OGH 11Os135/06x

OGH11Os135/06x26.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Februar 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. Schwab, Dr. T. Solé und Mag. Lendl als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Wieltschnig als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Mag. Christian B***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24. März 2006, GZ 111 Hv 127/05t-217, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Weiß, des Angeklagten und seines Verteidigers Dr. Ringhofer, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in den Schuldsprüchen A./I./3./a./ und b./ sowie A./I./6./, weiters in der rechtlichen Beurteilung der zu A./I./ und II./ genannten Taten als mehrere Verbrechen, schließlich im den Angeklagten Mag. Christian B***** betreffenden Strafausspruch (mit Ausnahme der Aussprüche über die Abschöpfung der Bereicherung gemäß § 20 Abs 1 StGB und die Vorhaftanrechnung gemäß § 38 StGB) aufgehoben und in diesem Umfang erkannt:

Mag. Christian B***** hat durch die im Ersturteil zu A./I./1./, 2./, 4./, 5./, 7./ bis 10./ und 12./ sowie II./ angeführten Taten das Verbrechen des teils vollendeten, teils als Bestimmungstäter versuchten Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1, 15, 12 zweiter Fall StGB begangen und wird hiefür sowie für die unberührt bleibenden Vergehen der Bestechung nach § 307 Abs 2 Z 1 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 302 Abs 1 StGB zu zweieinhalb Jahren Freiheitsstrafe verurteilt, wobei gemäß § 43a Abs 4 StGB ein Teil der Strafe von 20 Monaten unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wird.

Im Umfang der Aufhebung der Schuldsprüche A./I./3./a./ und b./ sowie A./I./6./ wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem - auch rechtskräftige Schuldsprüche des Mitangeklagten Bekir A***** (B./I./ und II./) sowie mehrere rechtskräftige Freisprüche (ua zu A./I./2b./ und 11./) enthaltenen - angefochtenen Urteil wurde Mag. Christian B***** (zu A./I./) der Verbrechen des (richtig:) Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB, (zu A./II./) der Verbrechen der versuchten Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 (zweiter Fall), 302 Abs 1 StGB sowie (zu A./III./) der Vergehen der Bestechung nach § 307 Abs 2 Z 1 StGB schuldig erkannt. Danach hat er - soweit für die Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde von Relevanz - in Wien

A./I./ als Beamter des fremdenpolizeilichen Büros (FRB) der Bundespolizeidirektion Wien mit dem Vorsatz, den Staat an seinem konkreten Recht auf ordnungsgemäße Durchführung fremdenrechtlicher Verfahren und Rechtmäßigkeit der staatlichen Verwaltung zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch wissentlich missbraucht, dass er

1./ am 10. Mai 2002 der libanesischen Staatsangehörigen Sabah Adallah El M***** entgegen § 14 FrG trotz rechtswidriger Antragseinreichung vom Inland aus eine Aufenthaltserlaubnis für Künstler erteilte und den Titel im Inland an eine unzuständige Person ohne Vertretungsvollmacht, nämlich an Wajih S***** ausfolgte; 2./ am 17. Mai 2002 ohne entsprechende Zuständigkeit nach der internen Geschäftsverteilung das von der Bundespolizeidirektion Wien über den türkischen Staatsangehörigen Ahmet Ü***** verhängte Aufenthaltsverbot, dessen Speicherung im Schengener Informationssystem von der zuständigen Referentin neun Tage vorher verfügt worden war, ohne Durchführung von aufgrund der Aktenlage dringend gebotenen Erhebungen in Richtung offener gerichtlicher Strafverfahren, ohne näheres Eingehen auf eine gerichtliche Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung und ohne jegliche Begründung aufhob und den Akt ohne die vorgeschriebene Gegenzeichnung durch den Vorstand archivieren ließ;

3./ für die moldawische Staatsangehörige Angela T***** a./ am 26. Juni 2002, nachdem ihm ein die Genannte betreffender, undatierter und nicht unterschriebener Antrag von einer Bekannten überbracht worden war, trotz Fehlens eines Zulassungsbescheids für außerordentlich Studierende und eines Unterkunftsnachweises allein aufgrund einer Bestätigung der Universität Wien über die Anmeldung zu einem Deutschkurs in der Dauer von einem Monat (August 2002) eine Aufenthaltserlaubnis mit dem Zweck „Student" noch am Tag der Antragstellung für die Gültigkeitsdauer von vier Monaten erteilte und die Vignette einer angeblichen Cousine der Genannten im Inland ausfolgte, ohne dass eine entsprechende Vollmacht vorlag; b./ am 13. Dezember 2002, nachdem die Genannte den insgesamt dritten, diesmal mit Ausnahme des Namens gänzlich unausgefüllten Antrag eingebracht hatte, noch am Tag der Antragstellung trotz teilweiser immer noch fehlender Dokumente allein aufgrund einer Bestätigung der Universität Wien über die Anmeldung zu einem Deutschkurs in der Dauer von zwei Monaten eine Aufenthaltserlaubnis mit dem Zweck „Student" für eine Gültigkeitsdauer von einem Jahr und drei Monaten erteilte, ohne vorher weitere Erhebungen durchgeführt zu haben; 4./ am 13. September 2002 ohne entsprechende Zuständigkeit nach der internen Geschäftsverteilung dem türkischen Staatsangehörigen Ahmet Ü***** trotz Fehlens von Nachweisen über Unterkunft, Unterhaltsmittel und Geburtsurkunde allein aufgrund einer Bestätigung des Phönix Kultur- und Bildungsinstituts über die Anmeldung zu einem Deutschkurs vom 9. September bis 18. Oktober 2002 eine Aufenthaltserlaubnis für den Zweck „Schüler/Student" mit einer Gültigkeit bis zum 31. März 2003 erteilte;

5./ ohne sachliche Zuständigkeit des FRB der Bundespolizeidirektion Wien für die russische Staatsangehörige Jaroslava B***** a./ am 2. Dezember 2002 wider bessern Wissens um die tatsächlichen familiären Verhältnisse der ledigen Antragstellerin eine unbefristete Niederlassungsbewilligung aus dem Grunde „Familiengemeinschaft mit Österreicher" erteilte,

b./ am 14. März 2003 trotz Fehlens von Nachweisen über Krankenversicherung, Unterhalt, Unterkunft und österreichische Familienangehörige einen Niederlassungsnachweis mit dem Zweck „Begünstigte Drittstaatenangehörige-Österreicherin" (§ 49 Abs 1 FrG) erteilte;

6./ von Februar bis Juli 2003 ohne Zuständigkeit des FRB der Bundespolizeidirektion Wien ein sachlich unberechtigtes Verfahren zur Ungültigerklärung des Niederlassungsnachweises des jordanischen Staatsangehörigen Atef K***** gemäß § 16 Abs 1 b FrG einleitete und vorantrieb, um den Genannten im Zuge seines Verfahrens im Hinblick auf seine gegenüber Dr. Emad S***** bestehenden Schulden einzuschüchtern, und in weiterer Folge Informationen über dieses Verfahren, nämlich den Termin der niederschriftlichen Vernehmung des Genannten, deren Ergebnis und die Resultate des bisherigen Ermittlungsverfahrens an Dr. Emad S***** weitergab; 7./ am 3. April 2003

a./ ohne sachliche Zuständigkeit nach der internen Geschäftsverteilung den russischen Eheleuten Ludmilla und Eduard S***** entgegen § 24 Abs 1 Z 1 FrG jeweils einen Niederlassungsnachweis erteilte, obwohl er wusste, dass beide noch nicht die gesetzlich geforderte Zeit von fünf Jahren dauernd im Bundesgebiet niedergelassen waren und erst vor weniger als drei Monaten von einer anderen Referentin des FRB jeweils befristete Niederlassungsbewilligungen für den Zeitraum von zwei Jahren erhalten hatten;

b./ ohne sachliche Zuständigkeit des FRB der Bundespolizeidirektion Wien entgegen § 19 FrG für die russischen Staatsangehörigen Mikhail S***** und Anaida D***** als volljährige Kinder der unter Punkt A./I./7./a./ genannten Personen Niederlassungsbewilligungen aus dem Grund „quotenfreie Private" erteilte;

8./ am 9. Mai 2003 das gegen den türkischen Staatsangehörigen Memet S***** wegen gerichtlicher Verurteilung verhängte Aufenthaltsverbot der Bundespolizeidirektion Wien ohne entsprechende Zuständigkeit nach der internen Geschäftsverteilung aufhob, ohne zunächst aufgrund des in Verstoß geratenen Originalakts die Verwaltungsakten der MA 20 oder der SID Wien beigeschafft und ohne die Identität des als Zeugen vernommenen angeblichen Onkels des Antragstellers, Ayhan Eri Y***** und dessen Vollmacht überprüft zu haben;

9./ am 23. Mai und 4. Juni 2003 das österreichische Generalkonsulat in Istanbul anwies, für den türkischen Staatsangehörigen Ahmet Ü***** trotz aufrechter Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung, ohne ausreichenden Nachweis von Unterkunft, Unterhaltsmittel und Krankenversicherung sowie mit der Begründung, dass der Genannte aufgrund eigener Wahrnehmung des Referenten nicht mehr süchtig sei, eine Aufenthaltserlaubnis für den Zweck „Ausbildung" mit der Gültigkeit bis zum 31. März 2004 auszustellen;

10./ am 13. Juni 2003 dem russischen Staatsangehörigen Igor S***** ohne entsprechende Zuständigkeit nach der internen Geschäftsverteilung und entgegen § 24 Abs 1 Z 4 FrG eine dauernde Niederlassungsbewilligung vor dem gesetzlich erstmaligen Termin erteilte;

12./ am 11. August 2003 entgegen den Bestimmungen des FrG, den Vorschriften des Handbuchs des BMI und im Wissen über den tatsächlichen Aufenthaltszweck, nämlich Ausübung von Führungspositionen in der Firma P***** AG, Aufenthaltserlaubnisse zu angeblichen Ausbildungszwecken mit einer für solche Fälle nicht vorgesehenen Gültigkeitsdauer von zweieinhalb Jahren an folgende russische Staatsangehörige ohne Durchführung weiterer, aufgrund der Aktenlage notwendiger Erhebungen erteilte

a./ Vladimir K*****,

b./ Igor T*****

c./ Igor S*****,

d./ Lioudmila J*****,

e./ Irina P*****,

f./ Evgueni K*****,

g./ Liudmila K*****;

II./ mit dem Vorsatz, den Staat an seinem konkreten Recht auf ordnungsgemäße Durchführung fremdenrechtlicher Verfahren und Rechtmäßigkeit der staatlichen Verwaltung zu schädigen, einen Beamten, nämlich den Referatsleiter des FRB der Bundespolizeidirektion Wien Mag. Gerhard K*****, durch nachstehende Aufforderungen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, in folgender Art und Weise mit dem obzitierten Vorsatz wissentlich zu missbrauchen, zu bestimmen versucht, und zwar

a./ am 15. Jänner 2004 nach der Übergabe eines Bargeldbetrags in Höhe von 3.000 Euro und In-Aussicht-Stellung weiterer Geldgeschenke aa./ durch die sinngemäße Aufforderung, dem türkischen Staatsangehörigen Mustafa A*****, dessen Ehefrau in ihrer niederschriftlichen Vernehmung im fremdenrechtlichen Verfahren bereits erklärt hatte, dass eine „Gefälligkeitsehe" vorliege, entgegen den Bestimmungen des FrG eine Aufenthaltserlaubnis aus dem Grunde „Familiengemeinschaft mit Österreicherin" zu erteilen; ab./ durch die Aufforderung, ein bestehendes Aufenthaltsverbot der Bundespolizeidirektion Wien gegen den türkischen Staatsangehörigen Bahri Ö***** ohne ordnungsgemäße Durchführung des Ermittlungsverfahrens, insbesondere im Hinblick auf den Verdacht des Vorliegens einer Scheinehe, aufzuheben und ihm eine Niederlassungsbewilligung zu erteilen, unter gleichzeitiger Ankündigung, dass „in diesem Fall zwei- bis dreitausend Euro drinnen wären";

ac./ durch die Aufforderung, auf dem Antrag zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den türkischen Staatsangehörigen Gökhan Ö***** selbst den Einlader des Genannten, Ysar Ö*****, als Einreicher zu vermerken und in weiterer Folge ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens einen Aufenthaltstitel aus dem Grunde „Student/Schüler" zu vergeben;

b./ am 7. Jänner 2004 und den folgenden Tagen nach Übergabe der entsprechenden fremdenrechtlichen Unterlagen samt einem handgeschriebenen Vermerk „je zwei Nikolos" (gemeint: je 2.000 Euro) und der Erklärung „da ist etwas für deine Kinder!"

ba./ durch die sinngemäße Aufforderung, dem türkischen Staatsangehörigen Necati U***** aus dem Grunde „Familiengemeinschaft mit einer Österreicherin" trotz ausgesetzten fremdenpolizeilichen Verfahrens aufgrund des dringenden Verdachts des Vorliegens einer Scheinehe und entsprechender Aussage der Ehefrau im anhängigen Gerichtsverfahren, unter Hinweis, dass er dies ja nicht nachprüfen müsse und eine neuerliche Vernehmung der Ehefrau möglich wäre, entgegen den Bestimmungen des FrG eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen;

bb./ durch die sinngemäße Aufforderung, beim türkischen Staatsangehörigen Murat D***** nach Möglichkeiten für die neuerliche Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu suchen, obgleich er wusste, dass diese nicht gegeben waren, zu Erteilung eines Aufenthaltstitels.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen (nur im Umfang der Schuldsprüche A./I./ und A./II./) richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Mag. Christian B***** (ON 246 iVm ON 239).

Zur Klarstellung wird bemerkt, dass nach zweimaliger rechtskräftiger (innerhalb der gemäß § 285 Abs 2 StPO um acht Wochen [ON 231] verlängerten Frist zur Rechtsmittelausführung rechtzeitig beantragter) Berichtigung des Hauptverhandlungsprotokolls ON 216 (vgl zuletzt Berichtigungsbeschluss vom 16. März 2007, ON 245) dem Beschwerdeführer am 2. April 2007 gemäß § 271 Abs 1 letzter Satz StPO nochmals eine Urteilsausfertigung zugestellt wurde (S 3 h² des Antrags- und Verfügungsbogens). In der am 12. April 2007 eingebrachten Rechtsmittelschrift berief sich der Beschwerdeführer (zulässigerweise, vgl 15 Os 3/03) auf seine schon am 29. Dezember 2006 erstatteten Rechtsmittelausführungen (ON 239) und hielt diese vollinhaltlich aufrecht (ON 246). Gegenstandslos sind somit die (ersten) Rechtsmittelausführungen des Beschwerdeführers vom 30. November 2006 (ON 235).

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt teilweise Berechtigung zu:

Zutreffend macht die Verfahrensrüge (Z 4) zu den Schuldsprüchen A./I./3./a./ und b./ eine Verletzung der Verteidigungsrechte infolge Abweisung (S 201 f/X) des Antrags des Angeklagten auf Vernehmung der Zeugin Angela T***** geltend. Damit sollte nachgewiesen werden, dass die Zeugin „sämtliche Urkunden, welche zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erforderlich waren, sowohl am 26. Juni 2002 als auch am 13. Dezember 2002 dem Beschuldigten vorgewiesen hat, die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis sohin rechtens ist, und dass sie nach wie vor über eine Aufenthaltserlaubnis verfügt und derzeit bereits studiert, also ein Hochschulstudium absolviert" (S 199/X). Mit dem - entgegen § 238 Abs 2 StPO aF erst im Urteil begründeten - abweisenden Zwischenerkenntnis erachtete das Schöffengericht diese Vernehmung deshalb für nicht notwendig, weil „bei T***** tatinkriminiert war, dass keinerlei Dokumente oder entsprechende AV's beigefügt wurden, was B***** ja zugegeben hatte" (US 44 unten). Den Feststellungen zufolge (US 4 f, 30) hat die Tathandlung in der (zweimaligen) Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mit dem Zweck „Student" trotz Fehlens der hiefür erforderlichen Unterlagen bestanden (US 5, 30). Auch wenn es im FRB der Bundespolizeidirektion Wien - wie von den Tatrichtern angenommen wurde - unüblich und untersagt war, Akten nur mit der Begründung „Wurde mir gezeigt oder vorgelegt oder ausgesagt" positiv zu erledigen, ohne die vom Antragsteller vorgelegten entsprechenden Nachweise zumindest in Kopie zum Akt zu nehmen, um die Entscheidung des Referenten transparent und nachvollziehbar zu machen (vgl US 29 f, 41), reicht der bloße Verstoß gegen eine derartige amtsinterne Regelung zur Erfüllung des Tatbestands nach § 302 Abs 1 StGB nicht aus. Denn die Verletzung allgemeiner staatlicher Aufsichtsrechte oder interner Dienstvorschriften vermag zwar allenfalls einen tatbildmäßigen Missbrauch der Befugnis zur Vornahme von Amtsgeschäften darstellen, der aber der Schädigung an konkreten Rechten anderer, auf welche sich der Tätervorsatz beziehen muss, nicht gleichgesetzt werden darf (RIS-Justiz RS0096270). Lagen dem Angeklagten daher - wie behauptet - bei Erteilung der Aufenthaltsbewilligungen für T***** alle hiefür erforderlichen Unterlagen vor, dann hätte ein nur auf Verstoß gegen die genannte amtsinterne Regelung (Beifügung von Kopien der Antragsdokumente zum Akt) gerichteter Vorsatz kein Schädigungsobjekt im Sinn des § 302 Abs 1 StGB betroffen.

Durch das abweisende Zwischenerkenntnis wurde der Beschwerdeführer sohin gehindert, seine Verantwortung im Fall T***** nach Vorlage aller für eine Aufenthaltserlaubnis erforderlichen Unterlagen rechtmäßig entschieden zu haben, unter Beweis zu stellen. Da auch nicht erkennbar ist, auf welche zur Schädigung iSd § 302 Abs 1 StGB geeigneten Objekte der Vorsatz des Beschwerdeführers - unter der Voraussetzung einer gesetzesgemäß erfolgten Sachentscheidung - bei den weiteren in A./I./3./a./ und b./ angeführten Missbrauchshandlungen sonst gerichtet gewesen sei, erweist sich die Aufhebung dieser beiden Schuldsprüche zwecks Verfahrenserneuerung als unumgänglich.

Fehl geht zwar der generelle Vorwurf der Mängelrüge, das Ersturteil sei in seiner Gesamtheit offenbar unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall), weil im Rahmen der Beweiswürdigung nur die Glaubwürdigkeit der Aussagen der vernommenen Zeugen und „großteils nicht ordnungsgemäß" jene seiner Verantwortung erörtert worden sei. Nach Ansicht des Beschwerdeführers lasse sich daraus aber „nur für einen kleinen Teil der inkriminierten Fakten" (insbes hinsichtlich angeblich oder tatsächlich erfolgter Geldflüsse oder hinsichtlich der Feststellungen zum Schuldspruch A./II./) Verwertbares ableiten, ein Großteil der ihm vorgeworfenen Verhaltensweisen des Faktums A./I./ werde durch diese Zeugenaussagen jedoch nicht tangiert.

Mit diesem Vorbringen macht der Beschwerdeführer zum einen nicht deutlich, welche Punkte des Schuldspruchs tatsächlich vom behaupteten Mangel betroffen seien. Zum anderen übergeht er, dass die Tatrichter ihre Feststellungen darüber hinaus auch auf die Ergebnisse der (umfangreichen) Erhebungen des Büros für interne Angelegenheiten des Bundesministeriums für Inneres, der Telefonüberwachung und der Kontoeröffnung sowie auf die sichergestellten Kalenderaufzeichnungen des Beschwerdeführers (ON 40, 84, 97, 120, 121, 135, Beilagenordner Band 1 bis 9 zu ON 150, ON 159, 161) zu stützen vermochten (vgl US 41 ff).

Zum Schuldspruch A./I./6./ ist der in der Folge deutlich gemachte Begründungsmangel jedoch gegeben. Woraus das Erstgericht nämlich seine Feststellungen ableitete, das Verfahren zur Ungültigerklärung des Niederlassungsnachweises des jordanischen Staatsangehörigen Atef K***** sei sachlich unberechtigt gewesen und zum Zweck der Einschüchterung des Genannten geführt worden, sowie es seien Informationen über dieses Verfahren an außenstehende Dritte weitergegeben worden (US 7, 27, 31), kann den Entscheidungsgründen nicht entnommen werden.

Im Umfang der Schuldsprüche zu A./I./3./a./ und b./ sowie A./I./6./

war daher mit Kassation vorzugehen.

Im Übrigen schlägt die Beschwerde fehl.

Die (in der Rechtsmittelschrift ON 146 nicht zurückgezogene) Behauptung der Mängelrüge (Z 5), den Entscheidungsgründen hafte wegen unvollständiger Protokollierung der Aussage des Zeugen Mag. Johann B***** in der Hauptverhandlung „eine einer Aktenwidrigkeit gleichzuhaltende Unvollständigkeit" an, trifft nach der mit Beschluss vom 16. März 2007, ON 245, vorgenommenen (zweiten) Ergänzung des Hauptverhandlungsprotokolls ON 216 (vgl S 93a bis 93r und 95/X) nicht mehr zu.

Eine Unvollständigkeit der Urteilsgründe (Z 5 zweiter Fall) macht der Beschwerdeführer wegen unterbliebener Erörterung bestimmter (in der Beschwerde wörtlich zitierter) Passagen der Zeugenaussage des Mag. Johann B***** (S 93d und e/X) geltend, weil danach die von den Tatrichtern unter anderem auf die Aussage dieses Zeugen gestützte Feststellung, das (auszugsweise auf S 355 bis 727 in ON 162 wiedergegebene) „Handbuch zum Fremdengesetz" sei in ministeriellem Erlassstatus gestanden und habe Gültigkeit gehabt (US 41), in Frage gestellt werde. Nach Ansicht des Beschwerdeführers hätte das Erstgericht bei einer entsprechenden Würdigung dieser Aussage zu einem für ihn günstigeren Ergebnis kommen müssen. Da es der Beschwerdeführer in der Folge (auch bei der gesonderten Anfechtung der einzelnen Schuldsprüche) unterlässt, die Schuldsprüche zu bezeichnen, bei welchen der behauptete Begründungsmangel vorliegen soll, zeigt er keine Tatumstände auf, die den Nichtigkeitsgrund bilden sollen.

Lediglich vom Grundsatz her trifft der unter Hinweis auf die Formulierung des Urteilsspruchs (vgl US 4 oben) allgemein gegen die rechtliche Beurteilung der Taten als Missbrauch der Amtsgewalt vorgebrachte Einwand (Z 9 lit a) zu, dass der nach Annahme der Tatrichter vom Schädigungsvorsatz betroffene staatliche Anspruch auf „Gesetzmäßigkeit der Verwaltung" (ebenso wie der Anspruch auf „pflichtgemäße Ausübung des Amts an sich") kein konkretes Recht des Staats im Sinn des § 302 StGB darstellt. Nach Judikatur und Lehre sind der abstrakte Anspruch auf eine konkrete und saubere Verwaltung, abstrakte Aufsichtsrechte des Staats, sowie das Recht auf Einhaltung aller Rechtsvorschriften tatsächlich keine geeigneten Objekte des Missbrauchs der Amtsgewalt (Fabrizy, StGB9 § 302 Rz 24a). Vielmehr ist unter Schädigung eines konkreten öffentlichen Rechts die Vereitelung einer bestimmten, in der Rechtsordnung festgelegten staatlichen Maßnahme zu verstehen, wenn damit der bestimmte Zweck beeinträchtigt werden soll, den der Staat mit der Erlassung der dieser Maßnahme zu Grunde liegenden Vorschrift erreichen will (RIS-Justiz RS0096261).

Die Beschwerde übersieht jedoch, dass den tatsächlichen Bezugspunkt des den Gegenstand der Rechts- und Subsumtionsrüge bildenden Vergleichs des zur Anwendung gebrachten materiellen Rechts (d.i. des Ausspruchs gemäß § 260 Abs 1 Z 2 StPO = des Schuldspruchs) mit dem festgestellten Sachverhalt die Gesamtheit der in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen bilden, während das Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) lediglich zur Verdeutlichung der Konstatierungen herangezogen werden kann (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 584).

Im bekämpften Urteil wird in den Entscheidungsgründen bei Feststellung des Schädigungsvorsatzes zwar die kritisierte Formulierung des Urteilsspruchs wiederholt (US 40), von den Tatrichtern darüber hinaus zuvor jedoch zum Ausdruck gebracht, dass die vorliegenden Missbrauchshandlungen dem vom Angeklagten und seinen Auftraggebern (Kontaktleuten, wie etwa der Mitangeklagte Bekir A*****) intendierten, sonst nicht erreichbaren Zweck der Erteilung eines Aufenthaltstitels bzw der Aufhebung eines Aufenthaltsverbots dienen sollten (US 25, 28). Dieser Teil der nicht die Gesamtheit der Entscheidungsgründe (die vom Vorsatz des Angeklagten auf Fällung von grundlegenden Zwecken des Fremdengesetzes zuwiderlaufenden Entscheidungen ausgehen) berücksichtigenden Rechtsrüge entbehrt daher der gesetzmäßigen Darstellung.

Letztlich verfehlen auch die gegen die einzelnen Schuldsprüche

jeweils gesondert ausgeführten Rügen ihr Ziel:

Zu A./I.1./:

Die Behauptung der Rechtsrüge (Z 9 lit a), bei Bewilligung des Antrags sei der Angeklagte - gestützt auf § 31 Abs 4 FrG 1997 - der Meinung gewesen, eine Antragstellung vom Inland aus sei in diesem Fall gleichwohl zulässig, orientiert sich nicht am festgestellten Sachverhalt, wonach der Beschwerdeführer sowohl gewusst hat, dass El M***** lediglich eine Aufenthaltserlaubnis und keine Niederlassungsbewilligung hatte und somit den Antrag auf weitere Aufenthaltserlaubnis (gemäß § 14 FrG 1997, vgl US 4) vom Ausland zu stellen gehabt hätte, als auch, dass seine Erteilung des Aufenthaltstitels eine „Verletzung des Fremdenrechts" darstellte (US 28).

Tragen aber bereits (ohne Begründungsmängel und ohne erhebliche Bedenken gegen deren Richtigkeit getroffene) Feststellungen zu einer vom Beschwerdeführer mit Schädigungsvorsatz vorgenommenen wissentlichen Missbrauchshandlung die Subsumtion der angefochtenen Taten als Missbrauch der Amtsgewalt (weil ohne diesen Missbrauch eine positive Erledigung des konkreten Antrags nicht möglich gewesen wäre), so erübrigt sich ein Eingehen auf weitere Beschwerdeausführungen, die sich gegen andere im Schuldspruch angeführte Missbrauchshandlungen richten.

Demgemäß kann dahingestellt bleiben, ob der Angeklagte den von ihm erteilten Aufenthaltstitel an seine Kontaktperson Wajih S***** übergeben durfte, weil jener als Arbeitgeber der El M***** ohnehin nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes (§§ 2, 4, 16) als Ersatzempfänger in Betracht gekommen wäre, ist doch die Subsumtion der dem Beschwerdeführer im fremdenpolizeilichen Verwaltungsverfahren betreffend El M***** angelasteten Tathandlungen als Missbrauch der Amtsgewalt bereits durch die mit dem bezeichneten (US 25, 28) Schädigungsvorsatz vorgenommene gesetzwidrige Erteilung des Aufenthaltstitels gegeben.

Zu A./I./2./:

Weshalb es für die Schuldfrage relevant sei, ob das vom Angeklagten ohne Vornahme von Erhebungen und begründungslos (US 4, 28 f) aufgehobene Aufenthaltsverbot betreffend Ahmet Ü***** erst neun Tage vorher von der zuständigen Referentin verfügt wurde (US 4) oder ob diese lediglich die weitere Speicherung des schon seit Jahren bestehenden Aufenthaltsverbots veranlasst hat (US 28 f), wird aus der (insofern inneren Widerspruch bzw eine Aktenwidrigkeit im Sinn der Z 5 dritter und fünfter Fall behauptenden) Mängelrüge nicht klar. Nicht entscheidungswesentlich ist fallbezogen die weitere (als offenbar unbegründet bzw als unzureichend festgestellt bezeichnete) Annahme des Erstgerichts, der Beschwerdeführer habe nach der rechtswidrigen Aufhebung des Aufenthaltsverbots den betreffenden Akt ohne die vorgeschriebene Gegenzeichnung durch den Vorstand archiviert. Die Subsumtion der in diesem Schuldspruch angeführten Tat als Missbrauch der Amtsgewalt ist nämlich bereits durch die vorangegangene gesetzwidrige Aufhebung des Aufenthaltsverbots gegeben und wurde diese Tat zudem nur deshalb begangen, um (als bloße Deckungshandlung) den vorangegangenen Missbrauch der Amtsgewalt zu kaschieren (vgl US 29).

In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet der Beschwerdeführer, zur Aufhebung des Aufenthaltsverbots sowohl nach § 44 FrG wie auch nach § 100 Abs 2 FrG berechtigt gewesen zu sein und zur subjektiven Tatseite würden Feststellungen darüber fehlen, ob er wider besseres Wissen über den Fortbestand der seinerzeit zur Erlassung des Aufenthaltsverbots führenden Gründe gehandelt habe. Dabei lässt er aber die Konstatierung außer Acht, dass er ohne Durchführung von aufgrund der Aktenlage dringend gebotenen Erhebungen in Richtung offener gerichtlicher Strafverfahren gehandelt hat (US 4, 29).

Zu A./I./4./ und 9./:

Bei den auf Z 5 und Z 9 lit a gestützten, gegen die konstatierten Missbrauchshandlungen gerichteten Ausführungen übergeht der Rechtsmittelwerber, dass er schon vor den in diesen Schuldsprüchen beschriebenen Taten amtsmissbräuchlich das gegen Ahmet Ü***** bestehende Aufenthaltsverbot aufgehoben hatte (A./I./2./, vgl US 28 f). Demgemäß lässt die Beschwerde die fallbezogen gebotene Aufklärung vermissen, weshalb den bekämpften Feststellungen trotz des Umstands, dass die Aufenthaltsbewilligungen vom 13. September 2002, 23. Mai und 4. Juni 2003 auf krimineller Grundlage beruhten und vom Angeklagten ohne die zuvor von ihm selbst gesetzwidrig vorgenommene Änderung der Tatsachengrundlage zu versagen gewesen wären (vgl § 10 Abs 1 FrG 1997), für die Subsumtion der Taten Relevanz zukäme. Die den Schuldspruch A./I./9./ betreffenden Beschwerdeausführungen gehen auch noch aus nachstehenden weiteren Gründen fehl:

Lediglich auf Basis des im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) wiedergegebenen Sachverhaltssubstrats (US 8 f) macht die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum einen die verfehlte rechtliche Annahme der Tatbegehung als unmittelbarer Täter des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt geltend, ohne darzulegen, inwiefern der Beschwerdeführer angesichts der Gleichwertigkeit der Beteiligungsformen des § 12 StGB hiedurch beschwert wäre (vgl Fabrizy, StGB9 § 12 Rz 2 und 19), und stellt zum anderen die Tatbestandsmäßigkeit des Handelns überhaupt in Abrede. Dabei geht die Beschwerde nicht von den tatsächlich maßgebenden in den Entscheidungsgründen angeführten (hinreichenden) Feststellungen (US 29) aus, wonach der Angeklagte in Kenntnis einer neuerlichen Ausschreibung zur Aufenthaltsermittlung ohne ausreichenden Nachweis von Unterkunft und Unterhaltsmittel eine Aufenthaltserlaubnis erteilte.

Der vorliegende Widerspruch zwischen dem Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO und den in den Entscheidungsgründen getroffenen Feststellungen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 276) wurde von der Beschwerde nicht releviert.

Mit der gleichfalls nur auf den Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO (US 9 f) bezogenen Behauptung, das Erstgericht habe „zum tatsächlichen Verwaltungsablauf" nur unzureichende bzw verfehlte Feststellungen getroffen (Z 5, sachlich teilweise Z 9 lit a), orientiert sich die Beschwerde erneut nicht an den allein maßgeblichen Konstatierungen US 29.

Zu A./I./5./a./ und b./:

Der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) zuwider haben die Tatrichter die Feststellung, der Angeklagte habe wider besseren Wissens um die familiären Verhältnisse der russischen Staatsangehörigen Jaroslava B***** - der als Schwester des mit einer Österreicherin verheirateten Svyatoslav B***** eine Niederlassungsbewilligung aus dem Grund „Familiengemeinschaft mit Österreicher" nicht zu erteilen gewesen wäre (vgl US 31) - gehandelt, nicht unbegründet gelassen. Vielmehr findet sie in den Urteilsausführungen über die Aussagen der beiden Zeugen Mag. Jaroslava B***** (S 139 ff/X) und Svyatoslav B***** (S 147 ff/X), wonach diese dem Angeklagten ihre wahren familiären Verhältnisse mitgeteilt haben (US 42), und in dem Umstand, dass jener die bezeichneten familiären Verhältnisse sogar telefonisch zur Sprache gebracht hat (US 31), zureichende Deckung.

Aufgrund der sohin mängelfrei begründeten Feststellung des Fehlens jeglicher materieller Anspruchsberechtigung für die vom Angeklagten der Mag. Jaroslava B***** erteilten Aufenthaltsbewilligung konnten die Tatrichter die Erörterung der keine entscheidende Tatsache betreffenden weiteren Verantwortung des Beschwerdeführers unterlassen, dass die Antragstellerin bei Bearbeitung des Antrags durch den tatsächlich zuständigen Magistrat der Stadt Wien sogar besser gestellt gewesen wäre, weil dieser eine Niederlassungsbewilligung für einen wesentlich längeren Zeitraum hätte erteilen können.

Zu A./I./7./a./ und b./:

Zum Schuldspruch 7.a./ kritisiert die Rechtsrüge (Z 9 lit a) das Fehlen von Feststellungen darüber, dass die Familie S***** seit 5. Februar 1999 über Niederlassungsbewilligungen in Österreich verfügt habe und schon vor dieser Zeit mit Sichtvermerken in Österreich aufhältig gewesen sei, sodass im Tatzeitpunkt die von § 24 Abs 1 Z 1 FrG 1997 geforderte zeitliche Voraussetzung einer schon fünf Jahre andauernden Niederlassung des Fremden in Österreich bereits erfüllt gewesen wäre. Dabei wird jedoch prozessordnungswidrig das Feststellungssubstrat US 32 übergangen. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang - der Sache nach Z 5a - rügt, das Schöffengericht habe zu dieser Frage „kein ausreichendes Ermittlungs- und Beweisverfahren" durchgeführt, legt sie nicht dar, wodurch der Nichtigkeitswerber gehindert gewesen sei, in der Hauptverhandlung entsprechend sachgerechte Beweisanträge zu stellen (vgl WK-StPO § 281 Rz 480).

Zum Schuldspruch 7./b./ releviert die Mängelrüge zu Unrecht ein stillschweigendes Übergehen (Z 5 zweiter Fall) der Verantwortung des Angeklagten, bei Erteilung der Niederlassungsbewilligungen an Mikhail S***** und Anaida D***** auf die Richtigkeit der Ausführungen im „Handbuch des Fremdengesetzes" vertraut zu haben, wonach (unter der Voraussetzung ihrer Erwerbslosigkeit) die Erteilung derartiger Bewilligungen auch an volljährige Kinder von in Österreich auf Dauer niedergelassenen fremden Medienbediensteten (hier: deren in 7./a./ genannten Eltern) zulässig sei. In Wahrheit bekämpft die Beschwerde damit aber nur die Beweiswürdigung des Erstgerichts, das bei eindeutigen Verstößen gegen gesetzliche Bestimmungen (wie hier gegen jene des § 19 Abs 2 Z 1 und 5 FrG) der Verantwortung des Angeklagten, sein Verhalten sei auf das Ausnützen zulässiger Auslegungsvarianten und von Ermessensspielräumen oder auf entschuldbare Fehlleistungen zurückzuführen, die Glaubwürdigkeit abgesprochen hat (US 41). Zudem betrifft der behauptete Begründungsmangel auch hier (wie bei den Schuldsprüchen A./I./4./ und 9./) keine entscheidende Tatsache, war die Erteilung der Niederlassungsbewilligung aus dem Grund „quotenfreie Private" für die beiden volljährigen Kinder des Ehepaares S***** doch nur aufgrund des den Eltern zuvor amtsmissbräuchlich erteilten Niederlassungsnachweises (A./I./7./a./) möglich.

Zu A./I./8./:

Das Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall), dem Urteil sei eine Begründung der Feststellung nicht zu entnehmen, der Angeklagte habe das Aufenthaltsverbot gegen den türkischen Staatsangehörigen Mehmet S***** ohne Prüfung der Identität und der Vollmacht des angeblichen Onkels des Antragstellers, Ayan Eri Y***** aufgehoben, trifft zwar zu; angesichts der weiteren unbekämpft gebliebenen, die Subsumtion der Tat nach § 302 Abs 1 StGB tragenden Feststellungen (Aufhebung des wegen gerichtlicher Verurteilung verhängten Aufenthaltsverbots ohne entsprechende Zuständigkeit nach der internen Geschäftsverteilung und ohne Beischaffung der für die Entscheidung erforderlichen Akten, vgl US 8, 32) betrifft der geltend gemachte Mangel aber keine entscheidenden Tatsachen.

Den Rechtseinwand (Z 9 lit a), die Aufhebung des Aufenthaltsverbots sei sowohl durch § 44 FrG 1997 als auch durch § 114 Abs 3 FrG 1997 gedeckt gewesen, zumindest aber habe der Angeklagte sich aufgrund dieser Bestimmungen zur Aufhebung des Aufenthaltsverbots berechtigt erachtet, stützt die Beschwerde, ohne diesbezüglich Feststellungsmängel geltend zu machen, auf urteilsfremde Sachverhaltsannahmen (wie auf ein behauptetes Wohlverhalten S*****s seit Verhängung des Aufenthaltsverbots).

Zu A./I./10./:

Die Mängelrüge (Z 5) behauptet eine - infolge angeblicher Nichtanführung der entsprechenden Daten - offenkundig unzureichende Begründung der Feststellung, dass der Angeklagte dem Igor S***** eine dauernde Niederlassungsbewilligung (richtig: einen Niederlassungsnachweis) gemäß § 24 Abs 1 Z 4 FrG 1997 vor dem gesetzlich frühestmöglichen Termin gewährt habe, vernachlässigt dabei aber die US 33 genannten Daten (vgl auch S 11 ff in Beilagenordner 6 zu ON 150).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zeigt zwar an sich zutreffend auf, dass die Tatrichter bei der Prüfung der Frage, ob bei S***** die zeitlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer dauernden Niederlassungsbewilligung (richtig: eines Niederlassungsnachweises) gemäß § 24 Abs 1 Z 4 FrG 1997 gegeben waren, irrig von einer vierjährigen anstelle einer zweijährigen Frist ausgegangen sind (US 32 f). Diese unrichtigen Rechtsausführungen in den Entscheidungsgründen (vgl Danek, WK-StPO § 270 Rz 41 letzter Satz) führen aber nicht zu einer Aufhebung des Schuldspruchs A./I./10./. Denn nach den Feststellungen (US 33) war bei Igor S***** doch auch der in § 24 Abs 1 FrG 1997 vorausgesetzte kürzeste Zeitraum für die Erteilung eines Niederlassungsnachweises (zweijähriger Hauptwohnsitz des Fremden in Österreich als begünstigter Drittstaatsangehöriger eines EWR-Bürgers oder eines Österreichers, vgl § 24 Abs 1 Z 4 FrG) nicht gegeben (vgl S 11 ff in Beilagenordner Band 6 zu ON 150).

Zu A./I./12./:

Die Ausführungen der Rechtsrüge (Z 9 lit a), die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen an sieben russische Staatsangehörige zu angeblichen Ausbildungszwecken habe den gesetzlichen Vorgaben entsprochen, übergehen prozessordnungswidrig die Konstatierung, dass der Beschwerdeführer die Bewilligungen im Wissen um den (abweichenden) tatsächlichen Aufenthaltszweck der genannten Personen, nämlich Führungspositionen in der Firma P***** AG auszuüben, erteilt hat (US 9, 33).

Zu A./II./a./aa./:

Die Subsumtionsrüge (Z 10) macht eine unzureichende Sachverhaltsgrundlage für die (aus Z 5 oder 5a nicht angefochtene) Annahme des Erstgerichts geltend, der Beschwerdeführer habe Mag. K***** damals zu einem unrechtmäßigen Verhalten bestimmen wollen. Weil aber eine Geldübergabe im Zusammenhang mit seiner Intervention bei Mag. K***** stattgefunden habe, sei demgemäß sein Verhalten „allenfalls nur nach §§ 12 dritter Fall, 307 Abs 1 (zu ergänzen: Z 1) StGB strafbar".

Abgesehen davon, dass angesichts der vom Angeklagten eingeräumten aktiven Bestechung des Beamten Mag. K***** als unmittelbarer Täter für die rechtliche Annahme einer Bestimmungstäterschaft kein Raum bleibt, übergeht der Nichtigkeitswerber auch die entscheidende Feststellung, er habe versucht, Mag. K***** zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für Mustafa A***** „entgegen den Bestimmungen des Fremdengesetzes" (vgl US 40 iVm US 10 f) - im Sachverhaltskontext sohin zur Unterlassung der gebotenen Überprüfung der bereits aktenkundigen Behauptung der Gattin über das Vorliegen einer Scheinehe - zu bestimmen.

Zu A./II./a./ab./:

Erhebliche Bedenken (Z 5a) gegen die Richtigkeit der im Urteilsspruch wiedergegebenen Feststellungen (vgl US 40 iVm US 11) versucht der Beschwerdeführer mit dem Hinweis auf (im Rechtsmittel nicht näher bezeichnete) „Zettel" zu erwecken, die er anlässlich der ihm vorgeworfenen Tat an Mag. K***** übergeben haben soll. Der Umstand, dass er darüber „hinter sämtliche diesbezügliche Anmerkungen und Anliegen an Mag. K***** jeweils Fragezeichen gestellt habe", spreche nämlich für die Richtigkeit seiner Verantwortung, den Genannten lediglich um (gesetzmäßige) Prüfung des Sachverhalts ersucht zu haben.

Die Tatsachenrüge unterlässt dabei jedoch die gebotene Bezugnahme auf konkrete Verfahrensergebnisse und misst die ins Treffen geführten - in der Verantwortung des Angeklagten und in der Polizeianzeige erwähnten (vgl S 513/IX und S 43/im Beilagenordner Band 1 zu ON 150) - Beweismittel in Hinsicht auf ihre Eignung erhebliche Bedenken hervorzurufen, nicht an der Gesamtheit der beweiswürdigenden Erwägungen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 487). Angesichts der von den Tatrichtern als glaubwürdig angesehenen (US 41, 43) Aussage des Mag. K*****, der ua bestätigt hat, der Beschwerdeführer sei auch im Fall Bahri Ö***** mit dem Ansinnen auf amtsmissbräuchliches Handeln (nämlich Sachverhaltserhebungen ausschließlich zum Zweck der Antragsbewilligung zu führen und negative Erhebungsergebnisse im Verwaltungsakt nicht zu erwähnen) an ihn herangetreten (vgl S 177/X), ist nicht erkennbar, warum dem Inhalt der anlässlich der mündlichen Aufforderung übergebenen „Zettel" Bedeutung zukommen soll.

Zu A./II./b./ba./:

Die neuerlich einen Schuldspruch nur wegen Bestechung („§§ 12 dritter Fall, 307 Abs 2 StGB") anstrebende Subsumtionsrüge (Z 10) übergeht die Feststellung, dass der Angeklagte im Fall Necati U***** dem Mag. K***** nahe gelegt hat, den aufgrund der Aussage der Gattin im Ehenichtigkeitsverfahren vorliegenden Verdacht einer Scheinehe nicht nachzuprüfen (US 37).

Zu A./II./b./bb./:

Der Mängelrüge (Z 5) zuwider entbehrt die Konstatierung, der Angeklagte habe bei der Tatbegehung gewusst, dass Möglichkeiten einer neuerlichen Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für Murat D***** nicht gegeben waren (US 37, 40 iVm US 12), keineswegs jeglicher Begründung, sondern findet in der Aussage des (im Urteil als „absolut glaubwürdig" bezeichneten) Zeugen Mag. K***** - wonach er nach der Intention des Angeklagten auch im Fall D***** die vorliegend einer positiven Erledigung entgegenstehenden Umstände unberücksichtigt lassen solle - Deckung (vgl nochmals S 177/X; US 41, 43). Letztlich geht auch die (erneut nur auf einen Schuldspruch wegen „§§ 12 dritter Fall, 307 Abs 2 StGB" zielende) Subsumtionsrüge (Z 10) von der urteilsfremden Annahme aus, der Beschwerdeführer habe Mag. K***** nur auf die allgemeine Manuduktionspflicht eines Verwaltungsbeamten gegenüber einschreitenden, nicht durch berufsmäßige Parteienvertreter vertretenen Parteien hinweisen wollen. Damit weicht sie wiederum vom festgestellten Sachverhalt ab, demzufolge der Angeklagte wusste, dass Möglichkeiten einer neuerlichen Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht gegeben waren (US 37, 40 iVm US 12).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher im angeführten Umfang zu verwerfen.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde (§ 290 Abs 1 StPO) überzeugte sich der Oberste Gerichtshof, dass das angefochtene Urteil in der Beurteilung der zu A./I./ und II./ genannten Taten als mehrere Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB sowie der versuchten Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB rechtsfehlerhaft ist. Seit der Einführung der Schadensqualifikation des § 302 Abs 2 zweiter Satz StGB durch BGBl I 2001/130 gilt für Missbrauch der Amtsgewalt der Zusammenrechnungsgrundsatz des § 29 StGB (13 Os 17/07k). Demgemäß hat der Angeklagte durch die zu A./I./ und II./ angeführten Taten nicht mehrere Verbrechen, sondern ein Verbrechen des teils vollendeten, teils als Bestimmungstäter versuchten Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 302 Abs 1, 15, 12 zweiter Fall StGB begangen. Das Urteil war daher in diesem Sinn zu korrigieren.

In Hinblick auf das in Relation zum Gesamtvorwurf geringe Gewicht des zu A./I./3./a./ und b./ sowie A./I./6./ aufgehobenen Teil des Schuldspruchs und die lange Verfahrensdauer sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, hinsichtlich des rechtskräftigen Teils des Schuldspruchs gleich selbst die Strafe festzusetzen (vgl Ratz, WK-StPO § 289 Rz 21; Mayerhofer StPO5 § 289 E 17).

Dabei waren der vor den Taten ordentliche Lebenswandel, der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist, das teilweise Geständnis sowie die lange Verfahrensdauer (auch in Bezug auf das Rechtsmittelverfahren) mildernd, erschwerend hingegen das Zusammentreffen eines Verbrechens mit mehreren Vergehen, die mehrfache Tatwiederholung im Zusammenhalt mit dem langen Tatzeitraum und die (versuchte) Verführung eines anderen zur strafbaren Handlung. Berücksichtigt man weiters (§ 32 Abs 2 StGB), dass mit der vorliegenden Strafe ex lege Amtsverlust verbunden ist, so entspricht eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten sowohl dem Tatunrecht als auch der Täterschuld und trägt - unter Einbeziehung der Argumente der Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft - allen Umständen des Falls gebührend Rechnung. Im Hinblick auf die insgesamt überlange Dauer des Verfahrens (Art 6 Abs 1 MRK) war eine - in deutlicher und bezifferbarer Form zu bezeichnende - Strafreduktion (EGMR 10. 11. 2005, Dzelili gegen Deutschland, NL 2005, 279) vorzunehmen: Diese ist im Ausmaß von drei Monaten sachgerecht, sodass die Strafe nunmehr zweieinhalb Jahre beträgt.

In Übereinstimmung mit der vom Erstgericht vertretenen Ansicht besteht bei Verbüßung eines Drittels der Freiheitsstrafe die hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Angeklagte in Zukunft keine strafbaren Handlungen mehr begehen werde; im Hinblick auf den Vollzug eines zehnmonatigen Strafteils und den Eintritt des Amtsverlusts gebieten auch Überlegungen der Generalprävention nicht den Vollzug der gesamten Strafe.

Eine bedingte Nachsicht der Rechtsfolgen nach § 27 Abs 1 Z 2 StGB kam schon aus spezialpräventiven Gründen nicht in Betracht. Über die der Kassation unterliegenden Schuldspruchpunkte A./I./3a./ und b./ sowie A./I./6./ wird das Erstgericht - sofern kein Verfolgungsverzicht des Staatsanwalts oder Freispruch erfolgt - in analoger Anwendung des § 31 StGB zu entscheiden haben (vgl Ratz, WK-StPO § 289 Rz 21).

Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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