gehabt.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts ist die vom Beklagten gegen die Entscheidung der zweiten Instanz erhobene Revision mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Die vom Berufungsgericht für erheblich erachtete Frage, ob ein Rücktritt auch schon vor Eintritt des Verzugs der Leistung möglich sei, stellt sich hier gar nicht, da das Berufungsgericht ja das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Rücktritt des Beklagten grundsätzlich verneint hat. Ob ein wichtiger Grund zum Rücktritt von einem Vertrag vorliegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und bildet daher regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (vgl RIS-Justiz RS0111817). Eine Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, die aus Gründen der Rechtssicherheit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, liegt nicht vor. Die Ausführungen, mit denen der Beklagte die Ansicht des Berufungsgerichts, ein Leistungsverzug der Klägerin sei nicht erwiesen, widerlegen will, stellen den - unzulässigen - Versuch dar, die unanfechtbare Beweiswürdigung der Vorinstanzen zu bekämpfen. Da auch weder die vom Revisionswerber geltend gemachte Aktenwidrigkeit noch die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat (§ 510 Abs 3 dritter Satz ZPO), gegeben ist, muss die Revision mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen werden. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels ihres Prozessgegners hingewiesen.

Stichworte